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Menschenkette um die Henrichshütte am 23. April 1987
Menschenkette um die Henrichshütte am 23. April 1987

Buchempfehlungen der Bibliothek

Udo Böhm (Hrsg.): 100 Hüttenleben – Arbeiterportraits von Astrid Kirschey. Essen, 2017

In Hattingen steht das ehemalige Hüttenwerk Henrichshütte, das 1987 stillgelegt wurde und heute als Industriemuseum Zeugnis von der Industriekultur im Ruhrgebiet ablegt. Gegen die Stilllegung formierte sich damals grosser Widerstand: Am 23. April 1987 bildeten 5‘000 Arbeiter und Arbeiterinnen, aber auch BewohnerInnen von Hattingen eine Menschenkette, um dagegen zu demonstrieren. Der Hüttenkampf ging trotzdem verloren.
Dreissig Jahre danach hat der Förderverein des Museums 100 ehemalige Hüttenwerker und Hüttenwerkerinnen zu den damaligen Ereignissen befragt (dem Buch liegt eine DVD mit den Interviews bei) und von der Fotografin Astrid Kirschey porträtieren lassen.

Kate Evans: Threads – from the refugee crisis. London, 2017

In der französischen Hafenstadt Calais entstand 2015 ein Flüchtlingslager, das bald den wenig schmeichelhaften Namen «Dschungel von Calais» bekam. Das Lager war bis im August 2016, als es schliesslich geschlossen wurde, für Tausende Migranten und Migrantinnen ein unfreiwilliger Aufenthaltsort, denn diese wollten eigentlich weiter durch den Eurotunnel nach Grossbritannien.
Die britische Comic-Künstlerin Kate Evans hat sich damals ein Bild vor Ort gemacht und ihre Erlebnisse zu einem eindrücklichen Comic verarbeitet.
> Mehr Infos zum Comic auf der Website von Kate Evans

Andreas Tscherigg: Krankenbesuche verboten! Die Spanische Grippe 1918/19 und die kantonalen Sanitätsbehörden in Basel-Landschaft und Basel-Stadt. Liestal, 2016

Die Studie von Andreas Tscherigg widmet sich einem bislang in der Geschichtsschreibung der Region Basel nur marginal betrachteten Thema: der Spanischen Grippe von 1918/19. Beleuchtet wird der Umgang der kantonalen Sanitätsbehörden in den beiden Basler Halbkantonen mit der bislang heftigsten Grippepandemie. Die vielen Erkrankungen, der grosse Anteil der jungen Toten und die Massnahmen gegen die Seuche hielten die Behörden bis ins Frühjahr 1919 in Atem.
Massnahmen gegen die Grippe umfassten Empfehlungen zur persönlichen Reinlichkeit, «Grippeferien» in den Schulen oder allgemeine Versammlungsverbote. Auch die Schwierigkeiten der Behörden bei der Grippebekämpfung werden thematisiert: Ob die Einrichtung von Notspitälern, der Mangel an Ärzten und Pflegepersonal oder die Nichtbeachtung von Massregeln durch die Bevölkerung – die Herausforderungen durch die Spanische Grippe waren ebenso vielfältig wie die in der Presse angepriesenen Wundermittel.

31.8.2017, 19:30 Uhr: Neue Frauenbewegung 2.0 – Schweizer Frauengeschichte im Netz

Launch der interaktiven Website «Neue Frauenbewegung 2.0»

Mit Kristina Schulz, Magda Kaspar (Universität Bern), Christian Koller u.a.

«Neue Frauenbewegung 2.0» macht die Geschichte der Neuen Frauenbewegung der Schweiz auf einer interaktiven Website zugänglich. Die Website enthält Ausschnitte aus Interviews mit Aktivistinnen der Frauenbewegung nach 1968, ein Quiz sowie Lernmaterialien. Zu Wort kommen Anita Fetz, Elisabeth Joris, Zita Küng, Muda Mathis, Rina Nissim, Judith Stamm u.v.a.m.

Gespräche mit Aktivistinnen der Neuen Frauenbewegung und Apéro
Donnerstag, 31. August 2017, 19:30 Uhr im Theater Stadelhofen

> Veranstaltungsflyer herunterladen (PDF, 340 KB)
> www.hist.unibe.ch/forschung/forschungsprojekte/neue_frauenbewegung_20

Vor 70 Jahren: Grünes Licht für die AHV

Wenn die Schweizer Stimmberechtigten am 24. September zur Abstimmung über die Altersvorsorge 2020 an die Urnen gerufen werden, ist dies bereits die 23. eidgenössische Abstimmung zum Thema AHV in den letzten 100 Jahren. Aus diesen Urnengängen ragt sowohl bezüglich der Bedeutung als auch was die Eindeutigkeit des Resultats betrifft eine Abstimmung hervor: diejenige vom 6. Juli 1947 über die Einführung der AHV. Die mit 80% Ja-Stimmen „wuchtig“ (wie es in der zeitgenössischen Berichterstattung immer wieder hiess) gutgeheissene Vorlage wurde bereits damals als Meilenstein der modernen Schweizer Geschichte verstanden. Das Solothurner SP-Blatt Das Volk etwa schrieb von einem „Ehrentag der Eidgenossenschaft“ und setzte das AHV-Jahr 1948 grafisch mit dem Gründungsjahr des modernen Bundesstaates hundert Jahre zuvor gleich. Dass der Halbkanton Obwalden das Gesetz als einziger Stand abgelehnt hatte, wurde allenthalben als Kuriosum betrachtet. Die grösste Zustimmung kam aus dem Kanton Tessin mit 90,6% Ja-Stimmen. In einzelnen Abstimmungsbezirken war das Resultat noch eindeutiger: Der Zürcher Stadtkreis 5 meldete rekordverdächtige 97,6% Ja-Stimmen.

Zwar hatte man im Vorfeld allgemein mit einer Annahme des Gesetzes gerechnet, in dieser Eindeutigkeit war der Ausgang der Referendumsabstimmung allerdings nicht erwartet worden. Gegen die Ende 1946 von den eidgenössischen Räten mit grossem Mehr verabschiedete Vorlage hatte ein Komitee aus rechtsliberalen, Unternehmer- und katholisch-konservativen Kreisen Stimmung gemacht. Die Nachricht über die Ergreifung des Referendums stiess bei der Befürworterseite auf Unverständnis: Die Neue Zürcher Zeitung titelte „Der Kampf beginnt“ (24. Januar 1947) und das Volksrecht schrieb gar vom „Aufmarsch der Demagogen“ (22. Januar 1947). Am Abend vor der Abstimmung veranstaltete die Zürcher SP auf dem Helvetiaplatz eine Kundgebung „Gegen die Feinde der AHV“, an der sich rund 12‘000 Personen beteiligten. Nach der Abstimmung trat das AHV-Gesetz rasch in Kraft und im Januar 1948 wurden die ersten Renten ausbezahlt. Der im Schweizerischen Sozialarchiv gelagerte Nachlass des Werbers Victor N. Cohen, der die Pro-Kampagne unter dem Motto „Lasst uns tapfer beginnen!“ koordinierte, zeigt die Professionalität, mit der bereits damals Abstimmungskämpfe geführt wurden. Neben Plakaten und zielgruppenspezifischem Druckmaterial gelangte auch das Medium Film zum Einsatz. Cohen sammelte in seiner Abstimmungsdokumentation auch die Inserate und Broschüren der Gegenseite. Diese kritisierte etwa eine angebliche Bürokratisierung, die vorgesehene Ausrichtung von AHV-Renten auch an nicht Bedürftige sowie deren „liederliche Finanzierung“, die angeblich für keine zwei Jahrzehnte gesichert sei.

Die Geschichte der AHV reicht indessen bedeutend weiter zurück als ins Jahr 1947. Bereits in den 1880er Jahren waren Forderungen nach Einrichtung einer staatlichen Versicherung zur Überwindung der weit verbreiteten Altersarmut erhoben worden, etwa auf dem Arbeitertag 1883 oder an der Delegiertenversammlung des Schweizerischen Grütlivereins 1888. Im nördlichen Nachbarland führte Reichskanzler Bismarck genau in jenen Jahren ein System staatlicher Sozialversicherungen ein. Auf die Krankenversicherung im Jahre 1883 und die Unfallversicherung ein Jahr später folgte 1889 die Rentenversicherung. Bismarcks Sozialpolitik war Teil einer Zuckerbrot-und-Peitsche-Strategie, um die Arbeiterschaft an den kaiserlichen Obrigkeitsstaat zu binden und der Arbeiterbewegung das Wasser abzugraben. Seit 1878 verbot das „Gesetz gegen die gemeingefährlichen Bestrebungen der Sozialdemokratie“ sozialistische und gewerkschaftliche Organisationen, Publikationen und Versammlungen, hingegen nicht die Kandidatur von Sozialdemokraten für den Reichstag. Bismarcks Strategie ging nicht auf. Trotz der Verfolgungen stieg der sozialdemokratische Wähleranteil während der 1880er Jahre stetig an. 1890 verweigerte der Reichstag die Fortsetzung des Sozialistengesetzes, bei den kurz darauf folgenden Wahlen wurde die Sozialdemokratie wählerstärkste Partei. Trotz der deutlich verschiedenen politischen Situation in der republikanischen Schweiz wurde die Sozialpolitik im nördlichen Nachbarland genau beobachtet.

Im Jahre 1890 begründete der neue Artikel 34bis der Bundesverfassung die erste Bundeskompetenz für Sozialversicherungen. Der Verfassungsartikel beschränkte sich auf die Kranken- und Unfallversicherung, während die Altersversicherung, über die die vorberatende Parlamentskommission zunächst ebenfalls diskutiert hatte, aussen vor blieb. Die ersten Sozialversicherungen auf Bundesebene wurden aber erst nach der Jahrhundertwende realisiert: 1902 die Militärversicherung, 1914 die Krankenversicherung und 1918 die Unfallversicherung. Schwierigkeiten mit dem Kranken- und Unfallversicherungsgesetz drängten für mehr als zwei Jahrzehnte die Debatte über die Altersversicherung in den Hintergrund. Erst 1912 wurde diese mit einer Motion des St. Galler Demokraten und Grütlianers Otto Weber im Nationalrat wieder aufgenommen, durch den Kriegsausbruch dann aber erneut unterbrochen.

Zu diesem Zeitpunkt gab es eine unkoordinierte Vielzahl von Instrumenten der Altersvorsorge, die aber nur einen Bruchteil der Bevölkerung erfassten. Bereits im frühen 19. Jahrhundert hatten einzelne Kantone für einzelne Kategorien von Staatsangestellten (insbesondere Lehrer und Polizisten) Pensionskassen eingerichtet. Pensionsgesetze für alle Staatsangestellten drangen aber erst Ende des 19. Jahrhunderts in einzelnen Kantonen durch. Auf Bundesebene erhielten die Angestellten der SBB 1907 eine Pensionskasse, die Bundesbeamten aber erst 1921. In der Privatwirtschaft gab es im 19. Jahrhundert noch kaum entsprechende Vorsorgeeinrichtungen. Im Jahre 1903 waren erst 61‘000 Arbeitnehmer bei einer Pensionskasse versichert. Daneben boten verschiedene Privatversicherer und Hilfsgesellschaften Rentenversicherungen an. Freiwillige kantonale Altersversicherungen gab es nur in der Romandie (in Genf seit 1849, in Neuchâtel seit 1898 und in der Waadt seit 1907). Noch 1920 waren 83% der Männer zwischen 65 und 70 und 60% der über 70jährigen Männer erwerbstätig. Über ein Drittel der alten Menschen in der Schweiz waren zu diesem Zeitpunkt unterstützungsbedürftig. In der Krise der 30er Jahre sollte dieser Anteil dann zeitweise sogar auf bis zu 40% ansteigen.

Vor diesem Hintergrund vermag es nicht zu erstaunen, dass die Forderung nach einer Alters- und Hinterbliebenenversicherung auf Bundesebene auch im Reformkatalog des Oltener Aktionskomitees während des Landesstreiks figurierte. Das Thema Altersversicherung beschäftigte zu diesem Zeitpunkt auch bürgerliche Kreise. 1916 hatte der Kanton Glarus als erster eine obligatorische kantonale Altersversicherung eingeführt, im folgenden Jahr wurde die Stiftung „Für das Alter“ (die heutige Pro Senectute) unter dem Patronat der Schweizerischen Gemeinnützigen Gesellschaft (SGG) als privates Hilfswerk gegen Altersarmut ins Leben gerufen. Im Mai 1918 nahm der jungfreisinnige Verband die Forderung nach einer AHV in sein Programm auf, gefolgt von der Konservativen Volkspartei kurz nach dem Landesstreik. Der freisinnige Basler Nationalrat Christian Rothenberger schlug im November 1918 erfolglos vor, aus dem Ertrag der Kriegsgewinnsteuer einen Fonds für Sozialversicherung zu äufnen.

Bereits zwei Monate nach dem Landesstreik setzte der Bundesrat eine Expertenkommission zur Beratung einer Alters- und Hinterbliebenenversicherung ein und legte schon im Juni 1919 eine entsprechende Botschaft vor. Nationalrat Rothenberger lancierte eine Volksinitiative für eine Invaliditäts-, Alters- und Hinterlassenenversicherung, die 1925 mit 58% Nein-Stimmen scheiterte. Wenige Monate später hiess das Stimmvolk aber mit Zweidrittelmehrheit den neuen Artikel 34quater der Bundesverfassung gut, der die Verpflichtung zur Schaffung einer AHV und die Kompetenz zur Einrichtung einer Invalidenversicherung beinhaltete. Im selben Jahr führte der Kanton Appenzell-Ausserrhoden eine obligatorische kantonale Altersversicherung ein, sieben Jahre später folgte Basel-Stadt. Verschiedene Städte schufen zu dieser Zeit kommunale Altersbeihilfen, so die Stadt Zürich 1929/30 schon kurz nach dem Beginn des „Roten Zürich“. Der grosse Wurf, eine Altersversicherung auf Bundesebene, misslang hingegen zunächst. Im Dezember 1931 scheiterte ein AHV-Gesetz an der Urne mit 60,3% Nein-Stimmen deutlich. Das auf den freisinnigen Bundesrat Edmund Schulthess zurückgehende Gesetz, das den Verfassungsauftrag von 1925 umzusetzen versuchte, hätte ein Obligatorium mit öffentlichen Kassen, Umlageverfahren und sehr bescheidenen Einheitsrenten ab dem 66. Altersjahr vorgesehen.

Damit war die seit 1918 entfaltete Dynamik vorerst abgestoppt. In der Folge beschränkte sich der Bund damit, die 1929 begonnene Subventionierung der Stiftung „Für das Alter“ weiterzuführen und ab 1934 auch Beträge an die Kantone zur Unterstützung von bedürftigen Alten, Witwen und Waisen auszurichten. Diese Beiträge wurden kontinuierlich erhöht, noch 1941 machten sie aber erst 100 Franken pro Jahr und unterstützungsbedürftige alte Person aus. Parallel zur AHV-Debatte kam es in der Zwischenkriegszeit zu einem raschen Ausbau der Pensionskassen und betrieblichen Wohlfahrtsfonds, bedingt durch die Steuerbefreiung der Versicherungsbeiträge. Im Jahre 1925 gab es bereits 262‘000 Versicherte. Da bis 1935 Arbeitnehmer bei Stellenwechsel keinerlei Recht auf die eigenen Pensionskassenbeiträge hatten, entwickelten sich diese Kassen aber auch zu einem Instrument betrieblicher Personalpolitik.

Die unmittelbare Vorgeschichte der AHV begann mit dem Zweiten Weltkrieg. Im Dezember 1939 beschloss der nunmehr mit Vollmachten ausgestattete Bundesrat die Einrichtung einer Lohnersatz-Ordnung für Wehrmänner, die über je zwei Lohnprozente von Arbeitnehmern und Arbeitgebern sowie einen Bundeszuschuss finanziert war und deren Organisation auf Ausgleichskassen beruhte. Es war dies das Ergebnis eines Lernprozesses aus dem Ersten Weltkrieg, bei dem die Verarmung zahlreicher Wehrmänner und ihrer Familien zur Krisensituation der Jahre 1917/18 beigetragen hatte. Die neue Lohnersatz-Ordnung erschien als Modell für eine zukünftige Altersversicherung. Bereits 1940 forderte der Schweizerische Gewerkschaftsbund, das System bei Kriegsende in eine AHV zu überführen. 1942 legte ein von Arbeitnehmerverbänden, der SP und der FDP getragenes Komitee ein entsprechendes Projekt mit dem Titel „Gesichertes Alter“ vor. Einen Dämpfer hatte die Bewegung allerdings im Vorjahr erhalten, als in Zürich eine von Banken- und Versicherungskreisen bekämpfte Vorlage für eine kantonale Altersversicherung an der Urne gescheitert war. Zudem explodierte in den Jahren 1939 bis 1942 unter dem Einfluss der „Betriebsgemeinschafts“-Idee sowie fiskalischer Anreize die Zahl der Pensionskassen, die manchen als Alternative zu einer staatlichen AHV erschienen. Noch 1941 war aber lediglich jeder vierte Arbeitnehmer bei einer beruflichen Vorsorgeeinrichtung versichert. Nicht zuletzt die weit verbreitete Furcht vor einem neuen „1918“ aufgrund der kriegsbedingten Reallohnverluste liess es angezeigt erscheinen, die Realisierung der AHV nicht länger auf die lange Bank zu schieben.

In seiner Neujahrsansprache auf das Jahr 1944 gab der freisinnige Bundespräsident und Wirtschaftsminister Walther Stampfli das Versprechen ab, dass bis 1948 eine AHV eingeführt werde – ohne dass zu jenem Zeitpunkt bereits eine klare Vorstellung über die Konzeption dieses Sozialwerkes bestanden hätte. Eine im Mai 1944 vom Bundesrat eingesetzte Expertenkommission legte im März 1945 einen Bericht vor, der eine auf dem Umlageverfahren beruhende obligatorische Versicherung mit abgestuften Renten und Rentenalter 65 für beide Geschlechter vorsah. Bundesrat und Parlament hielten sich weitgehend an diesen Entwurf, der im Dezember 1946 von beiden Räten verabschiedet und im Juli 1947 vom Stimmvolk gutgeheissen wurde. Nachdem 1946/47 eine Übergangsordnung gegolten hatte, konnte das AHV-Gesetz auf Januar 1948 in Kraft treten. Die Einführung der AHV bettete sich ein in einen internationalen Trend zu Sozialreformen nach dem Zweiten Weltkrieg. In Grossbritannien, beispielsweise, wo 1908 der von einer liberalen Regierung geschaffene „Old-Age Pensions Act“ Altersbeihilfen ab 70 für Geringverdienende mit „good character” eingeführt hatte, legte 1942 eine Kommission unter Leitung des liberalen Politikers und Ökonomen William Beveridge einen Plan für ein umfassendes Sozialversicherungssystem vor, der auch die AHV-Diskussion in der Schweiz beeinflusste und nach einem Erdrutschsieg der Labour Party bei den Unterhauswahlen im Juli 1945 weitgehend umgesetzt wurde. Der „National Insurance Act“ von 1946 deckte auch die Altersversicherung ab, zum Flaggschiff des britischen „Welfare State“ wurde aber der „National Health Service“ (NHS), der 1948 seinen Betrieb aufnahm. In Frankreich fassten 1945 zwei „Ordonnances“ die bestehenden Sozialversicherungen zu einem System der „Sécurité sociale“ zusammen und identifizierten Lücken, die in der Folge geschlossen wurden.

Die AHV avancierte rasch zum Flaggschiff des schweizerischen Sozialstaates. In den 50er Jahren wurden in vier Revisionen die ungenügenden Renten angehoben. Ab 1959 war als Vorsteher des Departements des Innern SP-Bundesrat Hans-Peter Tschudi für das AHV-Dossier zuständig, unter dessen Ägide zwischen 1961 und 1972 vier weitere AHV-Revisionen das Sozialversicherungswerk weiterentwickelten und die Renten zum Teil massiv erhöhten. In die Amtszeit des für seine Effizienz bekannten Innenministers („Tschudi-Tempo“) fiel auch die Einführung der Ergänzungsleistungen 1965 und die Verankerung des Dreisäulenprinzips in der Bundesverfassung 1972. Im zur Personalisierung neigenden kollektiven Gedächtnis teilt der Sozialdemokrat Tschudi mit dem Freisinnigen Stampfli den Titel eines „Vaters der AHV“.

Die seit 1947 stetigen politischen Debatten um die AHV drehten sich im Wesentlichen um fünf Punkte: das (in der Anfangszeit wiederholt angehobene) Rentenniveau, das Verhältnis zwischen AHV und Pensionskassen, das Rentenalter, die Geschlechter(a)symmetrie in der Altersvorsorge sowie die Finanzierung. Im AHV-Gesetz von 1947 war das Rentenalter für beide Geschlechter auf 65 festgelegt. Während dies für die Männer so blieb, wurde das Frauenrentenalter in der Folge auf 63 (1957) und 62 (1964) gesenkt, um sodann wieder auf 63 (2001) und 64 (2005) angehoben zu werden. Seit 1978 kamen nicht weniger als sechs Initiativen vors Volk, die eine Senkung oder Flexibilisierung des Rentenalters forderten, während seit den 90er Jahren mit demografischen und finanziellen Argumenten auch immer wieder für eine Erhöhung des Rentenalters plädiert wurde. Die Problematik der Geschlechter(a)symmetrie in der Altersvorsorge ging aus deren Ursprung in der Wehrmänner-Lohnersatz-Ordnung hervor und widerspiegelt die Entwicklung der gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und juristischen Geschlechterordnung seit der Mitte des 20. Jahrhunderts. Von Beginn weg war in der AHV der Mann als „Normalperson“ definiert, während es je nach Zivilstand und Erwerbstätigkeit mehrere Kategorien von Frauen gab. Erst die 10. AHV-Revision von 1994 verbesserte durch Splitting sowie Erziehungs- und Betreuungsgutschriften die Stellung der Frauen wesentlich. Die Finanzierung der AHV schliesslich spielte nicht nur bei den meisten bisherigen AHV-Revisionen eine Rolle, sondern war seit der Jahrtausendwende auch Gegenstand einer ganzen Reihe von Volksinitiativen. Die Ideen, der AHV Mittel aus Energieabgaben, Goldreserven, Nationalbankgewinnen oder einer nationalen Erbschaftssteuer zuzuführen, wurden vom Stimmvolk aber allesamt bachab geschickt.

Material zum Thema im Sozialarchiv (Auswahl)

Archiv:

  • Ar 1.430.1 bis 4 Sozialdemokratische Partei der Schweiz: Sozialversicherung: AHV
  • Ar 1.140.15 Sozialdemokratische Partei der Schweiz: Initiativen/Referenden AHV
  • Ar 42 Schweizerische Vereinigung für Sozialpolitik
  • Ar 141.10.1/2 Nachlass Victor N. Cohen: Kampagne Pro AHV 1947
  • Ar 201.8 Alters- und Hinterlassenenversicherung AHV
  • Ar 504 Pro Senectute Schweiz
  • Ar 508 AVIVO Zürich
  • Ar 521 Pro Senectute Kanton Zürich
  • Ar SGG B 4 a Schweizerische Gemeinnützige Gesellschaft: Bestrebungen zur Eidgenössischen Alters- und Hinterbliebenenversicherung, 1926 bis 1932
  • Ar SMUV 06A-0006 Gewerkschaft Industrie, Gewerbe, Dienstleistungen (SMUV): AHV 1942-1946

Sachdokumentation:

  • KS 362/25 Altersfürsorge
  • KS 368/44 Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversicherungen: Schweiz
  • KS 368/45 Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversicherungen: Schweiz: Eidgenössische Räte
  • KS 368/46 bis 54 Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversicherungen: Schweiz: Bund
  • KS 368/55 bis 60 Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHV): Schweiz
  • QS 60.0 C *So Schweizerische Stiftung für Solidarität
  • QS 61.3 C Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHV): Schweiz
  • ZA 61.3 C Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHV): Schweiz
  • ZA 61.5 Betriebliche Sozialversicherungen: Zweite Säule, Pensionskassen, BVG
  • DS 7 Reform der Altersvorsorge 2020
  • DS 9 Reform „Altersvorsorge 2020“
  • DS 155 Rentenabbau stoppen: AHV-Renten endlich wieder verbessern
  • DS 208 AHVplus – …für eine starke AHV
  • DS 209 AHVplus und Ergänzungsleistungen in Kürze
  • DS 210 In Kürze: AHVplus ist finanzierbar
  • DS 211 AHV – Eine starke Altersvorsorge für Jung und Alt
  • DS 213 SGB mobilisiert gegen Rentenabbau und für eine starke AHV
  • DS 336 AHVplus in Kürze
  • DS 245 AHV gefährden statt sichern? Teure AHV-Initiative Nein
  • DS 247 Wer rechnet, stärkt die AHV. Sieben Argumente für ein Ja zu AHVplus
  • DS 248 Wer rechnet, stärkt die AHV
  • DS 274 Nein zur teuren und verantwortungslosen AHV-Initiative
  • DS 282 Rentenabbau stoppen – AHV stärken!
  • DS 283 Stop alla riduzione delle rendite – rafforziamo l’AVS
  • DS 334 Wer rechnet, stärkt die AHV – 7 Argumente für ein Ja zu AHVplus
  • DS 335 Der AHV-Faktencheck
  • DS 337 AHVplus und Ergänzungsleistungen in Kürze
  • DS 338 Bauern können rechnen: Darum AHV stärken
  • DS 339 AHV stärken: anständige Renten für die Frauen und für alle!
  • DS 469 Arbeitslosigkeit bekämpfen, Kaufkraft stärken, Pensionskassen entlasten
  • DS 522 Offener Brief zur Reform der Altersvorsorge 2020, Differenzbereinigung
  • DS 564 AV 2020 – Ja zu sicheren Renten und mehr AHV
  • DS 644 Die Musth des freisinnigen Elefanten oder die Trumpsche Krise der Gegner der Altersvorsorge 2020
  • DS 647 «Frauendachverbände für Rentenreform»

Bibliothek:

  • Berenstein, Alexandre : L’assurance-vieillesse suisse: Son élaboration et son évolution. Lausanne 1986 (Signatur: 80588)
  • Binswanger, Peter: Geschichte der AHV: Schweizerische Alters- und Hinterlassenenversicherung. Zürich 1986 (Signatur: 80270)
  • Bödiker, T.: Die Arbeiterversicherung in den Europäischen Staaten. Leipzig 1895 (Signatur: A 2317)
  • Brütsch, Ernst: Staatliche Altersrenten nach dem Umlegeverfahren: Vorschlag für eine Schweizerische Altersversicherung. Bern 1942 (Signatur: 12358)
  • Bundesamt für Sozialversicherung (Hg.): Die in der Schweiz bestehenden Einrichtungen für die Alters-, Invaliden- und Hinterlassenen-Versicherung im Jahre 1925 : Hilfskassenstatistik. Bern 1929 (Signatur: Gr 1866)
  • Gilomen, Hans-Jörg et al. (Hg.): Von der Barmherzigkeit zur Sozialversicherung: Umbrüche und Kontinuitäten vom Spätmittelalter bis zum 20. Jahrhundert. Zürich 2002 (Signatur: 110402)
  • Hafner, Georg: Bundesrat Walther Stampfli (1884-1965): Leiter der Kriegswirtschaft im Zweiten Weltkrieg, bundesrätlicher Vater der AHV. Olten 1986 (Signatur: 82065)
  • Illi, Martin und Ernst Welti: Ruhestand statt Altersnot: 100 Jahre Pensionskasse Stadt Zürich, 1913-2013. Zürich 2013 (Signatur: Gr 13030)
  • 50 Jahre AHV, 25 Jahre 3-Säulen-Konzept: wie weiter? Beiträge und Referate zur 25. AWP-Jubiläums-Arbeitstagung vom 26. Februar 1998. Bern 1998 (Signatur: Gr 9649)
  • Lasserre, André: L’institution de l’assurance-vieillesse et survivants (1889-1947), in: Ruffieux, Roland et al.: La démocratie référendaire en Suisse au 20e siècle. Fribourg 1972. Bd. 1, S. 259-326 (Signatur: 49407)
  • Leimgruber, Matthieu: Solidarity without the state? Business and the shaping of the Swiss welfare state, 1890-2000. Cambridge 2008 (Signatur: 123387)
  • Leimgruber, Matthieu und Martin Lengwiler (Hg.): Umbruch an der „inneren Front“ : Krieg und Sozialpolitik in der Schweiz, 1938-1948. Zürich 2009 (Signatur: 121550)
  • Luchsinger, Christine: Solidarität, Selbstständigkeit, Bedürftigkeit: Der schwierige Weg zu einer Gleichberechtigung der Geschlechter in der AHV, 1939-1980. Zürich 1995 (Signatur: 98331)
  • Moeckli, Silvano: Den schweizerischen Sozialstaat verstehen: Sozialgeschichte – Sozialphilosophie – Sozialpolitik. Zürich 2012 (Signatur: 126344)
  • Müller, Stefan: Entstehung und Entwicklung der AHV von 1945 bis 1978: Aus ökonomischer Sicht, dargestellt an Hand der Schaffung und Entwicklung des AHV-Gesetzes. Fribourg 1978 (Signatur: 63351)
  • Petersen, Jørn Henrik et al. (Hg.): The Politics of Age: Basic pension systems in a comparative and historical perspective. Frankfurt 2009 (Signatur: 121258)
  • Ruoss, Matthias: Fürsprecherin des Alters: Geschichte der Stiftung Pro Senectute im entstehenden Schweizer Sozialstaat (1917-1967). Zürich 2015 (Signatur: 132436)
  • Seifert, Kurt: Eine Jahrhundertgeschichte: Pro Senectute und die Schweiz, 1917-2017. Hg. Pro Senectute Schweiz. Baden 2017 (Signatur: UGr 90)
  • Sozialdepartement der Stadt Zürich (Hg.): Jetzt reicht es: Leben mit Zusatzleistungen zur AHV/IV in der Stadt Zürich: Seit 1930. Zürich 2005 (Signatur: 115219)
  • Tschudi, Hans-Peter: Entstehung und Entwicklung der schweizerischen Sozialversicherungen. Basel 1989 (Signatur: 90302)
  • Tschudi, Hans-Peter: Im Dienste des Sozialstaates: Politische Erinnerungen. Basel 1993 (Signatur: 95836)

Neu im Archiv: Urs Eigenmann, gesellschaftskritischer «Fernsehpfarrer» (Ar 192)

«Sie sind als gemein-gefährlicher Hetzer geboren – und mischen sich in Sachen, die Sie nichts angehen – an Stelle für den Frieden zu beten.» So und noch heftiger konnten Reaktionen auf das «Wort zum Sonntag» ausfallen, wenn Priester Urs Eigenmann dieses hielt. Der Theologe römisch-katholischer Konfession mischte sich in Sachen ein, die ihn in seinem Verständnis sehr wohl etwas angingen. Er scheute sich nicht, auch vor grossem Publikum pointiert Stellung zu aktuellen sozialpolitischen Themen zu beziehen. Entsprechend interessant ist der Vorlass, der sich neu im Sozialarchiv befindet.

Eigenmann (*1946) steht in der Tradition der Befreiungstheologen und der religiösen Sozialisten. Nach seinem Studium in Theologie und Philosophie an den Universitäten Luzern und Münster promovierte Eigenmann in Freiburg mit einer Arbeit über den brasilianischen Erzbischof und Befreiungstheologen Dom Hélder Câmara. Als Pfarrer amtete Eigenmann unter anderem zwischen 1984 und 1996 in Neuenhof und Killwangen. Von 1986 bis 1991 war er Sprecher der Sendung «Wort zum Sonntag» am Schweizer Fernsehen.

«Ich gehöre zu dem Teil der 68er-Generation, dessen Marsch durch die Institutionen noch nicht in der Toscana geendet hat», pflegte sich Eigenmann zuweilen vorzustellen, wie er in einem Interview mit Willy Spieler ausführte (Neue Wege, Band 100, 2006). Zentraler Begriff in Eigenmanns Leben ist das «Reich Gottes». Die «Reich-Gottes-Theologie» war von Leonhard Ragaz (1868–1945), dem Pionier der religiös-sozialen Bewegung in der Schweiz, entworfen worden. Eigenmann diskutiert den Begriff und seine Konsequenzen für das Christentum und die Gesellschaft in der Publikation «Das Reich Gottes und seine Gerechtigkeit auf Erden» (SozArch Hf 1587) ausführlich. Im Interview mit Willy Spieler beschreibt er das «Reich Gottes» nicht als fixen Zustand oder «in sich geschlossenes Modell, das es zu verwirklichen gilt». Vielmehr enthalte es «Perspektiven, Leitlinien, Optionen», um «Verhältnisse heute zu beurteilen und zu gestalten». Die sozial-politischen Folgerungen: «Für Jesus geht es nicht um eine Verbesserung, sondern um eine Umkehr unserer Verhältnisse. Wenn er den Armen, und zwar den Bettelarmen, das Reich Gottes verheisst, dann sind Verhältnisse, in denen es diese Bettelarmen gibt, mit dem Reich Gottes nicht vereinbar. Dann bedeutet die radikale Umkehr, dass die Letzten die Ersten, die Ersten die Letzten sein werden.»

Seine politisch-religiöse Position, seine Kritik am «mittelständisch-bürgerlichen Christentum» sowie an Teilen der katholischen Kirche selbst trugen Eigenmann neben viel Lob zuweilen harsche Kritik ein. Im «Wort zum Sonntag» thematisierte Eigenmann etwa: Asylpolitik, die Schweiz im 2. Weltkrieg, Patriotismus, Imperialismus, Militarismus, die Abschaffung der Armee, Rassismus, Sexismus, Umwelt und Gentechnik, Energiepolitik, Armut und Chancengleichheit, die Ernennung von Bischof Wolfgang Haas. Die umfangreichen Reaktionen reichten von Beifall bis hin zu Morddrohungen, und die Programmverantwortlichen beim Schweizer Fernsehen sahen sich mit Konzessionsbeschwerden konfrontiert.

Sämtliche 33 Reden von Eigenmann im Rahmen des «Wortes zum Sonntag», die Reaktionen darauf und diesbezügliche Korrespondenz sowie Zeitungsartikel zu Kontroversen finden sich im Vorlass von Urs Eigenmann. Ebenfalls enthält der Bestand die Manuskripte von über 650 Predigten und von zahlreichen Vorträgen. Umfangreich dokumentiert ist auch das Wirken von Dom Hélder Câmara (1909– 1999). Verschiedene Publikationen von Urs Eigenmann werden in die Bibliothek des Sozialarchivs aufgenommen.

Neue Chronologie der Schweizer Drogenpolitik von Peter J. Grob

Peter J. Grob, Prof. em., Dr. med., ehemals Leiter der Klinischen Immunologie
am Universitätsspital Zürich, war in zahlreichen nationalen und internationalen Gremien insbesondere zur Bekämpfung von Hepatitis und Aids tätig. 2009 veröffentlichte er das Buch «Zürcher ‹Needle-Park› – Ein Stück Drogengeschichte und -politik 1968–2008» (eine 2. Auflage erschien 2012), welches das Alltagsleben auf dem Platzspitz, den Drogenhandel und die Reaktionen aus Politik und Medien der damaligen Zeit beschreibt. Diese Publikation war mit Fotos von Gertrud Vogler bebildert. Die Fotografin übergab ihr Negativarchiv im Jahr 2013 dem Sozialarchiv und die neu erschlossenen Fotos werden laufend über die Datenbank Bild + Ton zugänglich gemacht.
Nun hat Peter J. Grob in einem 50-seitigen Dokument mit dem Titel «Illegale Drogen und ihre medizinischen, sozialen und politischen Folgen: Eine Chronologie der Ereignisse in der Schweiz 1967–2016» die wichtigsten Begebenheiten und Entwicklungen in der Schweizer Drogenpolitik chronologisch zusammengefasst. Der Bericht wird von der Bibliothek des Sozialarchivs in digitaler Form zur Verfügung gestellt und ist über den NEBIS-Katalog zugänglich.

Susanne Brügger, Leiterin der Bibliothek des Sozialarchivs, hat sich mit Peter J. Grob zu einem kurzen Gespräch getroffen und ihm einige Fragen zur Thematik gestellt:

SB: Herr Grob, wie kamen Sie in den späten 1960er Jahren mit dem Drogenproblem in Berührung?
PG: Die klinische Immunologie des Universitätsspitals war damals europäisches Referenzlabor für die neu entdeckten Hepatitisviren geworden und erhielt Blutproben von vielen Ärzten, immer häufiger mit der Angabe, dass diese von Drogenkonsument/innen stammten. Von Drogen wusste ich wenig, wollte mir ein Bild machen, verliess den universitären Elfenbeinturm und kam mit der Realität ausserhalb in Berührung.

SB: Wie sah diese Realität aus?
PG: Ich traf auf Menschen, verstreut und in Gruppen, die aus der Normalität, wie ich sie selber kannte, herausgefallen waren. Sie befanden sich in verschiedenen Stadien: dahin dösend, in Trance oder verzweifelt nach Drogen, Geld und einer Bleibe suchend. Was vor allem beeindruckte, war die soziale und medizinische Verwahrlosung.

SB: Wie hat sich die Problematik nach 1968 weiterentwickelt?
PG: Die Zahl von intravenös spritzenden Konsument/innen von Heroin und Kokain nahm immer mehr zu, auch die Drogenkriminalität. Um den Anfängen zu wehren, beschloss das Schweizer Stimmvolk 1975, das Betäubungsmittelgesetz in Richtung Repression zu verschärfen. Zwei Lager standen sich danach gegenüber: einerseits die Befürworter des Betäubungsmittelgesetzes, das vorschrieb, dass die Drogensucht nur durch Repression und Entzug zu lösen sei, und andererseits die soziale und medizinische Seite, welche die Sucht als Krankheit einstufte. Die Hepatitis-Epidemie in den 1970er Jahren hatte die Bevölkerung und auch die Politik wenig aufgeschreckt. In Zusammenarbeit mit allen Zürcher Spitälern und zahlreichen Privatärzten hatte bereits 1981/82 die weltweit grösste Hepatitis-B-Impfaktion stattgefunden, die auch Drogenkonsument/innen miteinbezog, die aber kaum Beachtung fand. Dies änderte sich erst ab Mitte der 1980er Jahre mit dem Auftreten von HIV/Aids und der Erkenntnis, dass intravenös spritzende Drogenkonsument/innen besonders betroffen waren. Das machte Angst, Handeln war gefragt.

SB: Welche Änderung bewirkte HIV/Aids für Ihre Anliegen?
PG: Es waren nicht meine Anliegen, sondern es war generell eine neue Herausforderung für die Behörden und vor allem auch die sozio-medizinischen Kreise. Man hatte die Drogenkonsument/innen während Jahren von einem Ort zum anderen getrieben, was auch für die Ordnungskräfte und die Bevölkerung frustrierend war. Es gab zwar erste Drogenhilfestellen, die aber bald überlastet waren. Auch die Behörden der Stadt Zürich waren überfordert und suchten nach Alternativen. 1986 wurde der Platzspitz als Ort für geduldeten Drogenkonsum «freigegeben». Es entstand die weltweit erste offene Drogenszene dieser Art. Bald einmal versammelten sich dort Hunderte, dann Tausende Drogenkonsument/innen aus der ganzen Schweiz, weitgehend sich selbst überlassen, viele sozial und medizinisch verwahrlost, einige mit Hepatitisviren und HIV infiziert. Der Platzspitz war zu einem Ort geworden, wo sich Hepatitis und HIV auf die Bevölkerung ausbreiten konnten. Man musste handeln. Schliesslich kam das «Wunder von Zürich», so nannte ich das.

SB: Was bedeutet «Wunder von Zürich»?
PG: Die Behörden Zürichs und des Bundes ermöglichten das Zürcher Interventions-Pilotprojekt für Drogenabhängige gegen Aids (Zipp-Aids), dies unter der Trägerschaft der Sektion Zürich des Schweizerischen Roten Kreuzes, des Stadtärztlichen Dienstes, dreier Universitätsinstitute sowie des Bundesamtes für Gesundheit. Zürich sprach einen tranchenweisen Kredit von 3 Mio. Franken und das Bundesamt für Gesundheit einen von 2.4 Mio. Franken, obwohl vieles von dem, was wir dort taten – etwa die Spritzenabgabe – eigentlich gegen das geltende Betäubungsmittelgesetz verstiess. Innerhalb von 38 Monaten hatte man über zwei Millionen Kontakte zu Drogenkonsument/innen hergestellt, über 7 Mio. gebrauchte gegen sterile Spritzen ausgetauscht und tausendfach medizinische Hilfe geleistet.

SB: Was wäre geschehen, wenn man den Platzspitz nicht «erlaubt» hätte?
PG: Dann hätte sich HIV und Hepatitis in der Bevölkerung wohl noch stärker und rascher verbreitet. Schliesslich aber waren es die Verhältnisse auf dem Platzspitz, der inzwischen international «Needle Park» genannt wurde, die zu einem Umdenken in der eidgenössischen Drogenpolitik und Drogenhilfe hin zur Vier-Säulen-Strategie führten.

SB: Wie kam es zu dieser Vier-Säulen-Strategie und was beinhaltet sie?
PG: Man realisierte, dass man mit Repression keine Chance hatte, gegen Infektionen wie Hepatitis oder HIV zu kämpfen, und ebenfalls, dass eine Drogensucht so nicht einfach gestoppt werden konnte. Indem man die Repression um die Prophylaxe, Therapie und Schadensminderung erweiterte, entstand das Vier-Säulen-Modell – eine Pionierleistung der Schweiz, die in der Folge in vielen Ländern der Welt Nachahmung fand.

SB: Was denken Sie über den Platzspitz im Nachhinein?
PG: Er zeigte nicht nur die Bedrohung durch Hepatitis und HIV/Aids, sondern das ganze gesellschaftliche Ausmass der Drogenepidemie. Zuvor hatten Studien immer selektive Gruppen von Drogenkonsument/innen betroffen. Nun erkannte man deren ganzes Spektrum, das von höheren Angestellten, Student/innen, Lehrlingen, Prostituierten bis zu Aussteigern reichte, Personen auch «aus gutem Haus» umfasste, nicht nur aus der Stadt, auch vom Land. Ein Drittel der Platzspitz-Besucher/innen führte ein normales Leben, ein Drittel fiel aus dem System und fand wieder zurück, und ein Drittel landete einfach auf der Strasse.

SB: Ihre Chronologie endet nicht 1992 mit der Schliessung des Platzspitzes, sondern geht bis 2016. Was waren die Meilensteine in dieser Zeit?
PG: Ich möchte diese Frage in zwei Teilen beantworten. In der Schweiz entstand ein grosses Netzwerk von sozialer und medizinischer Drogenhilfe. Zwecks Schadensminderung der Drogensucht wurden die Methadonsubstitution und die heroingestützte Therapie eingeführt, was bei Tausenden Drogenabhängigen zumindest eine Stabilisierung der Sucht erlaubte. Prophylaktische medizinische Massnahmen wie die Hepatitis-B-Impfung und die immer erfolgreichere Behandlung von HIV/Aids führten zu einer starken Abnahme dieser Infektionen und deren Folgen, wobei bis heute aber noch namhafte «Altlasten» bestehen.

SB: Wie lautet der zweite Teil der Antwort?
PG: Vormals war der intravenöse Konsum illegaler Drogen das überragende Problem gewesen. Dann kamen zunehmend neue Drogen, Designerdrogen, in der Party- und Livestyle-Welt auf und brachten neue soziale und medizinische Probleme mit sich – eine neue Herausforderung. Man führte u.a. das Pillentesting ein. Ein Meilenstein war, dass das Schweizer Stimmvolk 2008 eine weitere Revision des Betäubungsmittelgesetzes annahm, welche die Vier-Säulen-Strategie weitgehend verankerte.

SB: Was sind Ihre wichtigsten Schlussfolgerungen 2017?
PG: Zum Schluss der Chronik 1967–2016 äussere ich meine persönliche Hoffnung, dass die Lehren, die sich daraus ziehen lassen, etwas zur Meinungsbildung für die zukünftige Drogenpolitik beitragen: hin zu einem weiteren Abbau der Stigmatisierung und Kriminalisierung von Konsument/innen illegaler Drogen, zur Aufhebung der Unterscheidung zwischen legalen und illegalen Drogen sowie zum Festhalten am Vier-Säulen-Prinzip, an Prophylaxe, Therapie, Schadensminderung und adäquater Repression.

Bild + Ton: Neu online

Radioschule klipp+klang (SozArch F 1032)

Die Radioschule klipp+klang organisiert in der Schweiz seit 1995 im Auftrag der Union nicht-kommerzorientierter Lokalradios (UNIKOM) und mit Unterstützung des Bundesamtes für Kommunikation (BAKOM) Aus- und Weiterbildungskurse für die Programmschaffenden der freien Radios und weitere Interessentinnen und Interessenten. Projekte im soziokulturellen und schulischen Bereich ergänzen das Profil von klipp+klang. Anlässlich des 20-jährigen Jubiläums 2015 entschied sich die Radioschule, das Audiomaterial aus Kursen, Kooperationen und Lehrgängen zu digitalisieren und zu erschliessen. Das Archivprojekt fand in Zusammenarbeit mit Memoriav, dem Verein zur Erhaltung des audiovisuellen Kulturgutes der Schweiz, statt. Online verfügbar sind nun fast 800 Aufnahmen aus den Bereichen Aus- und Weiterbildung, Empowerment, Kinder-/Jugendradio und Kunstradio.

„We are family“ (SozArch F 1040)

Margit Bartl-Frank hat 2015 und 2016 ausführliche Interviews mit ehemaligen Angestellten der Viscosuisse Widnau und Emmenbrücke geführt. Acht davon sind in Absprache mit den Interviewten im Sozialarchiv zugänglich.
Zwischen 1924 und 2005 produzierte das Werk in Widnau die Kunstfaser Viscose. Schweizweit waren auf dem Höhepunkt der Produktion Mitte der 1970er Jahre über 5‘000 Arbeiterinnen und Arbeiter bei der Viscosuisse tätig.
Margit Bartl-Frank hat in den Interviews den Schwerpunkt auf die Beziehungen der Arbeiter/innen untereinander gelegt – die Viscosuisse förderte den Austausch mit einem breiten Freizeitangebot. Ausserdem hat sie nach dem Gemeinschaftsleben der ehemaligen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nach der Pensionierung gefragt. Die Interviews waren Basis ihrer Master-Thesis unter dem Titel «We are family» an der HSLU (Design & Kunst, Master of Fine Arts, Art in Public Spheres).

Marthe Gosteli, um das Jahr 2000 (Quelle: Gosteli-Stiftung)
Marthe Gosteli, um das Jahr 2000 (Quelle: Gosteli-Stiftung)

Buchempfehlungen der Bibliothek

Franziska Rogger: Marthe Gosteli – wie sie den Schweizerinnen ihre Geschichte rettete. Bern, 2017

Am 7. April diesen Jahres ist Marthe Gosteli im Alter von 99 Jahren gestorben. Nach ersten beruflichen Erfahrungen im Medienbereich während und nach dem 2. Weltkrieg stellte sie sich ab Mitte der 1960er Jahre ausschliesslich in den Dienst der Frauenbewegung und trug durch ihre Tätigkeit in verschiedenen Frauenvereinen massgeblich zur Einführung des Frauenstimmrechts im Jahr 1971 bei. Bekannt ist auch die von ihr 1982 gegründete Gosteli-Stiftung in Worblaufen, die Trägerin des Archivs zur Geschichte der schweizerischen Frauenbewegung ist.
In ihrem kurz nach dem Tod Gostelis erschienenen Buch beleuchtet die Historikerin Franziska Rogger das Leben und die Tätigkeiten einer Frau, die aus einem wertkonservativen Bauernhaushalt stammte, ohne akademische Bildung prägend für die Frauengeschichte der Schweiz wurde und nicht zuletzt entscheidend daran beteiligt war, dass diese Geschichte nicht in Vergessenheit geriet.

Michael Steinbrecher, Günther Rager (Hrsg.): Meinung – Macht – Manipulation. Journalismus auf dem Prüfstand. Frankfurt am Main, 2017

Vor allem seit Beginn der Pegida-Demonstrationen in Deutschland sehen sich die etablierten Medien immer wieder mit dem Vorwurf der «Lügenpresse» konfrontiert. Ebenso ist die aktuelle, von beiden Seiten erstaunlich hysterisch und emotional geführte «Fake-News»-Debatte Symptom einer Glaubwürdigkeitskrise der Medien. Doch worin besteht der Kern dieser Kritik? Wie ist es um die Qualität des Journalismus wirklich bestellt? Sind Medienschaffende wirklich «von oben» gesteuert?
Die Professoren Michael Steinbrecher und Günther Rager gehen zusammen mit vierzehn jungen Journalist/innen der Technischen Universität Dortmund diesen und weiteren Fragen wohltuend sachlich auf den Grund. Sie liefern Fakten zum Verhältnis von Pluralität und Rudel-Journalismus, untersuchen die Berichterstattung zum Thema Rechtsradikalismus und zeigen Wege, wie der Journalismus im digitalen Zeitalter aus seiner Glaubwürdigkeitskrise herausfinden kann.

9. Juni 2017: #ZACK Zürcher Archiv Hackday im Staatsarchiv Zürich

Weltweit sind Archive dabei, ihre Bestände zu digitalisieren. Dies ermöglicht nicht nur einen neuen Zugang zu Archivalien, sondern auch einen neuen Umgang mit den vorhandenen digitalen Daten. Dafür sind kreative Ideen gefragt.

Der Zürcher Archiv Hackday (ZACK) ist ein Gemeinschaftsprojekt von Deutschschweizer Archiven, OpenGlam und Wikimedia Schweiz. Als Pre-Event zum Open Cultural Data Hackathon 2017 arbeiten Interessierte, Entwickler, Designerinnen und Mitarbeitende verschiedener Archive zusammen. Gemeinsam werden offene Archivdaten in Form von Prototypen (Apps, Websites, Spiele, interaktive Installationen etc.) produktiv in neue Kontexte gesetzt.

Technisch Versierte haben die Möglichkeit, mit bisher kaum zugänglichen Archiv-Datasets, d.h. Tausenden von Metadaten und Digitalisaten zur schweizerischen Geschichte, zu experimentieren, womit sie dazu beitragen, das Potenzial, das in Archivdaten steckt, neu zu entdecken.

Als Einstieg geben ExpertInnen am Vormittag eine Einführung in die Aufbereitung und Visualisierung von Datensätzen. Parallel zum Hackday werden erfolgreiche Hacks und laufende Projekte mit Bezug zu Archivalien und Archivdaten präsentiert.

> Alle sind zum Mitmachen und Reinschauen eingeladen! Zum aktiven Hacken braucht’s nicht mehr als ein eigenes mobiles Gerät (bevorzugt Laptop) und eine Anmeldung.

> Detailliertes Programm: http://vsa-aas.ch/archivtag-2017/hackday-zuerich/

14. Juni 2017, 18.45 Uhr

Fürsorgerische Zwangsmassnahmen und Fremdplatzierungen in der Schweiz – eine (historische) Momentaufnahme

Referat von Dr. Loretta Seglias (Universität Basel) anlässlich der Jahresversammlung des Schweizerischen Sozialarchivs

Mittwoch, 14. Juni 2017, 18.45 Uhr im Theater Stadelhofen
Jahresversammlung 18.00 Uhr / Türöffnung Referat ca. 18.40 Uhr

Vor 80 Jahren: Das «Friedensabkommen» in der Schweizer Metall- und Maschinenindustrie

Am 19. Juli dieses Jahres jährt sich zum 80. Mal die Unterzeichnung des «Friedensabkommens» in der schweizerischen Metall- und Maschinenindustrie. Dieses Dokument, das die absolute Friedenspflicht und ein mehrstufiges Schiedsverfahren festlegte, gilt bis heute als Grundlage des Arbeitsfriedens im Lande, als Pioniertat mitten in der Wirtschaftskrise, welche die Basis für die wirtschaftliche Prosperität der zweiten Jahrhunderthälfte gebildet habe. Wie bei vielen Gründungsgeschichten sind jedoch auch Entstehung und Auswirkungen des «Friedensabkommens» etwas vielschichtiger, als es der Mythos wahrhaben will.

Bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts existierte in der Schweiz der Arbeitsfrieden höchstens als frommer Wunsch. Seit den 1860er Jahren waren Streiks in der Eidgenossenschaft ein ebenso alltägliches Phänomen wie in den anderen industrialisierten Ländern West- und Mitteleuropas und Nordamerikas. Bereits im Jahre 1870 zählte man einen streikbedingten Ausfall von insgesamt 122’100 Arbeitstagen. Zwischen 1880 und 1914 fanden in der Schweiz nicht weniger als 2’426 Streiks statt. Von 1905 bis 1907 machte sich eine internationale Streikwelle auch in der Schweiz bemerkbar: 1905 beteiligten sich 23’110 Personen an 167, 1906 25’329 Personen an 265 und 1907 – als Allzeithoch – gar 52’777 Personen an 282 Streiks. Einen weiteren Peak erreichte die Streiktätigkeit im Jahre 1918, als sich (ohne Einberechnung des Landesstreiks) 24’382 Personen an 269 Ausständen beteiligten. Nach dem Landesstreik ging die Zahl der Ausstände zwar zurück, sie lag aber auch in den 20er Jahren noch praktisch konstant bei 30 bis 100 Fällen pro Jahr. Häufig kam es im Zusammenhang mit Streikbewegungen zu Protesten verschiedenster Art und zum Einsatz von Polizei und Militär. In den Jahren 1875, 1912, 1918, 1919 und 1932 waren dabei sogar Tote zu beklagen.

Verträge zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern waren im Jahre 1937 allerdings keine Neuheit. Der erste lokale Tarifvertrag kam bereits 1850 im typographischen Gewerbe in Genf zustande. In der Fabrikindustrie gab es aber bis 1880 kaum Tarifverträge. Erst nach der Jahrhundertwende und vor allem nach der Streikwelle von 1905 bis 1907 nahm die Zahl der tariflichen Abschlüsse zu. 1900 legte ein Gesetz im Kanton Genf erstmals explizit die Friedenspflicht während der Laufzeit von Tarifverträgen fest. In den letzten Jahren vor dem Ersten Weltkrieg waren bereits etwa 45’000 Arbeiterinnen und Arbeiter aus über 5’500 Betrieben in über 400 Verträgen tariflich gebunden. Die Mehrheit dieser Verträge hatte eine Laufzeit von maximal zwei Jahren, nur wenige wurden auf über drei Jahre abgeschlossen. Im Jahre 1909 bezeichnete der Bundesrat Tarifverträge als «normale Ordnung des Arbeitsverhältnisses» und zwei Jahre darauf erhielten sie als «Gesamtarbeitsverträge» im Schweizerischen Obligationenrecht (OR) eine juristische Grundlage.

In den Jahren 1917 bis 1920 kam es dann zu einer Welle von Vertragsabschlüssen, die sich jedoch stark auf das Gewerbe konzentrierten. Hingegen scheiterte 1920 das «Bundesgesetz betreffend Ordnung des Arbeitsverhältnisses», das die Möglichkeit der Allgemeinverbindlicherklärung von Gesamtarbeitsverträgen vorgesehen hätte; erst 1941 wurde dies unter dem kriegsbedingten Vollmachtenregime per Bundesbeschluss möglich. In den Jahren 1920 und 1928 scheiterten auch zwei Anläufe des Schweizerischen Metall- und Uhrenarbeiterverbandes (SMUV) für einen Gesamtarbeitsvertrag in der Maschinen- und Metallindustrie am Widerstand der Arbeitgeber. Die erste amtliche Zählung ergab im Jahre 1929 303 Gesamtarbeitsverträge mit etwa 65’000 Arbeiterinnen und Arbeitern; neun Jahre darauf waren es bereits 417 Verträge. Allmählich entstand auch ein neues Konzept des Arbeitsfriedens. Die gewerkschaftliche Konzeption der relativen Friedenspflicht, die Kampfmassnahmen nur bei vertraglich geregelten Fragen untersagte, wurde im Nachgang zum Landesstreik vom Bundesgericht gestützt. 1929 plädierte indessen SMUV-Generalsekretär Achille Grospierre für die absolute Friedenspflicht, stiess damit aber noch auf Widerspruch.

Tarifverträge waren indessen nicht das einzige Mittel, um die Konfliktivität der Arbeitsbeziehungen zu regulieren. Ab der Jahrhundertwende hatten zahlreiche Kantone und Gemeinden Einigungsämter eingerichtet, die bei Arbeitskämpfen schlichten sollten. Mit einer Revision des Fabrikgesetzes wurden 1914/18 die Kantone zur Einrichtung ständiger Einigungsämter verpflichtet. Zudem ermöglichte es die Gesetzesnovelle dem Bundesrat, bei überlokalen Konflikten eine interkantonale Einigungsstelle einzusetzen. Diese Institutionen beruhten in ihrer grossen Mehrheit auf Freiwilligkeit.

Im Gegensatz dazu gewann die Idee der Zwangsschlichtung im Rahmen sogenannter berufsständischer Körperschaften in der Zwischenkriegszeit zunehmend an Popularität. Wichtigstes Vorbild war das faschistische Italien, wo seit Mitte der 20er Jahre die Arbeitsbeziehungen in Korporationen mit Vertretern der Arbeitgeber, der regimetreuen Arbeitnehmerorganisationen und des Staates autoritär geregelt wurden. An diesem Modell, das vom Mussolini-Regime als probates Mittel zur Beendigung des Klassenkampfes und als dritter Weg neben dem in der Krise steckenden liberalen Kapitalismus und dem Sowjetkommunismus angepriesen wurde, orientierten sich in den 30er Jahren die Diktaturen in Portugal und Österreich, später auch das Franco-Regime in Spanien. Ideologische Basis war neben Schriften italienischer Nationalisten auch die katholische Soziallehre. In der 1931 veröffentlichten Enzyklika «Quadragesimo anno» sprach sich Papst Pius XI. trotz Kritik am italienischen Modell für die Institution berufsständischer Körperschaften aus.

Auch in der Schweiz gewann die berufsständische Idee Unterstützung. Schon 1924 bildete sich die Vereinigung «Amis de la corporation», die vor allem in der Romandie Anhänger hatte. Propagiert wurde der Korporatismus insbesondere von den Katholisch-Konservativen, die eine grundsätzliche «Erneuerung» des schweizerischen Staatswesens im autoritären Sinne anstrebten, und dem ihnen nahe stehenden Christlichnationalen Gewerkschaftsbund (CNG). Aber auch gewisse Arbeitgeberkreise liebäugelten mit autoritär-korporatistischen Modellen. Der Präsident des Schweizerischen Gewerbeverbandes etwa legte 1934 einen Modellentwurf für einen Schweizer Korporationenstaat vor. Zwei Gesetzesentwürfe für die Errichtung von Korporationen im Kanton Fribourg von 1933 und 1934 traten nie in Kraft und einen korporatistisch inspirierten Versuch der bürgerlichen Genfer Kantonsregierung zur Regulierung der Arbeitsbeziehungen brachte die Linke unter Berufung auf die Handelsfreiheit (!) zu Fall. Die 1934 von Frontisten und Jungkonservativen lancierte und auch von der Konservativen Volkspartei unterstützte eidgenössische Volksinitiative für eine Totalrevision der Bundesverfassung (gemeinhin als «Fronteninitiative» bezeichnet), die im September 1935 sehr deutlich bachab geschickt wurde, zielte ebenfalls auf die Etablierung einer ständestaatlichen Ordnung ab.

Einen Schritt in Richtung einer autoritären Regulierung der Arbeitsbeziehungen unternahm der Bundesrat im Jahre 1936. Da er nach der Abwertung des Frankens und den damit verbunden Kaufkraftverlusten von 5 bis 6 Prozent eine neue Welle von Arbeitskämpfen um Lohnerhöhungen befürchtete, ermächtigte er das Volkswirtschaftsdepartement zur Zwangsschlichtung, obwohl dieses Instrument von den Arbeitgebern wie auch den Gewerkschaften mehrheitlich abgelehnt wurde. Als Reaktion auf diesen Versuch des Staates, seine Schlichtungskompetenzen zu erweitern, bemühten sich die Sozialpartner um den Ausbau der vertraglichen Beziehungen. Statt eines autoritären Korporatismus setzten die Verbände auf ein Modell, das in den Sozialwissenschaften später als liberaler Korporatismus bezeichnet werden sollte.

Im März 1937 fand eine erste Besprechung zwischen Konrad Ilg, dem Präsidenten des SMUV, und Ernst Dübi, dem Vorsitzenden des Arbeitgeberverbandes schweizerischer Maschinen- und Metallindustrieller (ASM) statt. Im Juli erfolgte dann die Unterzeichnung des «Friedensabkommens» in der Maschinen- und Metallindustrie, dem von Arbeiternehmerseite nebst dem SMUV als Minderheitenverbände auch der Christliche Metallarbeiter-Verband (CMV), der dem Freisinn nahestehende Landesverband freier Schweizer Arbeiter (LFSA) und der Schweizerische Verband evangelischer Arbeiter und Angestellter (SVEA) beitraten. Zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses beschäftigten die 158 ASM-Mitgliedfirmen 57’600 Arbeiterinnen und Arbeiter. Der SMUV zählte 60’000 Mitglieder, der CMV 5’000 und der LFSA in der Metall- und Uhrenindustrie 639.

Bei dem zunächst auf zwei Jahre abgeschlossenen Abkommen handelte es sich nicht um einen Gesamtarbeitsvertrag. Auf die Regelung materieller Dinge wurde bewusst verzichtet. Kernpunkte waren die Versicherung, Meinungsverschiedenheiten nach dem Grundsatz von «Treu und Glauben» auszutragen, eine unbedingte Friedenspflicht während der zweijährigen Vertragsdauer, ein mehrstufiges Konfliktlösungsverfahren (Betrieb, Verbände, Schlichtungsstelle, Schiedsstelle), die Koalitionsfreiheit sowie die Verpflichtung der Vertragspartner, ihre Mitglieder zur Beachtung der Vertragsbestimmungen anzuhalten. Zur Sicherung der Einhaltung dieser Bestimmungen hinterlegten die Vertragsparteien je eine Kaution von 250’000 Franken bei der Schweizerischen Nationalbank.

Weit weniger Beachtung als das «Friedensabkommen» erfuhr der erste «Landesmantelvertrag» im Bauhauptgewerbe, der im folgenden Jahr abgeschlossen wurde. Im Gegensatz zum «Friedensabkommen» enthielt dieser landesweit gültige Rahmenvertrag keinen absoluten Streikverzicht, dafür konkrete Regelungen bezüglich Löhnen und Arbeitszeiten. Hervorgegangen war der Vertrag aus einem Konflikt zwischen dem Schweizerischen Bau- und Holzarbeiter-Verband (SBHV) und dem Baumeisterverband im Jahre 1937, der zu lokalen Streiks und der Drohung eines landesweiten Ausstandes geführt hatte und erst nach Vermittlung durch Volkswirtschaftsminister Hermann Obrecht beigelegt worden war.

Das «Friedensabkommen», das nach Ablauf seiner zweijährigen Dauer in der Folge immer wieder im Fünfjahresrhythmus erneuert und nach und nach mit materiellen Regelungen angereichert wurde, erfuhr schon bald eine mythische Überhöhung. Ein kurz nach Vertragsabschluss vom katholisch-konservativen Bundesrat Giuseppe Motta gezogener Vergleich mit dem Stanser Verkommnis von 1481 wurde immer wieder zitiert. An der Zürcher Landesaustellung von 1939, dem Höhepunkt der «Geistigen Landesverteidigung», wurde das Dokument auf der Höhenstrasse an prominentem Ort ausgestellt. Im Jahre 1942 verlieh die Universität Bern den beiden Initiatoren Konrad Ilg und Ernst Dübi die Ehrendoktorwürde. In der Folge waren die runden Jahrestage der Unterzeichnung des «Friedensabkommens» bis in die 90er Jahre stets Anlass von Feierlichkeiten mit Prominenz aus Politik, Wirtschaft und Gewerkschaften. Heute befindet sich das ASM-Exemplar des Originalvertrags in der Dauerausstellung des Landesmuseums Zürich, das SMUV-Exemplar ruht im Safe des Schweizerischen Sozialarchivs.

Die landläufige Vorstellung, dass mit dem Abkommen von 1937 sofort der allgemeine Arbeitsfriede ausgebrochen wäre, ist allerdings schief. Trotz aussenpolitischer Bedrohung und «Geistiger Landesverteidigung» kam die Streiktätigkeit auch während des Zweiten Weltkriegs nicht zum Erliegen. In der zweiten Hälfte der 1940er Jahre war dann noch einmal eine grosse, allerdings rasch aus dem kollektiven Gedächtnis verdrängte Streikwelle zu verzeichnen, die auf ihrem Höhepunkt im Jahre 1946 zu einem Ausfall von 184’483 Arbeitstagen und zur Erstürmung des Genfer «Hôtel de Ville» durch streikende Bauarbeiter führte.

Erst in diesem Zusammenhang erlebte die Tarifvertragsidee ihren Durchbruch. Von 1944 bis 1950 stieg die Zahl der Gesamtarbeitsverträge von 632 auf 1’447. Anfang 1945 gab die Chemie als erste Exportindustrie ihren Widerstand gegen Gesamtarbeitsverträge auf. Ende 1943 hatten die Basler Chemiekonzerne den Gewerkschaften ein Friedensabkommen nach dem Vorbild der Maschinen- und Metallindustrie vorgeschlagen, was von SMUV und LFSA begrüsst wurde. Hingegen forderten der kommunistisch dominierte Industriearbeiter-Verband Basel und die christlichsozialen Gewerkschaften einen Gesamtarbeitsvertrag mit materiellen Regelungen, und sie konnten damit an den Belegschaftsversammlungen grosse Mehrheiten hinter sich scharen. Im Januar 1945, nach verschiedenen Streiks in der Basler Chemieindustrie, gaben die Arbeitgeber diesem Druck nach.

Insgesamt verfügten im Jahre 1951 775’000 Schweizer Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer über einen Gesamtarbeitsvertrag, zwölf Mal mehr als bei Ausbruch der Weltwirtschaftskrise 1929. Ein wesentlicher Bestandteil vieler Verträge war die – 1956 auch im OR geregelte – Friedenspflicht. Viele Gesamtarbeitsverträge gingen dabei über die «relative Friedenspflicht», welche Kampfmassnahmen zu nicht vertraglich geregelten Gegenständen erlaubt, hinaus. Im Jahre 1977 etwa bekannten sich zwei Drittel der Gesamtarbeitsverträge zur «absoluten Friedenspflicht» und schlossen damit für die Zeit der Vertragsdauer sämtliche Kampfaktionen aus. Da zudem auch Arbeitskämpfe in der Phase der Vertragsverhandlungen selten wurden, ging die schweizerische Streikrate, auch im internationalen Vergleich, massiv zurück.

Kritik am Friedensabkommen und dem mit ihm verbundenen Verzicht auf Kampfmassnahmen gab es schon früh. So meinte die den Kommunisten nahe stehende «Metallarbeiter-Opposition» anlässlich eines Streiks bei Bührle 1940, nun sei «das durch die reformistischen Bonzen abgeschlossene ‚Friedensabkommen’ zerrissen worden, die Politik der Zusammenarbeit mit den Kapitalisten ist erschüttert und der Beweis ist erbracht worden, dass Kämpfe der Arbeiterschaft Erfolg haben». Und die sozialistische Jugend bezeichnete das streikfeindliche Verhalten des SMUV in diesem Konflikt als «Dolchstoss gegen die Belegschaft»; der Metallarbeiterverband sei «einbalsamiert auf dem Totenbette seines Abkommens und seiner Kassen» und könne deshalb nicht mehr in Anspruch nehmen, eine Organisation zur Erringung sozialer Fortschritte zu sein.

Bis zum Ende der 60er Jahre blieb die Kritik am Arbeitsfrieden indessen marginal. Verschiedene vor allem von italienischen und spanischen Arbeitern getragene «wilde» Streiks im Baugewerbe in den Jahren 1965 bis 1971 führten dann zunächst vor allem im SBHV zu einem teilweisen Umdenken. Mit der Wahl Ezio Canonicas zum Verbandspräsidenten im Jahre 1968 und der daran anschliessenden Statutenrevision erfolgte ein Wandel, der sich durch eine Relativierung des absoluten Arbeitsfriedens und den Versuch einer die ausländischen Arbeiter integrierenden Dynamisierung der Gewerkschaft auszeichnete.

Aber auch im SMUV regten sich nun kritische Stimmen. Seine Verbandsleitung identifizierte sich stark mit der schweizerischen Gemeinschaftsideologie des Kalten Krieges – so zählte Verbandspräsident Ernst Wüthrich etwa zu den Beiträgern des 1969 an alle Schweizer Haushalte verteilten «Zivilverteidigungsbuches». Verschiedene «wilde» Streiks ab 1968, die für eine mögliche Alternative zur absoluten Konsenspolitik standen, führten zu einem eigentlichen Machtkampf zwischen Erneuerern und der Verbandsspitze, deren Kurs bei der Präsidentenwahl von 1972 knapp obsiegte. 1973/74 wurde anlässlich der Verhandlungen zur Erneuerung des Friedensabkommens von Westschweizer Seite die Abkehr von der Politik des absoluten Arbeitsfriedens gefordert, und am SMUV-Kongress 1976 entspann sich, nachdem es 1975/76 in der Westschweizer Metall- und Uhrenindustrie im Zuge der Wirtschaftskrise erneut zu mehreren Arbeitskämpfen gekommen war, diese Debatte erneut. Zwei Anträge, die auf eine Lockerung des Arbeitsfriedens abzielten, scheiterten jedoch deutlich.

Kurz darauf intensivierte sich die Diskussion im Zusammenhang mit dem im Sommer 1977 von 27 Westschweizer Vertrauensleuten lancierten «Manifest 77». Dieses bezichtigte den SMUV der stillschweigenden Anerkennung einer «nur auf Profit ausgerichteten Wirtschaft» und einer mangelhaften demokratischen Kultur und forderte eine Lockerung des Arbeitsfriedens sowie den Aufbau einer «breit abgestützten Linksunion» zur militanteren Vertretung der ArbeitnehmerInneninteressen. Das Manifest, das zunächst von der SMUV-Geschäftsleitung als Beitrag zum demokratischen Dialog gewürdigt und von einer Minderheit sogar unterstützt worden war, wurde bald nicht mehr als Versuch einer innergewerkschaftlichen Erneuerung, sondern als linksradikaler Umsturzversuch wahrgenommen. Die vor allem in der Westschweiz erfolgende Unterschriftensammlung für das Manifest wurde als statutenwidrige Fraktionsbildung interpretiert. In der Folge kam es zu heftigen Auseinandersetzungen zwischen Verbandsführung und Manifestanten, die die Gewerkschaftsspitze – trotz Unterstützung des Manifests durch den SP-Parteitag von 1978 – schliesslich nach harten Massnahmen wie Suspendierungen und Entlassungen von Sekretären und Vertrauensleuten für sich entscheiden konnte.

Mit der neunten Erneuerung des Friedensabkommens im Jahre 1978 fanden die internen Kontroversen um den gewerkschaftspolitischen Kurs ihren vorläufigen Abschluss. Die Arbeitsfriedensidee blieb die gültige Doktrin. Die 80er Jahre blieben denn auch streikarm. Das Archiv des SMUV verzeichnet für dieses Jahrzehnt nur einen einzigen, viertägigen Streik nach dem Auslaufen des Gesamtarbeitsvertrags im Genfer Automobilgewerbe im Februar 1985. Wie ungewohnt die Streikwaffe damals war, zeigt der Umstand, dass der SMUV zunächst ein juristisches Gutachten einholte und dann in der französischen Mitgliederzeitung erstaunt titelte: «La Grève est legale en Suisse!»

Die Kritik am Arbeitsfrieden verstummte indessen nicht. In den 1980er Jahren erschien er vor allem linksintellektuellen Kreisen angesichts des immer rasanteren technologischen Wandels und der sich verstärkenden, ökologisch motivierten Kritik am grenzenlosen Wachstum als Relikt aus einer vergangenen Epoche. Auch die Akzeptanz in der Bevölkerung nahm ab. Während gemäss repräsentativen Umfragen die Zustimmung Ende der 70er Jahre noch über 75 Prozent betrug, sank sie bis 1993 auf 60 Prozent. Skeptisch äusserten sich vor allem Frauen und Junge; bei Gewerkschaftsmitgliedern dagegen war die Zustimmung überdurchschnittlich gross. Ab den 90er Jahren geriet dann die vertraglich geregelte Sozialpartnerschaft von Teilen der Arbeitgeber unter Beschuss. In der Folge kam es, insbesondere nach der Fusion mehrerer Gewerkschaftsverbände zur Unia im Jahre 2004, zu einer Enttabuisierung des Streikens. Zwar nahm die Streikrate in der Schweiz nicht wesentlich zu, der Ausstand als gezielt eingesetztes und zunehmend professionell medialisiertes gewerkschaftliches Aktionsmittel erlebt seither aber eine gewisse Renaissance.

Material zum Thema im Sozialarchiv (Auswahl)

Archiv:

  • Ar 72.10.2 Landesverband freier Schweizer Arbeitnehmer LFSA: Jubiläen, Verschiedenes 1986-1994
  • Ar 74.10.3 Christlicher Metallarbeiter-Verband der Schweiz: Archivdienst I
  • Ar 74.10.19 bis 21 Christlicher Metallarbeiter-Verband der Schweiz: 50 Jahre Friedensabkommen
  • Ar SMUV 01D-0002 Reden, Vorträge F-G (Friedensabkommen – Generationsbedingte Einflüsse auf die GAV-Politik)
  • Ar SMUV 01D-0002 Reden, Vorträge: A (aktuelle Lage, Arbeitsfrieden etc.)
  • Ar SMUV 01D-0096 Referate: Maifeiern; Demonstration Sulzer Giessereischliessung; Tagungen; Jubiläum Friedensabkommen
  • Ar SMUV 01D-0124 Dokumentation Arbeitsfrieden: Vergleich Lebensstandard Arbeiter 1937 und 1967
  • Ar SMUV 02H-0009 Kleinschriften zum «Friedensabkommen» 1937
  • Ar SMUV 02I-0004 25 Jahre «Friedensabkommen»
  • Ar SMUV 02I-0005 50 Jahre Friedensabkommen
  • Ar SMUV 02I-0006 Friedensabkommen vom 19. Juli 1937
  • Ar SMUV 03E-0065 Pressespiegel: 60 Jahre Friedensabkommen in der Maschinenindustrie (Juli 1997)
  • Ar SMUV 03F-0023 Pressekonferenzen: 60 Jahre Friedensabkommen in der Maschinenindustrie
  • Ar SMUV 04A-0001 Maschinen- und Metallindustrie: Branchenakten (chronologisch): Industriekonferenzen; Vereinbarungen; «Friedensabkommen»
  • Ar SMUV 04A-0032 Pressespiegel 50. Jubiläum «Friedensabkommen»
  • Ar SMUV 04B-0194 50 Jahre Arbeitsfrieden in der Uhrenindustrie: Feiern; Presse- und Medienspiegel; Prévhor Gründung
  • Ar SMUV SMUV 04Z-0030 Die Vereinbarung in der Schweizerischen Maschinen- und Metallindustrie (Friedensabkommen), Verf. Werner Klaus, 1957
  • Ar SMUV 10D-0001 Schriften zur SMUV-Geschichte 1906-1973

Archiv Bild + Ton:

  • F 1013-855_A Nationalrat Ernst Wüthrich über das Friedensabkommen
  • F 5019 Landesverband freier Schweizer Arbeitnehmer (LFSA)
  • F 5032 Schweizerischer Metall- und Uhrenarbeiterverband (SMUV) – Gewerkschaft Industrie, Gewerbe, Dienstleistungen
  • F 9003-008 Les accords dans l’industrie suisse des machines et des métaux (1980)
  • F 9003-009 Die Vertragswerke in der schweizerischen Maschinen- und Metallindustrie (1985)
  • F 9003-010 Der Weg zur Sozialpartnerschaft in der Maschinenindustrie (1989)
  • F 9003-017 Treu und Glauben – 50 Jahre Friedensabkommen in der Maschinen- und Metallindustrie (1988)

Dokumentation:

  • KS 331/29:1 und KS 331/29:2 Unternehmen und Beschäftigte; Friedensabkommen (1937): Schweiz
  • KS 331/30:1 und KS 331/30:2 Gesamtarbeitsverträge: Schweiz allg.
  • KS 331/30a Gesamtarbeitsverträge: Schweiz allg.
  • KS 331/35 Gesamtarbeitsverträge: Maschinen-, Metall- & Uhrenindustrie
  • QS 71.2 * 06 Gesamtarbeitsverträge: Maschinen-, Metall- & Uhrenindustrie
  • QS 77.1 Unternehmen und Beschäftigte: Sozialpartnerschaft
  • ZA 71.2 Gesamtarbeitsverträge

Bibliothek:

  • 45361 Boos, Roman: Der Gesamtarbeitsvertrag nach schweizerischem Recht. München/Leipzig 1916
  • 126641 Casutt-Schneeberger, Julia: Business cycles and strike activity: Labour conflicts across different economic regimes, 1945-2004. Marburg 2011
  • D 5170 Degen, Bernard et al. (Red.): Arbeitsfrieden – Realität eines Mythos: Gewerkschaftspolitik und Kampf um Arbeit – Geschichte, Krise, Perspektiven. Zürich 1987
  • 34551 Das Friedensabkommen in der schweizerischen Maschinen- und Metallindustrie vom 19. Juli 1937: Ernst Dübi, 1884–1947 / Konrad Ilg, 1877–1954 (= Schweizer Pioniere der Wirtschaft und Technik, Bd. 16). Zürich 1965
  • 57361 Gallati, Renatus: Der Arbeitsfriede in der Schweiz und seine wohlstandspolitische Bedeutung im Vergleich mit der Entwicklung in einigen anderen Staaten. Frankfurt/München 1976
  • 102280 Hettlage, Manfred und Robert Hettlage (Hg.): Schlichten statt streiken: Das Schweizerische Friedensabkommen als Modell für Deutschland? Dokumente und Kommentare. München etc. 1997
  • Gr 5438 Hirter, Hans: Die Streiks in der Schweiz in den Jahren 1880–1914: Quantitative Streikanalyse, in: ders. et al. (Hg.): Arbeiterschaft und Wirtschaft in der Schweiz 1880–1914, Bd. II/2. Zürich 1988. S. 837-1008
  • 83182 Humbel, Kurt: Treu und Glauben: Entstehung und Geschichte des Friedensabkommens in der schweizerischen Maschinen- und Metallindustrie. Bern 1987
  • 121626 Koller, Christian: Streikkultur: Performanzen und Diskurse des Arbeitskampfes im schweizerisch-österreichischen Vergleich (1860–1950). Münster/Wien 2009
  • 114028 Kuster Zürcher, Susanne: Streik und Aussperrung – vom Verbot zum Recht: Das Recht auf Streik und Aussperrung nach Art. 28 Abs. 2-4 BV. Zürich 2004
  • 95831 Maspoli, Philippe: Le corporatisme et la droite en Suisse romande. Lausanne 1993
  • 65309 Tschudi, Hans-Martin: Die Gestaltung der Arbeitsverhältnisse durch die Sozialpartner des schweizerischen Baugewerbes dargestellt an der Entwicklung des Landesmantelvertrages für das schweizerische Hoch- und Tiefbau-, Zimmer-, Steinhauer- und Steinbruchgewerbe 1938–1976. Zürich 1979
  • 89426 Weber, Quirin: Korporatismus statt Sozialismus: Die Idee der berufsständischen Ordnung im schweizerischen Katholizismus während der Zwischenkriegszeit. Fribourg 1989