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Herman-Greulich-Gedenkmünze von 1955 (Urheber: H.J. Huguenin/SozArch F 5068-Oa-0473)
Herman-Greulich-Gedenkmünze von 1955 (Urheber: H.J. Huguenin/SozArch F 5068-Oa-0473)

7.11.2025, 18 Uhr: «Geh deine Bahn und lass die Leute schwätzen»

Zum 100. Todestag von Herman Greulich

Am 8. November jährt sich der Todestag von Herman Greulich zum 100. Mal. Als Vaterfigur der Schweizer Arbeiter:innenbewegung war der als Buchbindergeselle aus Preussen eingewanderte «Papa Greulich» auf lokaler, kantonaler, nationaler und internationaler Ebene aktiv, engagierte sich für die Sozialpolitik, das Frauenstimmrecht, die direkte Demokratie und den Frieden, gründete Gewerkschaften und Parteiorganisationen, war ein unermüdlicher Redner, Publizist und Pionier der schweizerischen Sozialstatistik, organisierte internationale Kongresse und Hilfsaktionen.

Greulichs Nachlass und die Akten des von ihm geleiteten Arbeitersekretariats befinden sich heute im Sozialarchiv. Aus Anlass von Greulichs 100. Todestag halten Annette Frei Berthoud, Christoph Arioli, Christian Koller und Adrian Zimmermann Rückschau auf Greulichs Wirken und diskutieren dessen Aktualität.
Mit anschliessendem Apéro.

Freitag, 7. November 2025, 18 Uhr
Schweizerisches Sozialarchiv, Medienraum

Veranstaltungsflyer herunterladen (PDF, 277 KB)

Im November zeigen wir in den Lesesaalvitrinen eine kleine Ausstellung mit Dokumenten zu Greulichs Leben und Wirken.

27.11.2025, 18.30 Uhr: Starke Schweizer Frauen – Pionierinnen

Buchpräsentation mit Daniele Muscionico

Sie bestiegen die anspruchsvollsten Berggipfel der Welt und wurden dafür verspottet. Sie setzten neue Massstäbe in der Luftfahrt, doch waren sie zurück am Boden, bestimmten die Ehemänner über ihr Leben. Sie waren Wegbereiterinnen der biologischen Landwirtschaft und der Flüchtlingshilfe, engagierten sich für Sexualaufklärung und Selbstbestimmung. Sie gründeten Frauenvereine und Kunstakademien, standen für das Frauenstimmrecht ein und einige von ihnen lebten offen queer.

In der Schweizer Geschichte begegnen wir zahlreichen Pionierinnen, die mit Leidenschaft und Mut ihre Ziele verfolgten. Für ihre Kunst, ihre Texte oder ihr politisches Engagement waren sie einst bekannt und gefeiert – heute sind viele ihrer Namen fast vergessen. Daniele Muscionico lässt diese Frauen in zwanzig eindrücklichen Porträts wieder lebendig werden.

Die Autorin stellt an diesem Abend ausgewählte Frauenporträts vor, ergänzt durch Materialien aus verschiedenen Archivbeständen des Sozialarchivs.

Mit anschliessendem Apéro.

Donnerstag, 27. November 2025, 18.30 Uhr
Schweizerisches Sozialarchiv, Medienraum

Veranstaltungsflyer herunterladen (PDF, 237 KB)

4.12.2025, 18.30 Uhr: Mattmark 1965

Erinnerungen, Gerichtsurteile, italienisch-schweizerische Verflechtungen

Lesung und Gespräch mit der Herausgeberin Elisabeth Joris

Am 30. August 1965 wurden beim Bau des Stausees Mattmark 88 Bauarbeiter:innen durch den Abbruch einer Gletscherzunge unter 2 Millionen Kubikmetern Eis und Geröll begraben. Bei den Bergungsarbeiten konnten unter der bis zu 50 Meter starken Geröllschicht keine Überlebenden gefunden werden. Die Mehrheit der Todesopfer waren italienische Staatsangehörige. Das Risiko bei der Errichtung der Unterkunftsbaracken direkt unterhalb einer Gletscherzunge war nicht beachtet worden. Die Katastrophe rief deshalb in Italien heftige Kritik hervor. Sieben Jahre nach dem Unglück sprach die Walliser Justiz alle 17 Angeklagten frei. Ein grosser Teil der Gerichtskosten wurde den Familien der Opfer auferlegt, was in Italien eine neue Welle der Empörung hervorrief.

Das neue Buch von Elisabeth Joris lässt Familienangehörige zu Wort kommen, beleuchtet Unterschiede in der Erinnerungskultur in Italien und der Schweiz, stellt neue Erkenntnisse zum Gerichtsverfahren vor und beschreibt die Bedeutung der Mattmark-Katastrophe für den Wandel der gewerkschaftlichen Migrationspolitik zur Zeit der Schwarzenbach-Initiative.

Mit anschliessendem Apéro.

Donnerstag, 4. Dezember 2025, 18.30 Uhr
Schweizerisches Sozialarchiv, Medienraum

Veranstaltungsflyer herunterladen (PDF, 255 KB)

Samuel Geiser, Heidi Kronenberg, Yoshiko Kusano: Küchengespräche. Wer kocht, putzt, wäscht und tröstet? Zürich, Rotpunktverlag, 2024
Samuel Geiser, Heidi Kronenberg, Yoshiko Kusano: Küchengespräche. Wer kocht, putzt, wäscht und tröstet? Zürich, Rotpunktverlag, 2024

23.10.2025, 18.30 Uhr: Küchengespräche

Wer kocht, putzt, wäscht und tröstet?

Single-, WG- oder Familienhaushalt – gemacht werden muss er!

Ob es um Ernährung, Traditionen, Kindererziehung oder Aufgabenverteilung geht – nirgends zeigen sich gesellschaftliche Veränderungen so spürbar wie im Haushalt. Niemand kommt darum herum: Entweder man oder frau – vor allem frau – macht ihn. Oder lässt ihn machen. Doch zu welchem Preis? Ist Hausarbeit eine Arbeit wie jede andere? Soll sie bezahlt werden? Oder ist sie unbezahlbar, weil sie mit Nähe und Liebe zu tun hat?

Heidi Kronenberg, Samuel Geiser und Yoshiko Kusano laden in «Küchengespräche» zu einer Entdeckungsreise durch die Haushaltsformen von heute ein. Wort und Bild fügen sich zu einem Mosaik vielfältiger Haushaltsformen zusammen: Senior:innen-WG, Mehrgenerationenhaus, Dreier-WG, Rainbow Dads, Single-Haushalte oder ein Familienhaushalt mit traditioneller Rollenverteilung und einem Hausmann. Mit den bebilderten Reportagen gibt das Buch Einblick in das unterschiedliche Haushalten, Gespräche mit Expert:innen wie etwa der Historikerin und Co-Direktorin des Gosteli-Archivs, Simona Isler, beleuchten das Thema zusätzlich aus historischer Perspektive und liefern erkenntnisreiche Hintergründe dazu.

Buchpräsentation mit den Autor:innen Samuel Geiser und Heidi Kronenberg, der Fotografin Yoshiko Kusano sowie der Historikerin Simona Isler.
Mit anschliessendem Apéro.

Donnerstag, 23. Oktober 2025, 18.30 Uhr
Schweizerisches Sozialarchiv, Medienraum

Veranstaltungsflyer herunterladen (PDF, 313 KB)

SozArch F 5008-Ox-007
SozArch F 5008-Ox-007

6.10.2025, 12.30 Uhr: Webinar arbeiterbewegung.ch

Relaunch der Ressourcenplattform zur schweizerischen Arbeiterbewegungsgeschichte

Seit ihrer Gründung im Jahr 2008 betreibt die Interessengemeinschaft «Geschichte der Schweizerischen Arbeiterbewegung» eine eigene Website. Die IG ist ein lockerer Kompetenzverbund zu Geschichte und Archiven der schweizerischen Arbeiterbewegung von Spezialarchiven, Forschungsinstitutionen und Gewerkschaften. Zurzeit gehören ihr an: das Schweizerische Sozialarchiv in Zürich, die Archives contestataires in Genf, die Association pour l’étude de l’histoire du mouvement ouvrier (AÉHMO) in Lausanne, das Centre international de recherches sur l’anarchisme (CIRA) in Lausanne, das Collège du Travail in Genf, die Fondazione Pellegrini Canevascini (FPC) in Bellinzona sowie der Schweizerische Gewerkschaftsbund (SGB) und die Gewerkschaften UNIA, VPOD, SEV und Syndicom.

Kern der bisherigen Website war ein Metakatalog zu den vielfältigen, vom frühen 19. Jahrhundert bis in die Gegenwart reichenden Archivbeständen der schweizerischen Arbeiterbewegungsgeschichte. Diese umfassen die Akten von Gewerkschaften, Parteien, Arbeiter:innenvereinen, Genossenschaften und Unternehmen, Frauen- und Jugendorganisationen und zum Anarchismus sowie Personennachlässe. Neben den umfangreichen Beständen im Sozialarchiv befinden sie sich auch in kleineren Spezialarchiven, im Bundesarchiv, in kantonalen und kommunalen Archiven, Bibliotheken und Museen, in gewerkschaftlichen Vorarchiven und in vereinzelten Fällen sogar im Ausland im Internationalen Institut für Sozialgeschichte in Amsterdam oder im Archiv der sozialen Demokratie in Bonn.

Auch auf der nun inhaltlich und technisch vollständig neu aufgesetzten Website bildet der Metakatalog mit Direktzugriff auf die Findmittel der bestandeshaltenden Institutionen ein zentrales und für die Forschung unverzichtbares Tool. Die Forschungsinfrastrukturfunktion der Website wurde aber angereichert durch Übersichten und Links zu den immer zahlreicher greifbaren digitalen Beständen. Dazu gehören etwa retrodigitalisierte Zeitungen und Zeitschriften auf verschiedenen Portalen, Online-Datenbanken mit audiovisuellen Quellen oder biografischen Angaben und Archive von «digital born»-Dokumenten der letzten drei Jahrzehnte. Darüber hinaus bietet die Website arbeiterbewegung.ch Informationen zur Organisationsentwicklung der schweizerischen Arbeiterbewegung, zu laufenden und abgeschlossenen Forschungs- und Vermittlungsprojekten sowie einen aktuellen Veranstaltungskalender.

Am Montag, 6. Oktober 2025, von 12.30 bis 13.15 Uhr stellen wir in einem Webinar Benutzer:innen und weiteren Interessierten die neue Website vor (Link: https://uzh.zoom.us/j/61150200036?pwd=Deb5vaUs1dkpyrU9gGXkDyg1CBbz0F.1).

Flyer zum Webinar herunterladen (PDF, 385 KB)

Vor 100 Jahren: Der Geist von Locarno

Die Schweiz war in den letzten drei Jahrhunderten Schauplatz zahlreicher internationaler Konferenzen, die sich um Krieg und Frieden drehten. Noch zur Zeit der Alten Eidgenossenschaft fand 1714 in Baden eine dreimonatige Friedenskonferenz statt, die den Spanischen Erbfolgekrieg beendete. Dieser hatte knapp 14 Jahre gedauert und trug mit Kriegsschauplätzen in Europa, Nordamerika, der Karibik und auf den Weltmeeren bereits Züge eines Weltkriegs. Der während der Französischen Revolution 1795 zwischen Frankreich, Preussen, Spanien und Hessen-Kassel abgeschlossene, wesentlich vom Basler Stadtschreiber und späteren Autor der ersten Verfassung der Helvetischen Republik Peter Ochs vermittelte Friede von Basel war lediglich eine vorübergehende Atempause in der Serie der Koalitionskriege von 1792 bis 1815, die mit ihren Kriegsschauplätzen in Europa, im Nahen Osten, Nordafrika, Nordamerika, in der Karibik und auf den Weltmeeren, der Vernetzung des allgemeinen europäischen Krieges mit Kolonialkriegen, europäischen und asiatischen Regionalkonflikten sowie neuen Formen des «Volkskrieges», nationalistischer Propaganda und des Wirtschaftskriegs im Rückblick als ein 13-jähriger Weltkrieg erscheint.
Ab dem 19. Jahrhundert fanden dann viele solche Konferenzen am Genfersee statt, aber auch Bern, Basel, Zürich, Luzern, Locarno oder der Bürgenstock wurden zu Kongressorten. Am Ende des Ersten Weltkrieges anerbot sich die Schweiz neben Frankreich und Belgien als Gastgeberin der anstehenden grossen Friedenskonferenz, die wie die Kongresse in Münster und Osnabrück von 1645 bis 1648 und in Wien 1814/15 nach einem katastrophalen Krieg mit Zerstörung des bisherigen internationalen Systems eine stabile Friedensordnung zu errichten versuchen sollte. US-Präsident Woodrow Wilson favorisierte zunächst einen Konferenzstandort ausserhalb der kriegführenden Länder und schlug Ende Oktober 1918 Lausanne vor. Auch Genf war, wie dann erneut nach dem Zweiten Weltkrieg, als potenzieller Schauplatz der Friedenskonferenz im Gespräch. Angesichts des zeitgleich mit dem Waffenstillstand und den Revolutionen in Deutschland und Österreich Anfang November 1918 stattfindenden Landesstreiks übertrieb die französische Diplomatie dann gezielt das Unruhepotenzial und die bolschewistische Gefahr in der Schweiz und konnte so Paris als Konferenzstandort sichern. Ein halbes Jahrzehnt später fand aber in der Schweiz ein weiterer internationaler Kongress statt, der von vielen Zeitgenoss:innen als eigentlicher Schlusspunkt hinter dem Ersten Weltkrieg betrachtet wurde: die Konferenz von Locarno.

Krieg und Frieden auf Konferenzen in der Schweiz

Die Locarno-Konferenz von 1925 reiht sich ein in eine grosse Zahl diplomatischer und zivilgesellschaftlicher Konferenzen in der Schweiz um Krieg und Frieden. Genf war als Sitz des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz (IKRK), Unterzeichnungsort der ersten «Genfer Konvention» (1864) und dann Völkerbund- und UNO-Sitz Gastgeberin einer Serie von Konferenzen zur Begründung und Weiterentwicklung des humanitären Völkerrechts (1863/64, 1906, 1925, 1929, 1949, 1951, 1977, 1980, 1992, 2005) und von verschiedenen Abrüstungs- und Rüstungskontrollverhandlungen zwischen Grossmächten (1927, 1932 bis 1934, 1958 bis 1962, 1962 bis 1968, 1977, 1979 ff., 1980 bis 1985). 1925 wurde das «Genfer Protokoll» unterzeichnet, das den Einsatz chemischer und biologischer Waffen verbietet. Im Kalten Krieg wurde Genf Sitz verschiedener UNO-Foren zur Abrüstung: des kurzlebigen «Ten Nation Committee on Disarmament» (1960), des «Eighteen Nation Committee on Disarmament» (1961 bis 1968), der «Conference of the Committee on Disarmament) (1969 bis 1978) und der «Conference on Disarmament» (seit 1979). Aus ihren Arbeiten gingen unter anderem der Atomwaffensperrvertrag (1968), die Biowaffenkonvention (1971), die Chemiewaffenkonvention (1992) und der (noch nicht in Kraft getretene) Atomwaffenteststoppvertrag (1996) hervor. Bereits 1958 hatten Atomexperten auf einer Konferenz in Genf ein Kontrollprogramm zur Überwachung eines zukünftigen Atombombentestabkommens entworfen. 1972 in Genf begonnene amerikanisch-sowjetische Verhandlungen mündeten 1979 in die Unterzeichnung des SALT II-Abkommens in Wien zur Begrenzung nuklear-strategischer Waffensysteme (s. SozialarchivInfo 3/2022). 1973 bis 1975 war Genf auch Schauplatz von Verhandlungen der Konferenz über Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (KSZE). 2016 und 2019 veranstalteten das UN-Büro zur Verhinderung von Völkermord und die «Internationale Vereinigung zur Verteidigung der Religionsfreiheit» in Genf zwei internationale Konferenzen zum Thema «Religion, Frieden und Sicherheit».

1872 verurteilte ein in Genf tagendes Schiedsgericht Grossbritannien zur Zahlung einer Entschädigung an die USA, weil es im Sezessionskrieg seinen internationalen Verpflichtungen zur Einhaltung der Neutralität nicht nachgekommen war. In Genf wurde beispielsweise auch 1922 das deutsch-polnische Abkommen über Oberschlesien unterzeichnet, 1952 gab es indisch-pakistanische Verhandlungen zum Kaschmirkonflikt, 1955 bis 1957 chinesisch-amerikanische Gespräche über den Status von Taiwan, 1957 im Nachgang zur Suezkrise französisch-ägyptische Diskussionen, 1962 eine Konferenz zur (freilich nicht nachhaltigen) Beendigung des Bürgerkriegs in Laos, 1963 und 1964 Gespräche zum Südtirolkonflikt, 1967 Verhandlungen zwischen Grossbritannien und der jemenitischen Befreiungsfront über die beschleunigte Unabhängigkeit des von bürgerkriegsartigen Konflikten erschütterten Südjemen, 1973 nach dem Jom-Kippur-Krieg eine Nahostkonferenz (s. SozialarchivInfo 4/2023), 1974, 1988, 2000 und 2021 Verhandlungen zum Zypernkonflikt, 1976 zum Bürgerkrieg in Rhodesien/Zimbabwe, 1977, 1994 und 2000 zwischen den USA und Syrien zum Nahostkonflikt, 1981/82 zu Namibia, 1983 zum Bürgerkrieg im Libanon, 1983 und 1987 zu Palästina, 1985, 1987, 1988, 2018 und 2020 zum Afghanistankonflikt, 1988 zu den Kriegen im Südlichen Afrika und am Persischen Golf, 1990 zum Bürgerkrieg in El Salvador, 1991 im Vorfeld des zweiten Golfkrieges zur irakischen Besetzung Kuwaits, als vor dem Aussenministertreffen des Iraks und der USA in der Calvinstadt als vergebliche Friedensdemonstrationen die Kirchenglocken läuteten und aus vielen Fenstern weisse Fahnen gehisst wurden, 1992 bis 1995 zu den Zerfallskriegen Jugoslawiens, 1993 zum Bürgerkrieg in Liberia, 1994 und 2007 zum nordkoreanisch-amerikanischen Atomstreit, 1994 und 1997 zum Abchasienkonflikt, 1994, 2015 und 2018 zu den Kriegen im Jemen, 1997 und 1999 zu Korea, im Jahr 2000 zum Bürgerkrieg in Kolumbien, 2000 und möglicherweise 2007 im Geheimen zwischen Syrien und Israel, 2001 zum Konflikt um die separatistische indonesische Provinz Aceh, 2006 zum Bürgerkrieg in Sri Lanka, 2012 bis 2018 zum syrischen Bürgerkrieg, 2014 zur russländischen Aggression gegen die Ukraine, 2015 zum Bürgerkrieg in Libyen, 2022 zum Berg-Karabach-Konflikt und 2024 zum Bürgerkrieg im Sudan.

1937 fand angesichts der internationalen Dimensionen des spanischen Bürgerkriegs eine Konferenz in Nyon und Genf zum Schutz der Mittelmeerseefahrt vor U-Boot-Angriffen statt. 1954 tagte in Genf drei Monate lang eine Konferenz zur Beilegung der Konflikte in Indochina und Korea, an der neben den direkten Konfliktparteien Frankreich und Việt Minh bzw. Nord- und Südkorea auch die USA, die Sowjetunion, die Volksrepublik China und Grossbritannien beteiligt waren. Die Konferenz beendete den achtjährigen Indochinakrieg mit der französischen Anerkennung der Unabhängigkeit von Nord- und Südvietnam, Kambodscha und Laos. Die für 1955 festgelegten gesamtvietnamesischen Wahlen fanden dann aber nicht statt und die anhaltenden Spannungen eskalierten in der Folge in den bis 1975 dauernden Vietnamkrieg. Bezüglich Koreas, wo ein Jahr zuvor ein dreijähriger Krieg mit über 4 Millionen Toten durch einen Waffenstillstand beendet worden war, brachte die Genfer Konferenz keine Ergebnisse.

Im folgenden Jahr fand in Genf das erste Gipfeltreffen der Staats- und Regierungschefs der USA, der Sowjetunion, Grossbritanniens und Frankreichs seit der Potsdamer Konferenz unmittelbar zu Ende des Zweiten Weltkriegs statt. Diskussionspunkte waren Fragen der europäischen Sicherheit und Abrüstung sowie die Wiedervereinigung Deutschlands. Die Konferenz gilt als Höhepunkt einer Phase der «Entspannungspolitik» im frühen Kalten Krieg und es war sogar von einem «Geist von Genf» die Rede. Allerdings konnte in keinem der zentralen Diskussionspunkte eine Einigung erzielt werden und die zum Abschluss formulierte «Genfer Direktive» enthielt nur eine vage Formulierung, dass die deutsche Wiedervereinigung und die europäische Sicherheit einen unauflöslichen Zusammenhang bildeten. Ohne konkrete Resultate blieben auch die folgenden Aussenministertreffen in Genf 1955, 1959 und 1962. Während der von der Schweizer Diplomatie wesentlich unterstützten Verhandlungen zur Beendigung des Algerienkrieges im französischen Évian-les-Bains 1961/62 residierte die algerische Delegation in Genf und auf dem Signal de Bougy.

Während das Gipfeltreffen zwischen Ronald Reagan und Michail Gorbatschow von 1985 in Genf inhaltlich zwar unmittelbar ergebnislos blieb, aber zu einer erheblichen atmosphärischen Verbesserung führte, vermochte 2021 das gleichenorts abgehaltene Treffen zwischen Joe Biden und Vladimir Putin die weitere Radikalisierung der russländischen Expansionspolitik nicht zu verhindern. Im Streit um das iranische Atomprogramm gab es 2008, 2009 und 2013 Verhandlungen in Genf, aus denen 2013 ein Übergangsabkommen hervorging. In der Folge wurden die Verhandlungen 2015 in Lausanne weitergeführt und mündeten im ab 2016 umgesetzten Wiener Atomabkommen zwischen dem Iran, den USA, China, Russland, Frankreich, Grossbritannien und Deutschland. Mit dem 2018 von Donald Trump angeordneten unilateralen Ausstieg der USA aus diesem Abkommen setzte aber eine neue Eskalationsspirale um das iranische Atomprogramm ein bis hin zum israelisch-iranischen Krieg von 2025, während dem dann wiederum in Genf Deeskalationsgespräche der EU, Grossbritanniens, Deutschlands und Frankreichs mit dem Iran stattfanden.

In Lausanne fand 1922/23 eine achtmonatige Konferenz zur Beendigung des aus dem Ersten Weltkrieg hervorgegangenen griechisch-türkischen Krieges statt, die den gegenseitigen «Bevölkerungsaustausch» (also die wechselseitige Vertreibung der Minderheiten) mitbeinhaltete und die Hoffnungen auf kurdische und armenische Eigenstaatlichkeit vernichtete. Weitere Konferenzen in Lausanne gab es 1932 zum Ende der deutschen Reparationen für den Ersten Weltkrieg und 1949 zum arabisch-israelischen Konflikt. In Montreux wurde 1936 das Meerengen-Abkommen unterzeichnet, das die türkische Souveränität über die Durchfahrt vom Mittelmeer ins Schwarze Meer wiederherstellte und im Zweiten Weltkrieg wie auch im Ukrainekrieg eine wichtige Rolle spielen sollte, 2008 dann die Grundsätze zum Umgang von Staaten mit privaten Sicherheits- und Militärunternehmen.

In Zürich wurde 1859 nach dem im Zusammenhang mit der italienischen Einigung stehenden Sardischen Krieg der Friedensvertrag zwischen Österreich, Frankreich und Sardinien-Piemont unterzeichnet, 1959 ein britisch-türkisch-griechisch-zypriotisches Abkommen zur Unabhängigkeit von Zypern und 2009 in der Aula der Universität ein postgenozidales Annäherungsabkommen zwischen der Türkei und Armenien. 1988 unterzeichneten Griechenland und die Türkei am World Economic Forum die «Davos Declaration» zur Normalisierung ihrer stark angespannten Beziehungen. 2022 tagte in Lugano die erste «Ukraine Recovery Conference». Auf dem Bürgenstock fanden ebenfalls wichtige Konferenzen statt: 2002 zum Sudan, 2004 zu Zypern und 2024 zur Ukraine. Hingegen lehnte der Bundesrat 2025 die Organisation eines von christlichen NGOs und vom Parlament geforderten «Internationalen Friedensforums» ab, das sich mit dem Schicksal der 2023 in einer aserbaidschanischen Militäraktion aus Berg-Karabach vertriebenen armenischen Bevölkerung beschäftigen sollte.

Darüber hinaus war die Schweiz auch Schauplatz wichtiger zivilgesellschaftlicher Konferenzen im Themenfeld von Krieg und Frieden. Eine der ersten pazifistischen Organisationen, die «Internationale Liga für Frieden und Freiheit», wurde 1867 an einer Konferenz in Genf unter dem Ehrenpräsidium von Giuseppe Garibaldi gegründet und hielt dann ihre Jahreskonferenzen 1868, 1884 und 1892 in Bern, 1869 und 1871 in Lausanne, 1870 in Basel, 1872 in Lugano, 1874, 1875, 1876, 1879, 1881, 1882, 1886, 1887 und 1893 in Genf und 1888 und 1894 in Neuchâtel ab. Der ab 1889 beinahe jährlich von verschiedenen Friedensorganisationen ausgerichtete «Congrès universel pour la paix» fand 1892 in Bern (das auch Sitz des Internationalen Friedensbüros wurde), 1905 in Luzern (das Standort eines Kriegs- und Friedensmuseums wurde), 1912 und 1926 in Genf, 1934 in Locarno und 1939, eine Woche vor Beginn des Zweiten Weltkriegs, in Zürich statt. Die «Internationale Friedensvereinigung» als Dachverband pazifistischer Organisationen hielt ihre Konferenz 1897 und 1912 in Bern ab, 1920 erstmals nach dem Unterbruch des Ersten Weltkriegs in Basel (wobei unter den rund 70 Delegierten die noch vor kurzem verfeindeten Länder vertreten waren) und 1937 in Genf. Die 1889 zur Sicherung des Friedens, Förderung des Demokratieverständnisses und Wahrung der Menschenrechte ins Leben gerufene «Interparlamentarische Union» tagte mehrfach in Bern (1892, 1914, 1952, 2001) und Genf (1912, 1932, 1984, 2003, 2004, 2005, 2006, 2007, 2008, 2009, 2010, 2013, 2014, 2015, 2016, 2018).

1911 fand in Bern eine internationale Konferenz der volkswirtschaftlichen und historischen Kommission der im Vorjahr gegründeten «Carnegie Endowment for International Peace» mit Teilnehmer:innen aus Grossbritannien, Deutschland, Österreich-Ungarn, Frankreich, Italien, Belgien, der Schweiz, Dänemark, den Niederlanden, den USA und Japan zu den Fragen von Kriegsursachen und Kriegsfolgen statt. 1912 hielt die Zweite Internationale angesichts von Kriegen auf dem Balkan und der Gefahr eines grossen europäischen Krieges einen ausserordentlichen, der Friedenssicherung gewidmeten Kongress in Basel ab. 1913 fand in Bern unter der Leitung von SP-Nationalrat Robert Grimm eine «Verständigungskonferenz» von je etwa 50 deutschen und französischen Parlamentariern unterschiedlicher Parteien statt, die eine Friedensresolution verabschiedete und jeglichen Chauvinismus ablehnte. Noch zwei Monate vor Ausbruch des Ersten Weltkriegs kamen zu einer kleinen Folgekonferenz 16 französische und 18 deutsche Parlamentarier in Basel zusammen.

Während des Kriegs tagte 1915 im Berner Volkshaus die Internationale Konferenz sozialistischer Frauen gegen den Krieg mit 25 Teilnehmerinnen aus Deutschland, Grossbritannien, Frankreich, Russland, Polen, den Niederlanden, Italien und der Schweiz, gefolgt von den von Grimm organisierten linkssozialistischen Antikriegskongressen in Zimmerwald (1915, getarnt als vogelkundliche Konferenz) und Kiental (1916) (s. SozialarchivInfo 5/2015 und 2/2024). An diesen Konferenzen zeigten sich scharfe Differenzen zwischen der pazifistischen Mehrheit, die eine möglichst rasche Beendigung des Weltkriegs herbeiführen wollte, und der weltrevolutionären Minderheit um Lenin, die den Weltkrieg als Sprungbrett für einen revolutionären Weltbürgerkrieg zu benutzen trachtete. Hingegen konnten zu zwei in Bern geplanten, parteiübergreifenden internationalen Kongressen «zum Studium der Grundlagen eines dauerhaften Friedens» 1915 und 1917 jeweils nur wenige ausländische Delegierte anreisen.

1919 gründete die im Ersten Weltkrieg entstandene Frauenfriedensbewegung in Zürich im Haus Gartenhof (heute Sitz des Schweizerischen Friedensrates) die «Internationale Frauenliga für Frieden und Freiheit» (von der sich das Archiv der Schweizer Sektion im Sozialarchiv befindet). Diese trug später zwei weitere Kongresse in der Schweiz aus: 1934 erneut in Zürich und 2001 in Genf. Von einer Serie von «Internationalen demokratischen Friedenskongressen» in den 1920er Jahren fand die Auflage von 1928 in Genf statt. Der von der Union der amerikanischen Kirchen initiierte «Weltkongress für den Frieden durch Religion» hielt 1928 und 1937 Konferenzen in Genf ab, an denen Delegierte aus allen Kontinenten und von unterschiedlichen Religionen teilnahmen. Die «Vereinigung antimilitaristischer Pfarrer» (deren Archiv sich im Sozialarchiv befindet) organisierte 1931 einen internationalen Kongress in Zürich. Angesichts der vom Völkerbund initiierten Abrüstungskonferenz in Genf fand 1932 in Zürich im wenige Monate zuvor eingeweihten Limmathaus eine gemeinsame Konferenz der Sozialistischen Arbeiter-Internationale und des Internationalen Gewerkschaftsbundes zum Thema Abrüstung statt. Hingegen verbot die Genfer Kantonsregierung die Abhaltung einer im Ruch des Kommunismus stehenden Friedenstagung am 1. August 1932. Initiiert vom kommunistischen französischen Schriftsteller Henri Barbusse wurde sie von einem Komitee propagiert, dem unter anderen die Schriftsteller Maxim Gorki, Upton Sinclair, Romain Rolland und Heinrich Mann angehörten. Die 1935 unter dem Eindruck des Überfalls des faschistischen Italien auf Äthiopien vom britischen Konservativen Robert Cecil und dem französischen Sozialisten Pierre Cot gegründete «International Peace Campaign» hielt 1936 eine Konferenz in Genf mit Persönlichkeiten aus Frankreich, Grossbritannien, der Tschechoslowakei, der Sowjetunion, Spanien und der Schweiz ab. Der von dieser Kampagne ursprünglich ebenfalls in Genf geplante, mehrtausendköpfige «Congrès du rassemblement universel de la paix» fand dann aber in Brüssel statt. Im selben Jahr tagte in Genf ein von Vereinigungen zur Unterstützung des Völkerbundes organisierter «Friedenskongress der Jugend».

Auch die aus dem Ersten Weltkrieg hervorgegangene und dann durch den Zweiten Weltkrieg verstärkte Bewegung für eine europäische Integration hielt wichtige Konferenzen in der Schweiz ab: 1932 fand in Basel der vierte Paneuropa-Kongress statt. 1944 trafen sich Vertreter:innen antifaschistischer Widerstands- und Exilorganisationen aus Frankreich, Italien, Deutschland, den Niederlanden, Jugoslawien, der Tschechoslowakei, Polen, Norwegen und Dänemark zu drei Konferenzen in Genf und erliessen eine Deklaration zugunsten einer europäischen Föderation. 1946 beherbergte Genf die ersten «Rencontres Internationales», an denen 50 führende Intellektuelle darüber diskutierten, wie das europäische Kulturerbe zur Erneuerung des kriegsversehrten Kontinents beitragen könnte. Im selben Jahr kamen in Bern und Hertenstein 78 Delegierte aus 13 europäischen Ländern sowie den USA zu einer Konferenz zusammen, die zeitgleich zu Winston Churchills berühmter Europa-Rede an der Universität Zürich stattfand und Anstoss zur Gründung der «Union Européenne des Fédéralistes» (UEF) gab. Das «Hertensteiner Programm» der UEF für eine europäische Gemeinschaft auf föderativer Grundlage als Teil einer friedenssichernden Weltunion wurde am 22. September 1946 der Öffentlichkeit auf dem Rütli vorgestellt. Der erste UEF-Kongress tagte 1947 in Montreux. Ebenfalls 1947 fand in Gstaad die Gründungsversammlung der «Europäischen Parlamentarier-Union» statt, die 1948 auf ihrem zweiten Kongress in Interlaken über die Gründung der Vereinigten Staaten von Europa (über die beispielsweise bereits an der Jahreskonferenz 1869 der «Internationalen Liga für Frieden und Freiheit» in Lausanne diskutiert worden war) beriet. 1949 kam in Lausanne eine «Conférence européenne de la Culture» zusammen (s. SozialarchivInfo 4/2016 und 4/2022).

Neben den pro-europäischen Bestrebungen gab es unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg weitere Konferenzen in der Schweiz, die sich mit dem Themenfeld Krieg und Frieden befassten. Der im Ersten Weltkrieg von kirchlichen Kreisen gegründete «Internationale Versöhnungsbund» (von dem sich das Archiv der Schweizer Sektion im Sozialarchiv befindet) hielt 1947 eine internationale Tagung im Château de Bossey im Waadtland ab. 1948 kam in Montreux, wenige Tage vor der am selben Ort abgehaltenen Konferenz der UEF, der erste Kongress für eine föderative Weltregierung zusammen. Die rund 300 Delegierten aus verschiedenen europäischen Ländern und den USA, unter denen Frauen und Studierende zahlreich vertreten waren, forderten vor dem Hintergrund des sich bereits abzeichnenden Ost-West-Konflikts einen friedenssichernden, über die Kompetenzen der neugeschaffenen UNO weit hinausreichenden Weltbundesstaat und gründeten das «World Federalist Movement». Sowohl die Welt- als auch die Europaföderalist:innen eröffneten 1948 ein Büro in Genf.

1946 organisierte der im Vorjahr als Dachverband schweizerischer Friedensorganisationen gegründete Schweizerische Friedensrat (dessen Archiv sich im Sozialarchiv befindet) im Berner Grossratssaal einen Anlass mit 23 in- und 15 ausländischen Organisationen, an dem auch Delegierte der gleichzeitigen Europakonferenz teilnahmen. Zur selben Zeit tagte in Genf eine internationale Konferenz der Leiter der Friedensbewegung zur Vorbereitung eines Weltkongresses der pazifistischen Organisationen. Dieser fand im folgenden Jahr in Saint-Cergue und Genf statt und mündete in die Gründung der «Union mondiale des organisations pour la paix». Sie vermochte sich aufgrund der Konkurrenz des drei Jahre darauf in Warschau auf Initiative der Kominform aus der Taufe gehobenen, pro-kommunistischen «Weltfriedensrats» (von dem sich Akten im Nachlass von Arthur Villard im Sozialarchiv befinden) aber nicht als internationale Dachorganisation zu etablieren. Für den Gründungskongress des «Weltfriedensrats» waren zunächst auch Basel, Zürich oder Genf zur Diskussion gestanden, nach einer ersten Fühlungnahme der Organisator:innen mit den Bundesbehörden sowie ähnlicher Skepsis der britischen Regierung gegenüber einer Austragung in London oder Sheffield war man aber ins kommunistische Polen ausgewichen. 1951 hielt das Büro des «Weltfriedensrats» seine erste Sitzung in Genf ab, dem dazu eingeladenen sowjetischen Schriftsteller und Propagandisten Ilja Ehrenburg wurde aber das Einreisevisum verweigert. Auch lehnten die Schweizer Behörden die Abhaltung des «Weltfriedensrat»-Kongresses 1951 in Genf ab. Der Kongress fand dann in Ostberlin statt.

Nach der Ausweisung des «Weltfriedensrats» aus Wien im Nachgang zum sowjetischen Einmarsch in Ungarn, der die Kontakte zu nichtkommunistischen Friedensorganisationen weitgehend zum Erliegen brachte, hielt dessen Exekutivkomitee 1957 eine Konferenz in Lausanne ab, dieses Mal unter dem Vorsitz von Ehrenburg. Ebenfalls als Ostblock-nahe kritisiert wurde 1964 die vom pazifistischen Pfarrer Willi Kobe (dessen Nachlass sich im Sozialarchiv befindet) im Kirchgemeindehaus Zürich-Oerlikon organisierte Konferenz «Friede und Abrüstung» mit Delegationen aus Polen, der DDR, der Tschechoslowakei, Grossbritannien und der Schweiz. Sie diente der Vorbereitung der zweiten «Allchristlichen Friedensversammlung» in Prag (deren Trägerorganisation «Christliche Friedenskonferenz» in jenen Jahren einseitig die Aufrüstung der NATO kritisierte, jene des Warschauer Pakts hingegen akzeptierte und 1968 dann die Niederschlagung des Prager Frühlings mehrheitlich begrüsste).

1966 fand in Genf ein Kongress des «Weltfriedensrats» mit mehreren Hundert Delegierten aus Ost und West statt, was Kritik in der Schweizer Presse und im Parlament hervorrief. Der Bundesrat sah danach die Auflage, sich Angriffen und beleidigenden Äusserungen gegen ausländische Regierungen zu enthalten, verletzt und kündigte an, solche Anlässe in Zukunft nicht mehr zu bewilligen. Der «Weltfriedensrat» konnte aber, trotz Kritik im Parlament, wenige Jahre darauf ein Büro in Genf eröffnen. 1978 initiierte er zusammen mit seiner Schweizer Sektion, der PdA-nahen «Schweizerischen Friedensbewegung» (die 1984 dann durch ihre Weigerung, Solidaritätsbekundungen für oppositionelle Friedensbewegungen im Ostblock zu tolerieren und den «Abbau des Blocksystems» in den Forderungskatalog aufzunehmen, die Schweizer Ostermarschbewegung vorübergehend spaltete) in Genf ein Treffen von Delegationen aus über 50 Ländern und von 15 internationalen Organisationen zum Start einer Kampagne gegen amerikanische Neutronenbombenpläne. 1979 und 1980 richteten der «Weltfriedensrat», die «Schweizerische Friedensbewegung» und die PLO in Basel internationale Konferenzen aus, an welchen das 1979 abgeschlossene Friedensabkommen zwischen Israel und Ägypten scharf verurteilt wurde. Dieses hatte den seit drei Jahrzehnten zwischen den beiden Ländern bestehenden, 1948/49, 1956, 1967 und 1973 in offene Kriege eskalierenden Kriegszustand beendet, führte zur Rückgabe der im Sechstagekrieg 1967 von Israel eroberten Sinai-Halbinsel an Ägypten und Abbau der dortigen israelischen Siedlungen und verstärkte die Abwendung Ägyptens vom Ostblock. Ebenfalls in Basel organisierte der «Weltfriedensrat» 1982 eine internationale Konferenz zur Verurteilung der israelischen Intervention in den libanesischen Bürgerkrieg, 1991 ein europäisches Regionaltreffen und 1993 seine Weltversammlung.

Die katholische Friedensorganisation «Pax Christi» hielt ihre internationalen Kongresse 1954 in Einsiedeln, 1960 in Genf sowie 1969 und 1983 in Fribourg ab, ebenso 1970 eine internationale Jugendkonferenz. Die «Kampagne für nukleare Abrüstung», die in den späten 1950er Jahren ausgehend von Grossbritannien die Ostermarschbewegung initiiert und das Friedenslogo kreiert hatte (s. SozialarchivInfo 3/2022), plante 1958 ihren ersten internationalen Kongress in Basel. Der Bundesrat, der zu jener Zeit selbst Atomwaffenpläne hegte, verbot aber die Abhaltung des Kongresses, was einen offenen Brief des an der Spitze der Bewegung stehenden Philosophen, Mathematikers und Literaturnobelpreisträgers Bertrand Russell an Bundespräsident Thomas Holenstein und einiges Echo in der internationalen Presse nach sich zog. Der Kongress tagte schliesslich 1959 mit rund 250 Delegierten aus Grossbritannien, der Bundesrepublik, Österreich, Schweden, Norwegen, Italien, Frankreich, den Niederlanden, Belgien und der Schweiz in London.

1960 kamen im Freidorf Muttenz Delegierte des «Internationalen Verbindungskomitees für Friedensorganisationen» aus Grossbritannien, den Niederlanden, Schweden, Norwegen, der Bundesrepublik, Frankreich und der Schweiz zu einer Konferenz über Abrüstungsfragen zusammen. 1967 fand in Genf die zweite «Pacem in Terris»-Konferenz statt, organisiert vom amerikanischen «Zentrum zum Studium der demokratischen Institutionen». Die nach der päpstlichen Friedensenzyklika von 1963 benannte Konferenz, an der etwa 350 Intellektuelle und Politiker:innen aus der ganzen Welt teilnahmen, unter ihnen der im Folgejahr von einem Rassisten ermordete Friedensnobelpreisträger Martin Luther King sowie aus der Schweiz etwa alt Bundesrat Friedrich Traugott Wahlen und der Künstler Hans Erni, der das Kongressplakat gestaltet hatte, befasste sich vor allem mit dem Vietnamkrieg und den Spannungen zwischen Ost und West. Allerdings wurde die Konferenz von der Sowjetunion, China und Nordvietnam boykottiert.

Aus Anlass des 70. Jahrestags des Basler Friedenskongresses der Zweiten Internationale organisierten 1982 die Sozialdemokratische Partei der Schweiz, der Schweizerische Gewerkschaftsbund und die Sozialistische Internationale in Basel eine «Friedenswoche» (deren Organisationsakten sich teilweise im SP-Archiv im Sozialarchiv befinden) mit Referaten unter anderem von Bundesrat Willi Ritschard, dem deutschen Altbundeskanzler Willy Brandt, dem Schriftsteller und ehemaligen senegalesischen Staatspräsidenten Léopold Sédar Senghor, dem ehemaligen portugiesischen Ministerpräsidenten Mário Soares sowie Vertreter:innen von Kirchen, Frauen- und Friedensorganisationen und der Wissenschaft (darunter Karl Lang vom Sozialarchiv). Der 100. Jahrestag war dann 2012 Anlass für eine internationale wissenschaftliche Konferenz zu Krieg und Frieden an der Universität Basel, deren Akten vom Sozialarchiv publiziert wurden.

1991 kamen in Genf auf Initiative der «Frauen für den Frieden» (von denen sich das Archiv der Schweizer Sektion im Sozialarchiv befindet) etwa 70 Vertreterinnen von Friedens- und Frauenorganisationen zu einer Nahostkonferenz zusammen, unter ihnen zehn Israelinnen (u.a. ein Mitglied der Knesset) und acht Palästinenserinnen (u.a. Delegierte der PLO). Im selben Jahr fand in Caux ob Montreux eine von der «Moralischen Aufrüstung» organisierte Konferenz zum Thema «Frau und Frieden» statt, an der 700 Delegierte aus 60 Ländern teilnahmen. 2003 unterzeichneten je ein israelischer und palästinensischer Ex-Minister einen privat initiierten und in Genf finalisierten Friedensplan zur Beilegung des Nahostkonflikts mit einer Zwei-Staaten-Lösung. Die Unterstützung dieser «Genfer Initiative» durch den Bundesrat wurde 2023, noch vor den Hamas-Anschlägen vom 7. Oktober, eingestellt. 2004 fand in Genf eine dreitägige Frauenfriedenskonferenz mit 400 Teilnehmerinnen aus der ganzen Welt unter dem Vorsitz von Bundesrätin Micheline Calmy-Rey und der ägyptischen First Lady Suzanne Mubarak statt, an der ein Aktionsplan zum Einbezug von Frauen in die Friedensförderung verabschiedet und eine globale «Koalition der Frauen zur Verteidigung des Friedens» gegründet wurde. Und 2010 hielten die «ÄrztInnen für soziale Verantwortung und zur Verhütung eines Atomkrieges» (von denen sich das Archiv der Schweizer Sektion im Sozialarchiv befindet) ihren 19. Weltkongress in Basel ab.

Versailles und die Folgen

Der am 28. Juni 1919 unterzeichnete Friedensvertrag von Versailles zwischen dem Deutschen Reich einerseits sowie Frankreich, Grossbritannien, den Vereinigten Staaten und ihren Verbündeten andererseits beendete formal den Ersten Weltkrieg an der Westfront, nachdem bereits seit dem 11. November 1918 ein Waffenstillstand geherrscht hatte. Die Vertragsunterzeichnung begründete zugleich den Völkerbund als System kollektiver Sicherheit, zu dem indessen Deutschland zunächst nicht zugelassen war, und die Internationale Arbeitsorganisation (ILO) – beide mit Sitz in Genf (s. SozialarchivInfo 2/2019 und 6/2019). Der Vertrag hielt die deutsche Kriegsschuld fest und auferlegte dem Deutschen Reich, das sich inzwischen vom Kaiserstaat zu einer parlamentarisch-demokratischen Republik gewandelt hatte, harte Friedensbedingungen. Diese kamen für die deutsche Öffentlichkeit als ein Schock und das Parlament ratifizierte den Vertrag nur unter dem Druck der fortbestehenden britischen Seeblockade, die nach der Hungerkatastrophe der zweiten Kriegshälfte einen erneuten Zusammenbruch der Lebensmittelversorgung befürchten liess. Die Revision der Versailler Vertragsbestimmungen war in der Folgezeit aber ein Grundkonsens aller politischen Richtungen Deutschlands, die sich freilich hinsichtlich des Ausmasses und der dabei anzuwendenden Mittel unterschieden.

Deutschland verlor nicht nur alle seine Kolonien in Afrika, Ostasien und im Pazifik, sondern musste auch umfangreiche Territorien in Europa abtreten. Im Westen gingen Eupen-Malmedy an Belgien und das 1870/71 eroberte Elsass-Lothringen wieder an Frankreich. Im Osten gingen umfangreiche Teile Posens sowie weitere Gebiete an Polen, wodurch Ostpreussen durch den «polnischen Korridor» vom Reich abgetrennt wurde. Ein kleineres Gebiet ging an die Tschechoslowakei. Danzig und das Memelland wurden unter Völkerbundverwaltung gestellt. Für verschiedene Gebiete im Osten und Norden sollten Volksabstimmungen über die zukünftige staatliche Zugehörigkeit entscheiden. Das Saarland wurde für 15 Jahre vom Völkerbund verwaltet und in den französischen Wirtschaftsraum eingegliedert, dann sollte ein Referendum über die staatliche Zugehörigkeit abgehalten werden. Deutschland verlor damit 13% seines europäischen Territoriums, auf denen sich 80% der Eisenerzvorkommen, 63% der Zinklager, 40% der Hochöfen und 28% der Steinkohleförderung befanden, ebenso 17% der Kartoffel- und 13% der Weizenernte.

Im Weiteren musste das Heer massiv auf 115’000 Berufssoldaten verkleinert, die allgemeine Wehrpflicht abgeschafft und die Marine stark reduziert werden. Schwere Waffen, der Wiederaufbau der Luftwaffe und der Festungsbau an der Grenze waren verboten. Darüber hinaus wurden die linksrheinischen Gebiete sowie alle rechtsrheinischen Gebiete mit bis zu 50 km Abstand zum Rhein zur entmilitarisierten Zone erklärt, in der sich keine deutschen Truppen aufhalten durften. Die Abrüstung Deutschlands sollte durch interalliierte Überwachungsausschüsse kontrolliert werden.

Abgeleitet aus dem Kriegsschuldartikel wurde Deutschland zu Reparationen durch Geld- und Sachleistungen in durch eine Reparationskommission zu bestimmender Höhe verpflichtet. Dieser Punkt spielte in der französischen Innenpolitik eine wichtige Rolle. Im November 1919 errang der rechtsrepublikanische «Bloc national» mit dem Slogan «L’Allemagne paiera!» einen deutlichen Wahlsieg. Das Insistieren auf hohen Reparationsleistungen war einerseits durch die gewaltigen Kriegsschäden der zu einem grossen Teil auf französischem Territorium ausgetragenen Kämpfe der Westfront, denen auch ein bedeutender Teil der Industrie zum Opfer gefallen war, und die kriegsbedingten Staatsschulden bedingt, andererseits durch die Enttäuschung über den Umstand, dass gegenüber den anderen Siegermächten eine französische Annexion von Rhein- und Saarland oder gar eine territoriale Zerstückelung Deutschlands nicht hatte durchgesetzt werden können.

Als Druckmittel zur Durchsetzung der Reparationsforderungen wurden das linksrheinische Deutschland und einige rechtsrheinische Brückenköpfe unter Besatzung durch Frankreich, Belgien, Grossbritannien und die USA gestellt, die stufenweise auf fünf, zehn und fünfzehn Jahre befristet war. Die französische Besetzung stach dabei durch eine besonders hohe Truppenzahl hervor. Ende 1921 waren in der französischen Besatzungszone, in der etwa 3 Millionen Menschen lebten, 93’000 Soldaten stationiert (d.h. 1 Soldat auf 32 Einwohner:innen), in der belgischen mit 1,4 Millionen Einwohner:innen 25’000 (1 Soldat auf 56 Einwohner:innen), in der britischen mit 1,1 Millionen Einwohner:innen knapp 8’000 (1 Soldat auf 137 Einwohner:innen) und in der amerikanischen mit 470’000 Einwohner:innen rund 12’000 (1 Soldat auf 39 Einwohner:innen). Dasselbe Bild zeigte sich bei der Grösse der Verwaltungsapparate. Die französischen Besatzungsbehörden griffen auch viel direkter in die lokalen Verhältnisse ein und schwächten zugleich den bestehenden preussischen Verwaltungs- und Polizeiapparat, während die Briten stärker auf Methoden der in den Kolonien erprobten «indirect rule» zurückgriffen, die von der Bevölkerung als weniger belastend empfunden wurden.

Zudem duldeten die französischen und belgischen Besatzungsbehörden wohlwollend und teilweise sogar unterstützend die Aktivitäten rheinischer Separatist:innen. Diese erreichten nach ersten Putschversuchen im Sommer 1919 ihren Höhepunkt im Herbst 1923 mit der Proklamation einer «Rheinischen Republik» mit Regierungssitz in Koblenz, die sich aber nur für etwa einen Monat halten konnte. Die innenpolitische Situation der Weimarer Republik blieb aber auch im unbesetzten Deutschland bis 1923 sehr instabil mit einer grossen Zahl politischer Morde, paramilitärischen Gruppierungen unterschiedlicher ideologischer Ausrichtung (s. SozialarchivInfo 3/2019) und mehreren Umsturzversuchen von rechts aussen (Kapp-Lüttwitz-Putsch im März 1920, Hitler-Ludendorff-Putsch im November 1923) und links aussen (Spartakusaufstand im Januar 1919, Bremer Räterepublik im Januar/Februar 1919, Münchner Räterepublik im April 1919, Ruhraufstand im März/April 1920, Mitteldeutscher Aufstand im März 1921, «Deutscher Oktober» und Hamburger Aufstand im Oktober 1923).

Die labile innenpolitische und auch wirtschaftliche Lage Deutschlands und der anhaltend scharfe deutsch-französische Gegensatz verstärkten sich dabei wechselseitig. Der Kapp-Lüttwitz-Putsch von Teilen der Reichswehr und rechten Kreisen gegen die Reichsregierung der Weimarer Mitte-links-Koalition, aber auch gegen die Abrüstungsbestimmungen des Versailler Vertrags ab dem 13. März 1920 brach angesichts eines Generalstreiks zur Unterstützung der legalen Regierung nach wenigen Tagen zusammen. Aus dem Abwehrkampf gegen die Putschisten entstand im Ruhrgebiet eine Rote Armee mit mehr als 50’000 Bewaffneten aus einem breiten Spektrum linker und linksradikaler Gruppierungen, die über das Ende des Putsches hinaus die Städte kontrollierte und teilweise lokale Räteherrschaften errichtete. Die blutige Niederschlagung dieser als Aufstand wahrgenommenen Bewegung durch regierungsloyale Reichswehrtruppen und rechte Freikorps beinhaltete auch die Verletzung des Entmilitarisierungsgebots im Rheinland.

Darauf reagierte Frankreich Anfang April 1920 mit der Besetzung weiterer Gebiete, unter anderem dem Einmarsch in Darmstadt, Hanau, Dietburg, Homburg und Frankfurt am Main, wo es zu einem Zwischenfall mit marokkanischen Soldaten und mehreren Toten kam. Dies wiederum gab Anlass für den Beginn einer jahrelangen deutschen Propagandakampagne gegen die Verwendung afrikanischer Kolonialsoldaten in den französischen Besatzungstruppen. Die hochgradig rassistische Kampagne mit dem Slogan «Schwarze Schmach» wurde mit einer aussenpolitischen Stossrichtung von den Behörden und allen politischen Kräften ausser der äusseren Linken mitgetragen und stiess insbesondere im angelsächsischen Raum auf die gewünschte Resonanz. Zusätzlich benutzten rechtsradikale Kräfte das Thema aber auch, um neben Frankreich und Afrikanern gegen die eigene Regierung, die Weimarer Demokratie, Juden und Freimaurer Stimmung zu machen. Unter anderem formulierte Adolf Hitler in «Mein Kampf» dazu eine Passage, die die heutige rechtsextreme Verschwörungstheorie vom «Grossen Bevölkerungsaustausch» vorwegnahm.

Nachdem Deutschland die sehr hohen französischen Reparationsforderungen abgelehnt hatte, besetzten französische und belgische Truppen Anfang März 1921 Duisburg und Düsseldorf und erhoben Zölle zwischen dem besetzten und dem unbesetzten Gebiet. Auf britische Vermittlung wurden die jährlichen Reparationsforderungen dann um mehr als die Hälfte reduziert. Aus der ansonsten ergebnislosen Konferenz von Cannes vom Januar 1922, an der Frankreich ein deutsches Begehren auf Zahlungsaufschub zurückwies, ging im April und Mai gleichen Jahres die von Grossbritannien eingefädelte Wirtschafts- und Finanzkonferenz von Genua hervor, an der die meisten Staaten teilnahmen, die aktiv in den Weltkrieg verwickelt gewesen waren – inklusive die internationalen Parias Deutschland und Sowjetrussland. Die beiden schlossen am Rand der Konferenz überraschend den Vertrag von Rapallo, der ihre diplomatischen und wirtschaftlichen Beziehungen normalisierte. Deutschland konnte sich dadurch nicht nur von seiner Anhängigkeit von den Westmächten lösen, sondern ab 1924 durch eine zunächst geheime, 1926 vom «Manchester Guardian» aufgedeckte Zusammenarbeit zwischen Reichswehr und Roter Armee auch gewisse Rüstungsbeschränkungen des Versailler Vertrages umgehen, indem nun in verschiedenen Orten der Sowjetunion deutsches Militär an Panzern, Flugzeugen und in der chemischen Kriegführung ausgebildet wurde.

Ende 1922 stellte die alliierte Reparationskommission Rückstände fest und führte diese nicht auf die wirtschaftliche Schwäche Deutschlands zurück, sondern auf absichtliches Zurückhalten. Im Januar 1923 marschierten französische und belgische Truppen mit bis zu 100’000 Mann im Ruhrgebiet ein und stiessen bis über Dortmund hinaus vor. Die Regierungen des Vereinigten Königreichs und der USA lehnten die Besetzung des Ruhrgebiets ab. Die Vereinigten Staaten zogen sogar ihre Besatzungstruppen aus dem Rheinland ab, worauf die bisherige amerikanische Zone von Frankreich übernommen wurde. Das ohne parlamentarische Mehrheit regierende Mitte-rechts-Kabinett des parteilosen Reichskanzlers Wilhelm Cuno rief die Bevölkerung in den besetzten Gebieten am 13. Januar zu passivem Widerstand auf. Die Reparationsleistungen wurden ganz eingestellt, die regionalen Behörden verweigerten die Zusammenarbeit mit den Besatzungstruppen, Industrie und Verkehr wurden mit Generalstreiks teilweise lahmgelegt und die Angestellten der Deutschen Reichsbahn sabotierten den Betrieb mit vielfältigen Mitteln. Sowohl rechtsradikale als auch kommunistische Kreise begingen Sabotageakte und Anschläge gegen die Besatzungstruppen. Auf Anordnung aus Moskau arbeitete die Kommunistische Partei im Sommer 1923 beim Widerstand gegen die Ruhrbesetzung kurzfristig mit den Nazis zusammen (sog. «Schlageter-Kurs»). Die französisch-deutsche Konfrontation von 1923 bewegte sich knapp unterhalb der Schwelle eines offenen Krieges. Im Kontext der «Democratic peace theory», die den Umstand betont, dass Demokratien praktisch nie Krieg gegen andere Demokratien führen, ist der Ruhrkonflikt somit ein Sonderfall.

Die Reichsregierung finanzierte den passiven Widerstand, unter anderem den Lohnausfall streikender Arbeiter:innen, wie schon vorher viele Kriegsausgaben und dann die Reparationsleistungen mit der Notendruckerpresse. Die dadurch verursachte gewaltige Ausweitung der Geldmenge hatte für die deutsche Währung katastrophale Folgen. Die seit Kriegsbeginn 1914 bereits sehr hohe Teuerung, die sich 1922 massiv beschleunigt hatte, entwickelte sich während des Ruhrkampfes zur Hyperinflation. 1914 hatte 1 US-Dollar noch 4,2 Mark gekostet, 1918 dann 13 Mark und 1921 56 Mark. Anfang 1923 kostete 1 Dollar bereits 7’200 Mark, am 9. Juni 100’000 Mark, Ende November 1923 dann nicht weniger als 4’200 Milliarden Mark! Der Preis für ein Ei in Berlin stieg vom 9. Juni bis 2. Dezember 1923 von 800 Mark auf 320 Milliarden Mark. Im August 2023 entbrannte in den unbesetzten Teilen Deutschlands eine Streikwelle gegen die Regierung Cuno. Am 12. August trat Cuno nach neunmonatiger Amtszeit zurück.

Sein Nachfolger wurde Gustav Stresemann von der rechtsliberalen Deutschen Volkspartei, der eine grosse Koalition der Mitte-rechts-Parteien mit der SPD formte. Stresemann hatte als Nationalliberaler während des Ersten Weltkriegs zu den «Annexionisten» gehört, die auf einen «Siegfrieden» hofften, während der Novemberrevolution die Bildung einer einheitlichen liberalen Partei zusammen mit den Linksliberalen abgelehnt und war ein entschiedener Gegner des Versailler Vertrages. In der Folge wurde er aber ein pragmatischer «Vernunftrepublikaner», der den neuen Staat als – wenn auch ungeliebte –Tatsache akzeptierte und auf dessen Grundlage Realpolitik betreiben wollte. Aussenpolitisch machte ihn das zu einem Vertreter der «Erfüllungspolitik»: Der Kampf gegen die Versailler Vertragsbestimmungen und insbesondere die Reparationen sollte nicht konfrontativ geführt, sondern es sollte durch Kooperation die Unmöglichkeit der Erfüllung der französischen Forderungen nachgewiesen und eine schrittweise Revision der Vertragsbedingungen erlangt werden. Dies sollte in der Folge bezüglich der Reparationen und der Besetzung gelingen, nicht aber bezüglich territorialer Veränderungswünsche.

Am 26. September 1923 verkündete Stresemann offiziell den Abbruch des passiven Widerstands im Ruhrgebiet, der zu mehreren Hundert Toten und einem Zusammenbruch der Wirtschaft geführt, aber seinen Zweck nicht erreicht hatte. Mitte November stoppte er mit einer Währungsreform die Hyperinflation: Eine Billion Papiermark wurde gegen eine durch Grundschuldverschreibungen gedeckte «Rentenmark» getauscht, die zum Dollar wieder im gleichen Verhältnis stand wie die Mark 1914. In einem zweiten Schritt wurde ab August 1924 die stabile Rentenmark in die neue Reichsmark umgetauscht. Damit einher ging eine Konsolidierung des Staatshaushalts durch drastische Steuererhöhungen und Ausgabenkürzungen.

Die Hyperinflation entschuldete den Staat und Hausbesitzer:innen mit Hypotheken, ruinierte aber breite Mittelschichten mit Barvermögen und Staatsanleihen, deren Kauf während des Krieges als patriotische Tat propagiert worden war. Das Vertrauen in den demokratischen Staat und die politischen Eliten wurde durch dieses Trauma nachhaltig beschädigt, was den nachfolgenden Aufstieg radikaler, antidemokratischer Kräfte begünstigte. Unmittelbar führte die Krisensituation im Oktober und November 1923 in verschiedenen Teilen Deutschlands zu kommunistischen, rechtsradikalen und separatistischen Aufständen und Putschversuchen. In diesem Zusammenhang stürzte Stresemann bereits Ende November über ein Misstrauensvotum des Reichstags. Im nachfolgenden Kabinett unter dem Zentrumspolitiker Wilhelm Marx und den folgenden Regierungen amtierte er als Aussenminister.
Im Lauf des Jahres 1924 fanden sowohl in Frankreich als auch in Deutschland Wahlen statt. In Frankreich kam es bei den Parlamentswahlen im März zu einem Umschwung. Die seit 1922 vom antideutschen Hardliner Raymond Poincaré geführte rechtsrepublikanische Regierung erhielt die Quittung für die verheerenden Auswirkungen der Ruhrbesetzung. Statt der erhofften Reparationseinnahmen hatte die Militäraktion das französische Haushaltsdefizit noch vergrössert und den Franc geschwächt. Die französische Regierung musste beim amerikanischen Bankhaus J. P. Morgan um einen Stabilisierungskredit nachsuchen, der nur gegen die Zusage von Ausgabenkürzungen, Steuererhöhungen und Kooperation mit den angelsächsischen Mächten in der Reparationenfrage gewährt wurde. Vor diesem Hintergrund siegte bei den Parlamentswahlen das «Cartel des gauches», ein Bündnis aus linksbürgerlichen Radikalen und Sozialisten, dessen Regierung in der Folge eine weit weniger konfrontative Deutschlandpolitik betrieb.

Die Reichstagswahlen im Mai standen unter dem Eindruck des politischen und wirtschaftlichen Chaos des Vorjahres und der anhaltend hohen Arbeitslosigkeit und stärkten die politischen Extreme. Die Kommunistische Partei gewann etwa 11% dazu, ebenso auf der äusseren Rechten zusammengenommen die konservativ-ultranationalistische Deutschnationale Volkspartei (DNVP) und die (als Ersatz für die nach dem Hitler-Ludendorff-Putsch vorübergehend verbotene NSDAP gebildete) Nationalsozialistische Freiheitspartei. Da keine stabile Regierungsbildung möglich war, kam es bereits im Dezember zu Neuwahlen. Sie standen im Zeichen eines einsetzenden Wirtschaftsaufschwungs. Die politischen Extreme gaben wieder Stimmen ab und die SPD verbuchte grosse Zugewinne. Die regierenden Mitte-rechts-Parteien erhielten geringfügige Zuwächse und gingen nach der Wahl erstmals eine Koalition mit der DNVP ein. Am 28. Februar 1925 verstarb überraschend der sozialdemokratische Reichspräsident Friedrich Ebert. Bei der Wahl seiner Nachfolge gewann im zweiten Durchgang der vom «Reichsblock» der Rechtsparteien portierte monarchistische Weltkriegsgeneral Paul von Hindenburg mit nur relativem Mehr gegen Wilhelm Marx, den Kandidaten des republiktreuen «Volksblocks» aus Zentrumspartei, SPD und Linksliberalen. Ermöglicht wurde dieser als Rechtsrutsch der Weimarer Republik interpretierte Sieg durch die chancenlose Zählkandidatur des Kommunisten Ernst Thälmann.

Im Anschluss an die politische und ökonomische Krise des Ruhrkampfs bildete die alliierte Reparationskommission am 30. November 1923 eine Expertengruppe unter dem Vorsitz des amerikanischen Finanzspezialisten und nachmaligen Vizepräsidenten Charles Gates Dawes für die Ausarbeitung eines realistischeren Reparationszahlungsplanes für die Postinflationsära. Dieser wurde am 9. April 1924 vorgelegt, am 16. August in London unterzeichnet und trat am 1. September in Kraft. Gleichzeitig zogen die Besatzungstruppen aus dem Ruhrgebiet ab. Der Dawes-Plan ermöglichte durch Anpassung der jährlichen Reparationszahlungen an die Wirtschaftskraft die Stabilisierung Deutschlands und bedeutete einen ersten aussenpolitischen Erfolg Stresemanns.

Die Konferenz von Locarno und ihre Resultate

Bereits vor der Ruhrkrise hatte die Regierung Cuno Ende 1922 die Absicherung der Rheingrenze durch internationale Garantien vorgeschlagen. Die Regierung Poincaré hatte aber abgelehnt. Im Oktober 1924 beschloss der Völkerbund das sogenannte «Genfer Friedensprotokoll», das jeden Angriffskrieg zwischen zwei Vertragsstaaten verbieten wollte und Sanktionen gegen Staaten vorsah, die sich weigerten, Streitfälle schlichten zu lassen. Aufgrund des Widerstands der konservativen britischen Regierung trat das Friedensprotokoll aber nicht in Kraft. Hingegen schlug der britische Botschafter in Berlin Anfang 1925 vor, den Grenzgarantieansatz noch einmal zu prüfen. Daraufhin sandte der neue Staatssekretär im Auswärtigen Amt, Carl von Schubert, ein Memorandum an die Regierungen des Vereinigten Königreichs und Frankreichs, das sich zur Lösung der Probleme auf friedlichem Wege bekannte und die Idee von 1922 präzisierte. Vorgeschlagen wurde ein Pakt aller am Rhein interessierten Staaten (einschliesslich der USA), der den Kriegsverzicht und die Anerkennung des gegenwärtigen Gebietsstandes sowie Schiedsverträge und die Bekräftigung des Verbots, deutsche Truppen im Rheinland zu stationieren, beinhalten sollte. Die Initiative blieb zunächst geheim, da Obstruktion seitens der mitregierenden DNVP befürchtet wurde. Im Frühjahr 1925 begrüssten aber nacheinander der konservative britische Aussenminister Austen Chamberlain und der reformsozialistische französische Aussenminister Aristide Briand den Vorschlag öffentlich. Daraufhin gab es während des Sommers 1925 lange Verhandlungen und Vorbereitungsgespräche auf Botschafterebene.

Vom 5. bis 16. Oktober traf in Locarno eine hochkarätige Konferenz zusammen. Die deutsche Delegation wurde vom parteilosen Reichskanzler Hans Luther und Aussenminister Stresemann angeführt, die französische von Briand, die britische von Chamberlain und die belgische vom sozialdemokratischen Aussenminister Emile Vandervelde, der vor dem Ersten Weltkrieg Vorsitzender der Zweiten Internationale gewesen war. Die Anreise der Deutschen wurde durch Hinweise auf einen rechtsradikalen Attentatsplan gegen Stresemann erschwert, die nach den Morden an Aussen- und Finanzpolitiker Matthias Erzberger (1921) und Aussenminister Walther Rathenau (1922) durch Rechtsterroristen ernst genommen werden mussten. In der von Italiens Vertreter beim Völkerbund Vittorio Scialoja geleiteten italienischen Delegation war am 15./16. Oktober der faschistische Regierungschef Benito Mussolini, der seit seinem letzten diplomatischen Auftritt in der Schweiz an der Konferenz von Lausanne den Umbau seines Landes in eine totalitäre Diktatur entschieden vorangetrieben hatte, kurzzeitig persönlich anwesend, um sich zum Konferenzschluss im medialen Ruhm zu sonnen. Der «Duce» erhielt für seine Teilnahme vom katholisch-konservativen Schweizer Aussenminister Giuseppe Motta ein überschwängliches Dankestelegramm. Allerdings wurde seine Pressekonferenz von den meisten Journalisten boykottiert und gelang es ihm auch nicht, die wegen der Südtirolfrage umstrittene italienisch-österreichische Grenze zum Gegenstand eines Garantieabkommens zu machen. Ebenso waren eine polnische Delegation unter dem konservativen Aussenminister Aleksander Skrzyński und eine tschechoslowakische Delegation unter dem reformsozialistischen Aussenminister Edvard Beneš präsent, die sich aber nur an Verhandlungen beteiligten, die ihre mit Frankreich verbündeten Länder unmittelbar betrafen. Die Delegationen logierten im Grand Hotel von Locarno und im Esplanade von Minusio. Nicht vertreten waren die Vereinigten Staaten und die Sowjetunion.

Die Konferenzvorbereitungen liefen weitgehend im Geheimen. So erfuhr der Stadtpräsident von Locarno, der Linksfreisinnige Giovan Battista Rusca, angeblich erst am 25. September von der bevorstehenden Konferenz in seiner Stadt. Allerdings war er mit Briand befreundet und Befürworter einer europäischen Integration. Die Schweiz war als Konferenzstandort naheliegend, wobei aber der Völkerbundsitz Genf nicht infrage kam, da Deutschland noch nicht Völkerbundmitglied war. Bereits bei der Konferenz zur Beendigung des griechisch-türkischen Kriegs 1922 war Genf ausser Betracht gefallen, weil die Türkei und das mit ihr verbündete Sowjetrussland ausserhalb des Völkerbundes standen. Konferenzstandort wurde deshalb Lausanne. Dass 1925 die Wahl auf Locarno fiel, hing möglicherweise mit der Nähe zu Italien zusammen, da Mussolini sein Land nicht gerne verliess. Frankreich hatte einen indirekten Bezug zu Locarno infolge der Finanzierung der 1923 eröffneten Centovalli-Bahn durch die französische «Banque Franco-Américaine».

Zur Konferenz im Justizgebäude von Locarno reisten auch über 200 Journalist:innen aus dem In- und Ausland an. Die Schweizer Zeitungen berichteten intensiv über das Ereignis. Ein informelles Vorbereitungsgespräch zwischen Luther und Briand am 7. Oktober im Hotelrestaurant «Albergo Elvezia» in Ascona brach das Eis. In den folgenden Tagen wurde eine Serie völkerrechtlicher Verträge ausgehandelt, welche ein europäisches Sicherheits- und Friedenssystem begründen sollten. Im sogenannten «Westpakt» verzichteten Deutschland, Frankreich und Belgien auf eine gewaltsame Veränderung der im Versailler Vertrag gezogenen Grenze. Ebenso bestätigte Deutschland die Entmilitarisierung des Rheinlandes. Grossbritannien und Italien übernahmen die Garantie, bei einer vom Völkerbundrat (Vorläufer des UNO-Sicherheitsrates) festgestellten Vertragsverletzung der jeweils geschädigten Seite zu Hilfe zu kommen.

Hingegen kam ein «Ostpakt» mit Anerkennung der deutsch-polnischen Grenze nicht zustande. Deutschland behielt sich ausdrücklich die Möglichkeit einer Revision seiner neuen Ostgrenze offen. Während Frankreich seine Verteidigungsverträge mit Polen und der Tschechoslowakei bekräftigte, garantierte Grossbritannien die Grenzen der ostmitteleuropäischen Staaten im Gegensatz zu den westeuropäischen Grenzen nicht. Zudem verminderte sich aufgrund des deutsch-französischen Ausgleichs die strategische Bedeutung dieser Länder als Bündnispartner Frankreichs. Insbesondere die Position Polens, das sich sowohl von Deutschland als auch der Sowjetunion bedroht sah, wurde durch die Annäherungen Deutschlands zunächst an die Sowjetunion und nun an Frankreich geschwächt. Das Ungleichgewicht zwischen der vertraglichen Absicherung und Garantie der Grenzen zwischen Deutschland und seinen westlichen Nachbarn und der Regelungen bezüglich der ostmitteleuropäischen Grenzen liess schon bald Rufe nach einem ergänzenden «Ost-Locarno» laut werden.

Hinzu kamen Schiedsverträge Deutschlands mit Frankreich, Belgien, Polen und der Tschechoslowakei. Alle aufkommenden Streitfragen zwischen den Vertragspartnern sollten durch mehrstufige Schiedsverfahren geklärt werden. Als erste Instanz wurden ständige internationale «Vergleichskommissionen» eingerichtet, die dem Modell des 1921 abgeschlossenen Schiedsgerichts- und Vergleichsvertrags zwischen Deutschland und der Schweiz folgten und in die unter anderem der liberale Waadtländer Nationalrat und Rechtsanwalt Aloïs de Meuron als Präsident der Kommission Deutschland-Belgien sowie Mitglied der Kommissionen Deutschland-Polen und Deutschland-Tschechoslowakei sowie der Genfer Rechtsprofessor und ehemalige Sekretär der Schweizer Delegation an der Pariser Friedenskonferenz Paul Logoz als Mitglied der Kommission Deutschland-Frankreich gewählt wurden. Übergeordnete Instanzen waren ein Schiedsgericht gemäss Haager Abkommen von 1907 und der Ständige Internationale Gerichtshof.

Ebenso bereitete die Konferenz von Locarno den Beitritt Deutschlands zum Völkerbund vor, den zuvor vor allem Frankreich aktiv behindert hatte. Ein vorzeitiges Ende der Rheinlandbesetzung stand dagegen nicht zur Debatte. Erst mit dem Young-Plan, der 1930 den Dawes-Plan ablöste, war dann der – in Frankreich durchaus umstrittene – Abzug der Besatzungstruppen verbunden. Bei Konferenzende läutete die Wallfahrtskirche Madonna del Sasso ob Locarno, deren Fassade mit der Leuchtinschrift «Pax» geschmückt war, die Glocken und stieg am Ufer des Lago Maggiore ein Friedensfeuerwerk auf.

Noch vor dem Vollzug des deutschen Völkerbundbeitritts wurde wenige Tage nach Abschluss der Konferenz von Locarno die Zusammenarbeit in einer griechisch-bulgarischen Krise auf die Probe gestellt. Aufgrund eines Missverständnisses, angeblich wegen eines entlaufenen Hundes, kam es am 19. Oktober 1925 bei der Grenzstadt Petritsch zu einem Schusswechsel zwischen Soldaten der beiden Länder, worauf griechische Truppen auf bulgarisches Territorium vorrückten. Das aufgrund des Friedensvertrags von 1919 weitgehend entwaffnete Bulgarien rief daraufhin den Völkerbundrat an, der am 23. Oktober eine unverzügliche Einstellung der Feindseligkeiten forderte. Nach einem Ultimatum des Völkerbundes zogen sich die Griechen am 28. Oktober zurück. Chamberlain lobte daraufhin den Beitrag der deutschen Gesandten in Athen und Sofia zur Beilegung der Krise und Briand betonte die «Atmosphäre von Locarno».

Die in Locarno ausgehandelten Verträge wurden nach Genehmigung durch die Parlamente am 1. Dezember 1925 in London unterzeichnet. Am 10. September 1926 beschloss die Völkerbundversammlung die Aufnahme Deutschlands. Deutschland erhielt dabei – neben Grossbritannien, Frankreich, Italien und Japan – auch gleich einen ständigen Sitz im Völkerbundrat. In seiner Antrittsrede vor der Völkerbundversammlung betonte Stresemann die Vereinbarkeit von nationaler Souveränität, gegenseitiger Achtung und friedlicher Zusammenarbeit: «Die einen vertreten das Prinzip der nationalen Geschlossenheit und verwerfen die internationale Verständigung, weil sie das national Gewordene nicht durch den allgemeinen Begriff der Menschheit ersetzen wollen. Ich bin der Meinung, dass keine Nation, die dem Völkerbund angehört, dadurch ihr nationales Eigenleben irgendwie aufgibt.» Es könne «nicht der Sinn einer göttlichen Weltordnung sein, dass die Menschen ihre nationalen Höchstleistungen gegeneinander kehren und damit die allgemeine Kulturentwicklung immer wieder zurückwerfen. Der wird der Menschheit am meisten dienen, der, wurzelnd im eigenen Volke, das ihm seelisch und geistig Gegebene zur höchsten Bedeutung entwickelt und damit, über die Grenzen des eigenen Volkes hinauswachsend, der gesamten Menschheit etwas zu geben vermag, wie es die Großen aller Nationen getan haben, deren Namen in der Menschheitsgeschichte niedergeschrieben sind.»

Für und wider den «Geist von Locarno»

Das Resultat der Konferenz von Locarno rief grosse Hoffnungen hervor und liess sofort die Redeweise vom «Geist von Locarno» aufkommen. NZZ-Auslandsredaktor Hans Kloetzli als Augenzeuge der Konferenz lobte in einem Referat vor der «Zürcher Vereinigung für den Völkerbund» am 2. Dezember 1925 die «neue geistige Einstellung, in der die beteiligten Staaten an den Verhandlungstisch traten», als Erfolgsrezept: «Wir wollen nicht in blinden Enthusiasmus verfallen und vom ewigen Frieden reden, der nun gesichert wäre. Aber des Glaubens darf man sein, dass Locarno eine neue Epoche einleitet, in der den Kräften der Gewalt und des Krieges stärkere und besser organisierte Kräfte der Versöhnung und des Friedens entgegenstehen als es vor 1914 der Fall war. Die Lehren, die der Weltkrieg gegeben hat, sie wurden nicht in Versailles, sie wurden erst in Locarno beherzigt.» Der pazifistische Theologe Leonhard Ragaz (dessen Frau Clara Vizepräsidentin der «Internationalen Frauenliga für Frieden und Freiheit» und Präsidentin von deren Schweizer Sektion war) schrieb in der religiös-sozialistischen Zeitschrift «Neue Wege» wenige Tage nach Konferenzende sogar vom «Wunder von Locarno». Wichtiger als die einzelnen Abmachungen sei dabei «die Ersetzung des Prinzips der Gewalt durch das Prinzip des Rechtes und damit die Preisgabe des Krieges». Auch sei der Locarno-Pakt «etwas wie ein Statut des einheitlichen Europa. Er schafft auch direkt Organe dieser neuen Einheit Europas, z. B. gewisse ständige schiedsgerichtliche Instanzen. Wenn nun noch eine europäische Zollunion dazu käme – und jetzt sind ihr die Wege geöffnet – und vielleicht noch einige andere freiwillige oder offizielle Zentralinstanzen, so hätten wir so ziemlich das, was man vernünftigerweise unter den ‘Vereinigten Staaten von Europa’ verstehen muss, alles freilich noch in mehr embryonaler Gestalt.» Und schliesslich sei auch die seit den Friedensverträgen von 1919 drohende Gefahr gebannt, «dass Europa durch eine Trennung von Westen und Osten, wobei Russland mit Deutschland verbunden den Osten gebildet hätten, zerrissen, vergiftet und zuletzt zerstört werde». Auch Ruggero Dollfus, katholisch-konservativer Nationalrat und Zentralpräsident der Schweizerischen Offiziersgesellschaft, schrieb Anfang 1926, die Welt habe «auf dem Wege zum Frieden gewaltige Fortschritte gemacht», meinte aber, es sei noch zu früh zum Abrüsten (ASMZ, 15.4.1926).

Der deutsche Völkerrechtler Hans Wehberg, nachmaliger Professor am Genfer Institut Universitaire de Hautes Etudes Internationales, meinte im November 1925 in der von ihm herausgegebenen pazifistischen Zeitschrift «Die Friedens-Warte», «derjenige, der in dem Zeitalter der Haager Friedenskonferenzen mit frohen Hoffnungen auf die kommende Entwicklung sah, dann den entsetzlichen Zusammenbruch des Weltkrieges und die Schwere der Nachkriegszeit miterlebte», könne den Pakt von Locarno «nur mit tiefer Ergriffenheit» betrachten: «An dem Tage, an dem er in Kraft tritt, beginnt eine neue Epoche, das Zeitalter der friedlichen Verständigung aller Völker. Die Kraft der Edelsten Deutschlands und Frankreichs, die hingebende Arbeit aller Europäer werden zusammenwirken, um den Weltfrieden in den Herzen der Völker zu verankern.» 1926 erhielten dann Austen Chamberlain rückwirkend für 1925 sowie Aristide Briand und Gustav Stresemann gemeinsam für 1926 den Friedensnobelpreis «for their crucial role in bringing about the Locarno Treaty». Auch die «Internationale Konferenz der Kriegsverstümmelten- und Frontkämpferverbände» begrüsste 1926 an ihrem Kongress in Genf die Locarno-Verträge.

Die Verträge waren indessen keineswegs unumstritten, insbesondere in Deutschland nicht. Noch im Oktober 1925 verliess die DNVP deswegen die Regierung, die dadurch ihre parlamentarische Mehrheit verlor. Mitte November beschloss ein DNVP-Parteitag den «rücksichtlosen Kampf gegen das Werk von Locarno». Von nationalsozialistischer und völkischer Seite wurden die Locarno-Verträge als Machwerk eines angeblich jüdischen «internationalen Finanzgeistes» denunziert und die Reichsregierung des Landesverrats bezichtigt. In der Reichstagsdebatte über die Verträge und den Völkerbundbeitritt am 24. November 1925 sprach der deutschnationale Fraktionsvorsitzende Kuno Graf von Westarp von einer «Locarnopsychose» und kritisierte scharf die erneute deutsche Anerkennung des Versailler Vertrages sowie die angebliche Einschränkung der Souveränität durch den Völkerbundbeitritt.

Ablehnend äusserten sich in der Reichstagsdebatte aber auch die Sprecher:innen der Kommunistischen Partei, die im Einklang mit der sowjetischen Diplomatie die Locarno-Verträge als Versuch des «englischen Imperialismus» zur Bildung einer Front gegen die Sowjetunion und mithin als «Kriegspakt» denunzierten und stattdessen zu einer prosowjetischen proletarischen «Einheitsfront» aufriefen. Gegen die unheilige Allianz der Parteien vom rechten und linken Rand setzten sich in der Abstimmung die liberalen und katholischen Regierungsparteien nur dank Unterstützung der oppositionellen SPD mit 291 gegen 174 Stimmen durch. NZZ-Korrespondent Willy Bretscher meldete aus Berlin eine «deutschnational-kommunistische Waffenbrüderschaft» und schlussfolgerte: «Wollte man auf Grund dieser Aeusserung den Kampf gegen Locarno summarisch etikettieren, so wäre das passende Wort gegeben: Nationalbolschewismus» (NZZ, 19.11.1925). Der Begriff «Nationalbolschewismus» bezeichnete in der Weimarer Republik Überlegungen und Bestrebungen in Teilen der Kommunistischen Partei, «nationalrevolutionären» Kreisen und Teilen des «linken», antikapitalistisch-antisemitischen Flügels der NSDAP zu einer Zusammenarbeit von extremen Linken und Rechten beim Sturz der Demokratie unter aussenpolitischer Anlehnung an die Sowjetunion. Sie gelten als Vorläufer und Inspiration für «Querfront»-Strategien, wie sie ab etwa 1970 wieder aufkamen und in der Gegenwart im Zeichen von Putinismus und Covid-Krise fröhliche Urstände feiern.

Aristide Briand wurde bei seiner Rückkehr aus Locarno in Paris ein triumphaler Empfang zuteil. In Frankreich wertete man die Verträge von Locarno überwiegend als erfolgreiche Abkehr von Poincarés Sicherheitspolitik der Stärke, deren Nachhaltigkeit angesichts eines erwarteten Wiederaufschwungs der deutschen Wirtschaft, der für Frankreich ungünstigen demografischen Entwicklung der beiden Länder sowie der deutsch-sowjetischen Annäherungstendenzen zweifelhaft schien. An die Stelle der deutsch-französischen «Erbfeindschaft» sollte eine in die umfassenden Strukturen des Völkerbundes eingebettete und von Grossbritannien unterstützte Zusammenarbeit treten. Auch in Grossbritannien stiessen die Locarno-Verträge auf ein sehr positives Echo.

Harsche Kritik kam dagegen aus Moskau. Die sowjetische Aussenpolitik befürchtete die Festlegung Deutschlands auf einen antisowjetischen Westkurs. Sie versuchte, Deutschland vom Abschluss des «Westpaktes» und Völkerbundbeitritt abzuschrecken, und drohte mit einer Anerkennung der polnischen Grenzen sowie einem sowjetisch-polnischen Bündnis. Ebenso versuchte sie, parallel mit Frankreich und Deutschland zu einer Verständigung zu gelangen. Im April 1926 wurde ein deutsch-sowjetischer Freundschafts- und Neutralitätsvertrag unterzeichnet, der Deutschland neben der Locarno-Politik als Rückversicherung die Fortsetzung der Rapallo-Politik gestattete. Der Vertrag bestimmte, dass, wenn eines der Länder angegriffen würde, das andere neutral bleiben sollte und keiner der Vertragspartner sich an einem wirtschaftlichen oder finanziellen Boykott gegen den anderen beteiligen sollte. Dies schwächte für den Fall eines sowjetisch-polnischen Krieges die Wirksamkeit des polnisch-französischen Verteidigungsbündnisses.

Im Zuge der Feierlichkeiten zur Aufnahme Deutschlands in den Völkerbund kamen Briand und Stresemann am 17. September 1926 im französischen Dorf Thoiry zu einem Treffen zusammen, das häufig als Höhepunkt der Locarno-Politik betrachtet wird. Dabei diskutierten sie die gegenseitige Unterstützung bei wichtigen aussenpolitischen Zielen. Stresemann sicherte materielle Unterstützung Deutschlands zur Stabilisierung des französischen Franc zu, Briand stimmte der vorzeitigen Rückgabe des Saargebiets, dem vorzeitigen Ende der alliierten Militärkontrolle und Rheinlandbesetzung sowie einer deutsch-belgischen Vereinbarung zur Rückgabe Eupen-Malmedys zu. Nicht alle Punkte wurden in der Folge von den beiden Regierungen gutgeheissen und umgesetzt. Die Überwachung der deutschen Abrüstung wurde aber zunehmend laxer und 1927 durch eine mehr fiktive Völkerbundkontrolle ersetzt.

Über die diplomatischen und sicherheitspolitischen Aspekte hinaus führte der «Geist von Locarno» auch zur Reintegration Deutschlands in die internationale Kultur- und Sportwelt, von der es trotz der Demokratisierung bei Kriegsende in den frühen 1920er Jahren weitgehend ausgeschlossen blieb. Ausstellungen deutscher Malerei und Graphik auf Initiative der Kulturabteilung des Auswärtigen Amtes gab es zunächst fast ausschliesslich in den neutralen Ländern Europas sowie in Ostasien und Lateinamerika. Erst nach der Konferenz von Locarno kamen vermehrt Ausstellungen in den ehemaligen europäischen Feindstaaten zustande.

Auch hatten die Vertretungen der Siegermächte im Internationalen Olympischen Komitee und den meisten internationalen Verbänden des «bürgerlichen» Sports die Mitgliedschaften der Kriegsverlierer suspendiert und Sportkontakte zu ihnen untersagt. Bei den Olympischen Spielen von 1920 waren Deutschland, Österreich und Ungarn ausgeschlossen, Deutschland auch noch 1924. Hingegen vergab die Sozialistische Arbeitersport-Internationale die Ausrichtung der ersten Arbeiterolympiade 1925 nach Frankfurt am Main. Die sportpolitische Isolation führte 1922 aber auch zur Entstehung der «Deutschen Kampfspiele» als nationalistische Gegen-Olympiaden. Vor allem auf Druck neutraler Länder wie der Schweiz und Schwedens bröckelte die Boykottfront dann zunehmend. Ein frühes Beispiel des Versuchs der Völkerversöhnung durch Sport war der erste Spengler-Cup, der Ende 1923 in Davos unter Beteiligung je eines Teams aus Deutschland, Grossbritannien und Österreich ausgespielt wurde. Bereits 1923 wurde Deutschland auch wieder Vollmitglied im Weltfussballverband FIFA, aber erst nach Locarno beispielsweise 1926 wieder im internationalen Eishockeyverband, und 1928 erfolgte das olympische Comeback bei den Winterspielen in St. Moritz.

«Locarno» als Vorbild für Europa und die Welt?

Die mit dem «Geist von Locarno» verbundenen Hoffnungen auf eine Überwindung der Ressentiments aus dem Ersten Weltkrieg liessen «Locarno» zu einer Chiffre für eine friedlichere, auf internationaler Kooperation statt Konfrontation beruhende Welt werden. Sie wurde auch von der Bewegung für eine europäische Integration aufgegriffen. Die bereits im 19. Jahrhundert herumgeisternde Idee hatte während der Katastrophe des Ersten Weltkriegs Auftrieb erhalten. Führende Figur dieser Bewegung in der Zwischenkriegszeit war der österreichisch-japanische Philosoph und Historiker Richard Nikolaus Coudenhove-Kalergi, der 1923 in seinem «Pan-Europäischen Manifest» geradezu prophetisch vor einem neuen Krieg warnte, der die Grauen des Ersten Weltkrieges noch weit übertreffen würde: «Sein Element wird die Luft sein […] – sein Ziel die Ausrottung der feindlichen Nation. Der Hauptkampf wird sich gegen die Städte des Hinterlandes richten, gegen Frauen und Kinder.» Zur Abwendung einer solchen Katastrophe propagierte Coudenhove, der ab 1931 dann während mehrerer längerer Perioden in der Schweiz lebte, den politischen und wirtschaftlichen Zusammenschluss aller Staaten von Polen bis Portugal zu einer Föderation mit gemeinsamem Parlament und gemeinsamer Exekutive, zu deren Kompetenzen die Aussenpolitik und die Schaffung eines einheitlichen Wirtschaftsgebietes gehören sollten.

Die von Coudenhove ins Leben gerufene Paneuropa-Union wuchs in den folgenden Jahren zu einer eindrucksvollen Organisation mit Sektionen in den meisten europäischen Ländern (ab 1927 auch in der Schweiz) und zahlreichen prominenten Mitgliedern heran. Anders als dann nach dem Zweiten Weltkrieg, als sie in Abgrenzung zu anderen pro-europäischen Bewegungen zunehmend ein christlich-konservatives Profil annahm, deckte sie in der Zwischenkriegszeit ein breites politisches Spektrum von gemässigt Konservativen bis zur Sozialdemokratie ab. Neben promintenten Politikern – darunter mit Aristide Briand (als Ehrenpräsident), Gustav Stresemann und Edvard Beneš drei wichtigen Teilnehmern der Konferenz von Locarno und in der Schweiz etwa dem demokratischen Zürcher Regierungsrat Oskar Wettstein, dem sozialdemokratischen Zürcher Stadtpräsidenten Emil Klöti oder dem freisinnigen Präsidenten des Schweizerischen Handels- und Industrievereins John Syz – gehörten ihr auch Persönlichkeiten wie Albert Einstein und Thomas Mann an.

1925 nahm mit der SPD die wählerstärkste deutsche Partei einen Artikel in ihr Programm auf, dass sie sich für eine «Europäische Wirtschaftsunion» als Weg in die Vereinigten Staaten von Europa einsetze. Zu den erbittertsten Gegnern der paneuropäischen Bestrebungen zählte dagegen die NSDAP. Adolf Hitler lehnte in einem 1928 verfassten Manuskript über aussenpolitische Fragen die Paneuropa-Idee dezidiert ab und forderte stattdessen «ein Europa mit freien und unabhängigen Nationalstaaten, deren Interessengebiete auseinandergehalten und genau begrenzt sind». Die paneuropäische Bewegung entspreche «der Sinnlosigkeit unserer westlichen Demokratie ebenso sehr wie dem feigen Pazifismus unserer Überwirtschaftskreise. Dass sie das Ideal aller minderwertigen oder halbrassischen Bastarde ist, liegt auf der Hand. Ebenso, dass der Jude eine solche Auffassung besonders begrüsst, führt sie doch in ihrer konsequenten Befolgung zu einem Rassenchaos und Durcheinander, zu einer Verbastardung und Verniggerung der Kulturmenschheit und endlich damit zu einer solchen Senkung ihres rassischen Wertes, dass der sich davon freihaltende Hebräer langsam zum Weltherren aufzusteigen vermag.» Eine Verschwörungstheorie dieses Inhalts zirkuliert in rechtsextremen Kreisen wieder seit 2005 unter dem Titel «Kalergi-Plan».

1927 führte die Paneuropa-Union mit der Parole «Paneuropäisches Locarno» eine Kampagne für eine zweite Locarno-Konferenz. Diese sollte weit über ein «Ost-Locarno» hinausgehend das Friedenssystem von 1925 auf ganz Europa ausweiten. Im Herbst 1927 erschien am Tag vor Eröffnung der Völkerbundversammlung ein entsprechender Aufruf in mehr als hundert europäischen Zeitungen, der aber ohne Folgen blieb. Die europäische Integration kam dann aber zwei Jahre darauf auf die Agenda des Völkerbundes. Aristide Briand wurde im Juli 1929 zusätzlich zu seiner Funktion als Aussenminister auch französischer Ministerpräsident. Am 5. September 1929 schlug er in einer Rede vor der Völkerbundversammlung den Aufbau einer föderalen «europäischen Union» vor, um Solidarität und Zusammenarbeit als Ausgleich zur nationalen Zerstückelung zu schaffen. Auch Stresemann sprach sich für die Einigung Europas aus, betonte aber stärker die wirtschaftliche Integration. Der Völkerbund beauftragte daraufhin Briand mit der Ausarbeitung einer Denkschrift über seine Einigungsidee. Das im Mai 1930 vorgelegte «Memorandum über die Organisation einer europäischen Bundesordnung» präsentierte in vier Abschnitten einen ausführlichen Organisationsplan sowie einen Katalog von Zielen und Aufgaben eines «Bundes auf der Grundlage des Gedankens der Einigung» als System kollektiver Sicherheit im Rahmen des Völkerbundes. Ebenso skizzierte es die Schaffung eines gemeinsamen Marktes im Sinne der Vereinfachung des Güter-, Kapital- und Personenverkehrs. Die «Bundesordnung» sollte eine «Europäische Konferenz» aus Repräsentanten der nationalen Regierungen als leitendes Organ erhalten, einen «Ständigen Politischen Ausschuss» als Exekutivorgan und ein Sekretariat.

Die Reaktionen der anderen Regierungen fielen zurückhaltend aus. In Deutschland, wo Aussenminister Stresemann im Oktober 1929 verstorben war, sahen viele im Briand-Plan einen Versuch zur Aufrechterhaltung der französischen Hegemonialstellung. Besonders missfiel der deutschen Regierung die im Briand-Plan vorgesehene Ausdehnung der existierenden Grenzgarantien von Locarno auf Osteuropa, die deutschen Revisionswünschen einen Riegel geschoben hätten. Ebenso wurde der Ausschluss der nicht dem Völkerbund angehörenden Sowjetunion und Türkei bemängelt. Deutlich zeigte sich in der Antwort der Reichsregierung der Druck der Rechtsopposition, die den Briand-Plan strikte ablehnte und ihn etwa als «Rattenfänger-Denkschrift» (so das Nazi-Blatt «Völkischer Beobachter» am 20. Mai 1930) verhöhnte. Als Gegenprojekt startete der neue deutsche Aussenminister Julius Curtius, der Stresemanns Verständigungspolitik grundsätzlich ablehnte, den auch von der NSDAP als Vorstufe zu einem «Anschluss» geforderten Versuch einer deutsch-österreichischen Zollunion, der 1931 aber an einem Urteil des Ständigen Internationalen Gerichtshofs scheiterte. Die britische Regierung sah in einer europäischen Regionalorganisation eine Beeinträchtigung ihrer Beziehungen zum Commonwealth und zu den USA und setzte stattdessen auf den Völkerbund. Die faschistische Regierung Italiens machte ein halbes Dutzend grundsätzlicher Einwände.

Im September 1930 setzte die Völkerbundversammlung eine «Studienkommission für die Europäische Union» ein, die keine weiterführenden Resultate hervorbrachte und 1932 ihre Arbeit einstellte. Im selben Jahr verstarb Aristide Briand. Erst nach dem Zweiten Weltkrieg diente sein Plan wieder als Vorbild für neue Integrationsbestrebungen, die zuerst 1951 in die Gründung der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl (EGKS) mündeten. An den «Geist von Locarno» knüpfte nach dem Zweiten Weltkrieg auch die deutsch-französische Versöhnung an, welche die von nationalistischen Propagandisten beider Länder seit dem 19. Jahrhundert beschworene «Erbfeindschaft» beendete, die etwa in den «Freiheitskriegen» von 1813 bis 1815, der Rheinkrise von 1840, dem deutsch-französischen Krieg von 1870/71, den beiden Marokko-Krisen von 1905/06 und 1911, dem Ersten Weltkrieg, der Ruhrbesetzung und dann nochmals dem Zweiten Weltkrieg eskaliert war und infolge derer Elsass-Lothringen zwischen 1870 und 1945 viermal die Staatszugehörigkeit wechselte.

«Locarno» wurde aber auch zur Chiffre über die europäische Integration hinausreichender Friedensbemühungen. Seit dem Ersten Weltkrieg gab es Bestrebungen, Krieg als Mittel zur Durchsetzung nationaler Interessen völkerrechtlich zu verbieten. 1927 gelangte Briand mit dem Vorschlag eines bilateralen Kriegsverzichtsabkommens an die US-Regierung. Diese sah darin eine zu starke bündnispolitische Bindung an Frankreich, wollte zugleich aber die Friedensbewegung nicht verprellen und spielte zunächst auf Zeit. Schliesslich legte US-Aussenminister Frank B. Kellogg Ende 1927 den Gegenvorschlag vor, möglichst alle Staaten vertraglich zu verpflichten, auf Krieg als Mittel nationaler Politik zu verzichten. Stresemann stimmte dieser Idee, die eine Verbesserung der deutsch-amerikanischen Beziehungen und eine allgemeine Abrüstung (und damit relative Stärkung des abgerüsteten Deutschland) versprach, sofort zu. Am 27. August 1928 wurde der Vertrag zur Ächtung des Krieges (sogenannter «Briand-Kellogg-Pakt») in Paris unterzeichnet. Er verbot Angriffskriege, sah aber keine Sanktionen gegen Verstösse vor. Der Vertrag stand ausserhalb des Völkerbundsystems, dem die USA nicht angehörten. Er wurde zunächst von elf Staaten unterzeichnet und trat am 24. Juli 1929 in Kraft. Bis 1939 ratifizierten ihn 63 Staaten. Kellogg erhielt 1929 den Friedensnobelpreis.

Im Völkerbund war nach der Konferenz von Locarno eine «Vorbereitende Abrüstungskonferenz» eingerichtet worden, die ein erneutes Wettrüsten wie vor dem Ersten Weltkrieg verhindern sollte, aber jahrelang an Gegensätzen zwischen den westlichen Grossmächten scheiterte. Schliesslich berief sie auf Februar 1932 die Hauptkonferenz nach Genf ein. Daran nahmen 64 Länder teil (darunter die Nichtmitglieder Ägypten, Saudi-Arabien, Brasilien, Costa Rica und USA). Den Vorsitz hatte der britische Oppositionsführer und Labour-Präsident Arthur Henderson, Ehrenpräsident war der Schweizer Aussenminister Motta. Die Schweizer Delegation leitete der Diplomat und Rechtsprofessor Max Huber. Obwohl die Grossmächte im Dezember 1932 die grundsätzliche militärische Gleichberechtigung Deutschlands anerkannten und damit die Versailler Rüstungsbeschränkungen aufhoben, verliess im Oktober 1933 das nunmehr von Hitler regierte Deutschland, das zugleich aus dem Völkerbund austrat, die Konferenz. Diese tagte noch bis Juni 1934 und endete weitgehend ergebnislos. Henderson erhielt den Friedensnobelpreis 1934.

Ende der Locarno-Politik und Weg in die Katastrophe

Mit dem Tod der beiden Protagonisten Stresemann – dessen Ableben in Frankreich grosse Trauer hervorrief und dem rückblickend die Fähigkeit zugebilligt wurde, er hätte Hitler eventuell stoppen können – und Briand, der anbrechenden, den Wirtschaftsnationalismus verstärkenden Weltwirtschaftskrise und vor allem dem Untergang der Weimarer Demokratie kam die Locarno-Politik an ein Ende. Das Nazi-Regime demontierte Schritt für Schritt die im Zeichen des «Geistes von Locarno» getroffenen Vereinbarungen und Kooperationen. Im Oktober 1933 verkündete Hitler den Austritt aus dem Völkerbund. Da dafür eine zweijährige Kündigungsfrist bestand, war Deutschland de iure noch bis 1935 Mitglied, beteiligte sich aber nicht mehr an der Gremienarbeit. Als im September 1934 in Locarno der 30. «Congrès universel pour la paix» der pazifistischen Organisationen von Stadtpräsident Rusca eröffnet wurde, gehörten zum Tagungsprogramm zwar auch der Stand der Umsetzung der Vereinbarungen von 1925 und der Abrüstungsverhandlungen, in erster Linie aber die stark veränderte geopolitische Lage. Im selben Monat schlossen in Genf Estland, Lettland und Litauen angesichts der Bedrohung durch die grossen Nachbarstaaten die «Baltische Entente» zur gegenseitigen diplomatischen Unterstützung auf dem internationalen Parkett ab.

1936 stellte sich Hitler nach der Ratifikation eines französisch-sowjetischen Beistandspakts auf den Standpunkt, dadurch sei der Vertrag von Locarno gebrochen worden, und nahm dies als Vorwand, die Wehrmacht in die entmilitarisierte Zone im Rheinland einmarschieren zu lassen und die Kündigung des Vertrages von Locarno bekanntzugeben. Die Westmächte, die die damalige militärische Stärke Deutschlands überschätzten, begnügten sich mit verbalen Protesten gegen diesen flagranten Bruch des Versailler Vertrages. Dadurch ermutigten sie Hitler, in Ostmitteleuropa, dessen Grenzen infolge des fehlenden «Ost-Locarno» bündnispolitisch noch weniger gut abgesichert waren, territoriale Veränderungen herbeizuführen.

Im März 1938 erfolgte der deutsche Einmarsch in Österreich und der gemäss den Friedensverträgen von 1919 verbotene «Anschluss». Wenige Monate darauf inszenierte Hitler eine Propagandakampagne gegen die angebliche Verfolgung der deutschsprachigen Minderheit in der Tschechoslowakei und erhob Anspruch auf die Sudetengebiete, die auch vor 1919 nicht zu Deutschland gehört hatten. Ein sehr ähnliches Drehbuch benutzten dann später Saddam Hussein in Bezug auf Chuzestan im Vorfeld des irakischen Angriffs auf den Iran von 1980, der den achtjährigen ersten Golfkrieg auslöste, und Putin ab 2014 in Bezug auf den Donbass. Zur Verhütung eines Krieges, auf den Hitler aktiv hinarbeitete, unterzeichneten Ende September 1938 Grossbritannien, Frankreich und Italien mit dem Deutschen Reich das Münchner Abkommen, das die an den Verhandlungen nicht beteiligte Tschechoslowakei zur Abtretung der gewünschten Gebiete (und damit eines grossen Teils ihrer Grenzbefestigungen) an Deutschland zwang. Bei der Rückkehr nach London verkündete der konservative britische Premierminister Neville Chamberlain (Halbbruder des Aussenministers und Friedensnobelpreisträgers von 1925) «peace for our time». Bereits im März 1939 zeigte Hitler aber den Appeasement-Politikern die lange Nase mit dem Einmarsch der Wehrmacht in Prag, Anerkennung eines stark von Deutschland abhängigen slowakischen Staates unter faschistischer Herrschaft, «Zerschlagung der Rest-Tschechei», Errichtung des «Reichsprotektorats Böhmen-Mähren» und Übernahme der starken tschechischen Rüstungsindustrie. Im selben Monat annektierte Deutschland nach einem Ultimatum an Litauen das Memelland.

Im August gleichen Jahres, genau gleichzeitig mit dem letzten «Congrès universel pour la paix» im Zürcher Rathaus, erfolgte im Moskauer Kreml die Unterzeichnung des Hitler-Stalin-Pakts mit einem geheimen Zusatzprotokoll zur Aufteilung Ostmitteleuropas zwischen dem Deutschen Reich und der Sowjetunion. Eine Woche später eröffnete der Überfall auf Polen den Zweiten Weltkrieg.

Material zum Thema im Sozialarchiv (Auswahl)

Archiv

  • Ar 1.260.1 Sozialdemokratische Partei der Schweiz: Friedenskongress Basel 1912; Internationale Korrespondenz 1914–1921; Gremienbeschlüsse 1915–1923
  • Ar 45 Internationale Frauenliga für Frieden und Freiheit (IFFF)
  • Ar 201.280.1 Dokumentation Erster Weltkrieg: Friedensbemühungen, Pazifismus

Sachdokumentation

  • KS 32/137 Europäische Politik
  • KS 32/140 Deutschland: Geschichte 1918–1933: Ruhrbesetzung 1923
  • KS 32/153 Europäische Einigung
  • KS 32/160 Friedensbewegung, Pazifismus
  • KS 32/170 Internationale Frauenliga für Frieden und Freiheit
  • KS 32/200 Erster Weltkrieg: Nachkriegsordnung: Vorschläge für Friedensverträge
  • KS 32/201 Erster Weltkrieg: Nachkriegsordnung: Friedensverträge
  • KS 32/202 Erster Weltkrieg: Nachkriegsordnung: Reparationen
  • KS 34/15 Völkerbund: Idee, Projekte
  • KS 34/16, a-e Völkerbund
  • KS 34/17, a-d Völkerbund: Wirtschaftsfragen
  • KS 335/19 Sozialismus und Krieg
  • ZA 04.9 Brem-Bri Biografien: einzelne Personen: Brem–Bri
  • ZA 04.9 Stp-Stz Biografien: einzelne Personen: Stp–Stz

Bibliothek

  • Allen, Henry Tureman: Mein Rheinland-Tagebuch. Berlin 1923, 1225
  • Bader-Zaar, Brigitta et al. (Hg.): Friedenskonzepte im Wandel: Analyse der Vergabe des Friedensnobelpreises von 1901 bis 2016. Innsbruck 2018, 137780
  • Bariéty, Jacques und Antoine Fleury (Hg.): Mouvements et initiatives de paix dans la politique internationale: 1867–1928: Actes du colloque tenu à Stuttgart, 29-30 août 1985. Bern 1987, 86220
  • Bauer, Heinrich: Stresemann: Ein deutscher Staatsmann. 2. Aufl. Berlin 1930, 25300
  • Baumont, Maurice: Aristide Briand: Diplomat und Idealist. Göttingen/Zürich 1966, 34818
  • Beaupré, Nicolas: Das Trauma des grossen Krieges, 1918–1932/33. Darmstadt 2009, 148913
  • Bellon, Christophe: Aristide Briand: Parler pour agir. Paris 2016, 134324
  • Berber, Fritz (Hg.): Locarno: Eine Dokumentensammlung. Berlin 1936, 45158
  • Bernstein, Reiner: Von Gaza nach Genf: Die Genfer Friedensinitiative von Israelis und Palästinensern. Schwalbach 2006, 115900
  • Boesch, Ina et al.: Haus Gartenhof in Zürich: Raum für vernetzte Friedensarbeit. Zürich 2019, 142764
  • Bond, Martyn: Hitler’s cosmopolitan bastard: Count Richard Coudenhove-Kalergi and his vision of Europe. Montreal 2021, 149252
  • Borodziej, Włodzimierz und Maciej Górny: Der vergessene Weltkrieg: Europas Osten 1912–1923. 2 Bde. Darmstadt 2018, 140232
  • Bouverie, Tim: Mit Hitler reden: Der Weg vom Appeasement zum Zweiten Weltkrieg. Hamburg 2021, 146072
  • Brandt, Susanne: Das letzte Echo des Krieges: Der Versailler Vertrag. Ditzingen 2018, 140158
  • Brandt, Willy: Friedenssicherung in Europa: Rede zur Feier des 90. Geburtstags von Gustav Stresemann am 10. Mai 1968, sowie die wichtigsten Dokumente der Politik des Reichskanzlers und Aussenministers Gustav Stresemann. Berlin (West) 1968, Hf 656
  • Braune, Andreas, und Michael Dreyer (Hg.): Weimar und die Neuordnung der Welt: Politik, Wirtschaft, Völkerrecht nach 1918. Stuttgart 2020, 143975
  • Bretscher, Willy: Berlin und Deutschland in den zwanziger Jahren, 1925–1929: Als Berichterstatter in der Reichshauptstadt. Hg. Alfred Cattani. Zürich 1997, 103602
  • Brückner, Thomas: Europa organisieren: Zu den Anfängen der Schweizer Europabewegung, in: Schweizerische Zeitschrift für Geschichte 57 (2007). S. 174–187, D 4212
  • Büsch, Otto, und Gerald D. Feldman (Hg.): Historische Prozesse der Deutschen Inflation: 1914 bis 1924. Berlin 1978, 62879
  • Buschak, Willy: Die Vereinigten Staaten von Europa sind unser Ziel: Arbeiterbewegung und Europa im frühen 20. Jahrhundert. Essen 2014, 129542
  • Carr, Edward Hallett: Berlin-Moskau: Deutschland und Russland zwischen den beiden Weltkriegen. Stuttgart 1954, 20727
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  • Clemens, Gabriele et al.: Geschichte der europäischen Integration: Ein Lehrbuch. Paderborn 2008, 120188
  • Collar, Peter: The propaganda war in the Rhineland: Weimar Germany, race and occupation after World War I. London 2013, 135454
  • Conze, Eckart: Die grosse Illusion: Versailles 1919 und die Neuordnung der Welt. München 2018, 148260
  • Coudenhove-Kalergi, Richard Nicolaus von: Paneuropa. Wien/Leipzig 1926, 10716
  • Coudenhove-Kalergi, Richard Nicolaus von: Für ein paneuropäisches Locarno, in: Paneuropa 3/7 (1927). S. 1–5, N 227
  • Coudenhove-Kalergi, Richard Nicolaus von: Zum paneuropäischen Locarno, in: Paneuropa 3/8 (1927). S. 16f., 3/9 (1927). S. 15–23, 3/10 (1927). S. 19–21, N 227
  • Dawes, Rufus C.: Wie der Dawesplan zustande kam. Stuttgart 1926, 44434
  • Degen, Bernard et al. (Hg.): Gegen den Krieg: Der Basler Friedenskongress 1912 und seine Aktualität. Basel 2012, 127326
  • Dewall, Wolf von: Der Kampf um den Frieden: Deutschland-Frankreich in der europäischen Politik. Frankfurt a. M. 1929, 6904
  • Dreist, Markus: Die deutsch-italienischen Beziehungen im Spannungsfeld der europäischen Politik 1918–1934. Frankfurt a. M. 2000, 107918
  • Ebray, Alcide: La paix malpropre: «Versailles» – pour la réconciliation par la vérite. Mailand 1924, 6457
  • Feldman, Gerald D.: The great disorder: Politics, economics and society in the German inflation, 1914–1924. New York 1993, Gr 8332
  • Fierz, Gaby et al.: Frontières: Le Traité de Lausanne 1923–2023. Lausanne 2023, 151735
  • Fisch, Jörg: Krieg und Frieden im Friedensvertrag: Eine universalgeschichtliche Studie über Grundlagen und Formelemente des Friedensschlusses. Stuttgart 1979, 72987
  • Fischer, Conan: A vision of Europe: Franco-German relations during the Great Depression, 1929–1932. Oxford 2017, 136505
  • Förster, Birte: 1919: Ein Kontinent erfindet sich neu. Ditzingen 2018, 140253
  • Der Friedensvertrag von Versailles nebst Schlussprotokoll und Rheinlandstatut sowie Mantelnote und deutsche Ausführungsbestimmungen. Neue durchgesehene Ausgabe in der durch das Londoner Protokoll vom 30. August 1924 revidierten Fassung. Berlin 1925, 36999
  • Der Friedensvertrag von Versailles zwischen Deutschland und den Alliierten und Assoziierten Mächten (1919). Bern 1940, 11377
  • Gackenholz, Hermann: Das Diktat von Versailles und seine Auswirkungen: Gemeinverständliche Darstellung. Leipzig 1935, R 568
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  • Hirsch, Felix: Stresemann: Ein Lebensbild. Göttingen 1978, 64630
  • Hitler, Adolf: Aussenpolitische Standortbestimmung nach der Reichstagswahl: Juni-Juli 1928. Hg. Gerhard L. Weinberg et al. München 1995, erwartet
  • Hoffritz, Jutta: Totentanz: 1923 und seine Folgen. Hamburg 2022, 149546
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  • Internationale Frauenliga für Frieden und Freiheit: Bericht des Internationalen Frauenkongresses: Zürich, Mai 12–17, 1919. Genf 1919, 9004
  • Jeismann, Michael: Das Vaterland der Feinde: Studien zum nationalen Feindbegriff und Selbstverständnis in Deutschland und Frankreich 1792–1918. Stuttgart 1992, 95574
  • Jones, Mark: 1923: Ein deutsches Trauma. Berlin 2022, 148113
  • Keynes, John Maynard: The economic consequences of the peace. London 1920, 16004
  • Keynes, John Maynard: Revision des Friedensvertrages: Eine Fortsetzung von «Die wirtschaftlichen Folgen des Friedensvertrages». München 1922, 1042
  • Keynes, John Maynard: Krieg und Frieden: Die wirtschaftlichen Folgen des Vertrags von Versailles. Hg. Dorothea Hauser. Berlin 2024, 151977
  • Kieser, Hans-Lukas: Nahostfriede ohne Demokratie: Der Vertrag von Lausanne und die Geburt der Türkei 1923. Zürich 2023, 150817
  • Kloetzli, Hans: Das Friedenswerk von Locarno: Eindrücke aus den Konferenztagen: Vortrag, gehalten am 2. Dezember 1925 im Schwurgerichtssaal Zürich auf Einladung der Bezirksvereinigung für den Völkerbund. Zürich. o. J., 32/137-16
  • Klötzl, Walter (Red.): 50 Jahre Münchner Abkommen: Zusammenhänge, Erkenntnisse, Urteile, Perspektiven. München 1988, 87227
  • Knipping, Franz: Deutschland, Frankreich und das Ende der Locarno-Ära, 1928–1931: Studien zur internationalen Politik in der Anfangsphase der Weltwirtschaftskrise. München 1987, 84631
  • Knipping, Franz und Ernst Weisenfeld (Hg.): Eine ungewöhnliche Geschichte: Deutschland-Frankreich seit 1870. Bonn 1988, 87236
  • Kolb, Annette: Versuch über Briand. Berlin 1929, 8467
  • Kolb, Eberhard: Deutschland 1918–1933: Eine Geschichte der Weimarer Republik. München 2010, 124031
  • Kolb, Eberhard: Der Frieden von Versailles. München 2011, 138444
  • Koller, Christian: «Von Wilden aller Rassen niedergemetzelt»: Die Diskussion um die Verwendung von Kolonialtruppen in Europa zwischen Rassismus, Kolonial- und Militärpolitik (1914–1930). Stuttgart 2001, 108958
  • Koller, Christian: Réconciliation des nations à travers le sport? Le football et le hockey sur glace suisses et l’essai d’un retour à la normale dans les relations internationales sportives (1919–1926), in: Quin, Grégory et al. (Hg.): Des réseaux et des hommes: Participation et contribution de la Suisse à l’internationalisation du sport (1912–1972). Neuchâtel 2019. S. 51–74, 142328
  • Körber, Andreas: Gustav Stresemann als Europäer, Patriot, Wegbereiter und potentieller Verhinderer Hitlers: Historisch-politische Sinnbildungen in der öffentlichen Erinnerung. Hamburg 1999, 105800
  • Krüger, Peter: Die Aussenpolitik der Republik von Weimar. Darmstadt 1985, 80711
  • Krüger, Peter: Carl von Schubert, Aussenpolitiker aus Leidenschaft: Sein Beitrag zur internationalen Politik und europäischen Ordnung in der Ära der Weimarer Republik. Berlin 2017, 143890
  • Krumeich, Gerd (Hg.): Versailles 1919: Ziele – Wirkung – Wahrnehmung. Essen 2001, 107745
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  • Lappenküper, Ulrich et al. (Hg.): Europäische Einigung im 19. und 20. Jahrhundert: Akteure und Antriebskräfte. Paderborn 2013, 130820
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  • Lloyd George, David: Die Wahrheit über Repartionen und Kriegsschulden. Berlin 1932, 30874
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  • Mehrmann, Carl: Locarno – Thoiry – Genf in Wirklichkeit: Eine Bilanz der Rheinlandräumung
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  • Michalka, Wolfgang, und Marshall M. Lee (Hg.): Gustav Stresemann. Darmstadt 1982, 73383
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  • Oeri, Albert: Sorge um Europa: Von Versailles bis Potsdam 1919–1945: Aussenpolitische Kommentare. Hg. Julia Gauss. Basel 1977, 58889
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  • Pohl, Karl Heinrich: Gustav Stresemann: Biografie eines Grenzgängers. Göttingen 2015, 133115
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  • Reuth, Ralf Georg: 1923: Kampf um die Republik. München 2023, 149541
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  • Sabrow, Martin (Hg.): Gewalt gegen Weimar: Zerreissproben der frühen Republik 1918–1923. Göttingen 2023, 151355
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  • Siebert, Ferdinand: Aristide Briand, 1862–1932: Ein Staatsmann zwischen Frankreich und Europa. Erlenbach-Zürich 1973, 52004
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  • Stocker, Frank: Die Inflation von 1923: Wie es zur grössten deutschen Geldkatastrophe kam. München 2022, 149520
  • Stråth, Bo: Europe’s utopias of peace: 1815, 1919, 1951. London 2016, 135015
  • Stresemann, Gustav: Vermächtnis: Der Nachlass in drei Bänden. Hg. Henry Bernhard. 3 Bde. Berlin 1932-1933, 16698
  • Stresemann, Gustav: Schriften. Hg. Arnold Harttung. Berlin (West) 1976, 62737
  • Stresemann, Wolfgang: Mein Vater Gustav Stresemann. München 1979, 65334
  • Suarez, Georges: Briand: Sa vie – son ouvre, avec son Journal et de nombreux documents inédits. 6 Bde. Paris 1938-1952, 66623
  • Thälmann, Ernst: Locarno, der neue Kriegspakt: Rede des Reichstagsabgeordneten Thälmann (KPD) in der Sitzung des Deutschen Reichstag am 24. November 1925. Berlin 1925, 32/160-2
  • Thimme, Annelise: Gustav Stresemann: Eine politische Biographie zur Geschichte der Weimarer Republik. Hanover 1957, 24439
  • Thorez, Maurice: Notre lutte pour la paix: De la fausse paix de Versailles à la trahision de Munich. Paris 1938, 10418
  • Tooze, Adam: Sintflut: Die Neuordnung der Welt 1916–1931. München 2017, 153404
  • The treaty of peace between the Allied and Associated Powers and Germany and the treaty between France and Great Britain respecting assistance to France in the event of unprovoked aggression by Germany: Signed at Versailles, June 28th, 1919. London 1919, 4404
  • Troxler, Walter et al.: Jan Bloch und das Internationale Kriegs- und Friedensmuseum in Luzern. Münster 2010, 125303
  • Ullrich, Volker: Deutschland 1923: Das Jahr am Abgrund. München 2022, 148875
  • Valentin, Veit: Locarno, in: Die Friedens-Warte 25/11 (1925). S. 324–327, N 235
  • Vallentin, Antonia: Stresemann: Vom Werden einer Staatsidee. Leipzig 1930, 6729
  • Wehberg, Hans: Der Friedenspakt von Locarno, in: Die Friedens-Warte 25/11 (1925). S. 321-324, N 235
  • Wehberg, Hans: Der Pakt von Locarno: Sonderdruck aus Wörterbuch des Völkerrechts und der Diplomatie. Berlin/Leipzig o. J., 32/153-8
  • Wehberg, Hans: Der bulgarisch-griechische Konflikt vor dem Völkerbundrate: Zugleich ein Beitrag zum Problem des Verteidigungskrieges, in: Die Friedens-Warte 26/3 (1926). S. 77–82, N 235
  • Wehberg, Hans: Die Völkerbundsatzung: Erläutert unter Berücksichtigung der Verträge von Locarno, des Kriegsächtungspaktes usw. 3. erw. Aufl. Berlin 1929, 36264
  • Wehberg, Hans: Die Ächtung des Krieges: Eine Vorlesung an der Haager Völkerrechtsakademie und am «Institut universitaire de hautes études internationales», Genf. Berlin 1930, 5938
  • Wildt, Michael: Zerborstene Zeit: Deutsche Geschichte 1918 bis 1945. München 2022, 147163
  • Wilson, Woodrow: Memoiren und Dokumente über den Vertrag zu Versailles anno 1919. 3 Bde. Leipzig 1923-1924, 12809:1-3
  • Winkler, Heinrich August: Der Schein der Normalität: Arbeiter und Arbeiterbewegung in der Weimarer Republik, 1924 bis 1930. Berlin 1985, 84473
  • Wüest, Erich: Der Vertrag von Versailles in Licht und Schatten der Kritik: Die Kontroverse um seine wirtschaftlichen Auswirkungen. Zürich 1962, 28962
  • Xammar, Eugeni: Das Schlangenei: Berichte aus dem Deutschland der Inflationsjahre 1922–1924. Berlin 2007, 118304
  • Zala, Sacha und Marc Perrenoud (Hg.): Documents diplomatiques suisses sur l’histoire de la Société des Nations 1918–1946. Bern 2019, 142472
  • Zapp, Arthur: «Revanche für Versailles»: Eine Vision. Berlin 1924, 5313
  • Zetkin, Klara: Gegen den imperialistischen Locarnovertrag (Aus der Rede im Reichstag, 27. November 1925), in: dies.: Ausgewählte Reden und Schriften, Bd. 3. Hg. Institut für Marxismus-Leninismus beim ZK der SED. Berlin (Ost) 1960. S. 189–209, 25988:3
  • Ziegler, Wilhelm: Versailles: Die Geschichte eines missglückten Friedens. Hamburg 1933, 45170
  • Ziele und Organisation des Völkerbundes. Genf 1930, 36270
Fussballerinnen am Jugendsporttreffen des Kaufmännischen Verbandes 1974 in Thun (Foto: Ernst und Margrit Baumann/SozArch F 5175-Fc-390)
Fussballerinnen am Jugendsporttreffen des Kaufmännischen Verbandes 1974 in Thun (Foto: Ernst und Margrit Baumann/SozArch F 5175-Fc-390)

Buchempfehlungen der Bibliothek

Marianne Meier, Monika Hofmann: Das Recht zu kicken. Die Geschichte des Schweizer Frauenfussballs. Zürich, 2025

Diesen Sommer elektrisierte die Frauenfussball-Europameisterschaft die Schweiz. Wie entwickelte sich aber der einheimische Frauenfussball bis hin zur überraschenden Viertelfinalqualifikation im eigenen Land? Das neue Buch von Marianne Meier, Pionierin der helvetischen Frauenfussballhistoriografie, und Monika Hofmann gibt erstmals einen faszinierenden und gut lesbaren Überblick über die mehr als hundertjährige Geschichte des Frauenfussballs in der Schweiz. Diese reicht von Anfängen in Genf um 1920 über die «irrtümliche» Lizenzierung der zwölfjährigen Walliserin Madeleine Boll (zu deren Ehren das EM-Maskottchen von 2025 den Namen «Maddli» erhielt) als weltweit erste Fussballerin durch den Schweizerischen Fussballverband im Jahr 1965 und die beginnende Institutionalisierung in Vereinen, einer Liga, einem Nationalteam und einer (zunächst prekären) Affiliation an den Fussballverband um 1970 bis zum beschleunigten Aufschwung ab der Jahrtausendwende. Die ausführlichen Kapitel zu (Un)sichtbarkeit und Geschlechterklischees in der medialen Vermittlung, zur wirtschaftlichen Entwicklung des Frauenfussballs oder der Haltung von Vereinen, Verbänden und Behörden zeigen eindrücklich Bedeutung und Symbolhaftigkeit des Frauenfussballs in der Gesellschafts- und Geschlechtergeschichte der modernen Schweiz.

Weitere Literatur zum Thema (Auswahl):

  • Bührer, Florian: Frauenfussball in der Schweiz. Der Weg zur Anerkennung war lang und ist noch nicht zu Ende, in: Hüser, Dietmar (Hg.): Frauen am Ball. Geschichte(n) des Frauenfussballs in Deutschland, Frankreich und Europa. Bielefeld 2022. S. 93–114, 151486
  • Degen, Seraina und Daniel Schaub: Das goldene Buch des Schweizer Frauenfussballs. Die Länderspiele von 1972 bis 2017. Muttenz 2017, Gr 14512
  • Jucker, Michael (Hg.): FCZ-Revue: Eine eigene Liga! 50 Jahre Frauenfussball in der Schweiz. Zürich 2021, Gr 15216
  • Koller, Christian: Frauen im Schweizer Eishockey vom Fin de Siècle bis zum Millennium, in: ders. et al. (Hg.): Sportgeschichte in der Schweiz. Stand und Perspektiven. Neuchâtel 2019. S. 119–138, 142377
  • Koller, Christian und Marianne Meier: Fussball, in: Historisches Lexikon der Schweiz, 16.6.2025, https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/048188/2025-06-16/
  • Meier, Marianne: «Zarte Füsschen am harten Leder…». Frauenfussball in der Schweiz 1970–1999. Frauenfeld 2004, 113691
  • Meier, Marianne: Geschichte der Frauen-Fussballnationalelf, in: Jung, Beat (Hg.): Die Nati. Die Geschichte der Schweizer Fussball-Nationalmannschaft. Göttingen 2006. S. 295–323, 117332
  • Meier, Marianne: Der Captain hiess auch Odermatt: Schweiz – Österreich 9:0 (8.11.1970), in: Koller, Christian (Hg.): Sternstunden des Schweizer Fussballs. Zürich 2008. S. 103–119, 123072
  • Meier, Marianne und Seraina Degen: «Rasen betreten verboten!». GC-Fussballerinnen auf dem Weg zur Spitze?, in: Baumann, Reto et al. (Hg.): Grasshoppers. Fussball in Zürich seit 1886, Bd. 1. Basel 2022. S. 356–379, 149378:1
  • Prudent, Dominique: Histoire du football féminin en Suisse. Neuchâtel 2025, erwartet
  • Rufli, Corinne et al.: Vorbild und Vorurteil. Lesbische Spitzensportlerinnen erzählen. Baden 2020, 143744

Luz: Zwei weibliche Halbakte. Berlin, 2025

Gegenwärtig arbeitet sich die Zürcher Politik an der Hypothek des Dauerleihvertrags zwischen Bührle-Stiftung und Zürcher Kunstgesellschaft ab. Gemäss Vertrag obliegt die Finanzierung der zukünftigen Provenienzforschung dem Kunsthaus, während die Bilder als Dauerleihgaben immer noch der Bührle-Stiftung gehören. Im Juni 2024 hatte Raphael Gross seinen Expertenbericht «Überprüfung der Provenienzforschung der Stiftung Sammlung E. G. Bührle» vorgestellt. Der Historiker kam darin zum Schluss, dass bei den Werken aus der Sammlung der Bührle-Stiftung erheblicher weiterer Forschungsbedarf zur Klärung ihrer jüdischen Vorbesitzerschaft bestehe. Er forderte zudem für die Provenienzforschung einen Perspektivenwechsel weg von einem objektbezogenen hin zu einem personenzentrierten Fokus.
Luz bringt in seiner Graphic Novel das Kunststück eines doppelten Perspektivenwechsels fertig: Der französische Zeichner von Charlie Hebdo erzählt aus der Sicht eines Kunstwerks die Geschichte der Menschen, die mit ihm zu tun hatten. «Zwei weibliche Halbakte» erlebt 1919 zuerst seine eigene Entstehung durch den Künstler Otto Mueller, 1925 seinen Kauf durch den jüdischen Anwalt und Kunstsammler Ismar Littmann, 1935 seine Beschlagnahmung durch die Nazis und 1937 seine Hängung in der Ausstellung «Entartete Kunst» in München. 1939 erduldet es seine von den Nazis veranlasste, erfolglose Versteigerung auf einer Auktion in Luzern und 1941 seinen Erwerb durch den Kunsthändler Hildebrand Gurlitt, von dem es 1942 an den Kölner Sammler Josef Haubrich weiterkauft wird. Mit Haubrichs Schenkung seiner Kunstsammlung an das Kölner Wallraf-Richartz-Museum 1946 gelangt es 1976 in den Bestand des Museum Ludwig. Im Jahr 1999 schliesslich erfährt es seine Restitution an Ruth Haller, die nach Israel emigrierte Tochter von Littmann, und anschliessend seinen Rückkauf durch das Museum. – «Zwei weibliche Halbakte» ist Zeuge vom persönlichen Schicksal seiner jüdischen Voreigentümerschaft und erleidet auf seiner langen Reise eine typische Geschichte von Raubkunst bzw. NS-verfolgungsbedingt entzogenen Kulturgütern.

Michi Strausfeld: Die Kaiserin von Galapagos. Deutsche Abenteuer in Lateinamerika. Berlin, 2025

Michi Strausfelds Buch ist ein Plädoyer dafür, sich wieder vermehrt mit der Kultur und Politik Lateinamerikas zu beschäftigen. Die Autorin erzählt darin sehr unterhaltsam von deutschen Auswanderern: von Gaunern, Exzentriker:innen und Künstlern, die ihr Glück in den Ländern Lateinamerikas suchten; von Kaufleuten, die Reichtum witterten; von einer Utopistin mit Kaiserkrone und von Forschern, die sich um das kümmerten, was Alexander von Humboldt ihnen übriggelassen hatte. Später kamen die Auswanderer, die in Europa verhungert wären, dann die Menschen, die den Gräueltaten des Nationalsozialismus entkamen, und später die Nazi-Peiniger, die hier nach 1945 ein sicheres Refugium fanden, manchmal ohne sich gross verstecken zu müssen. Die Diktatoren Lateinamerikas waren nicht besonders daran interessiert, sie wieder loszuwerden, im Gegenteil: Geheimdienste und die katholische Kirche unterstützten aktiv die Flucht ranghoher Nazis aus Europa, vor allem nach Argentinien.
Die Autorin bedauert, dass das Interesse Deutschlands an Lateinamerika nach dem Mauerfall 1989 und den Terroranschlägen vom 11. September 2001 rapide abnahm. Die lateinamerikanischen Staaten hingegen, so sehr sie historisch und kulturell mit Europa verbandelt sind, wendeten sich wirtschaftspolitisch immer mehr China zu und werden mittlerweile politisch von evangelikalen Kirchen und russischer Propaganda vereinnahmt.

Irina Scherbakowa und Filipp Dzyadko, Elena Zhemkova (Hrsg.): Memorial. Erinnern ist Widerstand. München, 2025

Im Dezember 2022 konnte «Memorial» zusammen mit dem ukrainischen «Center for Civil Liberties» und der belarussischen Menschenrechtsorganisation «Wjasna» in Oslo den Friedensnobelpreis entgegennehmen. Unabhängig von der staatlich gelenkten Erinnerungspolitik in den Ländern der ehemaligen Sowjetunion bewahrt die 1989 gegründete russische Menschenrechtsorganisation in den postsowjetischen Zivilgesellschaften das Gedächtnis an den staatlichen Terror und die Massenrepressionen in der untergegangenen UdSSR anhand von Einzelschicksalen. Sie sichert zu diesem Zweck Zeitzeugnisse und Dokumente, betreibt Archive und Bibliotheken, erstellt Dokumentationen und pflegt Datenbanken. Von den russischen Behörden 2022 zwangsaufgelöst, existiert Memorial bis heute als transnationales, dezentrales Netzwerk weiter. Das Wachhalten der Erinnerung an die Millionen ausgelöschten Menschenleben bleibt auch im Exil ihr Kerngeschäft.
Der Sammelband enthält u.a. einen erhellenden Abriss über die Geschichte von Memorial, verfasst von der russischen Historikerin und Mitgründerin Irina Scherbakowa. Ein Bildteil präsentiert Objekte aus der Sammlung von Memorial – vom Brief und Gedichtband über Zeichnungen und Bilder bis zu Kleidungsstücken aus dem Straflager. Weitere Textbeiträge kommen von Persönlichkeiten wie Anne Applebaum, Aleida Assmann, Karl Schlögel oder Swetlana Alexijewitsch, aber auch von hierzulande weniger bekannten ukrainischen, polnischen und litauischen Menschenrechtlerinnen und Dissidenten. Für die rumänisch-deutsche Literaturnobelpreisträgerin Herta Müller steht das Verbot des Wortes «Krieg» für die «Spezialoperation» gegen die Ukraine symptomatisch für das «stalinistische Schweigen», das in Russland über die «Verbrechen von innen und aussen» herrscht. Der deutsche Historiker Gerd Koenen wünschte sich für Memorial in Zukunft eine Zusammenarbeit mit der Ukraine und Belarus, denn Mittelosteuropa sei nicht nur eine «geopolitische ‘Schicksalsgemeinschaft’», sondern auch eine «historische Erinnerungsgemeinschaft».

Darya Tsymbalyuk: Ecocide in Ukraine. The Environmental Cost of Russia’s War. Cambridge/Hoboken, 2025

Der Begriff «Ökozid» ist vor über einem halben Jahrhundert im Zusammenhang mit dem amerikanischen Einsatz des Entlaubungsmittels «Agent Orange» im Vietnamkrieg entstanden. Inzwischen ist «Ökozid» in die Strafrechtsordnungen verschiedener Länder eingegangen und es gibt Forderungen, ihn auch als Verbrechen ins Statut des Internationalen Strafgerichtshofs aufzunehmen. Das neue Buch der ukrainischen Kulturwissenschafterin Darya Tsymbalyuk liefert eine erschütternde Analyse der gewaltigen ökologischen Schäden und ihrer gesellschaftlichen Folgewirkungen in den ersten zwei Jahren des Kriegs gegen die Ukraine. Die Zerstörung des Kachowka-Staudamms durch mutmasslich russische Truppen am 6. Juni 2023, die grossflächige Überflutung mit etwa sechzig Todesopfern und gewaltige Schäden für Ökosystem, Landwirtschaft, Fischerei, Kulturgüter, Schifffahrt sowie Energie- und Wasserversorgung nach sich zog, ist lediglich die Spitze des Eisbergs. Tsymbalyuks Buch handelt etwa auch von den Kriegsfolgen für seltene Wildtiere und Pflanzen, der Verseuchung von Kultur- und Naturland mit Minen, der Ausbreitung von Tollwut bei Wild- und Haustieren sowie Menschen infolge der kriegsbedingten Unterbrechung von Impfkampagnen, dem Rückgang des ukrainischen Viehbestands um etwa 12 Prozent, den Folgen der russischen Besetzung der radioaktiv verseuchten Zone um Tschornobyl für Zivilbevölkerung und beteiligte Soldaten oder den Zerstörungen von Wasserleitungen und Energieinfrastruktur.
Eine Bibliografie zum Krieg in Osteuropa finden Sie auf unserer Website.

Stefan Bartholet: Von Ohrfeigen, Tatzen und Kopfnüssen. Körperliche Züchtigungen an der Zürcher Volksschule von 1945 bis 1985. Zürich, 2024

Die Geschichte des Züchtigungsrechts in der Schweiz ist bislang kaum systematisch aufgearbeitet worden. Die vorliegende Dissertation von Stefan Bartholet setzt hier an und widmet sich dem Umgang mit dem Züchtigungsrecht im Kanton Zürich – mit einem besonderen Fokus auf die Stadt Zürich als Fallbeispiel. Die Zürcher Volksschulverordnung von 1900 erlaubte Lehrpersonen bis Ende 1985 in Ausnahmefällen den Einsatz «körperlicher Züchtigungen». Darunter konnten sogenannte «Tatzen» (Schläge auf die Hände), Ohrfeigen, das Anwerfen von Gegenständen, das Zerren an Ohren oder Haaren, reine Prügelstrafe oder auch «Kopfnüsse» gehören. Rechtlich war nicht näher definiert, was einen «Ausnahmefall» darstellte.
Stefan Bartholet untersucht in seiner Arbeit, wie die Schulbehörden das Recht auslegten und anwendeten, wie Lehrpersonen es in der Praxis handhabten und in welchem Rahmen sie davon Gebrauch machten. Ebenso analysiert er, wie bei Beschwerden, welche meist von Eltern eingereicht wurden, vorgegangen wurde. Der Autor führte dazu eine schriftliche Befragung von tausend Einwohner:innen des Kantons Zürich durch, wovon eine Mehrheit eine Primarschule besucht haben. Ergänzend wertete er Archivquellen aus, um die Haltung der Bildungsbehörden – insbesondere der Erziehungsdirektion sowie der Bezirksschulpflegen – nachvollziehen zu können.
1985 genehmigte der Regierungsrat die vom Erziehungsrat beschlossene Änderung der Volksschulordnung. Ein generelles Verbot von körperlichen Züchtigungen wurde aber nicht ausgesprochen. Noch rund zwanzig Jahre lang wurden Körperstrafen als «entschuldbar» erachtet, erst in der neuen Volksschulverordnung von 2006 wurden keine Anmerkungen mehr zu körperlichen Züchtigungen mehr gemacht, was aufgrund der Rechtsprechung des Bundesgerichts einem Verbot körperlicher Strafen gleichkam.

Joe Mulhall: Rebel Sounds. Music as Resistance. London, 2024

Kann Musik die Welt verändern? Mit dieser Frage macht sich Joe Mulhall in verschiedene Länder rund um den Globus auf, um zu erforschen, wie Musik als eine Form des Widerstands verwendet wurde und wird. Er besucht bedeutende Orte und Lokale, geht an Konzerte und setzt sich mit unterschiedlichen musikalischen Genres und Musiker:innen auseinander. Wir unternehmen mit dem Autor eine Reise, die uns von Nigeria nach Brasilien und Südafrika, von Grossbritannien über Irland in die USA, von Polen bis in die ehemalige Sowjetunion und zum Schluss in die Ukraine führt. Dabei lernen wir nicht nur etwa den irischen Tradfolk, die brasilianische Tropicália oder den Afrobeat von Fela Kuti und seinen Söhnen kennen, der Journalist lässt uns auch tief in Geschichte und Gegenwart der jeweiligen Länder eintauchen, in die politischen Kämpfe und sozialen Herausforderungen und wie die Menschen mit und dank der Musik diesen mutig die Stirn bieten.
Joe Mulhall kann seine Eingangsfrage am Ende mit einem Nein beantworten, denn es sind die Menschen, die die Welt verändern. Musik kann ihnen jedoch als Mittel dienen, ihre Botschaften zu vermitteln und ihre Ziele zu formulieren, und ihnen die Kraft und den Auftrieb geben, die sie für ihren Kampf für eine bessere Gegenwart und Zukunft brauchen. Auf welche Weise und in welchen Formen die Musik das tut, zeigt uns Mulhall in acht spannenden Episoden. Zu Beginn jeden Kapitels gibt er uns zudem eine Liste mit den aus seiner Sicht wichtigsten Songs und Interpret:innen mit auf den Weg. Damit rundet er seine globale Exkursion gelungen ab.

Silvia Staub-Bernasconi beim Unterrichten, 2006 (Foto: zVg)
Silvia Staub-Bernasconi beim Unterrichten, 2006 (Foto: zVg)

Geschenkbibliothek von Silvia Staub-Bernasconi

Eine Pionierin der menschenrechtsbasierten Sozialarbeitswissenschaft

Die Soziale Arbeit, ihre Geschichte, Themenfelder, Theorien und Praktiken, gehört zu den Sammlungsschwerpunkten des Sozialarchivs. So betreut es die Archive des schweizerischen Berufsverbandes der Sozialen Arbeit «AvenirSocial» und seiner Vorläuferorganisationen (Ar 427, Ar 498, Ar 506, Ar 595, Ar 626), des Fachverbandes für Sozial- und Sonderpädagogik «Integras» (Ar 697) und weiterer Berufs- und Fachverbände (Schweizerischer Armenerzieher-Verein Ar 14, Schweizerische Arbeitsgemeinschaft der Gemeindehelfer, Sozialarbeiter und Diakone in evang. Kirchgemeinden Ar 201.140, Diakonieverband Schweiz Ar 443, Schweizerischer Fachverband der Alkohol- und Suchtfachleute Ar 417, Verein der kantonalzürcherischen Sozialarbeiter Ar 678), ebenso die Archive der 1932 bis 1999 existierenden Landeskonferenz für soziale Arbeit LAKO (Ar SGG A 124 B, Ar SGG B 26, Ar SGG C 5, Ar 467), der 1942 entstandenen Kommission für Soziale Arbeit in Berggebieten (Ar SGG B 50) und der 1948 gegründeten Schweizerischen Arbeitsgemeinschaft der Schulen für Soziale Arbeit SASSA (Ar 645). Hinzu kommen Vor- und Nachlässe wichtiger Persönlichkeiten in Theorie und Praxis der Sozialen Arbeit wie Paula Lotmar (Ar 198.27), Markus Brändle-Ströh (Ar 1017) und Judith Giovanelli-Blocher (Ar 1048).
In der Bibliothek des Sozialarchivs finden sich Fachliteratur und Fachzeitschriften der Sozialen Arbeit, eine bis in die Zwischenkriegszeit zurückreichende Sammlung von Diplomarbeiten schweizerischer Ausbildungsstätten der Sozialen Arbeit, Jahresberichte von Organisationen der Sozialen Arbeit sowie historische Forschungsliteratur zur Geschichte der Sozialen Arbeit – eingeschlossen ihre dunklen Seiten. Die Sachdokumentation verfügt über umfangreiche, bis ins späte 19. Jahrhundert zurückreichende Kleinschriftendossiers zur Entwicklung der Sozialen Arbeit in der Schweiz und allgemein (Dossiers 60.3, 60.4, 60.5, 60.6). Last but not least geht der Forschungsfonds des Sozialarchivs auf das Vermächtnis der Sozialarbeiterin und Soziologin Ellen Rifkin Hill zurück.
Diesen Sommer haben die Sammlungen im Themenbereich der Sozialen Arbeit mit der Übernahme der Bibliothek von Silvia Staub-Bernasconi einen gewichtigen Zuwachs erfahren. Die 1936 in Zürich geborene Staub-Bernasconi hat die Soziale Arbeit in der Schweiz, in Deutschland und darüber hinaus als Praktikerin und Wissenschafterin stark geprägt. Nach der Handelsmatura 1956 arbeitete sie zunächst als Sekretärin am Institut für Haustierernährung der ETH Zürich und belegte daneben als Hörerin Vorlesungen an der Universität. 1958 bis 1960 absolvierte sie die Schule für Soziale Arbeit in Zürich (heute: Departement Soziale Arbeit der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften) mit Paula Lotmar als Klassenlehrerin und arbeitete dann als Nachfolgerin von Judith (Giovanelli-)Blocher für drei Jahre in der Gemeindefürsorge Dietikon.
1963 bis 1965 konnte sie mit einem Stipendium der UNO, das sie aufgrund ihrer vor allem in Deutschland weit beachteten Diplomarbeit über die offene Jugendarbeit erhalten hatte, «Social Work» an der University of Minnesota in Minneapolis, der University of Michigan in Ann Arbor und der Columbia University in New York studieren. Anfang 1964 rief Präsident Lyndon B. Johnson den «War on Poverty» aus. Angesichts einer damaligen Armutsrate in der US-Gesellschaft von um die 20% verabschiedete die demokratische Kongressmehrheit den «Economic Opportunity Act», dessen Hauptziele die Reduktion der Armut, gleiche Chancen in der Bildung, materielle Besserstellung von Armen, Erwerbslosen und Alten und die Verbesserung der Gesundheitsversorgung im Alter waren. Unter anderem schuf das Gesetz das «Community Action»-Programm zur Bundesunterstützung von lokalen, stark auf Freiwilligenarbeit beruhenden «Agencies» zur Förderung der Selbsthilfe und «Empowerment» der Armen. Kurz darauf folgten weitere Gesetze zu Ernährung, Bildung und Gesundheitswesen – unter anderem zur Einführung der von der aktuellen US-Regierung nun massiv abgebauten Programme «Medicaid» und «Medicare». Die Armutsquote ging bis Ende der 1960er Jahre spürbar auf etwa 12% der Bevölkerung zurück. Erst unter Ronald Reagan, der als erster den Slogan «Make America Great Again» prominent verwendete, sollte sie in den 1980er Jahren wieder deutlich ansteigen. Der «War on Poverty» war Teil von Johnsons Agenda der «Great Society», die die Reformen des «New Deal» der 1930er Jahre fortsetzen sollte und neben der Armutsbekämpfung die Stärkung der Rechte der Afroamerikaner:innen und weiterer Minderheiten, den Kampf gegen Rassismus, umfassende Verbesserungen in den Bereichen Bildung und Gesundheit, die Modernisierung der Infrastruktur und den Ausbau von Umwelt- und Konsument:innenschutz umfasste.
In dieser Aufbruchstimmung konnte Staub-Bernasconi praktische Erfahrungen als Sozialarbeiterin sammeln – zunächst mit einer Gruppe alleinerziehender afroamerikanischer Frauen in einem Slum von Minneapolis, dann im Rahmen von «Community Action» im damaligen New Yorker Unterschichten- und Migrant:innenquartier Lower East Side. 2011 schrieb sie im Rückblick zu jener Zeit: «Noch während meiner ersten Wochen in den USA war in der Zeitung zu lesen, dass in einem der Südstaaten sechs Sozialarbeitende vom Ku-Klux-Klan massakriert worden waren, nur weil sie Schwarze dabei unterstützt hatten, sich für die Wahlen einzuschreiben. Und die New York Times berichtete auf ihrer Frontseite, dass schon wieder ein Säugling in einer Sozialwohnung von Ratten zerfressen wurde. […] Mich trieb die Frage um, wie es möglich war, dass ein so reiches Land wie die USA so viel Armut, Leiden, Ungerechtigkeit, so viel Ausbeutung, Rassismus, so viel Diskriminierung produzierte.» Zugleich beeindruckten sie aber auch der hohe Verwissenschaftlichungs- und Professionalisierungsgrad der Sozialen Arbeit in den USA sowie besonders deren anwaltschaftliches gesellschaftliches Engagement.
Nach ihrer Rückkehr in die Schweiz 1965 arbeitete Staub-Bernasconi zunächst als Studienleiterin an der Evangelischen Heimstätte Boldern. Ab 1967 lehrte sie an der Schule für Soziale Arbeit in Zürich. Parallel dazu sowie zur Erziehung ihrer Tochter studierte sie ab 1968 an der Universität Zürich Soziologie, Sozialethik und Pädagogik – und staunte, wie sie es im Rückblick formulierte, über «die Kopfgeburten und den unerträglichen Autoritarismus» ihrer 68er-Kommiliton:innen sowie deren «Verachtung der Hilfe an Individuen und der Sozialen Arbeit als Hampelmann des Kapitalismus». 1983 doktorierte sie mit der Arbeit «Soziale Probleme – Dimensionen ihrer Artikulation». Betreuer war Professor Peter Heintz, der 1966 das Soziologische Institut der Universität Zürich begründet sowie 1966 bis 1971 den Verein Schweizerisches Sozialarchiv präsidiert hatte, dessen Nachlass sich heute im Sozialarchiv befindet (Ar 163) und dessen Konzept der «Weltgesellschaft» Staub-Bernasconi rezipierte (s. SozialarchivInfo 2/2022).
Mit ihrer Dissertation legte Staub-Bernasconi analytische Grundlagen einer systemischen Theorie Sozialer Arbeit, die die Disziplin nachhaltig beeinflusst, aber auch zu systemtheoretischen Kontroversen zwischen der von Staub-Bernasconi vertretenen «Zürcher Schule» und der sich auf Niklas Luhmann berufenden «Bielefelder Schule» geführt hat. Die «Zürcher Schule» entwickelte im Rahmen des wissenschaftlichen Realismus ein systemtheoretisches Paradigma, vor dessen Hintergrund sie die Handlungswissenschaft der Sozialen Arbeit integral konzipiert und vertritt. An der Entwicklung dieses Theorie-Systems war nebst Staub-Bernasconi entscheidend Werner Obrecht beteiligt; auch Ruth Brack, Kaspar Geiser, Petra Gregusch, Edi Martin und andere trugen massgeblich dazu bei. Die direkte Wegbereiterin war zudem ihre ehemalige Lehrerin Paula Lotmar.
Staub-Bernasconis Denken war dabei vom argentinischen Wissenschaftstheoretiker und Physiker Mario Bunge beeinflusst. Ihre in der Dissertation und folgenden Publikationen entwickelte «prozessual-systemische Denkfigur» ist zum einen die Visualisierung ihrer analytischen Nomenklatur des Gegenstandsbereiches der Sozialen Arbeit – das zentrale Kernelement der «Zürcher Schule». Zum andern wurde diese Gegenstands-Theorie zum (professions-politisch hoch bedeutsamen) Fundament der ganzen Sozialen Arbeit und ihrer Berufs- bzw. Arbeitsfelder. So flossen Elemente daraus auch in die Lehre des von Staub-Bernasconi zusammen mit Markus Brändle-Ströh konzipierten Studienschwerpunktes «Soziale Arbeit in und mit Gemeinwesen» an der Schule für Soziale Arbeit ein, in welchem sie neben Brändle-Ströh ebenfalls unterrichtete. Die Einführung dieses Studienschwerpunktes, der auf dem amerikanischen «Community Organizing» und Saul Alinsky aufbaute, war in den 1970er-Jahren eine echte Innovation an der Schule für Soziale Arbeit Zürich, die bereits von Paula Lotmar vorbereitet worden war.
Studienaufenthalte führten Staub-Bernasconi etwa nach Birmingham, Rio de Janeiro, Kalifornien und Polen, wo sie verschiedene Formen von Armut, Elend und Diskriminierung kennenlernte und untersuchte. Diese Analysen bildeten die Basis für ihre praktische berufs- und bildungspolitische Tätigkeit zur Entwicklung der Sozialen Arbeit. Ab 1986 folgten in kurzen Abständen wichtige Arbeiten zur Sozialen Arbeit – so 1986 der viel beachtete Artikel «Soziale Arbeit als eine besondere Art des Umgangs mit Menschen, Dingen und Ideen» wie auch Publikationen über Jane Addams und Ilse Arlt als Theorie-Pionierinnen der Sozialen Arbeit bis hin zur Auseinandersetzung mit Sozialer Arbeit als «Menschenrechtsprofession».
Ab 1991 gehörte Staub-Bernasconi dem Ausschuss der Schweizerischen Gemeinnützigen Gesellschaft (SGG) an und initiierte in dieser Funktion die bis 2019 bestehende «Taskforce für interkulturelle Konflikte und Gewalt» (TikK) unter der Leitung von Hanspeter Fent. Ebenso engagierte sie sich im «Frauenrat für Aussenpolitik». Von 1994 bis 2006 war sie stellvertretende Vorsitzende der Deutschen Gesellschaft für Soziale Arbeit (DGSA) sowie Sprecherin von deren Sektion Theorie- und Wissenschaftsentwicklung von 1995 bis 2012. 1996 habilitierte sie sich am Institut für Sozialpädagogik der Technischen Universität Berlin, wo sie dann 1997 bis 2003 eine Professur innehatte. 2000 bis 2010 konzipierte und leitete sie das interuniversitäre Masterprogramm «Soziale Arbeit als Menschenrechtsprofession» MRMA in Berlin. Ihr verstärktes Interesse für die Menschenrechte war zunächst von der Öffnung der Schule für Soziale Arbeit für Flüchtlinge aus verschiedenen Weltregionen, dann besonders von Vorbereitungsarbeiten für die UNO-Weltkonferenz über Menschenrechte 1993 in Wien geprägt worden. Ebenso nahm sie Lehraufträge und Gastdozenturen an den Universitäten Trier, Siegen und Fribourg sowie der Wirtschaftsuniversität Wien wahr.
Mit zahlreichen Publikationen und Referaten trug Staub-Bernasconi wesentlich zur Weiterentwicklung der Theorie der Sozialen Arbeit bei. Insbesondere formulierte sie das Postulat des sogenannten «Tripelmandats» der Sozialen Arbeit. Neben das konventionelle «Doppelmandat» von Hilfe und Kontrolle, das die Fachkräfte sowohl dem Interesse der Klient:innen als auch von Staat und Gesellschaft verpflichtet, sollen wissenschaftliche Erklärung und Reflexion, evaluierte Methoden und die Orientierung an der Ethik der Sozialen Arbeit sowie an den Prinzipien der Menschenrechte treten, um im Zuge der Professionalisierung das eigene Wirken professions-spezifisch zu legitimieren und zu verantworten.
Die Geschenkbibliothek von Silvia Staub-Bernasconi umfasst rund 1’000 Bände und reicht über die Themenfelder der Sozialen Arbeit, Soziologie und Menschenrechte weit hinaus in zahlreiche weitere sozial- und geisteswissenschaftliche Disziplinen (Philosophie, Religionswissenschaft, Ökonomie, Politologie, Friedens- und Konfliktforschung, Geschichte, Geschlechterforschung, Pädagogik, Psychologie, Psychiatrie, Psychoanalyse, Ethnologie, Cultural Studies). Im swisscovery-Katalog wird sie mit dem Code «E19Staub» abrufbar sein.

Publikationen von und über Silvia Staub-Bernasconi im Sozialarchiv (Auswahl)

  • Baumer-Bär, Christiane und Michael Muheim: Eine Denkfigur wird lebendig: Der dynamische Aspekt der prozessual-systemischen Denkfigur von Silvia Staub-Bernasconi. Zürich 1991, GR 7427
  • Bernasconi, Silvia: Vom «Eckensteher» zum aktiven Gruppenmitglied: Die soziale Gruppenarbeit als methodisches Hilfsmittel zur Erfassung der Strassenjugendlichen. Bern 1962, 28157
  • Geiser, Kaspar. Problem- und Ressourcenanalyse in der Sozialen Arbeit: Eine Einführung in die Systemische Denkfigur und ihre Anwendung. 5. überarb. Auflage. Luzern 2013, 127954
  • Häberle, Pia und Martina Ulmann: Spielend Theorie lernen: Die didaktische Umsetzung der prozessual-systemischen Problemdimension Sozialer Arbeit (nach Silvia Staub-Bernasconi). Zürich 1989, GR 6960
  • Häfliger, Mario: Solidarität: Die Bedeutungen des Begriffs Solidarität und sein Verständnis bei Silvia Staub-Bernasconi. Luzern 2000, Gr 10866
  • Hollstein-Brinkmann, Heino und Silvia Staub-Bernasconi (Hg.): Systemtheorien im Vergleich: Was leisten Systemtheorien für die Soziale Arbeit? Versuch eines Dialogs. Wiesbaden 2005, 114381
  • Lambers, Helmut: Theorien der Sozialen Arbeit: Ein Kompendium und Vergleich. 6. erw. Aufl. Stuttgart 2023, online-Ressource
  • Portmann, Rahel und Regula Wyrsch (Hg.): Plädoyers zur Sozialen Arbeit von Beat Schmocker: Eine menschengerechte Gesellschaft bedarf der Sichtweise der Sozialen Arbeit. Luzern 2019, online-Ressource
  • Schmocker, Beat (Hg.): Liebe, Macht und Erkenntnis: Silvia Staub-Bernasconi und das Spannungsfeld Soziale Arbeit. Luzern 2006, 116039
  • Staub-Bernasconi, Silvia: Soziale Probleme – Dimensionen ihrer Artikulation: Umrisse einer Theorie Sozialer Probleme als Beitrag zu einem theoretischen Bezugsrahmen Sozialer Arbeit. Diessenhofen 1983, 75057
  • Staub-Bernasconi, Silvia et al. (Hg.): Theorie und Praxis der Sozialen Arbeit: Entwicklung und Zukunftsperspektiven: Festschrift zum 75-jährigen Bestehen der Schule für Soziale Arbeit Zürich. Bern 1983, 74727
  • Staub-Bernasconi, Silvia: Soziale Arbeit als eine besondere Art des Umgangs mit Menschen, Dingen und Ideen: Zur Entwicklung einer handlungstheoretischen Wissensbasis Sozialer Arbeit, in: Sozialarbeit 18 (1986). S. 2-71, N 4058
  • Staub-Bernasconi, Silvia: Das sanfte Entschwinden einer Nobelpreisträgerin Sozialer Theorie und Arbeit: Jane Addams’ Friedenstheorie und -praxis, in: Henke, Silvia und Sabina Mohler (Hg.): Wie es Ihr gefällt: Künste, Wissenschaft & alles andere. Freiburg i. Br. 1991. S. 49-67, 93026 (Videoaufzeichnung der Lesung: www.bild-video-ton.ch/bestand/objekt/Sozarch_F_9102-012)
  • Staub-Bernasconi, Silvia: Wird die UNO zur Sozialarbeiterin oder wird die Soziale Arbeit zur Menschenrechtsprofession? in: Olympe – Feministische Arbeitshefte zur Politik 1/1 (1994). S. 82-89, D 5405
  • Staub-Bernasconi, Silvia: Systemtheorie, soziale Probleme und Soziale Arbeit: Lokal, national, international oder: vom Ende der Bescheidenheit. Bern 1995, 97710
  • Staub-Bernasconi, Silvia: Soziale Probleme – Soziale Berufe – Soziale Praxis, in: Heiner, Maja et al.: Methodisches Handeln in der Sozialen Arbeit. 2. Aufl. Freiburg i. Br. 1995. S. 11-101, 99252
  • Staub-Bernasconi, Silvia: Lebensfreude dank einer wissenschaftsbasierten Bedürfniskunde!? Aktualität und Brisanz einer fast vergessenen Theoretikerin Sozialer Arbeit: Ilse Arlt (1876 bis 1960), in: Sozialarbeit 28/5 (1996). S. 18-31, N 4058
  • Staub-Bernasconi, Silvia: Machtblindheit und Machtvollkommenheit Luhmannscher Theorie, in: Merten, Roland (Hg.): Systemtheorien Sozialer Arbeit: Neue Ansätze und veränderte Perspektiven. Opladen 2000. S. 225-242, 106262
  • Staub-Bernasconi, Silvia: Soziale Arbeit als Handlungswissenschaft: Systemische Grundlagen und professionelle Praxis – ein Lehrbuch. Bern 2007, 118115
  • Staub-Bernasconi, Silvia: «Es faszinierte mich, dass von einer Theorie so viel Bewegung ausgehen kann», in: AvenirSocial (Hg.): «Wir haben die Soziale Arbeit geprägt»: Zeitzeuginnen und Zeitzeugen erzählen von ihrem Wirken seit 1950. Bern 2011. S. 161-173, 125575
  • Staub-Bernasconi, Silvia: Soziale Arbeit als Handlungswissenschaft: Auf dem Weg zu kritischer Professionalität. 2. akt. Aufl. Opladen/Toronto 2018, 146143
  • Staub-Bernasconi, Silvia: Menschenwürde – Menschenrechte – Soziale Arbeit: Die Menschenrechte vom Kopf auf die Füsse stellen. Opladen/Toronto 2019, 154810

26.8.2025, 18.30 Uhr: Mehr!

Wirtschaftswachstum und Wachstumskritik in der Schweiz seit 1945

Buchvernissage

Kein anderes Paradigma hat die Schweizer Wirtschaft und Wirtschaftspolitik seit dem Zweiten Weltkrieg so stark geprägt wie das Wachstumsparadigma. Spätestens seit der Ölpreiskrise der 1970er Jahre sind aber auch die «Grenzen des Wachstums» verstärkt in den Fokus der Öffentlichkeit geraten. Neue Konzepte, die mit den Begriffen «qualitatives», «nachhaltiges» oder «grünes Wachstum» umschrieben werden können, prägten die Debatte zunehmend. «Degrowth» und «Suffizienz» sind inzwischen zu neuen wachstumskritischen Schlagworten geworden.
Das Buch untersucht nicht nur, wie (stetiges) Wachstum in den Nachkriegsjahren auch in der Schweiz zu einer Wirtschaft und Politik prägenden Leitidee werden konnte. Es thematisiert auch die zunehmende Wachstumskritik seit den 1970er Jahren und fragt nach den Adaptationen und Transformationen dieser Kritik bis zur Stagnation der 1990er Jahre.

Einführung von Christian Rohr (Universität Bern).
Podium mit Cédric Wermuth (Co-Präsident SPS), Irmi Seidl (Universität Zürich) und Roman Rossfeld (Universität St.Gallen/Universität Bern).
Moderation Sara Elmer (Schweizerische Akademie der Geistes- und Sozialwissenschaften).

Mit anschliessendem Apéro.

Dienstag, 26. August 2025, 18.30 Uhr
Schweizerisches Sozialarchiv, Theater Stadelhofen

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Vor 70 Jahren: Der österreichische Staatsvertrag

«Land der Erbsen, Land der Bohnen, Land der vier Besatzungszonen, Wir verkaufen dich im Schleich, Vielgeliebtes Österreich!» Diese Parodie auf die 1946/47 eingeführte österreichische Bundeshymne war in der frühen Nachkriegszeit weit verbreitet. Sie bezog sich einerseits auf die schlechte Versorgungslage, andererseits auf die Besetzung des Landes durch die Siegermächte des Zweiten Weltkriegs.

Ein Bericht des Leiters der «Schweizer Spende an die Kriegsgeschädigten», Rodolfo Olgiati, dessen Nachlass sich im Sozialarchiv befindet, von einer Österreichreise mit Stationen in Linz, Wien und Innsbruck im März 1946 zeichnet ein düsteres Bild jener Zeit: «Gegenüber Dezember 1945, dem Zeitpunkt meines letzten Besuches, ist kaum eine Aenderung der Lage festzustellen. Von Räumungsarbeiten, geschweige denn Wiederaufbau in Wien, ist fast nichts zu bemerken; angeblich wegen Mangel an Transportmitteln. Die Ernährungslage, die anfangs dieses Jahres eine Tendenz zur Besserung hatte, hat sich in den letzten Wochen zusehends verschlimmert. […] In zunehmenden Masse stellt sich das Problem der Betreuung der volksdeutschen Flüchtlinge, derer Zustrom aus allen Donauländern im Zunehmen begriffen ist. Die Betreuung dieser Flüchtlinge stellt sich den oesterr. Behörden anheim, welche vor allem aus Mangel an Mitteln, gelegentlich auch aus Unlust oder Zaghaftigkeit (man will sich nicht allzu sehr kompromitieren) ihrer Aufgabe keineswegs gewachsen sind. Allenthalben sieht man Flüchtlingstransporte auf den Bahnstrecken nach der seit einigen Jahren in Europa bekannten Methode: in Viehwagen, ohne jegliche Betreuung, mit langen Aufenthalten auf den Bahnhöfen. […] Nach wie vor ist die Verbesserung der wirtschaftlichen Verhältnisse entscheidend behindert durch die Anwesenheit von Besatzungstruppen und vor allem durch die Abriegelung der verschiedenen Besatzungszonen. Weltpolitische Spannungen zwischen den Grossmächten wirken sich augenblicklich auch auf die Beziehungen zwischen ihren Vertretern in Oesterreich, besonders in Wien aus.»

Zwar verbesserte sich die Versorgungslage in den späten 1940er Jahren deutlich, machte der Wiederaufbau Fortschritte und setzte in den frühen 1950ern ein geradezu spektakulärer Wirtschaftsaufschwung ein. Die Besetzung Österreichs endete aber nach langjährigen und vor dem Hintergrund des Kalten Krieges sehr zähen Verhandlungen erst 1955 mit der Unterzeichnung des Staatsvertrages.

Von der Habsburgermonarchie zur Zweiten Republik

Mit dem Staatsvertrag kam eine fast vier Jahrzehnte dauernde Umbruchphase zum Ende. Das bereits vor dem Ersten Weltkrieg fragile Habsburgerreich war bei Kriegsende auseinandergefallen. Immer mehr Reichsteile sagten sich im Oktober und November 1918 von Wien und den Habsburgern los. Neben dem nun unabhängigen, aber stark verkleinerten Ungarn entstand neu die Tschechoslowakei, die südslawischen Gebiete schlossen sich dem neuen Königreich der Serben, Kroaten und Slowenen (später: Jugoslawien) an, weitere Gebiete kamen zu Polen oder Rumänien. Ausser Konflikten um die neuen Grenzen kam es in verschiedenen ehemaligen Reichsteilen zu Revolutionen, so auch in Wien, wo Kaiser Karl I. abgesetzt und im März 1919 ins Exil in die Schweiz geschickt wurde. In den deutschsprachigen Gebieten wurde am 12. November 1918 die Republik Deutschösterreich proklamiert, die sich dem Deutschen Reich anschliessen wollte. Auf Betreiben der Siegermächte musste aber das «Deutsch-» aus dem Staatsnamen gestrichen werden und enthielt der Friedensvertrag von Saint-Germain ein Anschlussverbot. Auch kamen nicht alle deutschsprachigen Teile der ehemaligen Habsburgermonarchie zu Österreich. Die Gebiete Böhmens wurden integral Teil der Tschechoslowakei, das Südtirol fiel an Italien. Umgekehrt musste Vorarlberg, das sich in einem Referendum überwiegend für den Beitritt zur Schweiz ausgesprochen hatte, bei Österreich bleiben, damit dieses ein überlebensfähiger mittelgrosser Staat blieb.

Dieser neue Staat stand vor enormen wirtschaftlichen, sozialen und politischen Problemen. Die Metropole Wien war im Verhältnis zum Rest des Landes überproportional gross und von bedeutenden Teilen des ehemaligen Wirtschaftsgebietes durch neue Staatsgrenzen abgeschnitten. Zudem gab es scharfe politische Gegensätze zwischen dem sozialdemokratisch dominierten «Roten Wien», dessen «Gemeindesozialismus» der Schweizer Sozialdemokratie als vorbildhaft galt, und dem Rest des Landes, wo zumeist die bürgerlich-katholischen, aus der antisemitischen Bewegung des Wiener Vorkriegsbürgermeisters Karl Lueger hervorgegangenen «Schwarzen» der Christlichsozialen Partei den Ton angaben. Diese stellten ab 1920, meist in Koalition mit Gruppierungen des deutschnationalen «Dritten Lagers», auch durchgehend die Bundesregierung, während die Sozialdemokrat:innen in die Opposition verbannt blieben. Die im November 1918 entstandene Kommunistische Partei (KPÖ) blieb klein und kam bei Wahlen nie auf ein Prozent Stimmenanteil. Als Erbe der Revolutionszeit besassen die politischen Lager paramilitärische Verbände (s. SozialarchivInfo 3/2019). Dem sozialdemokratischen «Republikanischen Schutzbund» standen die «Heimwehr» und weitere rechtsgerichtete Milizen gegenüber.

Das Level der politischen Gewalt war hoch und verschlimmerte sich während der Weltwirtschaftskrise mit ihrer Massenarbeitslosigkeit ab 1930 noch. Zeitgleich wurden im deutschnationalen Lager zunehmend die Nazis tonangebend, so dass sich die regierenden «Schwarzen» nun in einem Zweifrontenkampf gegen die «Roten» und die «Braunen» sahen. Im März 1933, wenige Wochen nach der Machtübernahme des ehemaligen Österreichers Hitler in Deutschland, nutzte der christlichsoziale Bundeskanzler Engelbert Dollfuss eine parlamentarische Geschäftsordnungskrise zur Ausschaltung des Nationalrats und regierte fortan gestützt auf ein kriegswirtschaftliches Gesetz aus dem Ersten Weltkrieg per Dekret. Er verbot den Schutzbund, die Nationalsozialistische und die Kommunistische Partei, setzte Wahlen aus, führte die Pressezensur ein, erliess ein Streikverbot und trieb den autoritären Umbau des Staates voran.

Definitiv zu einem Ende kam die Erste Republik im Februar 1934, als ein Aufstand des illegalen Schutzbundes vom Bundesheer und den Heimwehren in viertägigen Kämpfen unterdrückt wurde. In der Folge verbot die Regierung die Sozialdemokratische Arbeiterpartei, die freien Gewerkschaften und alle Arbeiterorganisationen. Die Christlichsoziale Partei löste sich zugunsten der autoritären Regimeorganisation «Vaterländische Front» auf und im Mai wurde die Verfassung des austrofaschistischen «Ständestaats» proklamiert. Dieser orientierte sich in seinem angestrebten berufsständischen Aufbau sowohl am italienischen Faschismus als auch an der katholischen Soziallehre und stiess bei vielen Katholisch-Konservativen der Schweiz auf grosse Sympathien (s. SoziarchivInfo 5/2020). Das neue Regime, das sich zunächst als Garant gegen deutsche Anschlussgelüste – trotz des Gegensatzes in der Südtirolfrage – stark an Mussolini anlehnte, konnte sich aber kaum stabilisieren. Die wirtschaftliche Lage blieb schlecht, die Arbeitslosigkeit hoch und die sozialdemokratische, kommunistische und nationalsozialistische Untergrundopposition konnte trotz der Hinrichtungen nach den Februarkämpfen und Errichtung von «Anhaltelagern», in denen auf dem Höhepunkt im Oktober 1934 5’000 politische Häftlinge eingekerkert waren, nicht völlig ausgeschaltet werden. Ein nationalsozialistischer Putschversuch im Juli 1934 scheiterte zwar, in dessen Verlauf wurde aber der in der Folge vom Regime zum Märtyrer stilisierte Diktator Dollfuss getötet. Am 12. Februar 1935 und 1936 unterbrachen nach Aufrufen der linken Untergrundopposition viele Betriebsbelegschaften im Gedenken an die Opfer der Februarkämpfe von 1934 für einige Minuten die Arbeit. Auch gab es verschiedene wilde Streiks.

Mit der Annäherung von Hitler und Mussolini wurde die aussenpolitische Lage Österreichs prekär. Der zunehmende deutsche Druck führte 1936 zur Freilassung vieler inhaftierter Nazis, dann schliesslich im Februar 1938 zu deren Aufnahme in die österreichische Regierung und am 12. März zum Einmarsch der deutschen Wehrmacht und dem «Anschluss». «Österreich» war damit bis 1945 von der politischen Landkarte und aus dem Vokabular der deutschen Machthaber getilgt. Während des Zweiten Weltkriegs war es auch innerhalb der österreichischen Exil-Opposition zunächst umstritten, ob nach der Niederlage Nazi-Deutschlands wieder ein unabhängiger österreichischer Staat errichtet werden sollte. Im Oktober 1943 einigten sich die USA, die Sowjetunion und Grossbritannien in der Moskauer Deklaration dann auf die Wiederherstellung eines von Deutschland unabhängigen Österreich. Das Ende der Nazi-Herrschaft in Österreich kam im Frühjahr 1945, als ab dem 29. März die «3. Ukrainische Front» der Roten Armee auf österreichisches Territorium vorstiess. Der Kampf um Wien mit Zehntausenden von Toten dauerte bis zum 15. April. Zum Zeitpunkt der deutschen Kapitulation am 8. Mai wurden bereits grosse Teile Österreichs von alliierten Truppen kontrolliert.

Schon am 3. April war der Sozialdemokrat Karl Renner, der 1918 bis 1920 als Staatskanzler wesentlichen Anteil an der Gründung der Ersten Republik gehabt hatte, mit den sowjetischen Militärbehörden in Kontakt getreten und hatte seine Dienste bei der Wiederherstellung der Republik angeboten. Am 14. April wurde im Wiener Rathaus die Sozialistische Partei Österreichs (SPÖ) wiedergegründet, am 17. April entstand als Nachfolgeorganisation der Christlichsozialen und Ständestaatler:innen die Österreichische Volkspartei (ÖVP). Wenige Tage danach konstituierte sich die KPÖ unter Führung aus dem Moskauer Exil zurückgekehrter Kader neu. Sie erhielt in der Folge von der sowjetischen Besatzungsmacht massive propagandistische und finanzielle Unterstützung (bis 1955 mit mindestens 69 Millionen Schilling), was ihrer Popularität in der Bevölkerung aber abträglich war. Am 27. April wurde der Österreichische Gewerkschaftsbund (ÖGB) aus der Taufe gehoben, der im Unterschied zu den Richtungsgewerkschaften der Ersten Republik sozialdemokratische, christlichsoziale und kommunistische Gewerkschafter:innen umfasste. Am selben Tag bildeten SPÖ, ÖVP und KPÖ unter der Leitung Renners eine provisorische Regierung und veröffentlichten die «Proklamation über die Selbständigkeit Österreichs». Am 1. Mai erliess die provisorische Regierung ein «Verfassungs-Überleitungsgesetz», das auf die Wiederherstellung der demokratischen Verfassung der Ersten Republik abzielte und alle seit März 1933 erfolgten Verfassungsbestimmungen aufhob. Am 19. Dezember 1945 trat die demokratische Bundesverfassung wieder vollständig in Kraft.

Besatzungsregime

Die Entstehung der Zweiten Republik im Laufe des Jahres 1945 bedeutete aber noch nicht die Wiederherstellung der Souveränität Österreichs. Wie Deutschland wurde auch Österreich in vier alliierte Besatzungszonen aufgeteilt. Die sowjetische Zone umfasste das Burgenland, Niederösterreich und Oberösterreich nördlich der Donau, die amerikanische Zone Salzburg, Oberösterreich südlich der Donau, und das steirische Salzkammergut, die britische Zone Kärnten, Osttirol und den grössten Teil der Steiermark und die französische Zone Vorarlberg und Nordtirol. Für die Überschreitung der Zonengrenzen, die teilweise innerhalb der Bundesländer verliefen, war ein viersprachiger Identitätsausweis nötig. Während die Mobilität zwischen den westlichen Besatzungszonen rasch erleichtert wurde, gestaltete sich das Überschreiten der Grenze zur sowjetischen Zone noch bis 1954 wie eine Auslandsreise. Am 4. Juli 1945 wurde die Alliierte Kommission für Österreich eingerichtet, die einen Rat aus den militärischen Hochkommissaren der Besatzungsmächte und ein Exekutiv-Komitee aus hochrangigen Militärs umfasste. Die Kosten für die anfangs 700’000 Mann starken, bis zum Ende der Besatzungszeit auf etwa 55’000 Mann absinkenden Besatzungstruppen hatte Österreich zu tragen. Das weitaus grösste Kontingent stellte die Rote Armee.

Komplex war das Besatzungsregime in Wien. Wie Berlin wurde auch die österreichische Kapitale in vier, geografisch zum Teil nicht zusammenhängende Zonen der Siegermächte aufgeteilt. Nach einer vorübergehenden Besetzung der ganzen Stadt durch die Rote Armee rückten die westlichen Truppen im September 1945 vereinbarungsgemäss in ihre Zonen ein. Der 1. Bezirk (Innenstadt) wurde als «interalliierte Zone» von den vier Besatzungsmächten gemeinsam verwaltet, wobei das Oberkommando jeden Monat wechselte und in einer öffentlichen Zeremonie weitergegeben wurde. Diese Zusammenarbeit der Siegermächte des Zweiten Weltkriegs ging bis Mitte der 50er Jahre weiter, als Deutschland und Europa längst durch den Eisernen Vorhang gespalten und der Kalte Krieg in Korea in einen heissen mit über vier Millionen Todesopfern umgeschlagen war.

Symbolisiert wurde die gemeinsame Verwaltung Wiens durch die motorisierten Patrouillen der interalliierten Militärpolizei, bei denen je ein amerikanischer, sowjetischer, britischer und französischer Soldat im Fahrzeug sassen. Die Zürcher Praesens-Film AG hat dieser Situation 1950 mit dem Film «Die Vier im Jeep» von Leopold Lindtberg und Lazar Wechsler ein cineastisches Denkmal gesetzt. Eine noch bekanntere filmische Verarbeitung der Wiener Besatzungszeit war im Jahr zuvor in die Kinos gekommen: Der britische Film noir «The Third Man» über zonenübergreifende Medikamentenkriminalität mit ikonischen Szenen auf dem Prater-Riesenrad und in der Wiener Kanalisation und dem berühmten «Harry Lime Theme» auf der Zither. Gerüchteweise sollen Teile der britischen Filmcrew die Dreharbeiten in der sowjetischen Zone für geheimdienstliche Aktivitäten genutzt haben.

Überhaupt war Wien während der Besatzungszeit nicht nur ein Hotspot von Schwarzmarktaktivitäten, sondern auch der wechselseitigen Spionage der Besatzungsmächte. Seitens der Sowjetunion waren in Österreich die Geheimdienste NKVD, MVD, MGB, Smerš und KGB aktiv, seitens der Vereinigten Staaten OSS, SSU, G-2, CIC-430 und CIA, seitens Frankreichs SR, SM, DRA, DGER und SDECE, seitens Grossbritanniens FSS, SOE und SIS/MI6. Zahlreiche Österreicher:innen, die in unterschiedlichen Funktionen für die Besatzungsmächte arbeiteten, wurden auch für nachrichtendienstliche Aktivitäten angeworben, die angesichts der katastrophalen wirtschaftlichen Lage lukrativ erschienen.

Zeitgenössisch unklar und auch im Rückblick umstritten blieben die Ziele der sowjetischen Besatzungspolitik. Die von der Roten Armee besetzten Länder Ostmitteleuropas unterlagen ab 1945 einem Sowjetisierungsprozess mit Scheinwahlen und der schrittweisen Installierung des kommunistischen Machtmonopols. In der benachbarten Tschechoslowakei kam es im Februar 1948 zum Umsturz, der die Mehrparteiendemokratie beendete. In Ungarn geschah die kommunistische Machtergreifung mit der sprichwörtlichen Salamitaktik («szalámitaktika»). In Deutschland erfolgte in der sowjetischen Besatzungszone bereits 1946 die zwangsweise Vereinigung der Kommunistischen und der Sozialdemokratischen Partei zur Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands (SED). In der Folge wurden die sozialdemokratischen Kräfte in der SED ausgeschaltet und die bürgerlichen Parteien CDU und LDPD zu «Blockparteien» erniedrigt und durch zwei weitere, von der SED inszenierte Parteigründungen geschwächt. Die Blockade West-Berlins vom Juni 1948 bis Mai 1949 als sowjetischer Versuch, den Einfluss in ganz Deutschland auszuweiten, blieb zwar erfolglos, 1949 erfolgte aber die Gründung zweier deutscher Staaten mit unterschiedlichen politisch-gesellschaftlichen Systemen.

Für Österreich war aus sowjetischer Sicht weder das tschechoslowakische oder ungarische noch das ostdeutsche Modell wirklich gangbar. Die Aufspaltung des Landes in vier Besatzungszonen sowie die Schwäche der KPÖ verunmöglichten eine Sowjetisierung Gesamtösterreichs. Ein Satellitenstaat nur in der sowjetischen Besatzungszone Ostösterreichs, wie er KPÖ-intern 1946 bis 1948 mehrfach diskutiert wurde, wäre dagegen wirtschaftlich kaum überlebensfähig gewesen und hätte zudem den Rest des Landes umso stärker politisch, wirtschaftlich und wohl auch militärisch in die Arme des Westens getrieben. So war die sowjetische Besatzungspolitik gekennzeichnet von einer Diskrepanz zwischen wirtschaftlicher Ausbeutung und dem Versuch der politischen und propagandistischen Einflussnahme.

Bereits im April und Mai 1945 begann die Demontage österreichischer Industriebetriebe und der Abtransport von deren Maschinen in die Sowjetunion. Zudem gingen umfangreiche Teile der österreichischen Wirtschaft in sowjetischen Besitz über. Mehr als 300 ehemals in reichsdeutschem Besitz befindliche Unternehmen, darunter erhebliche Teile der Schlüsselindustrien Ostösterreichs, wurden in den Konzern «Verwaltung des sowjetischen Eigentums in Österreich» (USIA) überführt. Unter den über 50’000 Beschäftigten waren KPÖ-Mitglieder stark vertreten. Die USIA-Betriebe, über deren Fabriktoren häufig ein Sowjetstern und Propagandalosungen prangten, verfügten auch über einen bewaffneten Werkschutz. Ihre Unternehmensgewinne gingen an die sowjetische Militärbank, eine Besteuerung durch den österreichischen Staat fand nicht statt. Ebenfalls unter sowjetischer Kontrolle standen die Donaudampfschifffahrtsgesellschaft und die «Sowjetische Mineralölverwaltung», die die österreichischen Erdölreserven, die drittgrössten Europas, ausbeutete.

Die propagandistische Einflussnahme begann kurz nach der Schlacht um Wien. Bereits am 24. April 1945 erfolgte die Wiederaufnahme des Wiener Kinobetriebs mit der Vorführung von Sergej Ėjzenštejns Historienfilm «Ivan der Schreckliche». In der Folge wurden zahlreiche weitere sowjetische Filme und Wochenschauen gezeigt. Der unter sowjetischer Zensur stehende Rundfunksender RAVAG brachte ab dem 7. Juni täglich eine «Russische Stunde» mit sowjetischer Propaganda. Schon am 19. August 1945 wurde am Schwarzenbergplatz, dessen südlicher Teil 1946 in «Stalinplatz» umgetauft wurde, das «Heldendenkmal der Roten Armee» eingeweiht, das an die Opfer der Schlacht um Wien erinnerte, aber bereits vor Beginn dieser Operation im Februar 1945 konzipiert worden war.

Dass das Monument, bei dem 1953 die KPÖ eine grosse Trauerfeier für Stalin veranstaltete, im Volksmund bald auch als «Denkmal des unbekannten Plünderers» bekannt wurde, deutet auf ein tendenziell negatives Bild der sowjetischen Besatzungstruppen hin. Während und unmittelbar nach der militärischen Besetzung von Wien, Niederösterreich, dem Burgenland, dem Mühlviertel und Teilen der Steiermark durch die Rote Armee war es geschätzt zu bis zu 400’000 Vergewaltigungen gekommen. Diese einen grossen Teil der Bevölkerung traumatisierenden Verbrechen führten zu einer Zunahme weiblicher Suizide und der Verbreitung von Geschlechtskrankheiten. In den folgenden Monaten halfen Einheiten der Roten Armee zwar tatkräftig bei der Gewährleistung einer minimalen Versorgung und beim Wiederaufbau mit, es kam aber auch zu zahlreichen Beschlagnahmungen, Plünderungen und Gewalttaten.

Ebenso verschleppten die sowjetischen Behörden immer wieder missliebige Personen. Allein aus Wien sind über 700 Fälle dokumentiert, von denen nur eine Minderheit je wieder zurückkehrte. Von 1950 bis zu Stalins Tod 1953 wurden 94 Männer und 10 Frauen aus Österreich durch sowjetische Militärtribunale zum Tod verurteilt und in Moskau erschossen, 90% davon wegen angeblicher Spionage. Die Zahl der Hinrichtungen für die Zeit von 1945 bis 1947 ist nicht bekannt, dürfte aber in derselben Grössenordnung liegen. 1947 bis 1950 hatte die Sowjetunion die Todesstrafe vorübergehend abgeschafft. Für besonderes Aufsehen sorgte das Kidnapping der jungen Ökonomin Margarethe Ottillinger, Konsulentin beim Bundesminister für Vermögenssicherung und Wirtschaftsplanung und involviert in die Vorbereitungen für den Marshall-Plan, die 1948 an der Zonengrenze auf der Ennsbrücke bei St. Valentin vor den Augen amerikanischer Soldaten aus dem Auto des Ministers heraus verhaftet und in der Sowjetunion wegen angeblicher Spionage zur damaligen Höchststrafe von 25 Jahren Arbeitslager verurteilt wurde. Erst 1955 konnte sie schwerkrank aus dem Gulag nach Österreich zurückkehren.

Wiederaufbau und gesellschaftlicher Wandel

Die Aufgabe des Wiederaufbaus umfasste zunächst die unmittelbare Überlebenssicherung der Bevölkerung und Beseitigung der schlimmsten Kriegsschäden. Hinzu kamen die Einrichtung von Behörden und überhaupt eines funktionierenden Staatswesens, der wirtschaftliche Wiederaufbau, die Entnazifizierung sowie die Integration der zahlreichen Flüchtlinge, «Displaced Persons» und schliesslich der rückkehrenden Kriegsgefangenen. Die unmittelbaren Nachkriegsjahre waren von grosser wirtschaftlicher Not, Lebensmittelknappheit, Inflation und Schwarzhandel geprägt. Das Bruttosozialprodukt belief sich im ersten vollen Friedensjahr 1946 lediglich auf 60% desjenigen der Jahre 1913 oder 1937. Durch die langjährige Abwesenheit vieler Männer, die nach dem Fronteinsatz in Kriegsgefangenschaft geraten waren, änderten sich auch die Geschlechterrollen und spielten Frauen beim Wiederaufbau eine zentrale, freilich im kollektiven Gedächtnis lange sehr unterbelichtete Rolle.

Bei Kriegsende waren viele Städte stark beschädigt, das Eisenbahnnetz und zahlreiche Industrieanlagen zu einem beträchtlichen Teil zerstört und es mangelte an Lebensmitteln, Brennstoff und Baumaterial. Die Ernährungslage in den Städten war katastrophal. In Wien brach die Lebensmittelversorgung im April 1945 völlig zusammen und 1946 waren zeitweise erneut lediglich 700 bis 800 Kalorien pro Tag und Kopf verfügbar – höchstens ein Drittel des Mindestbedarfs. Im Verlauf des Jahres 1947 stieg die Tagesration auf 1’800 Kalorien, im Folgejahr auf 2’100 Kalorien. Fleisch und Fett blieben noch bis 1953 rationiert. Unter der katastrophalen Ernährungssituation litten besonders auch Kinder. Zu Schulbeginn im Spätsommer 1945 wurde bei 80% der Wiener Schulkinder Unterernährung festgestellt – davon galten 30% als akut untergewichtig. Noch 1948 wurden 42% der Schulkinder als unterernährt und bei über der Hälfte ein «sehr schlechter» Gesundheitszustand diagnostiziert. Zudem gab es in der Hauptstadt, wo etwa ein Sechstel der Gebäude beschädigt worden war, zunächst Zehntausende von Obdachlosen. Aufgrund der Zerrüttung von Währung und Distributionskanälen beruhte der Warenaustausch stark auf Tauschhandel und Schwarzmarkt. Städter:innen bauten auf jeder freien Fläche Gemüse an und unternahmen lange Streifzüge in die Wälder auf der Suche nach Brennmaterial.

Die in der nationalsozialistischen Kriegswirtschaft künstlich niedrig gehaltenen Preise für Konsumgüter und der Zusammenbruch von Produktion und Distribution führten nach Kriegsende neben der Mangellage und den Schwarzmarktproblemen auch zu einer galoppierenden Inflation. So stiegen allein zwischen April und Juni 1947 die Lebensmittelpreise um 83%, die Löhne im selben Zeitraum aber nur um 20%. Als Schritte zur Stabilisierung der zerrütteten Währung erfolgten am 30. November 1945 die Rückkehr von der Reichsmark zum Schilling und am 10. Dezember 1947 dessen Abwertung auf ein Drittel. Zusammen mit der Abwertung wurde von den privaten Sparguthaben ein Teil vom Staat abgeschöpft und für den Wiederaufbau verwendet. Der Eindämmung der Inflation dienten auch die fünf Lohn-Preis-Abkommen im August 1947, September 1948, Mai 1949, September 1950 und Juli 1951, die mittels gesamtstaatlicher Tarifverträge versuchten, Subventionen abzubauen und zu realistischen Preisrelationen zu gelangen, dabei aber Preisauftrieb und Lohnkonflikte auf konsensualer Basis zu mildern. Die Abkommen waren damit Probelauf für das sozialpartnerschaftliche System der Nachkriegszeit. 1952/53 wurde durch eine Serie von Massnahmen des knappen Geldes die Jahresinflation von 28% auf 5% reduziert – dies zum Preis eines scharfen, aber nur kurzen Wachstumseinbruchs mit rekordhoher Arbeitslosigkeit von fast 9%.

Die Stabilisierung der Währung war Bedingung für den Erhalt von Marshall-Plan-Hilfe, die Österreich als einzigem teilweise sowjetisch besetzten Land gewährt wurde. Das entsprechende Abkommen wurde im Juli 1948 abgeschlossen und sicherte Österreich bis 1953 die Gratislieferung von Sachgütern im Wert von einer Milliarde Dollar. Die KPÖ und die sowjetische Besatzungsmacht opponierten stark gegen die österreichische Teilnahme am Marshall-Plan. Im ÖGB wurde der Plan von der kommunistischen Fraktion ebenso abgelehnt, während die christliche und die aufgrund ihrer Grösse ausschlaggebende sozialistische Fraktion die Teilnahme unterstützten – letztere allerdings mit gewissen Bedenken bezüglich der kapitalistischen Ausrichtung des Programms.

Aufgrund des Mangels an Privatkapital waren sich die Regierungsparteien einig, dass der wirtschaftliche Wiederaufbau und die industrielle Entwicklung zum grossen Teil auf staatswirtschaftlichem Wege zu erfolgen hatte. Zunächst wurden vor allem Unternehmen verstaatlicht, die in deutschem Eigentum gestanden hatten und entschädigungslos übernommen werden konnten. Für aus privater Hand verstaatlichte Betriebe, die dadurch auch vor sowjetischem Zugriff geschützt werden sollten, wurden dagegen Entschädigungen bezahlt. Das erste Verstaatlichungsgesetz am 26. Juli 1946 betraf das Bankenwesen, die Eisen-, Stahl-, Chemie- und Erdölindustrie sowie die Werften. Das zweite Verstaatlichungsgesetz vom 26. März 1947 überführte einen grossen Teil der Elektrizitätswirtschaft in staatlichen Besitz. Während die Verstaatlichungen in den westlichen Besatzungszonen relativ einfach umgesetzt werden konnten, stiessen sie in der sowjetischen Zone auf Widerstände der Besatzungsmacht.

Der Marshall-Plan war die Initialzündung, die verstaatlichte Industrie der Wachstumsmotor des nach der Stabilisierungskrise der frühen 50er Jahre einsetzenden rasanten wirtschaftlichen Aufschwungs Österreichs. Zu einem Symbol des Aufbaus wurde 1955 die Fertigstellung des Staukraftwerksystems Kaprun-Grossglockner. Das Projekt war in der Nazi-Zeit auf Basis von Zwangsarbeit gestartet worden, wurde ab 1947 fortgeführt und mit Mitteln aus dem Marshall-Plan vollendet. Bis in die späten 50er Jahre verzeichnete das österreichische Sozialprodukt jährliche reale Wachstumsraten zwischen 5 und 12%, danach bis zum Beginn der Erdölkrise 1973 zwischen 2 und 8%. Die Wirtschafts- und Sozialpolitik der Aufschwungsphase war gekennzeichnet durch eine starke Sozialpartnerschaft und den später sogenannten «Austro-Keynesianismus».

Der Zweite Weltkrieg hatte auch zu gewaltigen Migrationsbewegungen geführt, die nach Kriegsende weitergingen. 1945 befanden sich auf österreichischem Territorium neben 6,5 Millionen Einheimischen über 1,6 Millionen «Displaced Persons» (DP): 570’000 ehemalige Zwangsarbeiter:innen der Nazis, 200’000 KZ-Überlebende, 300’000 Kriegsgefangene, 200’000 «Reichsdeutsche» und weitere kriegsbedingt Migrierte. Bis in die frühen 50er Jahre gab es in den westlichen Besatzungszonen zahlreiche, in der Regel nach Nationalitäten getrennte DP-Camps, deren Bewohner:innen erst allmählich repatriiert werden oder in neue Heimaten weiterreisen konnten.

Am 5. Mai 1945 befreiten amerikanische Truppen im KZ Mauthausen etwa 40’000 Überlebende. In den folgenden Monaten kehrten tausende Überlebende anderer Konzentrationslager nach Österreich zurück. Ab Sommer 1945 wurde Österreich zum Transitraum für den Exodus von Überlebenden der Shoa aus Ostmitteleuropa nach Palästina, Nordamerika oder anderen Destinationen. Nachdem bei einem Pogrom in Kielce am 4. Juli 1946 über 40 Jüdinnen und Juden, darunter KZ-Überlebende, ermordet worden waren, flüchteten etwa 100’000 Jüdinnen und Juden aus Polen nach Österreich und gelangten bis zur Weiterreise nach Palästina in DP-Camps in den britischen und amerikanischen Zonen. 1947 flohen 30’000 Jüdinnen und Juden vor Antisemitismus und einer sich verschlechternden Versorgungslage von Rumänien nach Österreich. Insgesamt befanden sich zwischen 1945 und 1950 geschätzte 250’000 bis 300’000 jüdische «Displaced Persons» in Österreich. Hier stiessen sie auch auf Antisemitismus, der von Teilen der einfachen Bevölkerung bis in höchste politische Kreise reichte.

Die grösste Gruppe unter den Migrant:innen bildeten jedoch die 400’000 sogenannten «Volksdeutschen», geflüchtete oder vertriebene deutschsprachige Bevölkerungsteile aus Ostmittel- und Südosteuropa (insbesondere aus Jugoslawien, der Tschechoslowakei und Rumänien), von denen viele zunächst ebenfalls in Lagern untergebracht wurden. Der grösste Zustrom dieser Gruppe fiel in die Jahre 1945 bis 1947, als ihr Anteil an der Wiener Bevölkerung vorübergehend auf über 10% stieg. Die Haltung der materiell völlig überforderten österreichischen Behörden war zunächst abwehrend. 1946 schoben die Siegermächte 160’000 «Volksdeutsche» von Österreich nach Deutschland ab. Viele der verbleibenden Flüchtlinge erwarben dann aber in den späten 40er und frühen 50er Jahren die österreichische Staatsbürgerschaft. Mit der bereits im Zeichen des Wirtschaftsaufschwungs erlassenen Volksdeutschengesetzgebung von 1952 wurden staatenlose «Volksdeutsche» in wesentlichen Belangen mit österreichischen Bürger:innen gleichgestellt.

Parallel zu diesen Fluchtwellen erfolgte die Rückkehr der hunderttausenden österreichischen Kriegsgefangenen, die sich über zehn Jahre hinzog. Bereits im Sommer 1945 konnten die ersten Gefangenen der Westalliierten heimkehren und bis Ende 1947 wurden alle Gefangenen der Amerikaner, Briten und Franzosen freigelassen. Schwieriger gestaltete sich die Befreiung der Kriegsgefangenen der Sowjetunion. Erst im September 1947 kehrte ein erstes kleines Kontingent von 1’200 Männern nach Hause zurück. Die Freilassung der letzten Kriegsgefangenen wurde mit dem Abschluss des Staatsvertrags vereinbart und am 25. Juli 1955 traf der letzte Heimkehrerzug aus der Sowjetunion in Österreich ein.

Eine weitere gesellschaftspolitische Aufgabe der unmittelbaren Nachkriegszeit war die Entnazifizierung. Im Sommer 1945 wurden nacheinander das Verbotsgesetz, das Kriegsverbrechergesetz und das Wirtschaftssäuberungsgesetz erlassen, die zusammen mit dem Nationalsozialistengesetz vom Februar 1947 die Rechtsgrundlage der Entnazifizierung bildeten und etwa 7,5% der Einwohner:innen Österreichs betrafen. Vom Dezember 1945 bis Juni 1946 wurden vier Kriegsverbrecherlisten erstellt und in der Presse publiziert, mit welchen nach 242 schweren Kriegsverbrechern gefahndet wurde. Die bis 1955 für die Kriegsverbrecherprozesse zuständigen «Volksgerichte» fällten 13’607 Schuldsprüche und verhängten 43 Todesurteile. Aufgrund des Verbotsgesetzes mussten sich alle ehemaligen Mitglieder von NSDAP, SS, SA und weiterer Nazi-Organisationen registrieren, wurden in öffentliche Listen aufgenommen und in den meisten Fällen auch sühnepflichtig. Sie wurden in «Belastete» (ca. 40’000 Personen) und «Minderbelastete» (ca. 490’000 Personen) eingeteilt. Die «Belasteten» wurden von den Besatzungsmächten zunächst in Lagern interniert. Besondere Bestimmungen galten für die rund 98’000 «Illegalen», die während des Verbots der NSDAP von 1933 bis 1938 Mitglied gewesen waren und sich dadurch des Hochverrats schuldig gemacht hatten.

Zu den Sühnemassnahmen für «Belastete» und «Minderbelastete» zählten Berufsverbote im öffentlichen Dienst, in der Privatwirtschaft, bei Zeitungen und Verlagen sowie in Wissenschaft, Lehre und Kunst sowie der Verlust des Wahlrechts. 1945/46 wurde im Zuge der Entnazifizierung rund ein Drittel aller öffentlich Bediensteten (ca. 100’000 Personen) aus dem Staatsdienst entlassen. Zudem verloren 36’000 Personen in der Privatwirtschaft und 960 höchste Führungskräfte aus Staat und Wirtschaft ihre Positionen. Die österreichischen Behörden drängten indessen bei den Siegermächten auf eine zeitliche Befristung der Sühnemassnahmen und Reintegration der «Ehemaligen». 1948 erfolgte auf Vorschlag der KPÖ und der Sowjetunion eine «Minderbelastetenamnestie», die die Entnazifizierung als Massenerscheinung beendete.

Der Entnazifizierung dienten auch Umerziehungsmassnahmen wie etwa 1946 die Ausstellung «Niemals vergessen!» des Kulturamts der Stadt Wien. Seitens der Siegermächte folgte die sowjetische Linie propagandistisch dem kommunistischen Antifaschismus. Von amerikanischer Seite wurde von Beginn weg eine andere Kulturpolitik als in Deutschland betrieben. Statt der «Re-education» zielte die Kulturpolitik in Österreich auf eine sanftere «Re-orientation» ab, die primär die Vorzüge der freiheitlich-demokratischen Ordnung gegenüber jeglicher Form von Diktatur hervorstreichen sollte.

Überlebenshilfe aus der Schweiz

Die katastrophale Versorgungslage bei Kriegsende führte zu Hilferufen der österreichischen Behörden an vom Krieg weniger betroffene Länder. Die kriegsverschonte Schweiz reagierte rasch. Ab Oktober 1945 konnten Kinder jeweils drei Monate bei Schweizer Gastfamilien verbringen und sich normal ernähren. Vom November 1945 bis Ende 1946 fuhren durchschnittlich drei Züge im Monat mit jeweils 350 bis 450 Kindern von Wien in die Schweiz. Insgesamt kamen bis 1955 rund 100’000 österreichische Kinder in den Genuss dieser Hilfsaktion. Oft kannten die Eltern nach der Rückkehr ihr eigenes Kind kaum mehr, da es so zugenommen und gute Farbe bekommen hatte. Nach der Jahrtausendwende gab es in Linz, Wien und Innsbruck dann mehrere Gedenkveranstaltungen, an denen sich über 1’000 ehemalige «Schweizerkinder» beteiligten. Für knapp 1’000 an der in den Städten grassierenden Tuberkulose erkrankte Kinder gab es Aufenthalte in Davos und Arosa. 30 verstümmelte Kinder erhielten in der Schweiz Prothesen. Ebenso organisierte das Schweizerische Rote Kreuz ab Frühjahr 1946 Patenschaften, mit denen für 10 Franken pro Monat Kinder, die für einen Aufenthalt in der Schweiz nicht gesund genug waren, deren Vater gefallen, vermisst oder gefangen war oder deren Wohnung ausgebombt worden war, monatlich ein Lebensmittelpaket erhielten. Bis 1949 wurden so über 11’000 Kinder von Schweizer Pat:innen betreut.

Zwischen 1945 und 1948 verteilten das Schweizerische Rote Kreuz, das Schweizerische Arbeiterhilfswerk, die Mission Caritas, die Schweizer Quäker-Hilfe, das Hilfswerk der Evangelischen Kirchen und die Centrale Sanitaire Suisse Hilfsgüter in Österreich, die teilweise aus den Sammlungen der «Schweizer Spende an die Kriegsgeschädigten» stammten. Die «Schweizer Spende» war 1944 vom Bundesrat initiiert worden, wurde von einem Zusammenschluss Schweizer Hilfswerke getragen und geleitet von Rodolfo Olgiati. Die Hilfsaktion sollte auch dazu beitragen, die aussenpolitische Isolation der Schweiz, die bei Kriegsende wegen ihrer mannigfaltigen Verflechtungen mit den Achsenmächten in Kritik stand, zu überwinden. Ab Februar 1945 wurden 1,5 Millionen Exemplare der Broschüre «Unser Volk will danken» verbreitet. Bis März 1946 kamen 24 Millionen Franken Spendengelder von Privatpersonen und zivilgesellschaftlichen Organisationen, 13 Millionen aus der Wirtschaft und 9 Millionen von Kantonen und Gemeinden zusammen, dazu sprachen die Bundesbehörden noch über 152 Millionen Franken Bundesmittel.

Die «Schweizer Spende» leistete in 18 europäischen Ländern Hilfe. Für Österreich wurden knapp 27 Millionen Franken, über 13% der Mittel der «Schweizer Spende», aufgewendet. Davon flossen 25 Millionen in Hilfsaktionen im östlichen Nachbarland, weitere 2 Millionen in Hospitalisierungen. Mit fast 4 Franken pro Kopf der Bevölkerung lag die Österreichhilfe hinter der Luxemburghilfe (5.11 Franken) an zweiter Stelle und ragte deutlich heraus. Bereits die Hilfe für die drittplatzierten Niederlande war mit 1.34 Franken pro Kopf dreimal geringer, massiv tiefer waren etwa die Hilfsquoten für die Nachbarländer Frankreich (0.73 Franken), Deutschland (0.54 Franken) und Italien (0.49 Franken).

Schon kurz nach Ende der Kampfhandlungen wurden in Zusammenarbeit mit der Grenzlandhilfe der Kantone St. Gallen und Appenzell Medikamente, Verbandsstoff und Desinfektionsmittel an Tiroler und Vorarlberger Spitäler geliefert. Im Spätsommer 1945 erhielten 3’000 Kinder in Innsbruck Speisungen. Im September 1945 begann die Lieferung von Sanitätsmaterial und Medikamenten sowie eine Speisung für 127’000 Wiener Schüler:innen, Lehrlinge und Kleinkinder. Im Oktober wurden den Wiener Kindergärten 42 Tonnen Äpfel geliefert. Zu Schulbeginn und Weihnachten 1946 erhielten über 300’000 Kinder in Wien, Niederösterreich und Burgenland eine Tafel Schweizer Schokolade. Kinderspeisungen durch Schweizer Hilfswerke gab es auch in Niederösterreich, Burgenland, der Steiermark und verschiedenen Flüchtlingslagern. Hinzu kamen über 74’000 Lebensmittelpakete der «Schweizer Spende» für ältere Menschen.

Total wurden bis 1948 aus der Schweiz 17’000 Tonnen Lebensmittel nach Österreich geliefert. Hinzu kamen Wolldecken, Windeln, Wolle, Stopfgarn, Schuhe, Nähmaschinen, Haushaltsartikel, Einrichtungsgegenstände, Medikamente, Ausrüstungen für Schuster- und Schneiderwerkstätten sowie Tuberkulose-Sanatorien, Ambulanzautos sowie Geräte für den Betrieb von Grossküchen. Ebenso wurden 40 Baracken nach Österreich geliefert sowie eine Bücherspende von 13’000 Bänden zum Wiederaufbau der zunächst ideologisch, dann teilweise auch physisch beschädigten Universitätsbibliotheken. 1948/49 entstand in Wien aus Mitteln der «Schweizer Spende» ein Kindergarten. Die Aktionen der «Schweizer Spende» in Österreich liefen von drei Stützpunkten in Wien, Graz und Innsbruck aus, die in allen Besetzungszonen wirken konnten.

In den Beständen des Schweizerischen Arbeiterhilfswerks im Sozialarchiv finden sich umfangreiche Akten über Hilfsaktionen in Wien, Innsbruck, Linz, Salzburg, Niederösterreich und Burgenland, Flüchtlingshilfe in Graz, Kinderferien in der Schweiz und das Säuglings- und Kinderheim «Schwyzerhüsli» in Arzl im Tirol für 50 Kinder. Ebenso initiierte das Arbeiterhilfswerk die unter dem Patronat der Zürcher Stadtregierung stehende Aktion «Zürich hilft Wien», der sich auch andere Schweizer Städte anschlossen und deren Akten sich im Sozialarchiv befinden. Zwischen 1946 und 1948 sammelte die Aktion Geld, Lebensmittel und Baumaterial. Insgesamt spendeten die Zürcher:innen 1’500 Tonnen Kartoffeln nebst Kleidern, Baumaterialien, Mehl und anderen Lebensmitteln. Rund 2’000 Freiwillige, darunter viele Pöstler, Kehrichtmänner und Verkäuferinnen, halfen beim Sammeln und Sortieren. Die Hilfsaktion erstellte in Wien auch Küchenbaracken und unterstützte den Wiederaufbau der Infrastruktur. Im Gegenzug traten 1947 die Wiener Symphoniker in Zürich auf. Eine ähnliche Hilfsaktion organisierte die Stadt Biel für den Wiener Stadtteil Floridsdorf, wo 1947 aus Dankbarkeit ein markanter Gemeindebau den Namen «Bieler Hof» erhielt.

Die Schweizer Hilfsaktionen für Österreich standen in einer Tradition. Nach dem Ersten Weltkrieg wurden trotz der prekären Versorgungslage im Inland bereits ab November 1918 Getreidelieferungen für Vorarlberg und Tirol, wo die Versorgung völlig zusammengebrochen war, organisiert. Das Schweizer Hilfswerk für Vorarlberg organisierte bis Sommer 1920 85 Eisenbahnwagen mit Lebensmitteln und Kleidern. Ab Jahreswechsel 1918/19 fuhren 112 Eisenbahnwagen mit Lebensmitteln nach Wien. Ebenso entstanden mehrere Kinderhilfskomitees und bis 1921 wurden über 56’000 Kinder vorübergehend in der Schweiz aufgenommen. Aus Dankbarkeit wurde 1920 der Maria-Josefa-Park in Wien in «Schweizergarten» umbenannt. Dort befindet sich seit 1966 das Staatsgründungsdenkmal zur Erinnerung an die Republikgründungen von 1918 und 1945.

Die Hilfe nach den Februarkämpfen 1934 ging dann einseitig von den Schweizer Arbeiterorganisationen aus. Nach ersten Transporten von Kindern der Februarkämpfer zu Schweizer Freiplätzen unterbanden die austrofaschistischen Behörden ab April 1934 weitere Kinderhilfszüge. Über diverse Kanäle leisteten die Arbeiterorganisationen bis 1938 Hilfe in der Höhe von rund 200’000 Franken. Ausserdem verwendete der Schweizerische Gewerkschaftsbund 1934 24’000 Franken und 1935 12’000 Franken aus dem Maibändel-Verkauf für die Unterstützung geflüchteter Schutzbündler. Umgekehrt gab es 1934 eine angeblich von den Schweizer Bischöfen unterstützte Sammelaktion rechtskatholischer Kreise zugunsten der paramilitärischen und antisemitischen «Ostmärkischen Sturmscharen».

Demokratie als Kompromiss der ehemaligen Feinde

Der Wiederaufbau der Verwaltung war zunächst eher improvisiert, nahm aber bald innen- und geopolitische Dimensionen an. In Wien ernannten die sowjetischen Militärbehörden am 12. April 1945 eher zufällig den ehemaligen Spanienkämpfer Rudolf Prikryl zum Bürgermeister. Er ging als «Drei-Tage-Bürgermeister» in die Geschichte ein und wurde bereits am 17. April vom Sozialdemokraten Theodor Körner abgelöst, der in den ersten Wiener Nachkriegswahlen im November 1945, als seine SPÖ auf über 57% kam, im Amt bestätigt wurde. Die provisorische Staatsregierung Renner, in der sich SPÖ, ÖVP und KPÖ die Ministerposten paritätisch teilten, wurde von den Westmächten zunächst nicht anerkannt. Die Sowjetunion erhoffte sich den Aufbau eines willfährigen Gremiums mit der nichtkommunistischen Führungsfigur Renner als Feigenblatt, musste aber rasch erkennen, dass sich die Regierung nicht wie erhofft kontrollieren liess.

Am 25. November 1945 fanden die ersten freien Nationalratswahlen seit 1930 statt. Über eine halbe Million ehemaliger Nazis waren vom Wahlrecht ausgeschlossen. Viele wahlberechtigte Männer befanden sich noch in Kriegsgefangenschaft, so dass die Frauen die Mehrheit der 3,2 Millionen Wählenden bildeten. Der Wahlausgang war eher überraschend. Die ÖVP kam auf 49,8% und gewann die absolute Mandatsmehrheit, die SPÖ folgte mit 44,6% an zweiter Stelle. Deutlich unter den Erwartungen blieb mit 5,4% der Stimmen die KPÖ. Die sowjetischen Besatzungsbehörden und die KPÖ selbst hatten mit 20 bis 30% gerechnet, die politische Konkurrenz immerhin mit 10 bis 15%. Bei den zeitgleich stattfindenden Landtagswahlen gewann die SPÖ in Wien und Kärnten, die ÖVP in allen anderen Bundesländern.

Durch die unerwartete konservative Parlamentsmehrheit und den Umstand, dass die SPÖ neunmal so stark war wie die KPÖ, wurden anfängliche sowjetische Pläne, die beiden Linksparteien wie in Ostdeutschland zusammenzuschliessen und damit die Regierung zu übernehmen, gleich in zweifacher Hinsicht im Keim erstickt. Die Dreiparteienregierung wurde nach den Wahlen weitergeführt, nun aber unter Berücksichtigung der Parteistärken. Bundeskanzler wurde der ÖVP-Mann Leopold Figl, ein ehemaliger austrofaschistischer Funktionär, der in der Nazi-Zeit über fünf Jahre in Konzentrationslagern inhaftiert und gefoltert worden war und nach der Befreiung Mitglied der Regierung Renner und provisorischer Landeshauptmann von Niederösterreich wurde. Renner wurde zum Bundespräsidenten gewählt. Die nur noch über einen Ministerposten verfügende KPÖ bemühte sich nun um eine Destabilisierung der Regierung in der Hoffnung auf für sie günstigere Neuwahlen. So drangen am 5. Mai 1947 kommunistische Demonstranten bei einer «Hungerdemonstration» ins Bundeskanzleramt ein. Im November 1947 nahm die KPÖ die Währungsreform zum Anlass, die Koalition zu verlassen.

Bei den zweiten Nationalratswahlen vom Oktober 1949 waren erstmals etwa eine halbe Million «minderbelasteter» Ex-Nazis wahlberechtigt und es setzte ein Buhlen um die «Ehemaligen» ein. So trafen sich im Mai 1949 in der Oberweiser Konferenz führende ÖVP-Vertreter mit hochrangigen ehemaligen Nationalsozialisten. Als Sammelbecken für Ex-Nazis und neuer Repräsentant des deutschnationalen «Dritten Lagers» entstand im März 1949 der Verband der Unabhängigen (VdU). Auf der Linken hatte sich von der SPÖ eine Gruppe von Linkssozialisten um den Gegner der grossen Koalition Erwin Scharf abgespaltet, die auf Druck der sowjetischen Besatzungsbehörden mit der KPÖ das Wahlbündnis «Linksblock» bildete. Der VdU erreichte in den Wahlen aus dem Stand 11,7% – in Vorarlberg, Oberösterreich und Kärnten machte er sogar über 20%. Diese Gewinne gingen etwa gleichmässig zulasten der beiden Grossparteien, die je knapp 6% verloren und auf 44% (ÖVP) bzw. 38,7% (SPÖ) kamen. Der Linksblock blieb mit rund 5% schwach. Aufgrund des Wahlergebnisses wurde die grosse Koalition unter Figl fortgesetzt und vor dem Hintergrund des sich verschärfenden Kalten Kriegs zunehmend auch von einem antikommunistischen Grundkonsens zusammengehalten. Auch bei den Arbeiterkammerwahlen desselben Jahres schnitt der VdU mit 11,7% stark ab, hinter der SPÖ (64,4%) und ÖVP (14,2%), aber noch vor der KPÖ (9,7%). Bei den Betriebsratswahlen der Vereinigten Österreichischen Eisen- und Stahlwerke (VÖEST) in Linz, der ehemaligen «Reichswerke Hermann Göring» mit einer nazi-affinen Belegschaft, wurde der VdU bei den Arbeitern mit 46,2% der Stimmen sogar noch vor der SPÖ zur stärksten Fraktion.

Ein markantes Ereignis in der politischen Entwicklung der frühen Nachkriegszeit waren die Oktoberstreiks von 1950 gegen das vierte Lohn-Preis-Abkommen. Die von der KPÖ und teilweise auch, obwohl er zuvor dem Lohn-Preis-Abkommen zugestimmt hatte, dem VdU getragenen Proteste verliefen in zwei Phasen Ende September mit etwa 180’000 Streikenden und Anfang Oktober mit etwa 120’000 Streikenden mit Schwerpunkten in Wien, Ober- und Niederösterreich. Seitens der Streikenden kam es zu Sabotageakten gegen Eisenbahn- und Tramlinien und Strassensperren. In Linz stürmte eine Gruppe von Streikenden unter Führung eines VdU-Betriebsrates die Arbeiterkammer und bedrohte den sozialistischen Kammerpräsidenten mit Fenstersturz. Besonders in Wien gab es auch gewaltsame Zusammenstösse zwischen Streikenden und von der Bauarbeitergewerkschaft organisierten Räumtrupps. Die Regierungsparteien, Wirtschaftsverbände und der ÖGB lehnten die Streiks vehement ab und warnten zweieinhalb Jahre nach dem Umsturz in Prag gar vor einem kommunistischen Putschversuch, was dann für Jahrzehnte zu erinnerungspolitischen Kontroversen führte. Der VdU betrieb ein Doppelspiel, für das er bei den folgenden Betriebsrats- und Arbeiterkammerwahlen abgestraft wurde.

Die sowjetischen Besatzungsbehörden verfolgten die Ereignisse, obwohl sie ihnen vor dem Hintergrund des Koreakrieges eher ungelegen kamen, mit wohlwollender Zurückhaltung und vorsichtiger Unterstützung, indem sie in ihrer Zone teilweise das Eingreifen der Polizei (deren Führungspositionen mehrheitlich mit Kommunisten besetzt waren) behinderten, Demonstrant:innen aus den USIA-Belegschaften mit Lastwagen befördern liessen und die Bahnverbindung Wien–Langenzersdorf mit Panzern unterbrachen. Im Äther fand ein eigentlicher Propagandakrieg statt zwischen dem sowjetisch kontrollierten Rundfunksender RAVAG und den prowestlichen Stationen Alpenland (britische Zone) und Rot-Weiss-Rot (amerikanische Zone).

Letztlich festigten die Oktoberstreiks die Zusammenarbeit zwischen den beiden Parteien der grossen Koalition und das sozialpartnerschaftliche System und führten zu einer weiteren Marginalisierung der KPÖ. Eine andere Folge war der Aufbau einer geheimen «Stay-Behind»-Organisation, die sich im Unterschied zu ähnlichen Strukturen in anderen westlichen Ländern nicht aus rechtsgerichteten Kreisen, sondern hauptsächlich aus sozialistischen Arbeitern rekrutierte. Nach Anfängen im ÖGB ab 1947 zur Abwehr eventueller kommunistischer Umsturzversuche wurde die Truppe mit dem Tarnnamen «Österreichischer Wander-, Sport- und Geselligkeitsverein» ab 1951 vom CIA ausgerüstet und finanziert, legte geheime Waffenlager an und baute ein landesweites Funknetz auf. Ebenso wurde die seit 1949 aufgebaute «B-Gendarmerie» als Keimzelle eines zukünftigen Bundesheeres mit Unterstützung der westlichen Besatzungsmächte erweitert und 1952 beim Bundesministerium für Inneres formalisiert.

Wenige Wochen nach den Oktoberstreiks verstarb Bundespräsident Renner. Bei der Erneuerungswahl, die im Mai 1951 erstmals direkt durch das Volk geschah, setzte sich der Wiener Bürgermeister Theodor Körner im zweiten Wahlgang überraschend gegen den ÖVP-Kandidaten Heinrich Gleissner durch. Einen Achtungserfolg erzielte der parteilose, vom VdU portierte Arzt Burghard Breitner, der im ersten Wahlgang auf 15,4% kam. Breitner war 1932/33 sowie erneut ab 1939 NSDAP-Mitglied gewesen und während des Zweiten Weltkriegs an der Universitätsklinik Innsbruck für die Durchführung des nationalsozialistischen Zwangssterilisierungsprogramms zuständig. Abgeschlagen auf dem vierten Rang landete mit 5,1% KPÖ-Kandidat Gottlieb Fiala.

Die sowjetischen Behörden und die KPÖ leiteten eine neuerliche Strategieänderung ein. Nunmehr sollten die etablierten politischen Kräfte mit «Spoiler-Parteien» konkurrenziert werden. Als Konkurrenz zur SPÖ wurde im November 1950 aus der mit der KPÖ verbündeten linkssozialistischen Gruppe eine sowjetfinanzierte Sozialistische Arbeiter-Partei (SAP) gegründet. Die seit 1945 bestehende bürgerliche Splitterpartei Demokratische Union (DU) näherte sich unter ihrem neuen Vorsitzenden Josef Dobretsberger, einem ehemaligen austrofaschistischen Minister und Ex-ÖVP-Mitglied und nun wegen seiner Linie von politischen Gegnern als «Sowjetsberger» verspottet, der KPÖ an und wurde von dieser als pro-sowjetische Alternative zur ÖVP aufgebaut. Selbst die «Nationale Liga» des ehemaligen SS-Offiziers und mutmasslichen KGB-Agenten Adolf Slavik, die sich im Juli 1950 vom VdU abgespaltet hatte, wurde hinter den Kulissen von der KPÖ gefördert und finanziert und vertrat eine Mischung aus neonazistischer, pro-sowjetischer, grossdeutscher, neutralistischer und antiwestlicher Propaganda.

Diese neue Strategie erlitt bei den letzten Nationalratswahlen der Besatzungszeit im Februar 1953 Schiffbruch. KPÖ, SAP und DU traten auf einer gemeinsamen Liste unter dem Label «Wahlgemeinschaft Österreichische Volksopposition» an, erhielten aber lediglich 5,3% der Stimmen. Die SPÖ wurde nach deutlichem Zuwachs mit 42,1% erstmals stimmenstärkste Partei, die ÖVP kam auf 41,3%, gewann aber ein Mandat mehr als die SPÖ. Der VdU erlitt leichte Verluste und kam auf knapp 11%, geriet aber kurz darauf durch innerparteiliche Querelen in eine Krise und wurde durch die von ihm abgespaltene Freiheitliche Partei (FPÖ) unter den ehemaligen SS-Offizieren Anton Reinthaller und Friedrich Peter abgelöst. Das Bundeskanzleramt verblieb bei der ÖVP, ging jedoch von Figl, der von seiner Partei als gegenüber der SPÖ zu kompromissbereit kritisiert wurde, auf Julius Raab über. 1945 war Raab als ehemaliger Heimwehrführer und austrofaschistischer Minister den Alliierten als Mitglied der provisorischen Regierung noch nicht genehm gewesen. Figl wurde einige Monate später Aussenminister. Nachdem Bundespräsident Körner ÖVP-Plänen eines Einbezugs des VdU in die Regierung eine Absage erteilt hatte, wurde erneut eine grosse Koalition geschmiedet und noch bis 1966 fortgeführt.

Die traumatischen Erfahrungen der vorangegangenen Jahrzehnte führten dazu, dass «Rote» und «Schwarze» anders als in der Zwischenkriegszeit nun kooperierten, sich aber immer noch gegenseitig misstrauten. Die grosse Koalition glich so einer gegenseitigen Umarmung zur Kontrolle des Kontrahenten. Diese weitete sich aus zu umfassenden Proporzregelungen in Behörden, Kammern, den meisten Landes- und Stadtregierungen, Betriebsräten sowie den Führungsgremien der verstaatlichten Wirtschaftszweige und des ÖGB. Der institutionalisierte «Proporz» wurde dadurch zum Garanten gegen ein neues «1934», zugleich aber zunehmend auch zum umgangssprachlichen Synonym für «Parteibuchwirtschaft».

Kalter Krieg und lange Verhandlungen

Ab Anfang 1947 versuchte die österreichische Regierung, mit den Besatzungsmächten einen Friedensvertrag auszuhandeln, der die Besetzung beenden würde. Im Januar 1947 fanden erste Verhandlungen in London statt, die ab März in Moskau fortgesetzt wurden. Umstritten war zunächst der Umgang mit jugoslawischen Gebietsansprüchen auf Teile Südkärntens und der Südsteiermark. Nach dem Bruch zwischen Tito und Stalin im Juni 1948 war dieser Punkt für die Sowjetunion dann aber nicht mehr von Bedeutung und die Grenzen blieben unverändert. Komplexere Fragen waren dagegen der Umgang mit den österreichischen Betrieben in sowjetischem Besitz sowie die vor allem von der Sowjetunion geforderte Verknüpfung der Verhandlungen mit Österreich mit einem Friedensvertrag zwischen den Alliierten und Deutschland, der mit der Verschärfung des Kalten Krieges immer unwahrscheinlicher wurde. Dennoch einigten sich die Alliierten im Sommer 1949 in den meisten wichtigen Punkten. Im Oktober gab US-Präsident Harry S. Truman grünes Licht zur Unterzeichnung eines Staatsvertrags, die Sowjetunion brach aber die Verhandlungen ab und verknüpfte in der Folge die Österreichfrage mit einer Regelung des zwischen Italien, Jugoslawien und den Westalliierten umstrittenen Status der Stadt Triest. Eine gewisse Rolle für das Scheitern von 1949 dürfte der Umstand gespielt haben, dass die Sowjetische Mineralölverwaltung wenige Monate zuvor in der Nähe von Wien das damals grösste zusammenhängende Erdölfeld Mitteleuropas entdeckt hatte und dieses nicht an Österreich übergeben werden sollte.

So zogen sich die Verhandlungen über Jahre in die Länge. Zugleich wandte sich Österreich politisch und wirtschaftlich immer mehr dem Westen zu. Ende 1951 riefen die Westmächte zur Wiederaufnahme der Staatsvertragsverhandlungen auf. 1952 liess die österreichische Bundesregierung den Science-Fiction-Film «1. April 2000» produzieren, der ein anhaltendes Besatzungsregime bis zur Jahrtausendwende auf die Schippe nahm. Die Satire, deren Uraufführung in Anwesenheit des Bundeskanzlers stattfand, stellte einerseits eine friedliebende österreichische, von der deutschen stark verschiedene Identität dar, andererseits sollte ein Signal an die Besatzungsmächte gesandt werden, endlich einen Staatsvertrag abzuschliessen. Am 20. Dezember 1952 beschloss die UNO-Vollversammlung auf Antrag Brasiliens eine Resolution zugunsten des raschen Endes der Besetzung Österreichs.

Erst ab 1953 ging es mit den Verhandlungen aber voran, nachdem in der Sowjetunion, den USA und Österreich neue Personen an die Spitze gelangt waren. Im Januar 1953 trat der ehemalige Weltkriegsgeneral Dwight D. Eisenhower sein Amt als US-Präsident an. Am 5. März verstarb Stalin und es setzte in der Sowjetunion die Periode des «Tauwetters» ein. Am 2. April trat der neue Bundeskanzler Raab sein Amt an und änderte den österreichischen Verhandlungsstil. Hilfreich waren auch informelle Kontakte mit Dritten. Der finnische Ministerpräsident und später langjährige Staatspräsident Urho Kekkonen verbrachte Anfang 1953 seine Ferien in Österreich und gab in einem Treffen mit Spitzenpolitikern wichtige Tipps aus dem Erfahrungsschatz seines Landes für Verhandlungen mit der sowjetischen Regierung. Im Juni desselben Jahres traf auf dem Bürgenstock am Vierwaldstättersee der österreichische Aussenminister Karl Gruber mit dem indischen Ministerpräsidenten Pandit Jawaharlal Nehru und dem indischen Botschafter in Moskau zusammen. In der Folge spielte die Diplomatie des erst seit kurzem unabhängigen, sich zwischen den geopolitischen Blöcken positionierenden Indien eine wichtige Vermittlerrolle zwischen Österreich und der Sowjetunion.

Anfang 1954 fand in Berlin eine Aussenministerkonferenz der Siegermächte statt. Hauptsächlich ging es dabei um die Deutschlandfrage, es war aber auch eine österreichische Delegation eingeladen. Die Sowjetunion forderte die Auflösung der NATO, den Abzug der US-Truppen aus Europa und die Neutralisierung Deutschlands sowie in Bezug auf Österreich eine anhaltende sowjetische Truppenpräsenz bis zum in weiter Ferne liegenden Abschluss eines Friedensvertrags mit Deutschland sowie die Verpflichtung zur Neutralität. Zwei Jahre zuvor hatte die Sowjetunion in den «Stalin-Noten» plötzlich eine Wiedervereinigung und Neutralisierung Deutschlands vorgeschlagen, was im Westen aber als Bluff zur Verhinderung der wirtschaftlichen, politischen und militärischen Westintegration der Bundesrepublik betrachtet wurde. Letztere war angesichts des Aufstiegs der Sowjetunion zur Atommacht 1949, des Ausbruchs des Koreakriegs im folgenden Jahr sowie der gewaltigen konventionellen Überlegenheit der sowjetischen Streitkräfte rascher als zunächst gedacht zu einem Thema geworden. Die Frage, ob freie Wahlen in Gesamtdeutschland wie vom Westen gefordert vor oder wie von der Sowjetunion vage in Aussicht gestellt erst nach einer Wiedervereinigung stattfinden sollten, liess die Initiative verpuffen.

Auch die Berliner Aussenministerkonferenz 1954 endete ohne Ergebnis – sowohl in Bezug auf Deutschland als auch auf Österreich. Im Herbst 1954 trat die Bundesrepublik, nachdem das bis zur Ratifizierung gereifte Projekt einer Europäischen Verteidigungsgemeinschaft (EVG) mit Europaarmee («Pleven-Plan») in der französischen Nationalversammlung an einer unheiligen Allianz von Gaullist:innen und Kommunist:innen gescheitert war, der NATO bei. Mit Inkrafttreten des Deutschlandvertrags zwischen der Bundesrepublik und den Westalliierten am 5. Mai 1955 wurde das Besatzungsregime in Westdeutschland weitgehend aufgehoben, der bundesdeutsche NATO-Beitritt wirksam und begann der Aufbau der Bundeswehr. Zudem gründeten nach dem Scheitern der EVG die sechs Staaten der 1951 entstandenen Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl (Frankreich, Italien, Benelux, Bundesrepublik), deren Verknüpfung mit der EVG unter dem Dach einer Europäischen Politischen Gemeinschaft (EPG) mit parlamentarisch-föderalistischen Zügen geplant gewesen war, im Oktober 1954 zusammen mit Grossbritannien, der damals einzigen westeuropäischen Atommacht, den Beistandspakt der Westeuropäischen Union (WEU).

Vor diesem Hintergrund gingen die Verhandlungen um den österreichischen Staatsvertrag weiter. Dem neuen starken Mann im Kreml, Nikita Chruščëv, wurde zunehmend klar, dass ein neutrales Österreich das Maximum dessen darstellte, was noch zu erreichen war, und er wich dafür auch vom bisherigen Dogma ab, aus keinem von der Roten Armee besetzten Gebiet je wieder abzuziehen. Dadurch konnte in die Südostflanke der NATO dauerhaft ein zusammenhängender bündnisloser, aber mit grossen Landstreitkräften verteidigter Raum aus Jugoslawien, Österreich und der Schweiz eingeschoben werden. Freilich hatte die sowjetische Führung keinerlei Absicht, die für Österreich und zuvor Deutschland geforderte Neutralität auch Staaten zuzugestehen, die sie ganz zu ihrem Machtbereich zählte. Als Ungarn im Herbst 1956 ein Jahr nach Österreich ebenfalls seine Neutralität erklärte, zog dies postwendend eine Invasion der Roten Armee nach sich, die auch in Österreich Befürchtungen eines sowjetischen Wiedereinmarsches hervorriefen (s. SozialarchivInfo 5/2016).

Im Frühling 1955 lud die sowjetische Regierung eine hochrangige österreichische Delegation aus Bundeskanzler Raab, Aussenminister Figl (beide ÖVP) sowie Vizekanzler Adolf Schärf und Staatssekretär Bruno Kreisky (beide SPÖ) nach Moskau ein. Die Gespräche von 12. bis 15. April führten zum Durchbruch. Die damals als angeblich wesentlicher Faktor kolportierte Trinkfestigkeit der österreichischen Delegation war freilich eine Legende. Im «Moskauer Memorandum» machte Österreich die Zusage zur Neutralität nach Schweizer Vorbild. Mit der Referenz auf das helvetische Modell sollte unterstrichen werden, dass es sich um eine rein völkerrechtliche Neutralität handeln sollte, keine «Gesinnungsneutralität» mit (von sowjetischen Neutralitätstheoretikern gewünschten und im Fall von Finnland teilweise durchgesetzten) Einschränkungen der zivilgesellschaftlichen Meinungsäusserungs- und Handlungsfreiheit in Bezug auf die Sowjetunion oder einen auf Kooperation mit dem östlichen «Friedenslager» abzielenden «dritten Weg» im Ost-West-Konflikt. Die Sowjetunion sagte die Anerkennung dieser Neutralität, Garantie der Unversehrtheit und Unverletzlichkeit des österreichischen Staatsgebietes und den Abzug ihrer Truppen aus Österreich zu.

Auch bezüglich der sowjetischen Wirtschaftsbetriebe in Österreich wurde eine Lösung gefunden. Die Rechte an der Mineralölverwaltung sollten gegen eine Lieferung von 10 Mio. Tonnen Rohöl auf Österreich übertragen werden. Für die USIA-Betriebe, die in der Folge zu einem grossen Teil verstaatlicht wurden, sollte Österreich 150 Mio. Dollar bezahlen, für die Donaudampfschifffahrtsgesellschaft 2 Mio. Dollar.

Bei der Rückkehr der Verhandlungsdelegation dankte Kanzler Raab am Flugplatz Bad Vöslau dem Herrgott und verkündete: «Österreich wird frei sein!»

«Österreich ist frei»

Am 15. Mai 1955, zehn Tage nach Inkrafttreten des Deutschlandvertrags und einen Tag nach der formellen Gründung des Warschauer Pakts, wurde der Staatsvertrag in Wien im Schloss Belvedere von Österreich, der Sowjetunion, den USA, Grossbritannien und Frankreich feierlich unterzeichnet. Grundlegende Vertragsbestimmungen waren das Verbot des Anschlusses an Deutschland, die Beibehaltung des NSDAP-Verbotsgesetzes, Einschränkungen der Bewaffnung Österreichs, Verpflichtungen gegenüber den sprachlichen Minderheiten in Österreich und Reparationen an die Sowjetunion in Form von Erdöllieferungen. Die vorgesehene Verantwortlichkeitsklausel, in der Österreichs Mitverantwortung für den Nationalsozialismus und den Zweiten Weltkrieg erwähnt werden sollte, wurde auf Figls Wunsch fast in letzter Minute aus der Präambel gestrichen. Dies gab der These, wonach Österreich das erste Opfer des Nationalsozialismus gewesen sei, Auftrieb. Tatsächlich schlief die juristische Entnazifizierung nach 1955 weitgehend ein.

Unmittelbar nach der Vertragsunterzeichnung tat Aussenminister Figl den berühmten Ausspruch: «Österreich ist frei». In der Folge präsentierte er auf dem Balkon des Oberen Belvedere das Vertragsdokument einer jubelnden Menschenmenge und umarmte seine Amtskollegen aus den Siegermächten. Von sowjetischer Seite war dies Vjačeslav Molotov, der bereits im August 1939 den berüchtigten Hitler-Stalin-Pakt mit der deutsch-sowjetischen Aufteilung Ostmitteleuropas unterzeichnet hatte, in der antisemitischen Endphase der Stalin-Diktatur wegen seiner jüdischen Ehefrau in Ungnade gefallen, aber nach Stalins Tod erneut zum Aussenminister aufgestiegen war. Bei den Diskussionen um die Streichung der Mitverantwortlichkeitsklausel aus der Präambel des Staatsvertrags soll Figl Molotov ins Bewusstsein gerufen haben, er habe 1939 im Konzentrationslager von dessen Unterzeichnung des Nichtangriffsvertrags zwischen Nazi-Deutschland und der Sowjetunion erfahren.

Nach der Ratifizierung durch Österreich und die Besatzungsmächte trat der Staatsvertrag am 27. Juli 1955 in Kraft. Der Alliierte Rat trat zu einer letzten Sitzung zusammen, an der er sich selbst auflöste, und es begann für die Besatzungstruppen eine Räumungsfrist von 90 Tagen. In dieser Räumungsphase legte der KGB noch in verschiedenen österreichischen Dörfern, zwei Burgruinen und sogar einem Kloster geheime Waffenlager für potenzielle zukünftige Sabotageaktionen an. Am 25. Oktober 1955 erhielt Österreich seine volle Souveränität zurück. Am Tag darauf beschloss der Nationalrat mit den Stimmen von ÖVP, SPÖ und KPÖ gegen diejenigen des VdU vereinbarungsgemäss das Bundesverfassungsgesetz über die Neutralität Österreichs. Diese wurde schon bald aktiver ausgelegt als das schweizerische Vorbild. Am 14. Dezember 1955 wurde Österreich nach über sieben Jahren Wartezeit in die UNO aufgenommen.

Bestände zum Thema im Schweizerischen Sozialarchiv (Auswahl)

Archiv:

  • Ar 20.631-633 Schweizerisches Arbeiterhilfswerk SAH: Österreich
  • Ar 20.741 Schweizerisches Arbeiterhilfswerk SAH: Faschismus, Deutschland: Radioberichte, Nachrichten über Österreich
  • Ar 20.893.1-22 Schweizerisches Arbeiterhilfswerk SAH: Österreich
  • Ar 20.910.3 Schweizerisches Arbeiterhilfswerk SAH: Kinderlager mit Schweizer Kindern
  • Ar 20.930.10 Schweizerisches Arbeiterhilfswerk SAH: Zusammenarbeit mit dem Schweizerischen Roten Kreuz für österreichische Kinder 1945–1947 und Freiplatzlisten für österreichische Kinder
  • Ar 20.930.34 Schweizerisches Arbeiterhilfswerk SAH: Frankreich 1948–1949 und Tschech. Flüchtlingskinder aus deutschen und österreichischen Lagern
  • Ar 20.950.29 Schweizerisches Arbeiterhilfswerk SAH: Schweizer Europahilfe (SEH): Tätigkeitsberichte
  • Ar 20.950.65 Schweizerisches Arbeiterhilfswerk SAH: Internationales Arbeiterhilfswerk IAH
  • Ar 46.18.2 Landesverband der Schweiz. Kinderfreunde-Organisationen (LASKO): Fahrt der Zürcher Falken zum Int. Treffen der Roten Falken
  • Ar 107.3 Olgiati, Rodolfo (1905–1986): Schweizer Spende III
  • Ar 151.11.1 Risler, Robert (1912–2005): Aktion «Zürich hilft Wien» 1947–1981
  • Ar 198.30 Adler, Friedrich und Kathia
  • Ar 201.87 Aktion Zürich hilft Wien
  • Ar SAH 20.971.126 Schweizerisches Arbeiterhilfswerk SAH: Aktionen, diverse: Teil 2

Sachdokumentation:

  • KS 32/40 Österreich
  • KS 331/158a+b Gewerkschaften: Österreich
  • KS 335/253-253a Sozialdemokratische Partei Österreichs (SPÖ): Schriften: 1934–1945
  • KS 335/254-255a Sozialistische Partei Österreichs (SPÖ): Schriften
  • KS 338/221 Marshallplan; Organization for European Economic Cooperation (OEEC): Beziehungen zu einzelnen Ländern
  • KS 338/269 Wirtschaft: Österreich (inkl. Österreich-Ungarn)
  • KS 338/270 Wirtschaftspolitik: Österreich
  • KS 362/51-51b Kriegsnothilfe: Hilfsaktionen: 2. Weltkrieg
  • ZA EMO 3 Österreich: Innenpolitik
  • ZA EMO 4 Österreich: Aussen- & Sicherheitspolitik
  • ZA EMO 8 Österreich: Arbeit; Wirtschaft
  • ZA 55.7 EMO Sozialistische Partei Österreichs (SPÖ)
  • ZA 65.4 *2 Schweizerische Kriegsnothilfe für Europa
  • ZA 65.4 *21 Schweizerische Kriegsnothilfe: «Schweizer Spende»
  • ZA 65.4 *22 Schweizerische Kriegsnothilfe für Kinder
  • ZA 78.1 EMO Gewerkschaften: Österreich

Bibliothek:

  • Adamson, Göran: Populist parties and the failure of the political elites: The rise of the Austrian Freedom Party (FPÖ). Frankfurt 2016, 134464
  • Altermatt, Urs und Emil Brix (Hg.): Schweiz und Österreich: Eine Nachbarschaft in Mitteleuropa. Wien/Köln 1995, 98860
  • Andrew, Christopher und Vasili Mitrokhin: The Mitrokhin Archive: The KGB in Europe and the West. London/New York 1999, Hf 5735
  • Androsch, Hannes: Wirtschaft und Gesellschaft: Österreich 1945–2005. Innsbruck 2005, 115139
  • Autengruber, Peter und Manfred Mugrauer: Oktoberstreik: Die Realität hinter den Legenden über die Streikbewegung im Herbst 1950: Sanktionen gegen Beteiligte und ihre Rücknahme. Wien 2016, 135502
  • Baier, Walter: Das kurze Jahrhundert: Kommunismus in Österreich: KPÖ 1918 bis 2008. Wien 2009, 121378
  • Baier, Walter: Unentwegte: Österreichs KommunistInnen 1918–2018. Wien 2017, 144105
  • Bauer, Kurt: Niemandsland zwischen Krieg und Frieden. Salzburg 2025, erwartet
  • Baur-Timmerbrink, Ute: Wir Besatzungskinder: Töchter und Söhne alliierter Soldaten erzählen. Berlin 2015, 132348
  • Behrmann, Lilly-Ralou: Bibliographie zur Aussenpolitik der Republik Österreich seit 1945. Wien 1974, 53813
  • Bergmann, Werner et al. (Hg.): Schwieriges Erbe: Der Umgang mit Nationalsozialismus und Antisemitismus in Österreich, der DDR und der Bundesrepublik Deutschland. Frankfurt 1995, 98031
  • Bischof, Günter und Hans Petschar: Der Marshallplan: Die Rettung Europas & der Wiederaufbau Österreichs: Das europäische Wiederaufbauprogramm, der ERP-Fonds, die Marshallplan-Jubiläumsstiftung. Wien 2017, Gr 14482
  • Bischof, Günther und Peter Ruggenthaler: Österreich und der Kalte Krieg: Ein Balanceakt zwischen Ost und West. Graz 2022, Gr 15652
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  • Böhm, Johann: Erinnerungen aus meinem Leben. 2. Aufl. Wien 1961, 27526
  • Bonvalot, Michael: Die FPÖ – Partei der Reichen. Wien 2017, 137533
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  • Boyer, John W.: Austria, 1867–1955. Oxford 2022, 152713
  • Brandhauer-Schöffmann, Irene und Ela Hornung: Der Topos des sowjetischen Soldaten in lebensgeschichtlichen Interviews mit Frauen, in: Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstands: Jahrbuch 1995. S. 28-44.
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  • Brandstaller, Trautl: Die zugepflügte Furche: Geschichte und Schicksal eines katholischen Blattes. Wien 1969, 39887
  • Bruckmüller, Ernst: Sozialgeschichte Österreichs. Wien/München 1985, 79922
  • Bruckmüller, Ernst: Österreichische Geschichte: Von der Urgeschichte bis zur Gegenwart. Wien 2019, 142567
  • Bruckmüller, Ernst: Geschichte kompakt: Österreich. Wien/Köln 2021, 146523
  • Cede, Franz und Christian Prosl: Anspruch und Wirklichkeit: Österreichs Aussenpolitik seit 1945. Innsbruck 2015, 133745
  • Czernetz, Karl: Hier antwortet die SPÖ: Einwände gegen den Sozialismus, Argumente gegen die Sozialistische Partei und die Antworten der Sozialisten. Wien 1946, Hf 3974:18
  • Deutsch, Julius: Was wollen die Sozialisten? Wien 1949, 17473
  • Deutsch, Julius: Ein weiter Weg: Lebenserinnerungen. Zürich 1960, Hf 2167
  • Dokumentationsarchiv des Österreichischen Widerstandes (Hg.): Forschungen zum Nationalsozialismus und dessen Nachwirkungen in Österreich: Festschrift für Brigitte Bailer. Wien 2012, 126747
  • Dolezal, Martin et al.: Sehnsucht nach dem starken Mann? Autoritäre Tendenzen in Österreich seit 1945. Wien 2019, Gr 15055
  • Düriegl, Günter und Gerbert Frodl (Hg.): Das neue Österreich: Die Ausstellung zum Staatsvertragsjubiläum 1955/2005, Oberes Belvedere, 16. Mai bis 1. November 2005. Wien 2005, Gr 11510
  • Eger, Reiner: Krisen an Österreichs Grenzen: Das Verhalten Österreichs während des Ungarnaufstandes 1956 und der tschechoslowakischen Krise 1968: Ein Vergleich. Wien 1981, 70774
  • Enderle-Burcel, Gertrude (Hg.): Adolf Schärf – Tagebuchnotizen des Jahres 1952. Innsbruck 2010, 125877
  • Enderle-Burcel, Gertrude (Hg.): Adolf Schärf – Tagebuchnotizen des Jahres 1954. Innsbruck 2025, erwartet
  • Enderle-Burcel, Gertrude (Hg.): Adolf Schärf – Tagebuchnotizen des Jahres 1955. Innsbruck 2008, 119649
  • Epler, Ernst: Der grosse Streik. Wien 1965, 34843
  • Ermacora, Felix: 20 Jahre österreichische Neutralität. Frankfurt 1975, 55794
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  • Figl, Leopold: Reden für Österreich. Wien 1965, 37081
  • Fischer, Ernst: Das Ende einer Illusion: Erinnerungen 1945–1955. Wien etc. 1973, 50533
  • Fischer, Heinz (Hg.): Karl Renner: Porträt einer Evolution. Wien 1970, 42388
  • Fischer, Heinz: Zur Geschichte und Demokratieentwicklung der Zweiten Republik. Innsbruck 2018, 144184
  • Fischer, Heinz (Hg.): 100 Jahre Republik: Meilensteine und Wendepunkte in Österreich 1918–2018. Wien 2020, 146590
  • Fitzpatrick, Sheila: Lost Souls: Sowjetische DPs und der Beginn des Kalten Krieges. Hamburg 2025, erwartet
  • Foltin, Robert: Die Linke in Österreich: Eine Einführung. Wien 2023, 150513
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  • Fürnberg, Friedl et al.: Geschichte der Kommunistischen Partei Österreichs: 1918–1955: Kurzer Abriss. Wien 1977, 61093
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  • Gehler, Michael und Rolf Steininger (Hg.): Österreich und die europäische Integration seit 1945: Aspekte einer wechselvollen Entwicklung. 2. erw. Aufl. Wien 2014, Gr 13368
  • Göhring, Walter: 1000 Daten SPÖ: Zur Entwicklung der sozialistischen Partei Österreichs 1945–1985. Eisenstadt 1985, Gr 5311
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  • Grasl-Akkilic, Senol et al. (Hg.): Aspekte der österreichischen Migrationsgeschichte. Wien 2019, 143482
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  • Haller, Max (Hg.): Identität und Nationalstolz der Österreicher: Gesellschaftliche Ursachen und Funktionen – Herausbildung und Transformation seit 1945 – Internationaler Vergleich. Wien 1996, 101516
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  • Helms, Ludger und David M. Wineroither (Hg.): Die österreichische Demokratie im Vergleich. 2. akt. Aufl. 2017, 136809
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  • Holzhauser, Thorsten: Demokratie, Nation, Belastung: Kollaboration und NS-Belastung als Nachkriegsdiskurs in Frankreich, Österreich und Westdeutschland. Berlin 2022, 148218
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  • Kadan, Albert und Anton Pelinka: Die Grundsatzprogramme der österreichischen Parteien: Dokumentation und Analyse. St. Pölten 1979, 68042
  • Kaindl-Widhalm, Barbara: Demokraten wider Willen? Autoritäre Tendenzen und Antisemitismus in der 2. Republik. Wien 1990, 91762
  • Im Kampf gegen den Hunger: Rede des Bundesministers für Ernährungswesen Hans Frenzel und des Bundesministers für Inneres Oskar Helmer sowie die Entschliessung der Konferenz der Betriebsratsobmänner am 16. März 1946. Wien 1946, Hf 3974:13
  • Karlssohn, Irmtraut (Hg.): Frauen in Bewegung – Frauen in der SPÖ. Wien 1998, 104298
  • Karner, Stefan und Barbara Stelzl-Marx (Hg.): Stalins letzte Opfer: Verschleppte und erschossene Österreicher in Moskau 1950–1953. Wien 2009, 121625
  • Karner, Stefan: Im Kalten Krieg der Spionage: Margarethe Ottillinger in sowjetischer Haft 1948–1955. 2. korr. Aufl. Innsbruck 2016, 135489
  • Karner, Stefan (Hg.): Die umkämpfte Republik: Österreich 1918–1938. Innsbruck 2017, 137696
  • Karner, Stefan (Hg.): Krieg, Folgen, Forschung: Politische, wirtschaftliche und soziale Transformationen im 20. Jahrhundert. Wien 2018, 139761
  • Karner, Stefan und Barbara Stelzl-Marx (Hg.): Migration: Flucht – Vertreibung – Integration. Graz/Wien 2019, Gr 15300
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  • Kaufmann, Fritz: Sozialdemokratie in Österreich: Idee und Geschichte einer Partei, von 1889 bis zur Gegenwart. Wien 1978, 62477
  • Keller, Fritz: Die KPÖ und die Schauprozesse in Osteuropa 1948 bis 1953, in: Maderthaner, Wolfgang et al. (Hg.): «Ich habe den Tod verdient»: Schauprozesse und politische Verfolgung in Mittel- und Osteuropa 1945–1956. Wien 1991. S. 199-218, 92614
  • Keller, Fritz: Die KPÖ 1945–1955, in: Jahrbuch für Historische Kommunismusforschung 1994. S. 104-121, D 5369
  • Klambauer, Otto: Der Kalte Krieg in Österreich: Vom dritten Mann zum Fall des Eisernen Vorhangs. Wien 2000, 106328
  • Klein, Erich (Hg.): Die Russen in Wien, die Befreiung Österreichs: Wien 1945: Augenzeugenberichte und über 400 unpublizierte Fotos aus Russland. 2. Aufl. Wien 2015, Gr 15005
  • Klose, Alfred: Ein Weg zur Sozialpartnerschaft: Das österreichische Modell. München 1970, 42832
  • Kocensky, Josef (Hg.): Dokumentation zur österreichischen Zeitgeschichte: 1945–1955. 2. Aufl. Wien/München 1975, 56353:2
  • Kohlich, Herbert: Ernte eines politischen Lebens: Zum 75. Geburtstage Dr. Karl Renners. Wien 1946, Hf 3974:7
  • Koller, Christian: Das dramatische Duell der ungleichen Alpenrepubliken: Schweiz – Österreich 5:7 (26.6.1954), in: ders. (Hg.): Sternstunden des Schweizer Fussballs. Münster/Wien 2008. S. 77-88, 123072
  • Koller, Christian: Streikkultur: Performanzen und Diskurse des Arbeitskampfes im schweizerisch-österreichischen Vergleich (1860–1950). Münster/Wien 2009, 121626
  • Koller, Christian: Internationale Solidarität: Einführung, in: ders. und Raymond Naef (Hg.): Chronist der sozialen Schweiz: Fotografien von Ernst Koehli 1933–1953. Baden 2019. S. 203-205, Gr 14947
  • Kollmann, Eric C.: Theodor Körner: Militär und Politiker. München 1973, 52347
  • Konecny, Albrecht K. (Hg.): Modelle für die Zukunft: Die österreichische Sozialdemokratie und ihre Programme. Wien 1993, 99239
  • Konrad, Helmut und Wolfgang Maderthaner (Hg.): Das Werden der Ersten Republik: … der Rest ist Österreich, 2 Bde. Wien 2008, Gr 13252
  • Körner, Theodor: 2 Monate Aufbauarbeit in Wien. Wien 1945, Hf 3974:2
  • Korp, Andreas: Um unser tägliches Brot! Aus dem Inhalt, Staatssekretär Andreas Korp: Die grosse Rede in der Vertrauenspersonenversammlung in der Wiener Volksoper am 28. Juli 1945. Wien 1945, Hf 3974:3
  • Kreisky, Bruno: Zwischen den Zeiten: Erinnerungen aus fünf Jahrzehnten. Berlin 1986, 81530
  • Kreisky, Bruno: Im Strom der Politik: Erfahrungen eines Europäers. Berlin 1988, 88423
  • Kreisky, Bruno: Erinnerungen: Das Vermächtnis des Jahrhundertpolitikers. Hg. Oliver Rathkolb. Wien 2007, 117537
  • Kriechbaumer, Robert et al. (Hg.): Politik und Militär im 19. und 20. Jahrhundert: Österreichische und europäische Aspekte: Festschrift für Manfried Rauchensteiner. Wien 2017, 137826
  • Kriegsopfer- und Behindertenverband Österreich (Hg.): Verminte Kindheit: Erinnerungen von Kindern und Jugendlichen in der Kriegs- und Nachkriegszeit. Graz 2015, 133296
  • Kroll, Thomas: Kommunistische Intellektuelle in Westeuropa: Frankreich, Österreich, Italien und Grossbritannien im Vergleich (1945–1956). Köln 2007, 117783
  • Kuba, Andreas: Wir Kinder des Krieges: Eine Generation erzählt ihre Geschichte. Salzburg 2014, 132565
  • Kunštát, Miroslav et al. (Hg.): Krise, Krieg und Neuanfang: Österreich und die Tschechoslowakei in den Jahren 1933–1948. Berlin/Münster 2017, 136550
  • Lackinger, Franz-Josef: Die Geschichte der österreichischen Gewerkschaftsbewegung in der Zweiten Republik. Wien 2018, 142911
  • Lackner, Herbert: 1945: Schwerer Start in eine neue Zeit. Berlin 2025, erwartet
  • Langer, Edmond: Die Verstaatlichungen in Oesterreich. Wien 1966, 38001
  • Langthaler, Ernst und Josef Redl (Hg.): Reguliertes Land: Agrarpolitik in Deutschland, Österreich und der Schweiz 1930–1960. Innsbruck 2005, 114415
  • Leidinger, Hannes und Verena Moritz: Die Republik Österreich 1918/2008: Überblick, Zwischenbilanz, Neubewertung. Wien 2008, 120074
  • Leidinger, Hannes und Verena Moritz: Umstritten, verspielt, gefeiert: Die Republik Österreich 1918/2018. Innsbruck/Wien 2018, 139845
  • Leitner, Tarek: Augenblicke der Republik. Wien 2025, erwartet
  • Lewis, Jill: Workers and Politics in occupied Austria 1945–55. Manchester/New York 2007, erwartet
  • Ludwig, Michael et al. (Hg.): Der Oktoberstreik 1950: Ein Wendepunkt der Zweiten Republik: Dokumentation eines Symposiums der Volkshochschulen Brigittenau und Floridsdorf und des Instituts für Wissenschaft und Kunst. Wien 1991, Gr 7567
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  • Mähr, Wilfried: Der Marshallplan in Österreich. Graz 1989, 87523
  • Maimann, Helene (Hg.): Die ersten 100 Jahre: Österreichische Sozialdemokratie 1888–1988. Wien München 1988, Gr 6837
  • Marboe, Ernst (Hg.): Das Oesterreich-Buch. Wien 1948, Hf 1419
  • Markova, Ina: Die NS-Zeit im Bildgedächtnis der Zweiten Republik. Innsbruck 2018, 140328
  • Marschalek, Manfred (Hg.): Untergrund und Exil: Österreichs Sozialisten zwischen 1934 und 1945. Wien 1990, 90655
  • März, Eduard: Österreichs Wirtschaft zwischen Ost und West: Eine sozialistische Analyse. Wien 1965, 34427
  • Meissl, Sebastian et al. (Hg.): Verdrängte Schuld, verfehlte Sühne: Entnazifizierung in Österreich 1945–1955. München 1986, 80934
  • Meisterwerke aus Oesterreich: Abteilung Freie Kunst, Kunsthaus Zürich, 27. Oktober 1946 bis 2. März 1947: Verzeichnis, mit Einführungen. Zürich 1946, VE 72
  • Mesner, Maria (Hg.): Entnazifizierung zwischen politischem Anspruch, Parteienkonkurrenz und Kaltem Krieg: Das Beispiel der SPÖ. Wien 2005, 115959
  • Mißlbeck, Johannes: Der Österreichische Gewerkschaftsbund: Analyse einer korporatistischen Gewerkschaft. Frankfurt 1983, 76660
  • Molden, Fritz: Besetzer, Toren, Biedermänner: Ein Bericht aus Österreich, 1945–1962. Wien 1980, 68177
  • Moos, Carlo (Hg.): (K)ein Austrofaschismus? Studien zum Herrschaftssystem 1933–1938. Wien 2021, 146964
  • Moser, Aurél B. J.: Die Stellung der Kommunistischen Partei Österreichs zur österreichischen Neutralitätspolitik von 1955–1972. Wien 1974, 54501
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  • Mugrauer, Manfred: Die Politik der KPÖ in der Provisorischen Regierung Renner. Innsbruck 2006, 117264
  • Mugrauer, Manfred: Die Politik der KPÖ 1945–1955: Von der Regierungsbank in die innenpolitische Isolation. Göttingen 2020, 144734
  • Mulley, Klaus-Dieter und Sabine Lichtenberger: Die sozialpolitischen Errungenschaften des ÖGB: Eine kommentierte Chronik 1945–2015. Wien 2015, 133989
  • Nasko, Siegfried (Hg.): Karl Renner in Dokumenten und Erinnerungen. Wien 1982, 76629
  • Nick, Rainer und Anton Pelinka: Bürgerkrieg – Sozialpartnerschaft: Das politische System Österreichs, 1. und 2. Republik: Ein Vergleich. München 1983, 73904
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  • Nowak, Katarzyna: Kingdom of barracks: Polish displaced persons in allied-occupied Germany and Austria. Montreal 2023, 152535
  • Nussbaumer, Josef: Vergessene Zeiten in Tirol: Lesebuch zur Hungergeschichte einer europäischen Region. Innsbruck 2000, 107661
  • Olah, Franz: Die Erinnerungen. Wien 1995, 99218
  • Orwell, George: Reise durch Ruinen: Reportagen aus Deutschland und Österreich 1945. München 2021, 146716
  • Pape, Matthias: Ungleiche Brüder: Österreich und Deutschland 1945–1965. Köln 2000, 107488
  • Partl, Anton und Walter Pohl (Hg.): Verschickt in die Schweiz: Kriegskinder entdecken eine bessere Welt. Wien 2005, 115094
  • Pelinka, Anton: Karl Renner zur Einführung. Hamburg 1989, 89081
  • Pelinka, Anton und Manfried Welan: Demokratie und Verfassung in Österreich. Wien 1971, 42871
  • Pelinka, Peter: Österreichs Kanzler: Von Leopold Figl bis Wolfgang Schüssel. Wien 2000, 106577
  • Pelinka, Peter und Gerhard Steger (Hg.): Auf dem Weg zur Staatspartei: Zu Geschichte und Politik der SPÖ seit 1945. Wien 1988, 84796
  • Pellar, Brigitte: Eine andere Geschichte Österreichs: Gewerkschaft, soziale Verantwortung und menschliche Politik. Wien 2008, Gr 12402
  • Pittler, Andreas: Geschichte Österreichs: 1918 bis heute. Köln 2018, 145852
  • Proft, Gabriele: Der Weg zu uns! Die Frauenfrage im neuen Österreich. Wien 1945, Hf 3974:4
  • Proksch, Anton: Gewerkschaft und Wirtschaft. Wien 1954, 331/127-7
  • Raab, Julius: Selbstporträt eines Politikers. Wien 1964, 32621
  • Radspieler, Tony: The ethnic German refugee in Austria 1945 to 1954. Den Haag 1955, 22234
  • Rathkolb, Oliver: Die Zweite Republik (seit 1945), in: Winkelbauer, Thomas (Hg.): Geschichte Österreichs. Stuttgart 2015. S. 525-609, 132437
  • Rathkolb, Oliver: Fiktion «Opfer» Österreich und die langen Schatten des Nationalsozialismus und der Dollfuss-Diktatur. Innsbruck 2017, 140331
  • Rathkolb, Oliver: The paradoxical republic: Austria, 1945–2020. New York/Oxford 2021, 146930
  • Rauchensteiner, Manfried: Der Krieg in Österreich, 1945. Wien 1970, 53466
  • Rauchensteiner, Manfried: 1945: Entscheidung für Österreich: Eine Bilddokumentation. Graz 1975, Gr 2732
  • Rauchensteiner, Manfried: Die Zwei: Die Grosse Koalition in Österreich 1945–1966. Wien 1987, 84152
  • Rauchensteiner, Manfried: Unter Beobachtung: Österreich seit 1918. 2. erw. Aufl. Wien/Köln 2021, 146395
  • Rauscher, Hans: 1945: Die Wiedergeburt Österreichs: Die dramatischen Tage vom Kriegsende bis zum Anfang der Republik. Wien 1995, Gr 8483
  • Rauscher, Walter: Karl Renner: Ein österreichischer Mythos. Wien 1995, 98732
  • Reichhold, Ludwig: Geschichte der ÖVP. Graz 1975, 54741
  • Reiter, Margit: Antisemitismus in der FPÖ und im «Ehemaligen»-Milieu nach 1945, in: Jahrbuch für Antisemitismusforschung 27 (2018). S. 117-149, D 6274
  • Reiter, Margit: Die Ehemaligen: Der Nationalsozialismus und die Anfänge der FPÖ. Göttingen 2019, 142584
  • Renner, Karl: Denkschrift über die Geschichte der Unabhängigkeitserklärung Oesterreichs (und Bericht über drei Monate Aufbauarbeit). Zürich o. J. [1946], 14200
  • Renner, Karl: Die neue Welt und der Sozialismus: Einsichten und Ausblicke des lebenden Marxismus. Salzburg 1946, Hf 3041
  • Renner, Karl: An der Wende zweier Zeiten: Lebenserinnerungen. Wien 1946, Hf 1522
  • Riemer, Hans: Ewiges Wien: Eine kommunalpolitische Skizze. Wien 1945, 36067
  • Riemer, Hans: Perle Wien: Ein Bilderbuch aus Wiens schlimmsten Tagen. Wien 1946, Gr 1973
  • Riemer, Hans: Auf dem Wege zur Mehrheit: Die ersten freien Wahlen im befreiten Österreich: eine Untersuchung der Ergebnisse der Wahlen zum Nationalrat und zu den Landtagen vom 25. November 1945 mit 26 Tabellen. Wien 1946, Hf 3974:17
  • Riemer, Hans: Wien baut auf: Zwei Jahre Wiederaufbau. Wien 1947, 44269
  • Riemer, Hans: Album vom roten Wien. Wien 1947, Gr 2011
  • Rotter, Manfred: Bewaffnete Neutralität: Das Beispiel Österreich. Frankfurt 1984, D 4862:38
  • Saage, Richard: Karl Renner (1870–1950): Österreichischer Staatskanzler nach zwei Weltkriegen, in: Brandt, Peter und Detlef Lehnert (Hg.): Sozialdemokratische Regierungschefs in Deutschland und Österreich 1918–1983. Bonn 2017. S. 187-207, 140033
  • Schärf, Adolf: Zwischen Demokratie und Volksdemokratie: Österreichs Einigung und Wiederaufrichtung im Jahre 1945. Wien 1950, 39549
  • Schärf, Adolf: Die Lage des demokratischen Sozialismus: Referat des Parteivorsitzenden Adolf Schärf auf dem Parteitag 1953. Wien 1953, Hf 4746
  • Schärf, Adolf: Österreichs Erneuerung 1945–1955: Das erste Jahrzehnt der Zweiten Republik. 2. Aufl. Wien 1955, 21482
  • Schärf, Adolf: Erinnerungen aus meinem Leben. Wien 1963, 32021
  • Schärf, Adolf: Der Teil und das Ganze: Reden und Schriften. Hg. Jacques Hannak. Wien 1965, 35104
  • Scheuch, Manfred: Österreich im 20. Jahrhundert: Von der Monarchie zur Zweiten Republik. Wien 2000, Gr 10058
  • Schlesinger, Thomas O.: Austrian neutrality in postwar Europe: The domestic roots of a foreign policy. Wien 1972, 48359
  • Schmidl, Erwin A. (Hg.): Die Ungarnkrise 1956 und Österreich. Wien 2003, 110762
  • Schmidlechner, Karin M.: Frauenleben in Männerwelten: Kriegsende und Nachkriegszeit in der Steiermark. Wien 1997, 102893
  • Schmit, Georg-Hans: Die christliche Arbeiterbewegung in den Jahren 1933–1946: Vom Untergang der Demokratie bis zum Beginn der Zweiten Republik. Wien 2013, 129719
  • Schneeberger, Paul: Der schwierige Umgang mit dem «Anschluss»: Die Rezeption in Geschichtsdarstellungen 1946–1995. Innsbruck 2000, 108955
  • Die Schweizer Spende 1944–1948: Tätigkeitsbericht. Bern 1949, K 680 A
  • Serloth, Barbara: Nach der Shoah: Politik und Antisemitismus in Österreich nach 1945. Wien/Berlin 2019, 142904
  • Sieder, Reinhard et al. (Hg.): Österreich 1945–1995: Gesellschaft, Politik, Kultur. Wien 1995, 98946
  • Stadler, Karl R.: Adolf Schärf: Mensch, Politiker, Staatsmann. Wien 1982, 73007
  • Stadt Wien (Hg.): Wien dankt seinen Helfern: Eine Darstellung der Auslandshilfe im ersten Jahre ihrer Wirksamkeit. Wien 1946, Hf 1900
  • Stanek, Eduard: Verfolgt, verjagt, vertrieben: Flüchtlinge in Österreich. Wien 1985, 78322
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  • Stearman, William Lloyd: Die Sowjetunion und Österreich 1945–1955: Ein Beispiel für die Sowietpolitik gegenüber dem Westen. Bonn 1962, 28677
  • Steiner, Gertraud: Die Heimat-Macher: Kino in Österreich 1946–1966. Wien 1987, 83923
  • Steiner, Ludwig: Die Vorbereitung zur Reise nach Moskau im April 1955: Zur Vorgeschichte des Staatsvertrags, in: Jahrbuch des Dokumentationsarchivs des österreichischen Widerstandes 2006. S. 13-22, D 5388
  • Steininger, Rolf und Michael Gehler (Hg.): Österreich im 20. Jahrhundert: Ein Studienbuch in zwei Bänden. Wien 1997, 101110
  • Stiefel, Dieter: Entnazifizierung in Österreich. Wien 1981, 70912
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  • Vocelka, Karl: Österreichische Geschichte. 5. akt. Aufl. München 2019, 144063
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  • Weigl, Andreas: Migration und Integration: Eine widersprüchliche Geschichte. Innsbruck 2009, 140211
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  • Yugoslav War Crimes Commission (Hg.): Report on the crimes of Austria and the Austrians against Yugoslavia and her peoples. Belgrad 1947, Gr 4306
  • Ziak, Karl (Red.): Wiedergeburt einer Weltstadt: Wien 1945–1965. Wien 1965, Gr 1436
  • Zimmermann, Rupert: Verstaatlichung in Österreich: Ihre Aufgaben und Ziele. Wien 1964, 33221
  • Zucker-Schilling, Erwin: Er diente seiner Klasse: Eine Biographie mit Reden und Schriften von Johann Koplenig. Wien 1971, 43849
  • Zvacek, Mela: … wie es weiterging: Bericht über die Jugendfürsorgeaktion des Österr. Gewerkschaftsbundes im Jahre 1947. Wien 1948, Hg 567

Periodika

  • Arbeit und Wirtschaft, N 1055
  • Arbeiterzeitung AZ: Organ der österreichischen Sozialdemokratie, ZZ 33
  • Frauenarbeit in den Gewerkschaften, SGB 0001/PE 1274
  • Gewerkschaftliche Rundschau, N 621
  • Gewerkschaftlicher Nachrichtendienst, N 1395
  • Der jugendliche Arbeiter, N 727
  • Mitteilungsblatt: Schweizer Spende an die Kriegsgeschädigten, N 1327
  • Der neue Vorwärts, Z 237
  • Der österreichische Arbeiter, Z 1065
  • Solidarität, G 159
  • Stenographisches Protokoll des Kongresses des Österreichischen Gewerkschaftsbundes, K 202 A
  • Tätigkeitsbericht des österreichischen Gewerkschaftsbundes, K 202
  • Weg und Ziel, N 2297