Die Bearbeitung des Pro-Juventute-Archivs steht kurz vor dem Abschluss. Neu sind auch die Filme in der Datenbank Bild + Ton online abrufbar.
Die dreissig Filme aus dem Zeitraum zwischen 1923 und 1987 stellen einen ausgesprochen attraktiven Bestand dar. Thematisch dominieren wenig überraschend die Kernaufgaben der Pro Juventute, die sich im Lauf der Zeit veränderten: In den 1930er bis 1950er Jahren stehen Mütterberatung und Säuglingspflege im Zentrum verschiedener Filme. «La famiglia felice» (1939) stellt das Angebot der Pro Juventute für Mütter und ihre Kleinkinder vor. «Die glückliche Familie» (1956) thematisiert die Rolle beider Elternteile für eine gelingende Kindererziehung und wendet sich scharf gegen eine Erwerbstätigkeit der Frau. Nach dem Zweiten Weltkrieg fokussieren die Filme auf den hohen Stellenwert von Musik und guter Lektüre während Kindheit und Jugend («Ein Freund fürs Leben», 1960). In den 1950er bis 1970er Jahren nimmt sich die Pro Juventute der Spielplatz- und Freizeitgestaltung an – in Zürich entstehen erste Robinson-Spielplätze («Eine Insel für Robinson», 1956), der Kinderzirkus Robinson probt ab 1961. In den 1980er Jahren schliesslich warten neue Herausforderungen: Der aufwändige Film «Sucht und Drogen» entsteht 1987. Von filmhistorischem Interesse dürfte der bereits sehr früh von der Praesens Film AG produzierte kurze Imagefilm über die Pro Juventute und den Briefmarkenverkauf sein («Praesens zeigt: Pro Juventute», 1923). Ergänzend zum eigenen Filmbestand der Pro Juventute bietet sich das Archiv der Schweizer Filmwochenschau an. Die Pro Juventute und ihre Tätigkeiten waren zwischen 1940 und 1974 immer wieder Thema der Beiträge.
So reichhaltig der Bestand im Bereich der Jugendthemen ist, weist er doch einen blinden Fleck auf: Das Hilfswerk «Kinder der Landstrasse» (1926-1973) kommt im Filmarchiv der Pro Juventute überhaupt nicht vor, es wird auch namentlich nirgends erwähnt. «Kinder der Landstrasse» sah seinen Auftrag darin, Kinder von nicht-sesshaften Familien in der Schweiz fremd zu platzieren. Hunderte von Familien wurden so mit Unterstützung der Behörden auseinandergerissen. Berücksichtigt man den Umstand, dass die Pro Juventute für ihre sonstigen Tätigkeiten fast immer eine filmische Dokumentation produzierte, ist die Absenz dieses Hilfswerks zumindest bemerkenswert.