Plurinationale Arbeiterbewegung in der Habsburgermonarchie
Kann eine typische Antisystempartei wie die Sozialdemokratie vor dem Ersten Weltkrieg zugleich zu den staatserhaltenden Kräften gezählt werden?
Marina Cattaruzza geht in ihrem Referat zur Sozialdemokratie im österreichischen Küstenland auf diesen scheinbaren Widerspruch ein und zeigt die integrative Funktion der sozialdemokratischen Partei in Triest und im nordöstlichen Adriaraum. Das kosmopolitische Triest war der wichtigste Hafen der k. u. k. Monarchie. In Österreich gab es nur zwei Städte, deren Einfluss über die Grenzen des jeweiligen Umlands hinaus reichten: Wien und Triest, das der Wirtschaft der Donaumonarchie Zugang zu den Weltmeeren eröffnete. In der von nationalen Kämpfen erschütterten Region lebte die sozialdemokratische Bewegung die Kooperation mit den verschiedenen nationalen Gruppen im Namen der sozialen Emanzipation der Arbeitermassen vor. Der Erste Weltkrieg setzte diesem Experiment und der Möglichkeit einer Alternative zur Deutung der Gesellschaft entlang nationaler Trennlinien ein abruptes Ende.
Prof. Dr. Jakob Tanner, Präsident Schweizerisches Sozialarchiv, Einführung
Prof. Dr. Marina Cattaruzza, Universität Bern, Referat
Donnerstag, 11. April 2013, 18:30 Uhr, Medienraum Sozialarchiv, Parterre
Im Anschluss wird ein Apéro serviert.