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« Wir wollen alles, und zwar subito! »

Mit Krawallszenen vor dem Zürcher Opernhaus, Eier- und Steinwürfen auf der einen, Tränengaspetarden auf der anderen Seite nahmen am 30. Mai 1980 die Jugendunruhen der 80er Jahre ihren Anfang. Die Öffentlichkeit rieb sich verwundert die Augen und blickte staunend auf die Jugendbewegung, deren Protest sowohl durch Gewalttätigkeit als auch durch frische Unkonventionalität verblüffte. Die Forderungen der Jugendlichen nach Räumen für eine « alternative », selbst-bestimmte Kultur schienen damals anmassend und utopisch zugleich; die Thematisierung von Missständen und Problemen wie Drogenelend, Wohnungsnot, Überwachungsapparat fand noch wenig Resonanz. Dies sollte sich rasch ändern. Die Jugendbewegung nahm viele Themen vorweg, die die politische Auseinandersetzung der späten 80er und frühen 90er Jahre wesentlich prägten.

Seit der Gründung des Schweizerischen Sozialarchivs im Jahre 1906 gehört die Dokumentation von sozialen Bewegungen zu dessen wichtigsten Aktivitäten. Zur Jugendbewegung der 80er Jahre besitzt das Sozialarchiv wohl die vielfältigste und umfangreichste Sammlung in der Schweiz. Zahlreiche Flugblätter und Flugschriften, Zeitschriften, Zeitungsausschnitte, Fotografien u.ä. dokumentieren nicht nur die Aktivitäten, das Lebensgefühl und die Einstellungen der Jugendbewegung, sondern auch die Folgeprobleme: Berufsverbote, Prozesse, staatliche Überwachung. Es ist ein Glücksfall, dass diese Materialien durch das Videoarchiv Stadt in Bewegung (insgesamt 106 Videos) ergänzt werden konnte. Die Darstellung von kollektivem Aufbruch und politischem Widerstand aus der subjektiven Perspektive der Filmautorlnnen bietet einen höchst interessanten Zugang zum Lebensgefühl und zur Alternativkultur der 80er Jahre.

Die Übernahme dieses grösseren, thematisch relativ geschlossenen Bestandes an Videodokumenten im Jahr 1999 bedeutete für das Schweizerische Sozialarchiv den Einstieg in die Archivierung von audiovisuellen Dokumenten. 2003 wurde dafür eine eigene Abteilung geschaffen. Seit 2009 ist die neue Datenbank Bild + Ton im Internet aufgeschaltet, wodurch der Zugang wesentlich vereinfacht werden konnte. Für das Schweizerische Sozialarchiv sind Fotos, Videos und Tonaufnahmen wichtige Quellenmaterialien, die möglichst ohne Beschränkungen zur Verfügung stehen sollen.

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