Im Rahmen der 80er Jugendunruhen gründeten Mitglieder der Berner Bewegungsszene 1981 eine Telefonzeitung, durch die sich Interessierte über aktuelle Ereignisse aus den Bereichen Politik und Kultur sowie Veranstaltungen in der Bewegungsszene informieren und anhand dieser Informationen vernetzen konnten. Dieses telefonische Verteilersystem war damit eine Art analoger Vorform der heutigen Social Media wie Facebook oder Twitter. Die Berner Telefonzytig, die sich an der Zürcher Telefonziitig orientierte, war als Verein organisiert und finanzierte sich vor allem durch Spenden und Mitgliederbeiträge der Hörerschaft. Sie war in einer ersten Phase in einem Stall des Autonomen Jugend- und Begegnungszentrums (AJZ) in der Reithalle stationiert.
Die Telefonzytig musste ihren Betrieb wegen Räumungen und/oder Schliessungen der Reithalle durch die Polizei mehrmals einstellen und die Lokalität schliesslich wechseln. Ausserdem geriet sie wegen angeblicher Aufwiegelung zu Gewalt mehrmals mit den städtischen Behörden in Konflikt. Die Betreiber begriffen die Telefonzytig als alternatives Informationsmedium zu den kommerziellen Printmedien der Stadt Bern wie der "Berner Zeitung" oder dem "Bund", an denen sie insbesondere eine einseitige und tendenziöse Berichterstattung kritisierten.
Die einzelnen Bulletins wurden in der Regel täglich jeweils am Abend auf ein sog. Alibiphon, eine frühe Version des Anrufbeantworters, gesprochen und konnten dann durch das Wählen einer offiziell aufgeschalteten Telefonnummer abgehört werden. Eine einzelne Ausgabe war jeweils in einen ersten Teil mit Informationen zu aktuellen Geschehnissen in der Politik und einen zweiten Teil mit Hinweisen auf kulturelle oder politische Veranstaltungen gegliedert.
In der Berichterstattung der Telefonzytig manifestieren sich die zentralen Anliegen der Schweizer Jugendbewegung der 1980er Jahre, die sich gegen politische Behörden, die städtische Wohnpolitik, den Bau von Atomkraftwerken, die Ordnungspolitik der Polizei oder den Import der amerikanischen Fast-Food-Gastronomie richteten. Die Telefonzytig legte ihren thematischen Fokus auf die Regionalpolitik, informierte teilweise aber auch über das internationale Geschehen wie z. B. den israelisch-palästinensischen Konflikt oder die Militärdiktaturen in El Salvador, Chile und der Türkei. Ausser durch die inhaltliche Fokussierung auf Belange der Bewegung unterschied sie sich von kommerziellen Zeitungen auch durch ihren ironischen und parodistischen Stil.
Ab Mitte des Jahres 1982 publizierte der Verein mit der "Bärner Telefonzytigs-Zytig" auch ein entsprechendes Printmedium, das vierteljährlich erschien. – Der Bestand umfasst Aufnahmen von rund 280 Ausgaben aus den Jahren 1981 bis 1983, die auf insgesamt 10 Audiokassetten verteilt waren. Sie sind nun neu online zugänglich via Datenbank Bild + Ton.