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Vor 85 Jahren: Krisenlernen in der direkten Demokratie

Krisen sind Situationen, in denen eine gefährliche Entwicklung nach dringendem Handeln und Veränderungen ruft. Neben die unmittelbare Krisenbewältigung treten zumeist auch Aushandlungsprozesse darüber, wie die Situation nach der Krise aussehen soll. Eine simple Rückkehr zur Vorkrisensituation ist häufig keine Option, die Vorstellungen über die Nachkrisenordnung gehen in der Regel aber massiv auseinander. Dies kann zu erheblichen Konflikten, ja gar zu Gewalt und zum Abgleiten in Diktatur und Krieg führen, aber auch zu Innovationsprozessen, die die Nachkrisenordnung auf ein stabileres Fundament stellen. Ein Paradebeispiel für solche Entwicklungen ist die Weltwirtschaftskrise der 30er-Jahre, die in verschiedenen Ländern zu ganz unterschiedlichen Krisenbewältigungsstrategien führte. In der Schweiz spielte dabei die direkte Demokratie eine wichtige Rolle, insbesondere im Jahre 1935, als gleich zwei Volksinitiativen mit weitreichenden Veränderungszielen vors männliche Stimmvolk kamen.

Die Grosse Depression

Die Weltwirtschaftskrise ging von den USA aus. Am Ende der „Roaring Twenties“ stürzte im Oktober 1929 ein Börsencrash die unter verschiedenen strukturellen Problemen – Produktionsüberkapazitäten in der Industrie, hohe Privatverschuldung, landwirtschaftliche Überproduktion – leidende amerikanische Volkswirtschaft in eine Abwärtsspirale: Konkurse verschuldeter Firmen führten zu Massenentlassungen. Die steigende Arbeitslosigkeit und die unsichere Wirtschaftslage liessen die Nachfrage nach Konsumgütern sinken. Dadurch verschärfte sich das Problem der Überproduktion. Die Preise gingen zurück, die Produktion wurde eingeschränkt, was weitere Entlassungen zur Folge hatte. Diese wiederum führten zu einem weiteren Nachfragerückgang. Die Folgen dieses deflationären Teufelskreises waren katastrophal: Das Bruttosozialprodukt der USA brach in den Krisenjahren um 28 % ein. Die Arbeitslosigkeit stieg und diejenigen, die noch Arbeit hatten, erlitten grosse Einkommensverluste. Auch die Bauern wurden hart getroffen: Die Erzeugerpreise für landwirtschaftliche Produkte gingen von 1929 bis 1933 um 50 % zurück. Zehntausende Farmer konnten ihre Hypotheken nicht mehr bedienen und verloren ihr Land. Das Bankensystem war auf eine solche Katastrophe nicht vorbereitet. Allein in den ersten 10 Monaten des Jahres 1930 gingen 744 amerikanische Banken Konkurs.

Die engen weltwirtschaftlichen Verflechtungen liessen die Krise auch auf Europa und andere Kontinente überspringen. Die europäischen Aktienmärkte brachen ein, wenn auch nicht so dramatisch wie die amerikanischen. Zahlreiche Länder hatten aus der Zeit des Ersten Weltkriegs Schulden in den USA, die nun ihr Geld zurückzogen. Eine verhängnisvolle Rolle spielte der Reparationenkreislauf: Die Reparationszahlungen, die Deutschland gemäss dem Versailler Friedensvertrag zu entrichten hatte, wurden von den europäischen Siegermächten nicht zuletzt dazu benutzt, um ihre Schulden bei den USA zu bedienen. Die deutschen Zahlungen waren aber ihrerseits nur dank Krediten aus den USA möglich. Mit dem Ausbruch der Krise versiegte aber der Kreditsegen, Deutschland drohte ein Devisenmangel und der Reparationenkreislauf stockte. Weiter verschärft wurde die Krise durch den zunehmenden Protektionismus, der die einheimischen Produzenten schützen sollte. Von 1929 bis 1932 ging der Welthandel um ein Viertel zurück. Die globale Industrieproduktion sank bis 1931 um über ein Drittel. Obwohl weltweit Millionen Menschen hungerten, war es für landwirtschaftliche Produzenten oftmals lukrativer, ihr Getreide als Brennmaterial zu verwerten, als es zu ungünstigen Konditionen auf dem Weltmarkt zu verkaufen.

Die allgemeinen Merkmale der Depression wie die Deflationsspirale und der Anstieg der Arbeitslosigkeit zeigten sich beinahe überall, die einzelnen Länder unterschieden sich aber punkto Beginn, Ausmass und Ende der Krise. Nach den USA am härtesten getroffen wurde Deutschland. Von 1929 bis 1932 halbierte sich die deutsche Industrieproduktion und die Aktien verloren zwei Drittel ihres Wertes. Zahlreiche Banken brachen zusammen. Die Arbeitslosenzahlen explodierten von 1,4 Millionen im September 1929 auf 6,1 Millionen im Februar 1932. Ab 1930 wirkte sich die Krise auch auf die Schweiz aus. Zunächst wurde vor allem die exportorientierte Industrie getroffen, dann auch die Binnenwirtschaft. Die Arbeitslosenzahl, die 1928 unter 9’000 Personen gelegen hatte, verzehnfachte sich bis 1936.

Ratlose Regierungen und politische Umbrüche

Die Regierungen reagierten auf die Krise verschieden und unterschiedlich rasch. Gemeinsam war ihnen eine zunächst zögerliche und ratlose Haltung, sah doch die dominierende liberale Wirtschaftstheorie eine Krise dieses Ausmasses schlicht nicht vor. Neben dem Warten auf die Selbstheilungskräfte des Marktes standen Massnahmen, die die Krise noch verschärften, wie die Erhöhung von Schutzzöllen und Einsparungen im öffentlichen Haushalt. Rechtsgerichtete Kreise propagierten zudem den Korporatismus, bei dem Arbeitgeber und -nehmer in Branchenorganisationen, sogenannte „Berufsstände“ oder „Korporationen“, eingegliedert werden sollten. Das faschistische Italien hatte die Arbeitsbeziehungen bereits 1927 mit der „Carta del Lavoro“ einer autoritär-korporatistischen Regulierung unterworfen. Auch in der katholischen Soziallehre spielte der Korporatismus eine zentrale Rolle, etwa in der päpstlichen Enzyklika „Quadragesimo anno“ von 1931. Diesem katholischen Korporatismus folgten in den 30er-Jahren in Portugal der autoritäre „Estado Novo“ Salazars, der 1932/33 aus einer Militärdiktatur hervorgegangen war, sowie der österreichische „Ständestaat“. Letzterer entstand 1933/34, nachdem der christlichsoziale Bundeskanzler Engelbert Dollfuss im Frühjahr 1933 eine parlamentarische Geschäftsordnungskrise zur Ausschaltung der Volksvertretung genutzt und im Februar 1934 den Widerstand der Arbeiterbewegung gewaltsam gebrochen hatte. Im Mai 1934 wurde eine autoritäre Verfassung mit einer Einheitspartei („Vaterländische Front“) und korporatistischen Strukturen oktroyiert.

Auch in Deutschland verschärfte die Wirtschaftskrise die politischen Probleme massiv. Der ohne parlamentarische Mehrheit regierende Reichskanzler Heinrich Brüning sah als Hauptproblem das Ungleichgewicht des Staatshaushaltes und versuchte der Krise durch Stärkung der Währung und Kürzung der öffentlichen Ausgaben, insbesondere Sozialabbau und Lohnabbau bei den öffentlichen Bediensteten, Herr zu werden. Diese Massnahmen verstärkten indessen den Teufelskreis aus sinkenden Preisen, Produktionseinschränkungen, Arbeitsplatzabbau und sinkender Nachfrage und führten auch zu einem weiteren Rückgang der Steuereinnahmen. Die Folgen waren verhängnisvoll. Die ohnehin instabile Weimarer Demokratie verlor zunehmend an Glaubwürdigkeit. Zwischen 1930 und 1932 stieg die NSDAP, bislang eine Splittergruppe, zur mit Abstand wählerstärksten Partei auf. Auf der Linken vermochte die Kommunistische Partei besonders bei ungelernten Arbeitern und Arbeitslosen zu punkten. Zum Zeitpunkt der Ernennung Hitlers zum Reichskanzler am 30. Januar 1933 hatte die Arbeitslosigkeit eine Quote von beinahe 30 % erreicht. Das neue Regime beendete den bisherigen Sparkurs. Unter der Leitung des Bankers Hjalmar Schacht, ab 1933 Reichbankpräsident und ab 1934 auch Reichswirtschaftsminister, ging Deutschland zu einer aktiven Beschäftigungspolitik über, die die Arbeitslosigkeit in den folgenden Jahren fast gegen Null sinken liess. Insbesondere der Bau von Autobahnen und die in Vorbereitung des geplanten Eroberungskrieges forcierte Aufrüstung schufen viele Arbeitsplätze. Finanziert wurden diese Programme einerseits – in Erwartung des zukünftigen Raubkrieges – auf Kredit, andererseits durch einen massiven Abbau der Reallöhne, die zwischen 1933 und 1938 um rund ein Viertel zurückgingen.

Aktive Krisenbekämpfung

Erst allmählich gingen auch demokratische Regierungen zu einer aktiven Krisenbekämpfung über. Ein Vorreiter war Schweden: Nach dem sozialdemokratischen Wahlsieg von 1932 bekämpfte die neue Regierung mit Beschäftigungsprogrammen und Agrarsubventionen die Auswirkungen der Krise. 1936 gingen Sozialdemokraten und Bauernpartei eine Koalition ein und legten ein umfassendes Programm zum Ausbau des Wohlfahrtsstaates vor. In den USA wusste der republikanische Präsident Herbert Hoover der Krise kaum etwas entgegenzusetzen. In den Wahlen Ende 1932 unterlag er in einem politischen Erdrutsch dem demokratischen Kandidaten Franklin Delano Roosevelt. Dieser versuchte mit seinem „New Deal“ den wirtschaftlichen Abwärtstrend zu stoppen und den sozialen Folgen der Depression entgegenzutreten. Zur Wirtschaftsbelebung wurden 122’000 öffentliche Gebäude, eine Million Kilometer Strassen und 77’000 Brücken gebaut. Paradestück dieser öffentlichen Investitionen war die „Tennessee Valley Authority“, die im Tennessee-Tal zwanzig Staudämme errichtete. Ein freiwilliger Arbeitsdienst führte Aufforstungen und Bodenverbesserungen durch. Der Agrarkrise versuchte die Administration Roosevelt durch Mindestpreise und eine Reduktion der landwirtschaftlichen Produktion Herr zu werden. Zur Verhinderung einer Wiederholung des Spekulationscrashs von 1929 wurden die Börsen unter staatliche Aufsicht gestellt. Auch führte die Roosevelt-Regierung eine Reihe sozialpolitischer Reformen durch, die für die USA revolutionär waren. Dazu gehörten die rechtliche Anerkennung der Gewerkschaften, ein formelles Streikrecht, das Verbot der Kinderarbeit, die Einführung eines progressiven Steuersystems, Mindestlöhne für Industriearbeiter, eine staatliche Rente und die 40-Stunden-Woche. Herzstück der Roosevelt’schen Sozialpolitik war der „Social Security Act“ von 1935, der eine Alters-, Arbeitslosen- und Unfallversicherung einführte. Konjunkturpolitisch war die Bilanz des „New Deal“ durchzogen. Die verschiedenen Massnahmen hatten zunächst eine belebende Wirkung, die jedoch nur kurzzeitige Linderung verschaffte. Als Roosevelt 1937 die Staatsausgaben zur Eindämmung der Staatsverschuldung wieder kürzte, fiel das Land erneut in eine Rezession. Erst die gesteigerte Kriegsproduktion ab 1939 und verstärkt ab 1941 sorgte für die vollständige Erholung der amerikanischen Wirtschaft.

In Auseinandersetzung mit der Weltwirtschaftskrise entstand eine neue ökonomische Denkschule, die die Krisenbekämpfungsmassnahmen theoretisch untermauerte. Der polnische Ökonom Michał Kalecki und der schwedische Finanzminister Ernst Wigforss hatten schon frühzeitig eine antizyklische Konjunkturpolitik des Staates gefordert, der im Aufschwung zur Inflationsbekämpfung Kaufkraft abschöpfen, in der Krise dagegen zur Stützung der gesamtwirtschaftlichen Nachfrage die Ausgaben erhöhen solle. Bedeutendster Vertreter dieses Ansatzes sollte der britische Ökonom John Maynard Keynes werden, der 1936 mit seiner Abhandlung „General Theory of Employment, Interest and Money“ die Grundannahme der klassischen Wirtschaftstheorie, dass sich der freie Markt immer auf ein Gleichgewicht hin bewege, in Frage stellte und zur Überwindung der Deflationsspirale eine schuldenfinanzierte Ankurbelung der Nachfrage durch den Staat („deficit spending“) empfahl. Während in den 30er-Jahren der Keynesianismus in den Wirtschaftswissenschaften noch wenig Anhänger hatte, wurde er nach 1945 bis in die 70er-Jahre zur dominanten Theorie.

Auch der Schweizer Bundesrat verhielt sich in der Krise zunächst passiv. Der Bund vergab zwar ab Ende 1931 Kredite für Exportindustrien, kontingentierte Importe und beschloss verschiedene punktuelle Massnahmen. Die Hauptsorge galt aber dem Bundeshaushalt, der durch krisenverschärfende Sparmassnahmen bei Subventionen und Gehältern ausgeglichen werden sollte. Im Sommer 1933 lehnten die Stimmberechtigten in einer Referendumsabstimmung aber das „Bundesgesetz über die vorübergehende Herabsetzung der Besoldungen, Gehälter und Löhne der im Dienste des Bundes stehenden Personen“ mit knapp 55% Nein-Stimmen ab. Demgegenüber betrieben Kantone und Gemeinde teilweise eine aktive Krisenbekämpfungspolitik. Der sozialdemokratisch dominierte Zürcher Stadtrat führte 1931 eine obligatorische, von der Stadtkasse subventionierte Arbeitslosenversicherung ein. Als Arbeitsbeschaffungsmassnahme wurden Renovationsarbeiten unterstützt. Als die Firma Escher Wyss 1935 nahe am Konkurs stand, kaufte die Stadt ihre Liegenschaft und vermietete sie ihr zu günstigen Konditionen, um die 1’000 Arbeitsplätze zu retten.

Krisenbekämpfungsrezepte von links…

Vor diesem Hintergrund lancierte der Verband des Personals öffentlicher Dienste (VPOD) Ende 1933 ein Projekt zur Überwindung der wirtschaftlichen und politischen Krise. Dieser „Plan der Arbeit“ lehnte sich stark an die Konzepte des belgischen Sozialisten Hendrik de Man an, der zur Bekämpfung der faschistischen Bedrohung und der Wirtschaftskrise eine Allianz von Arbeitern, Angestellten, Bauern, Kleingewerbe und selbständig erwerbendem Mittelstand anstrebte („Het Plan De Man“). Ein kurzfristiges Aktionsprogramm sah die Überführung von Unternehmen mit Monopolstellung sowie international tätigen Industrie- und Finanzfirmen in die öffentliche Hand vor. Im Unterschied zur real existierenden Planwirtschaft der Sowjetunion – deren Industrie in jenen Jahren spektakuläre Wachstumsraten verzeichnete, die allerdings auf einer gnadenlosen Ausbeutung der Arbeiterschaft basierten und 1932/33 einhergingen mit einer grossen Hungersnot infolge der erzwungenen Kollektivierung der Landwirtschaft – sollten aber die demokratischen Rechte und Freiheiten der arbeitenden Bevölkerung nicht angetastet werden. Ab Januar 1934 trieb eine Gruppe von Ökonomen, Gewerkschaftern und Fachleuten aus Industrie und Landwirtschaft als „Planwirtschaftskommission des VPOD“ die Planideen voran und machte sie durch Artikel in der sozialdemokratisch-gewerkschaftlichen Presse, Referate und Konferenzen einer breiteren Öffentlichkeit bekannt. Im Januar 1935 sprach sich ein ausserordentlicher SP-Parteitag für den „Plan der Arbeit“ aus, worauf eine „Plankommission“ in Zürich zur weiteren Koordination der Planbewegung geschaffen wurde.

Weniger weit ging die im Mai 1934 vom Schweizerischen Gewerkschaftsbund lancierte Eidgenössische Volksinitiative „zur Bekämpfung der Wirtschaftskrise“, zumeist kurz als „Kriseninitiative“ bezeichnet. Sie wollte den Bund zur Abkehr von der krisenverschärfenden Deflationspolitik und einer aktiven Krisenbekämpfung verpflichten, notfalls in Abweichung von der Handels- und Gewerbefreiheit und unter Mitwirkung der Kantone und Wirtschaftsverbände. Dabei sollten ähnliche Massnahmen wie beim „New Deal“ ergriffen werden: Bekämpfung des Abbaus von Löhnen sowie landwirtschaftlichen und gewerblichen Produktepreisen, staatliche Arbeitsbeschaffungsprojekte, Entlastung überschuldeter landwirtschaftlicher und gewerblicher Betriebe, Arbeitslosenversicherung, Förderung von Export und Fremdenverkehr, Kontrolle von Kapitalmarkt, Kapitalexport, Kartellen und Trusts. Dem Initiativkomitee gehörten neben dem Schweizerischen Gewerkschaftsbund die Verbände der Angestellten und Beamten sowie die sich zunehmend von den Bauern-, Gewerbe- und Bürgerparteien entfremdende Jungbauernbewegung an. Die von rekordverdächtigen 334’699 Stimmberechtigten unterzeichnete „Kriseninitiative“ stand in einem gewissen Konkurrenzverhältnis zum radikaleren „Plan der Arbeit“, was innerhalb der Linken zu Konflikten führte. Diesen lag nicht zuletzt die Frage zugrunde, ob es sich bei der Grossen Depression um eine System- oder lediglich eine Konjunkturkrise handelte.

Der Abstimmungskampf war heftig. Bundesrat und bürgerliche Parteien lehnten die Initiative ab und malten den Übergang zu einer sozialistischen Diktatur sowie den Staatsbankrott an die Wand. Sogar Bankkunden beim Schalterverkehr wurden auf die Gefahren der „Kriseninitiative“ hingewiesen. Hermann Häberlin vom Arbeitgeberverband Schweizerischer Maschinen- und Metallindustrieller bezeichnete die Initiative als „trojanisches Pferd“, als „schlauen Schachzug der roten Regisseure, um in die Reihen des bürgerlichen Gegners einzudringen“. Der katholisch-konservative Bundesrat Philipp Etter machte sich als Gegenentwurf für eine „lebendige Ordnung der Wirtschaft durch ihre eigenen Träger, durch die Berufsstände“, also für ein korporatistisches Modell stark. Die Initianten mit der Zeitung „Die Nation“ als Sprachrohr propagierten hingegen eine „Front der Arbeit“, ein Zusammengehen aller Werktätigen der Unter- und Mittelschichten und der sie vertretenden Parteien und Verbände. Der intensive Abstimmungskampf führte zu einer hohen Stimmbeteiligung von 84,4 %. Die „Kriseninitiative“ wurde im Juni 1935 zwar abgelehnt, erzielte mit 42,8 % Ja-Stimmen aber einen Achtungserfolg. Annehmende Mehrheiten gab es in den Kantonen Bern, Solothurn, Basel-Stadt und Basel-Land sowie Schaffhausen. Nach dem Scheitern der „Kriseninitiative“ kam auch die Bewegung für den „Plan der Arbeit“ zum Erliegen.

… und von rechts

Wenige Wochen vor der „Kriseninitiative“ war eine weitere Volksinitiative lanciert worden, die ebenfalls auf die Krisensituation reagierte: die Initiative für eine Totalrevision der Bundesverfassung. Sie verlangte eine Neuwahl des Parlaments sowie die Erarbeitung einer neuen Bundesverfassung. Was vordergründig eine rein staatsrechtliche Vorlage war, zielte effektiv auf eine Umwälzung der politischen Ordnung sowie der Wirtschaftsverfassung und Arbeitsbeziehungen ab. Die Initianten erhofften sich nämlich einen Rechtsrutsch bei den Wahlen und eine neue Verfassung im Sinne eines „Ständestaates“ oder einer „autoritären Demokratie“. Die Vorstellung, die liberale Demokratie aus dem 19. Jahrhundert habe ebenso abgewirtschaftet wie der ungezügelte Marktkapitalismus, war in rechten Kreisen damals weit verbreitet. Als wesentliche Elemente einer neuen Ordnung erstrebten rechtsbürgerliche, rechtskatholische und frontistische Kräfte eine Einschränkung oder gar Abschaffung des Parlamentarismus, eine starke Führerfigur (häufig als „Landammann“ bezeichnet) an der Staatsspitze, die Regulierung der Arbeitsbeziehungen in berufsständischen Körperschaften und die Übertragung wirtschafts- und sozialpolitischer Kompetenzen vom Parlament an einen aus Vertretern der „Berufsstände“ und Wirtschaftsverbände gebildeten „Wirtschaftsrat“. Nach Anfängen im Sozialkatholizismus seit den 1880er-Jahren hatten sich korporatistische Ideen in der Umbruchsphase um 1918 verstärkt. Nach dem Landesstreik geisterte eine Vielzahl von Vorschlägen herum, die Alternativen zum ungezügelten Kapitalismus wie auch zum marxistischen Sozialismus skizzierten. Die katholischen Gewerkschaften machten sich dabei für korporatistische Ideen stark. Eine zentrale Rolle spielte der Fribourger Abbé André Savoy. 1924 bildete sich die Vereinigung „Amis de la corporation“.

Während der Wirtschaftskrise weitete sich diese Diskussion aus und wurde auch Gegenstand konkreter Bestrebungen. Dabei blieb häufig diffus, was mit den Konzepten „Ständestaat“, „Korporationen“ und „Berufsständen“ überhaupt gemeint war. Der freisinnige Wirtschaftsminister Edmund Schulthess sprach denn auch im Oktober 1933 im Nationalrat von „vagen Ideen […], über deren Gestaltung die Meinungen weit auseinandergehen. Unter den Korporationen versteht doch ein jeder etwas anderes.“ Von den grossen Parteien waren die Katholisch-Konservativen und ihr christlichsozialer Flügel Hauptträger des korporatistischen Gedankens. Bereits 1929 nahm die Konservative Volkspartei die berufsständische Ordnung in ihr Wirtschafts- und Sozialprogramm auf. Der führende Jungkonservative Hermann Cavelti jubelte daraufhin: „Mit der Wucht einer geistigen Gegenrevolution tritt dem kapitalistischen und proletarischen Klassenstaat eine Renaissance des Ständegedankens entgegen.“ Der katholisch-konservative Parteitag vom Juli 1933 erliess Richtlinien zur „Neuordnung des Verhältnisses von Staat und Wirtschaft im Sinne des berufsständischen Aufbaus der Volkswirtschaft“ und setzte eine Kommission zur Vorbereitung einer Revision der Bundesverfassung ein, die eine Stärkung der Staatsautorität, die Verankerung des öffentlichen Lebens im Geist des Christentums und einen berufsständischen Aufbau der Wirtschaft zum Ziel haben sollte. Wenige Tage zuvor hatte der Christlichnationale Gewerkschaftsbund ein berufsständisches Aktions- und Wirtschaftsprogramm verabschiedet.

Unklar blieb dabei, ob eine berufsständische Ordnung ins institutionelle Gefüge der bestehenden Demokratie eingebaut oder wie in Österreich und Portugal zur Grundlage eines autoritären Staates ohne Parteien und freie Wahlen werden sollte. Exemplarisch zeigt sich dies in Philipp Etters Schriften von 1933/34: Etter bestritt einerseits, dass „die korporative Gliederung der Gesellschaft sich mit einer demokratischen Staatsordnung nicht vereinen lasse“. Die Korporationen würden sich „aus innerer Notwendigkeit“, nicht durch Zwang entwickeln. Die Aufgabe des Staates bestehe darin, „eine gesunde Form des korporativen Gedankens zu fördern und die korporative Ordnung organisch in den neuen Staat einzubauen“. Im selben Abschnitt fuhr er aber weiter: „Mit der liberalen Demokratie freilich verträgt sich die berufsständische Ordnung nicht […]. Dagegen bildet die korporative Gliederung der Gesellschaft gerade eine der Grundlagen der christlichen Demokratie.“ Als deren wesentliches Merkmal betonte er den Einbau von „Autoritätskörpern“ in die Staatsordnung: „Wenn wir eine ‚autoritäre Demokratie’ an die Stelle der liberalen Demokratie setzen […] wollen, dann müssen wir den ersten und letzten, stärksten und mächtigsten Träger der Autorität, den Herrgott, wieder einbauen in den Staat! […] Die autoritäre Demokratie muss eine christliche Demokratie sein und den haltlosen liberalen Freiheitsbegriff durch den christlichen Begriff der Freiheit ersetzen.“ Zur institutionellen Ausgestaltung einer solchen Ordnung mochte er sich nicht äussern: „Das Wesentliche liegt für mich beim Inhalt, nicht der Form. Trotzdem wäre es verfehlt […], wenn man annehmen wollte, dass nicht auch unsere schweizerische Demokratie in ihrer formalen Gestaltung einen Umbruch erfahren wird. Wie dieser Umbruch sich vollziehen und konsolidieren wird, das wissen wir heute noch nicht.“

Vor allem zwei katholische Rechtsintellektuelle leisteten für diese Bestrebungen gedankliche Vorarbeit: Der Freiburger Patrizier und Kulturhistoriker Gonzague de Reynold, der in engem Kontakt mit Etter stand, vertrat seit 1919 ständestaatliche Ideen. 1929 verklärte er im umstrittenen Buch „La Démocratie et la Suisse“ das ständisch gegliederte Ancien Régime zur Blütezeit der Schweiz. Die gegenwärtige liberaldemokratische Staatsform führe zu Mittelmass und werde dem Sozialismus und Internationalismus verfallen. Dagegen träumte er von einer Mischverfassung mit starker Führerfigur, aber ohne gewähltes Bundesparlament. Die Berufsgruppierungen als „organes vitaux de la nation“ sollten Vertretungskörperschaften auf allen Staatsebenen erhalten. Weiters sollten Juden, Freimaurer und Eingebürgerte von politischen Ämtern ausgeschlossen, den Juden das Bürgerrecht entzogen, die Pressefreiheit eingeschränkt und Produktion und Handel gegen Monopole, Trusts, jüdische Warenhäuser und sozialistische Gewerkschaften geschützt werden. Eine wichtige Rolle spielte auch der Wirtschafts- und Sozialwissenschaftler Jacob Lorenz, der ab 1935 ebenfalls eine Professur in Fribourg bekleidete. Im Mai 1933 gründete er als katholisch-korporatistische Antwort auf die „Fronten“ die Zeitschrift „Das Aufgebot“, um die sich eine gleichnamige Bewegung formierte. Im Zentrum stand die „Erneuerung“ von Staat und Gesellschaft im christlich-korporatistischen Sinne, begleitet von antiliberalen, antisozialistischen, antisemitischen und fremdenfeindlichen Tönen.

Forderungen nach einer korporativen Neuordnung kamen auch aus Wirtschaftskreisen, die angesichts der Krise der liberalen Wirtschaftstheorie eine gelenkte Ökonomie jenseits sozialistischer Konzepte anstrebten. Der Präsident des Schweizerischen Gewerbeverbandes, der Freisinnige August Schirmer, legte 1933 einen Entwurf für einen schweizerischen Korporationenstaat vor. Gemäss diesem „St. Galler Entwurf“, der von der FDP St. Gallen übernommen wurde, sollten die Wirtschaftsverbände und ein vom Bundesrat aus ihren Reihen zu ernennender Wirtschaftsrat zusammen mit der Landesregierung die Wirtschaft lenken. Im selben Jahr gründeten kantonale Gewerbesekretäre die korporatistische Bewegung „Neue Schweiz“, die dann 1936 in der „Aufgebot“-Bewegung aufging.

Ebenfalls prominent waren korporatistische Forderungen in den Programmen der „Fronten“, die nach Hitlers Machtübernahme im „Frontenfrühling“ einen kurzlebigen Aufschwung erlebten. Robert Tobler und Paul Lang von der im studentischen Milieu entstandenen „Neuen Front“ legten 1932 detaillierte Ideen zum Korporatismus vor. Ihre sich auf den österreichischen Ständetheoretiker Othmar Spann berufenden Abhandlungen forderten eine von den Wirtschaftsverbänden zu bildende „Wirtschaftskammer“, die die wirtschaftspolitischen Kompetenzen des Parlaments übernehmen sollte, und einen vom Volk gewählten „Landammann“. Noch weiter gehen wollte Emil Sonderegger, ehemaliger Generalstabschef der Schweizer Armee und nun in mehreren „Fronten“ aktiv. In seiner Streitschrift „Ordnung im Staat“ forderte er 1933 ein „Loskommen von den Gedanken der französischen Revolution“, insbesondere vom Gleichheitsgedanken, der „auf seltsame und verhängnisvolle Weise beeinflusst“ worden sei „durch den Aufstieg des Judentums“. Ziel müsse die „Ungleichheit ohne Ungerechtigkeit“ sein. Der Kampf gelte der „rot-jüdischen Front“ aus Kommunisten, Sozialdemokraten, religiös-sozialen Pfarrern, Pazifistinnen und Teilen der Freimaurerei. Dazu forderte Sonderegger eine neue Bundesverfassung mit einer „unparlamentarischen Regierung“ unter Leitung eines „Landammanns“, der auch die Gesetzgebung obliegen sollte, einer „beratenden Bundesversammlung“ mit „politischen“ und „wirtschaftlichen“ Abteilungen, die durch das Volk, die Kantonsregierungen, Berufsverbände und Bundesregierung gewählt werden sollte, die staatliche Anerkennung von Berufsverbänden als Standesvertretung, ein Verbot der Einbürgerung von „Angehörigen der jüdischen Rasse“ sowie Einschränkung der Pressefreiheit.

Auch gab es Versuche zur Umsetzung korporatistischer Modelle. Bereits 1919 bis 1924 hatte in der Ostschweiz der von den Arbeitgebern initiierte, auf die Stickereiindustrie konzentrierte „Volkswirtschaftsbund“ als Zusammenschluss von Arbeitgeber- und -nehmerverbänden existiert. In Genf entstand aus der Zusammenarbeit von christlichen Gewerkschaften und Arbeitgebern 1931 die „Fédération genevoise des corporations“, die bis 1946 existierte. Zwei Gesetzesentwürfe für die Errichtung von Korporationen im Kanton Fribourg von 1933/34 traten nicht in Kraft, da die Konservativen ein negatives Gerichtsurteil fürchteten, das zum Präzedenzfall hätte werden können. In den Kantonen Wallis, Solothurn, Luzern, Zürich und St. Gallen wurden zeitgleich konservative Vorstösse für die Einrichtung kantonaler Korporationssysteme eingereicht. Auf Bundesebene unternahm der christlichsoziale Nationalrat Josef Scherer 1931 einen Vorstoss für die „Demokratisierung des Wirtschaftslebens auf der Grundlage der berufsständischen Organisation“. Im März 1934, wenige Wochen nach dem Sieg der ständestaatlichen Kräfte im kurzen österreichischen Bürgerkrieg, verlangte dann der katholisch-konservative Finanzminister Jean-Marie Musy vom Gesamtbundesrat ultimativ, aber erfolglos die Verabschiedung eines Sparprogramms und die Einrichtung einer berufsständischen Ordnung und demissionierte daraufhin.

Im selben Monat lancierte die Nationale Front die Volksinitiative für eine Totalrevision der Bundesverfassung, die zeitgenössisch oft als „Fronteninitiative“ bezeichnet wurde. Mitinitianten waren die katholisch-konservative Jugendorganisation, Jacob Lorenz’ Aufgebot-Bewegung sowie kleinere frontistische Gruppierungen. Über das Lager der Initianten hinaus genoss die Initiative in jungliberalen, liberalkonservativen, katholisch-konservativen, rechtsintellektuellen und militärischen Kreisen Sympathien. Der Arzt und Offizier Eugen Bircher, Politiker der Bauern-, Gewerbe- und Bürgerpartei und Präsident der Bürgerwehr-Dachorganisation „Schweizerischer Vaterländischer Verband“ (vgl. SozialarchivInfo 3/2019), konstatierte, die Schweiz sei „in Ochlokratie entartet“, und kritisierte das angebliche „Versagen des heutigen Parteiensystems“. Ihr fundamentaler „Grundsatz der natürlichen Gleichheit“ sei „wissenschaftlich unhaltbar“ und widerspreche „allen Erfahrungen des gesunden Menschenverstandes“ – vielmehr gebe es „biologische Differenzen“ zwischen den Individuen wie auch den „Völker[n] und Rassen“. Deshalb müsse die Schweiz „von der ‚quantitativen’ Demokratie zur ‚qualitativen’ übergehen“. Als Elemente nannte er ein „Gildensystem“, die Beschneidung der „Auswüchse der Sozialversicherung“ und Einschränkung der Pressefreiheit. Hans Frick, Ausbildungschef der Armee, meinte, eine revidierte Verfassung müsse dokumentieren, „dass die liberal-demokratische Ära abgelaufen ist und von der autoritären abgelöst wird“. Die „christliche Lehre“ müsse „wieder oberstes Grundgesetz des Staates“ werden, die Presse- und Vereinsfreiheit eingeschränkt, der Nationalrat abgeschafft, der Ständerat in eine geheim tagende Vertretung der Kantonsregierungen mit eingeschränkten Kompetenzen umgewandelt und ein „obligatorisches Schiedsverfahren in allen wirtschaftlichen Konflikten […] durch die beteiligten Wirtschaftsverbände“ eingeführt werden.

Bei der Abstimmung über die Revisionsinitiative empfahlen nebst den Initianten auch die Konservative Volkspartei und kleinere rechte Gruppierungen Zustimmung. Die Bauern-, Gewerbe- und Bürgerpartei des Kantons Bern gab Stimmfreigabe. Die beiden wählerstärksten Parteien, die Sozialdemokratie und der Freisinn, lehnten das Begehren ab. In Inseraten nannten die Initiativgegner teilweise den österreichischen „Ständestaat“ als abschreckendes Beispiel. SP-Fraktionschef Arthur Schmid warnte vor „den Lobrednern des autoritären christlichen Ständestaates, von dem übrigens kein Mensch weiss, wie er aussieht, ob das österreichische Muster oder das italienische oder deutsche oder das Muster der alten Zunftständeautorität massgebend sein soll.“ Im September 1935, drei Monate nach der Abstimmung über die „Kriseninitiative“, wurde die von 78’050 Stimmberechtigten unterzeichnete Revisionsvorlage mit 72,3 % Nein verworfen. Die Ablehnung war damit weit deutlicher als vier Monate zuvor bei einer ähnlichen Volksinitiative im benachbarten Liechtenstein, die immerhin auf 47,3 % Ja-Stimmen kam. Annehmende Mehrheiten gab es in den katholischen Kantonen Fribourg, Obwalden, Wallis und (mit einer Stimme Differenz!) in Appenzell-Innerrhoden, hingegen scheiterte die Initiative in den Kantonen Zürich und Schaffhausen, die als Hochburgen der Frontenbewegung galten, mit je etwa 80 % Nein-Stimmen massiv. Damit hatte die autoritär-korporatistische Bewegung ihren Zenit überschritten, auch wenn sie 1940 in der Verunsicherung nach der Niederlage Frankreichs nochmals einen gewissen Aufschwung erleben sollte.

Krisenbekämpfung im Wandel nach der Doppelabstimmung von 1935

Nachdem der Souverän 1935 die Rezepte von links und rechts zur Bekämpfung der Krise – in unterschiedlicher Deutlichkeit – abgelehnt hatte, ergaben sich in der Folgezeit Entwicklungen, die punktuell Ansätze beider Richtungen aufgriffen, diese aber in den helvetischen Konsens der „geistigen Landesverteidigung“ einbetteten. Das durch eine Anleihe über 235 Millionen Franken finanzierte ausserordentliche Rüstungsprogramm vom Sommer 1936 war zugleich eine Arbeitsbeschaffungsmassnahme und ergänzte die Programme von Kantonen und Gemeinden. Im September gleichen Jahres beschloss der Bundesrat die Abwertung des Frankens um 30 % – nachdem noch im Abstimmungskampf über die Kriseninitiative die Initiativgegner den bisherigen Frankenkurs zur Existenzfrage erklärt und die Initianten als „Totengräber des Schweizerfrankens“ kritisiert hatten. Das lange Festhalten an einem zu hohen Wechselkurs belastete die Exportwirtschaft aber schwer und verschärfte die Krise. In den Arbeitsbeziehungen ging die Entwicklung in Richtung eines Modells, das in den Sozialwissenschaften später als „liberaler Korporatismus“ bezeichnet werden sollte. Nach der Frankenabwertung unternahm der Bundesrat zwar einen Schritt zur autoritären Regulierung. Aus Furcht vor einer Streikwelle ermächtigte er das Volkswirtschaftsdepartement zur Zwangsschlichtung, obwohl Arbeitgeber und Gewerkschaften dies mehrheitlich ablehnten. Als Reaktion bemühten sich die Sozialpartner um den Ausbau vertraglicher Beziehungen. Meilensteine waren das „Friedensabkommen“ in der Maschinen- und Metallindustrie von 1937 sowie im folgenden Jahr der erste „Landesmantelvertrag“ im Baugewerbe (vgl. SozialarchivInfo 2/2017).

Auch in die Ende der 30er-Jahre erarbeiteten Wirtschaftsartikel gingen Elemente aus den Krisendiskussionen der Vorjahre ein. Die 1939 von den eidgenössischen Räten verabschiedete Vorlage liess staatliche Massnahmen zum Schutz der Landwirtschaft, wirtschaftlich bedrohter Landesteile und gegen Kartelle zu und sah liberal-korporatistische Elemente wie den Einbezug der Verbände in Gesetzesvorbereitung und -vollzug sowie die Möglichkeit zur Allgemeinverbindlicherklärung von Gesamtarbeitsverträgen vor. Wegen des Zweiten Weltkriegs traten die Bestimmungen nicht in Kraft, sie bildeten dann aber die Grundlage der 1947 vom Volk angenommenen Wirtschaftsartikel der Bundesverfassung.

Material zum Thema im Sozialarchiv (Auswahl)

Archiv

  • Ar 1.240.9 (1) Sozialdemokratische Partei der Schweiz: Kriseninitiative
  • Ar 1.320.1 Sozialdemokratische Partei der Schweiz: Bundesverfassung
  • Ar 27.70.2 Sozialdemokratische Partei des Kantons Zürich: Abstimmungen 1926–1935
  • Ar 39.10.1-5 Schweizerischer Verband des Personals öffentlicher Dienste vpod: Plan der Arbeit
  • Ar 39.20.5 Schweizerischer Verband des Personals öffentlicher Dienste vpod: Bundesverfassung, Bundespersonal
  • Ar 73.81.5 Christlicher Holz- und Bauarbeiterverband der Schweiz: CAB-Geschichte
  • Ar 103.20.38 Max Weber: Broschüren und Separata
  • Ar 593.10.1 Dokumentation Arbeitskonflikte Ostschweiz: Akten nach Jahren geordnet
  • Ar CNG 05-008 Christlichnationaler Gewerkschaftsbund der Schweiz: Kriseninitiative: Abstimmungsmaterial
  • Ar CNG 05-021 Christlichnationaler Gewerkschaftsbund der Schweiz: Aktions- und Wirtschaftsprogramm des Christlichnationalen Gewerkschaftsbundes
  • Ar SGB G 254/1 Schweizerisches Gewerkschaftsbund: Kriseninitiative
  • Ar SGB G 254/2 Schweizerisches Gewerkschaftsbund: Aktionskomitee (Wirtschaftskrise) 1934–1935
  • Ar SGB G 258/1 Schweizerisches Gewerkschaftsbund: Aktionskomitee (Wirtschaftskrise) 1933–1934
  • Ar SGG A 81 A 1935 e Schweizerische Gemeinnützige Gesellschaft: Kriseninitiative
  • Ar SMUV 01D-0043 SMUV Gewerkschaft Industrie, Gewerbe, Dienstleistungen: Kriseninitiative
  • Ar SMUV 05G-0020 SMUV Gewerkschaft Industrie, Gewerbe, Dienstleistungen: Kriseninitiative Aktion Unterschriftensammlung und Mitgliederwerbung
  • Ar SMUV 06A-0002 SMUV Gewerkschaft Industrie, Gewerbe, Dienstleistungen: Kriseninitiative: Befürwortendes und gegnerisches Propagandamaterial; Zeitungsausschnitte; Listen Aktionskomitee; Unterschriftensammlung; Korrespondenz
  • Ar VHTL 06A-0001 Gewerkschaft Verkauf Handel Transport Lebensmittel: Gewerkschaftliche Postulate: Kriseninitiative
  • Ar VSA 04-006 Vereinigung schweizerischer Angestelltenverbände: VSA Dokumentation zur Kriseninitiative

Sachdokumentation

  • KS 32/70:1+2 Ständestaat, Korporationenstaat
  • KS 32/103 Eidgenössische Abstimmungen
  • KS 34/28b Schweizerische Bundesverfassung: Revisionen, Totalrevisionen
  • KS 331/250 Berufsgemeinschaften; Korporationen
  • KS 338/314 Wirtschaftspolitik, Konjunkturpolitik: Schweiz: „Kriseninitiative“: Broschüren, Flugschriften
  • KS 338/315 Wirtschaftspolitik, Konjunkturpolitik: Schweiz: „Kriseninitiative“: Zeitungsartikel

Bibliothek

  • Angst, Kenneth: Von der „alten“ zur „neuen“ Gewerbepolitik: Liberalkorporative Neuorientierung des Schweizerischen Gewerbeverbandes (1930–1942). Bamberg 1992, 95550
  • Baumann, R.: Die Angestellten für die Kriseninitiative, in: Gewerkschaftliche Rundschau 27 (1935). S. 140-144, MFB 31
  • Bircher, Eugen: Totalrevision der Bundesverfassung, in: Neue Schweizer Rundschau 2 (1934/35). S. 132-137, N 211
  • Böhler, E.[ugen]: Korporative Wirtschaft: Eine kritische Würdigung. Erlenbach-Zürich/Leipzig o. J. [1934], 6664
  • Bürgi, Markus und Mario König: Harry Gmür – Bürger, Kommunist, Journalist: Biographie, Reportagen, politische Kommentare. Zürich 2009, 120939
  • David, Thomas et al. (Hg.): La Crise des Années ’30 (= Traverse 1/1997). Zürich 1997, D 5397
  • De Reynold, Gonzague: La Démocratie et la Suisse: Essai d’une philosophie de notre histoire nationale. Bern 1929, 3364
  • De Reynold, Gonzague: Die Schweiz im Kampf um ihre Existenz. Luzern 1934, 7625
  • De Reynold, Gonzague: Selbstbesinnung der Schweiz. Zürich 1939, 10760
  • Etter, Philipp: Die vaterländische Erneuerung und wir. Zug 1933, 32/54a-1
  • Etter, Philipp: Die schweizerische Demokratie. Olten/Konstanz 1934, 32/54c-3
  • Ferrière, Adolphe: Ein überparteilicher Plan der Arbeit dem Schweizervolk: Wirtschaftsordnung auf demokratischer Grundlage: Ein Versuch, reine Soziologie auf die Gegenwart anzuwenden. Zürich 1936, 8939
  • Frick, H.[ans]: Totalrevision der Bundesverfassung, in: Neue Schweizer Rundschau 2 (1934/35). S. 137-141, N 211
  • Für die Kriseninitiative. Bern 1935, 331/171-1
  • Gehrig, Otmar: Das Christlichsoziale in der Politik unter besonderer Berücksichtigung des Christlichsozialen Arbeiterbundes der Schweiz 1919–1939. Winterthur 1969, 41814
  • Glaus, Beat: Die Nationale Front: Eine Schweizer faschistische Bewegung, 1930–1940. Zürich 1969, 40724
  • Gmür, Harry: Zur Diskussion über den „Plan der Arbeit“, in: Rote Revue 14 (1934/35). S. 38-43, N 11
  • Gysin, Arnold: Die Freiburger Entwürfe über die korporative Organisation, in: Gewerkschaftliche Rundschau 26 (1934). S. 142-146, MFB 31
  • Hackhofer, Karl: Berufsständischer Aufbau: Das Arbeitsverhältnis in der berufsständischen Ordnung, Bern o. J. [1934], 8138
  • Imhof, Kurt: Lernen von Aussen? Oder: Die Betrachtung des Irrationalen als Voraussetzung für die Vernunft: Programmatische Mutationen in der Krise der 30er Jahre, in: ders. et al. (Hg.): Zwischen Konflikt und Konkordanz: Analyse von Medienereignissen in der Schweiz der Vor- und Zwischenkriegszeit. Zürich 1993. S. 289-355, 96118: 1
  • Jost, Hans Ulrich: Die reaktionäre Avantgarde: Die Geburt der neuen Rechten in der Schweiz um 1900. Zürich 1992, 94101
  • Kaiser, Chantal: Bundesrat Jean-Marie Musy, 1919–1934. Fribourg 1999, 105414
  • Keller, Paul: Die korporative Idee in der Schweiz. St. Gallen 1934, 6313
  • Keller, Paul et al.: Die korporative Idee: Die Neuordnung der Wirtschaft: Drei Referate gehalten im Rotary Club St. Gallen im Januar und Februar 1934. St. Gallen o. J. [1934], Hg 2019
  • Koller, Christian: „Auf einem Schiffe regiert der Kapitän und kein Matrosenrat“ – Die Mitbestimmungsdebatte nach dem Schweizer Landesstreik, in: Schweizerische Zeitschrift für Geschichte 69 (2019). S. 49-72, D 6201
  • Eine Kundgebung des Aktionskomitees zur Bekämpfung der Wirtschaftskrise, in: Gewerkschaftliche Rundschau 27 (1935). 74-83, MFB 31
  • Lang, Otto: Die nationale Erneuerung und die Revision der Bundesverfassung, in: Rote Revue 14 (1935/36). S. 12-22, N 11
  • Lang, Paul: Tote oder lebendige Schweiz? Versuch eines Systems politischer Morphologie, entwickelt an der Dynamik des eidgenössischen Staates. Zürich 1932, 4517
  • Lardelli, Albert: Kriseninitiative und Staatsfinanzen. Aarau o. J., 331/171-3
  • Lepori, Antonio: Le réception de Quadragesimo Anno en Suisse romande, in: Altermatt, Urs (Hg.): Schweizer Katholizismus zwischen den Weltkriegen 1920–1940. Fribourg 1994, S. 57-68, 95435
  • Lorenz, J.[acob]: Korporativer Aufbau: Gedanken und Anregungen. Olten/Konstanz 1932, 331/250-2
  • Maspoli, Philippe: Le corporatisme et la droite en Suisse romande. Lausanne 1993, 95831
  • Mattioli, Aram: Zwischen Demokratie und totalitärer Diktatur: Gonzague de Reynold und die Tradition der autoritären Rechten in der Schweiz. Zürich 1994, 96640
  • Mattioli, Aram (Hg.): Intellektuelle von rechts: Ideologie und Politik in der Schweiz 1918–1939. Zürich 1995, 98854
  • Morandi, Pietro: Krise und Verständigung: Die Richtlinienbewegung und die Entstehung der Konkordanzdemokratie 1933–1939. Zürich 1995, 100304
  • Müller, Philipp: Die Schweiz in der Krise (1929–1936): Währungs-, Finanz-, Wirtschafts- und Sozialpolitik der Schweizerischen Eidgenossenschaft, in: David, Thomas et al. (Hg.): Krisen: Ursachen, Deutungen und Folgen. Zürich 2012. S. 187-206, 127105
  • Nobs, Ernst: Die Panikmacher siegen, in: Rote Revue 14 (1934/35). S. 313-315, N 11
  • Oprecht, Hans: Das Krisenprogramm der Gewerkschaften, in: Rote Revue 12 (1932/33). S. 94-100, N 11
  • Oprecht, Hans: Plan oder Programm?, in: Rote Revue 14 (1934/35). S. 23-30, N 11
  • Oprecht, Hans: Unsere Totalrevision, in: Rote Revue 14 (1934/35). S. 414-417, N 11
  • Der Plan der Arbeit: Entwurf des Verbandsvorstandes. o. O. 1934, 331/198a-1
  • Der Plan der Arbeit: Nationale Planwirtschaft in der Schweiz. Zürich 1934, 331/197-9
    Der Plan der Arbeit: Ein Ausweg aus Krise und Not: Parteitag der Sozialdemokratischen Partei der Schweiz in Luzern, 26./27. Januar 1935. Luzern 1935, Hf 4975
  • Der Plan der Arbeit: Ein Ausweg aus Krise und Not. Zürich o. J., 85439
  • Ruffieux, Roland: Le Mouvement chrétien-sociale en Suisse romande 1891–1949. Fribourg 1969, 41216
  • Scheiben, Oskar: Krise und Integration: Wandlungen in den politischen Konzeptionen der Sozialdemokratischen Partei der Schweiz 1928–1936: Ein Beitrag zur Reformismusdebatte. Zürich 1987, 83948
  • Schmid, Arthur: Ein Schicksalstag für die schweizerische Demokratie: Zur Abstimmung vom 8. September 1935, in: Rote Revue 14 (1934/35). S. 393-404, N 11
  • Schmid, Arthur: Ein Sieg der Demokratie: Zur Abstimmung vom 8. September 1935, in: Rote Revue 15 (1935/36). S. 54-60, N 11
  • Schmidlin, Fritz: Korporationen in der Schweiz, in: Rote Revue 14 (1934/35). S. 181-189, N 11
  • Schmidlin, Fritz: Die Methoden des 2. Juni: Rückblick auf einen Abstimmungskampf, in: Gewerkschaftliche Rundschau 27 (1935). S. 241-252, MFB 31
  • Schweizerisches Aktionskomitee zur Bekämpfung der Wirtschaftskrise (Hg.): Ueberwindung der Krise durch die Kriseninitiative. Bern 1935, 46652
  • Siegenthaler, Hansjörg: Regelvertrauen, Prosperität und Krisen: Die Ungleichmässigkeit wirtschaftlicher und sozialer Entwicklung als Ergebnis individuellen Handelns und sozialen Lernens. Tübingen 1993, 95438
  • Sonderegger, [Emil]: Ordnung im Staat. Bern o. J. [1933], 6185
  • Spühler, Willy: Kriseninitiative und Plan der Arbeit, in: Rote Revue 13 (1933/34). S. 327-330, N 11
  • Stadler, Peter: Die Diskussion um eine Totalrevision der schweizerischen Bundesverfassung 1933–1935, in: Schweizerische Zeitschrift für Geschichte 19 (1969). S. 75-169, D 4212
  • Tobler, Robert: Vom Ständestaat der Gegenwart. Zürich 1932, 32/70-12
  • Walter, Emil J.: Zur Kritik des „Plans der Arbeit“, in: Rote Revue 13 (1933/34). S. 363-366, N 11
  • Weber, Max: Korporationen?, in: Gewerkschaftliche Rundschau 25 (1933). S. 315-322, MFB 31
  • Weber, Max: Ueberwindung der Krise, in: Rote Revue 13 (1933/34). S. 289-293, N 11
  • Weber, Max: Zum belgischen Aktionsplan, in: Gewerkschaftliche Rundschau 26 (1934). S. 33-39, MFB 31
  • Weber, Max: Der Kampf um die Neuordnung der Wirtschaft, in: Gewerkschaftliche Rundschau 26 (1934). S. 133-141, MFB 31
  • Weber, Max: Der Kampf um die Bundesverfassung, in: Gewerkschaftliche Rundschau 27 (1935). S. 205-226, MFB 31
  • Weber, Quirin: Korporatismus statt Sozialismus: Die Idee der berufsständischen Ordnung im schweizerischen Katholizismus während der Zwischenkriegszeit. Fribourg 1989, 89426
  • Werner, Christian: Für Wirtschaft und Vaterland: Erneuerungsbewegungen und bürgerliche Interessengruppen in der Deutschschweiz 1928–1947. Zürich 2000, 107845
  • Wirz, Wolf: Lehren und Folgen der Revisionsabstimmung, in: Nationale Hefte 2 (1935/36). S. 309-320, N 237
  • Wolf, Walter: Faschismus in der Schweiz: Die Geschichte der Frontenbewegungen in der deutschen Schweiz, 1930–1945. Zürich 1969, 39590
  • Zaugg, Thomas: Bundesrat Philipp Etter (1891–1977): Eine politische Biografie. Basel 2020, 143561

Periodika

  • Das Aufgebot: Schweizerische Wochenzeitung für jedermann, Z 103
  • Die Nation: Unabhängige Zeitung für Demokratie und Volksgemeinschaft, Z 101
5. November 2020Christian Koller back