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Neu in der Datenbank Bild + Ton

F 5191 Zündholzfabrik Fischer, Fehraltorf

1860 gründete Heinrich Schätti in Fehraltorf eine «mechanisch-chemische Zündholz- und Baumwollwattenfabrik». Die Produktion von Zündhölzern war damals ein boomendes Gewerbe, im Kanton Zürich gab es Dutzende meist kleiner und kleinster Produktionsstätten. 1896 übernahm Gotthilf Heinrich Fischer den Betrieb, der mit siebzig Mitarbeitenden bald zu den grössten Zündholzproduzenten der Schweiz gehörte. Ausserdem produzierte Fischer Schuhcremen und Lederfette für den allgemeinen Hausgebrauch und für landwirtschaftliche Zwecke. Trotz Diversifizierung geriet das Unternehmen aber in Schieflage: Die Zahl der Mitarbeitenden sank drastisch und die aggressive Akquisitionspolitik des schwedischen Zündholzmagnaten Ivar Kreuger sorgte dafür, dass Fischer 1929 die Zündholzfabrikation aufgeben musste. Das Unternehmen bestand noch bis 1962 und war vor allem bekannt für die Lederpflegeprodukte.
Das Sozialarchiv konnte vor einiger Zeit die Restbestände des Unternehmensarchivs übernehmen. Die wenigen Objekte, welche die lange Zeitspanne seit der Betriebsaufgabe überstanden haben, sind nun digitalisiert und erschlossen: Zündhölzer aus eigener und fremder Produktion sowie Werbeschilder für Schuhcremen. (Das Papierarchiv ist noch nicht bearbeitet.)

F 5193 Rote Falken Bern

Im Sommer letzten Jahres feierten die Roten Falken Bern ihr 100-jähriges Bestehen. 1922 gründete Anny Klawa-Morf den ersten Schweizer Ableger der sozialistischen Kinder- und Jugendorganisation. Während langer Jahrzehnte blieben die Roten Falken der Arbeiterbewegung ideell verbunden und grenzten sich von anderen Organisationen wie den Pfadfindern oder dem Cevi ab. Von Anfang an standen die Aktivitäten beiden Geschlechtern offen. Partizipation und freie Meinungsbildung wurden gewünscht und gefördert. Nach einem Höhenflug noch vor dem Zweiten Weltkrieg sanken die Mitgliederzahlen danach stetig, nur wenige Ortsgruppen überlebten. Die Berner Falken führen nach einer jahrelangen inaktiven Phase mittlerweile wieder Veranstaltungen durch.
Der Bestand ergänzt das reichhaltige Material zu den Roten Falken im Sozialarchiv in interessanter Weise: Die bisher vorhandenen Fotobestände deckten vor allem die Zwischenkriegszeit ab. Von den Berner Falken gibt es nun auch visuelle Zeugnisse aus der zweiten Hälfte des letzten Jahrhunderts.

F 5192 Frauenkulturtage Zürich 1992

Eine kleine fotografische Dokumentation gibt Einblick in die 2. Frauenkulturtage von 1992. Während drei Tagen gab es in Zürich Vorträge, Tanzperformances, Workshops und einen feministischen Stadtrundgang. Weil nach der definitiven Schliessung der Frauenetage im Kanzleizentrum ein eigener Treffpunkt für frauenpolitische Veranstaltungen fehlte, fand der Anlass grösstenteils im Vortragssaal des Kunsthauses statt.

F 5185 Verlagsgenossenschaft Vorwärts, Bildarchiv

Von der Verlagsgenossenschaft der Zeitung «Vorwärts» haben wir einen umfangreichen Bildbestand erhalten. Rund 2’000 Fotos mehrheitlich aus der Zeit zwischen 1970 und 1990 aus dem analogen Redaktionsarchiv konnten in den letzten Monaten digitalisiert und erschlossen werden. Der «Vorwärts» erscheint seit 1945. Die Partei der Arbeit (PdA) publizierte während fast eines Jahrzehnts eine Tageszeitung, danach wechselte man auf eine wöchentliche Ausgabe. Der «Vorwärts» (nunmehr mit dem Untertitel «die sozialistische zeitung») erscheint bis heute, jedoch nur noch zweiwöchentlich.
Der Bestand deckt eine Fülle tagespolitischer Themen ab, die für die Linke damals wichtig waren. Präsent sind der Kampf gegen Kaiseraugst oder gegen das südafrikanische Apartheidregime, die politischen Initiativen der PdA zur Arbeitszeit oder Ausländerpolitik, Streiks oder die zahlreichen Aktionen gegen den «US-Imperialismus». Interessant ist der Bestand nicht zuletzt deshalb, weil der «Vorwärts» nebst dem Bildmaterial renommierter Pressefotograf:innen offensichtlich ebenso auf Bildzusendungen vieler Namenloser zählen konnte. So sind auch Ereignisse dokumentiert, die in der Bildberichterstattung anderer Presseorgane nicht vorkommen.

Labitzke-Areal, Zürich, 4.8.2014 (Foto: Diana Bärmann)
Labitzke-Areal, Zürich, 4.8.2014 (Foto: Diana Bärmann)

9.11.2023, 18 Uhr: «Labitzke-Farben» – solidarisches Wohnen

Veranstaltungsreihe «Schöner wohnen? Besser leben!» – Teil 4

Die Autorin Diana Bärmann untersuchte im Sinne einer Archäologie der Gegenwart die Zwischennutzungen des Labitzke-Areals in Zürich, auf dem sie selber wohnhaft war. Die Ergebnisse präsentiert sie in einem aufwändig gestalteten Buch samt komplexem Faltplan, der die Entwicklung zwischen 1989 und 2014 anschaulich dokumentiert.
Nach der Vorstellung des Buchs geht es im Gespräch mit einer weiteren ehemaligen Labitzkebewohnerin und zwei Bewohnerinnen einer solidarischen Wohngemeinschaft in Zürich um «diverses Wohnen», welches nicht nur ein gemeinschaftliches Wohnen sein, sondern zunehmend ein solidarisches Wohnen werden soll.

Präsentation des Buchs «Labitzke Farben. Archäologische Untersuchung einer Stadtutopie» (Edition Hochparterre 2020) mit der Autorin Diana Bärmann und anschliessend Gespräch mit Christin Glauser (Ex-Labitzkebewohnerin), Anouk Maria Robinigg und Ana López Toribio (Bewohnerinnen einer feministischen Wohngemeinschaft).
Moderation: Daniel Hitzig

Donnerstag, 9. November 2023, 18 Uhr
Schweizerisches Sozialarchiv (Theater Stadelhofen)

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17.11.2023, 18 Uhr: Praxis der Sozialstaatlichkeit

Koordinieren und Finanzieren zwischen Expertise, Staat und Gemeinnützigkeit

Die Kritik an fehlenden übergreifenden Standards und Regulierungen gehört seit den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts zum Sozialwesen der Schweiz. Bemängelt wurde eine historisch gewachsene, hochgradig fragmentierte Fürsorgelandschaft. Wie sollte ein solches System modernisiert werden? Wie kann das Spendenwesen geregelt, die Ausbildung der Sozialarbeitenden gesichert oder die Heimerziehung schweizweit den geforderten Standards angepasst werden? Ausgehend von diesen kritischen Stimmen folgt das Buch dem Dachverband Landeskonferenz für soziale Arbeit (1932 bis 1999) in seinem Bestreben, zu koordinieren und zu vereinheitlichen – mitten hinein in Arrangements, Finanzierungsmodelle und komplexe Mischformen zwischen privaten und staatlichen Akteuren. Damit ergänzt es regionale Forschungszugänge zum privat organisierten Fürsorgewesen und macht diese erstmals unter einer gesamtschweizerischen und transnationalen Perspektive diskutierbar.

Buchvernissage mit Inputs von Christian Koller (Schweizerisches Sozialarchiv), Markus Furrer (Pädagogische Hochschule Luzern), Urs Germann (Historiker) und Gisela Hauss (Fachhochschule Nordwestschweiz).
Auf dem Podium: Thomas Gabriel (Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften), Markus Kaufmann (Schweizerische Konferenz für Sozialhilfe), Gabriele Rauser (ehemalige GF Integras), Cornelia Rumo (YOUVITA) und Stefan Schnurr (Fachhochschule Nordwestschweiz).
Das Gespräch wird moderiert von Bettina Grubenmann (Ostschweizer Fachhochschule).

Freitag, 17. November 2023, 18 Uhr
Schweizerisches Sozialarchiv, Medienraum

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23.11.2023, 19 Uhr: Nahostfriede ohne Demokratie

Der Vertrag von Lausanne und die Geburt der Türkei 1923

Buchvernissage mit dem Autor Hans-Lukas Kieser

Vor hundert Jahren, am 24. Juli 1923, besiegelte die Unterzeichnung des Vertrags von Lausanne das Ende des Osmanischen Reichs und stiftete Frieden zwischen der Regierung in Ankara und den Westmächten mit ihren nahöstlichen Mandatsgebieten. Der noch immer gültige Vertrag legte die Grenzen der Republik Türkei fest, die am 29. Oktober 1923 ausgerufen wurde.
Hans-Lukas Kiesers neues Buch erklärt, wie die achtmonatige, oft dramatische Konferenz mehr als zehn Jahre Krieg und Völkermord im Nahen Osten beendete. Die teilnehmenden Staaten gestanden der Delegation aus Ankara die Totalrevision des Vertrags von Paris-Sèvres von 1920 und einen homogenen Staat in Kleinasien auf Kosten kurdischer und armenischer Ansprüche zu. Den Völkermord an den Armeniern legten sie ad acta, das Reden darüber wurde tabuisiert. Der Erfolg der türkischen Nationalisten in Lausanne prägte autoritäre nachosmanische Systeme und beeinflusste global den Umgang mit ethnisch-religiösen Konflikten. Der im Vertrag festgeschriebene türkisch-griechische «Bevölkerungsaustausch» erwies sich als Vorbild für «Konfliktlösung» durch erzwungene «Entmischung der Völker». Lausanne markierte somit nicht nur das Ende des Völkerbundprojekts einer selbstbestimmten sicheren Zukunft für kleine Völker im Nahen Osten und Kaukasus, sondern gab auch faschistischen Strömungen in Europa entscheidenden Auftrieb.

Donnerstag, 23. November 2023, 19 Uhr
Schweizerisches Sozialarchiv, Medienraum

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Buchempfehlungen der Bibliothek

David F. Walker, Markus Kwame: The Black Panther Party. A graphic novel history. Emeryville, 2021

In ihrer Graphic Novel beleuchten Journalist David F. Walker und Illustrator Markus Kwame Anderson den historischen Hintergrund der Black Panther Party. Das tun sie vor allem anhand von Einzelschicksalen und zentralen Ereignissen, die sich zu einem tragischen Gesamtbild der strukturellen Diskriminierung und Unterdrückung der Afroamerikaner:innen zusammenfügen. Die biografisch-anekdotische Herangehensweise behalten sie bei der Erzählung über das Wirken der Black Panthers bei. Dazu gehört deren zu wenig beachtetes soziales Engagement sowie der Einfluss, den sie auf andere nationale und transnationale Bewegungen von Minderheiten ausgeübt haben.
Sie veranschaulichen die machiavellistischen Bemühungen der US-Regierung, die Black Panthers zu zerschlagen und zu diffamieren. Dem so bewusst beförderten Klischee von gewalttätigen Terroristen kam die Position der Black Panthers zur Gewaltfrage entgegen: Im Gegensatz zu Martin Luther King betrachteten sie Gewalt als ein legitimes Mittel zur Selbstverteidigung.
Walker und Anderson versuchen, das Bild von den Black Panthers wieder geradezurücken, reflektieren aber auch kritisch deren interne Widersprüche und Konflikte. Charakteristisch für diese Graphic Novel ist neben der farbintensiven und klaren Bildsprache Andersons die hohe Informationsdichte, die vereinzelt eine flüssige Lektüre ins Stocken geraten lässt. Dennoch ist es eine kompakte und visuell ansprechende Einführung in die komplexe Geschichte der Black Panther Party und der afroamerikanischen Bürgerrechtsbewegung.

Tobias Roth (Hg.): Gartenstadtbewegung. Flugschriften, Essays, Vorträge und Zeichnungen aus dem Umkreis der Deutschen Gartenstadtgesellschaft. Berlin, 2019

Der Band versammelt Texte von Autor:innen aus dem Umkreis der Deutschen Gartenstadtgesellschaft. Entstanden im Jahrzehnt von 1903 bis 1913, reagierten sie auf Wohnungs- und Umweltprobleme in der Grossstadt, die bis heute aktuell geblieben sind. Insbesondere die Aussagen zur Umweltproblematik könnten teilweise eins zu eins heute wiederholt werden: «Zurück zur Natur wollen wir durch die Gartenstadt», forderte beispielsweise der Steglitzer Gartendirektor Fritz Zahn im Jahr 1906.
Am Anfang einer bald gesamteuropäischen Bewegung stand Ebenezer Howards Schrift «Tomorrow. A Peaceful Path to Real Reform», die 1898 erschien und 1902 erneut aufgelegt wurde, nun unter dem eingängigeren Titel «Garden Cities of Tomorrow». Man wollte Problemen wie Wohnungsnot, hygienisch katastrophalen Bedingungen und Überbevölkerung mit dem Konzept der Gartenstadt Gegensteuer geben, wobei es nicht nur um die Begrünung von urbanem Lebensraum gehen sollte, sondern auch um die Demokratisierung desselben oder, wie es der deutsche Autor Heinrich Hart etwas poetischer ausdrückte, um seine Gestaltung «als ein Paradies, einen Garten ohne Ende, einen Garten in spriessender Fülle, einen Garten voll tiefen Friedens und ungetrübter Seligkeit für seine Bewohner».

Bestände im Sozialarchiv (Auswahl):

Ambros Uchtenhagen (Hg.): 30 Jahre Schweizer Drogenpolitik, 1991–2021. Zürich, 2022

Vor rund einem Jahr ist der Zürcher Psychiater Ambros Uchtenhagen 94-jährig verstorben. Noch einige Monate vorher, im März 2022, erschien eine von ihm herausgegebene Chronik zur Schweizer Drogenpolitik, welche Uchtenhagen massgeblich geprägt hat. Eine Drogenpolitik, die Anfang der 1990er-Jahre mit dem Vier-Säulen-Modell bahnbrechend war und mit den bisherigen Regelungen radikal brach.
Die von Uchtenhagen verfasste Chronik beschreibt die Besonderheiten der neuen Massnahmen und vor allem deren Umsetzung in den Bereichen Prävention, Therapie, Schadensminderung und Repression. Ausserdem werden die Auswirkungen auf nationaler und internationaler Ebene, die Grenzen des neuen Regimes und die Herausforderungen dargestellt, die noch zu bewältigen sind. Ergänzend zur Chronik und ihrem Quellenmaterial enthält das Buch eine Reihe von Beiträgen wichtiger Protagonist:innen, die neben Uchtenhagen die Schweizer Drogenpolitik beeinflusst haben, darunter Vertreter:innen verschiedener Berufsbereiche wie Psychiatrie, Sozialarbeit oder Soziologie. Sie alle erzählen noch einmal von ihren Erfahrungen in den letzten dreissig Jahren.

Bestände im Sozialarchiv (Auswahl):

Anna Rosenwasser: Rosa Buch. Queere Texte von Herzen. Zürich, 2023

Für manche ist LGBTQ ein überflüssiger Trend, andere verstehen den Ausdruck nicht. Viele Personen wiederum sind in diesen Buchstaben zu Hause – Anna Rosenwasser ist eine von ihnen. Die bisexuelle LGBTQ-Aktivistin und Politinfluencerin schreibt über Geschlecht und Anziehung in ehrlichen, humorvollen und manchmal «hässigen» Texten. Sie schreibt nicht nur für diejenigen, die längst wissen, dass sie queer sind, sondern genauso für alle, denen dieses Wort neu – und, wer weiss, vielleicht mittelsympathisch – ist. Ausserdem setzt sich die Autorin in ihren Texten auch immer wieder mit ihren jüdischen Wurzeln auseinander.
Das «Rosa Buch» versammelt Texte von Anna Rosenwasser aus den Jahren 2018 bis 2022. Teilweise handelt es sich dabei um Kolumnen, welche sie für diverse Zeitschriften und Zeitungen – darunter Saiten, das Mannschaft Magazin oder die Schaffhauser AZ – geschrieben hat, bei einigen Texten um Erstveröffentlichungen. Für das «Rosa Buch» hat die Autorin Passagen aus den Texten kommentiert, welche sie mittlerweile anders oder genauer sieht, leichter oder ernster nimmt. Mit dem ergänzenden Stichwortregister und dem Glossar ist ein Buch entstanden, welches nicht zwingend von Anfang bis Schluss gelesen werden muss und zum Schmökern einlädt.

Bestände im Sozialarchiv (Auswahl):

Hannah Ross: Revolutions. Wie Frauen auf dem Fahrrad die Welt veränderten. Hamburg, 2022

Radfahrerinnen sind eine Inspiration, ob sie nun auf Medaillenjagd gingen, die Welt erkundeten oder sich für das Frauenwahlrecht einsetzten. «Das Ross, auf dem Frauen in eine neue Welt ritten» – so beschrieb das US-amerikanische Munsey’s Magazine 1896 treffend die politische Bedeutung des Fahrrads in seinen Anfängen. Die Erfindung des Fahrrads im Jahr 1900 wurde als «Game Changer» betrachtet. Wenige Dinge, die jemals von Menschen benutzt wurden, haben eine so grosse Revolution in den sozialen Verhältnissen bewirkt wie das Fahrrad. Die Frauen befreiten sich buchstäblich aus dem Korsett, nicht nur kleidermässig. «Weg mit den Korsetts, her mit dem Lycra», wie es im Buch etwas salopp heisst.
Nur schon das Sitzen auf einem Fahrradsattel stellte zur damaligen Zeit für viele ein offenkundig sexuelles Verhalten dar, und sie sahen darin eine Gefahr für die Moral der Frauen und auch für ihre Fortpflanzungsorgane. Es wurden spezielle Sattel entwickelt, die eine sexuelle Stimulation verhindern sollten. Man sprach von «Bicycle Walk» (die Füsse bewegten sich angeblich kreisförmig) und «Bicycle Face» (verzerrte Gesichtszüge). Das Harper’s Magazine empfahl als Gegenmassnahme, Kaugummi zu kauen.
In «Revolutions» erzählt Hannah Ross die spannende und unterhaltsame Geschichte des Fahrrads aus weiblicher Perspektive. Sie führt uns von den Anfängen des Radfahrens im 19. Jahrhundert, als Frauen unglaubliche Widerstände überwinden mussten, bis in die Gegenwart und rund um die Welt.
Leider ist es Frauen in Afghanistan inzwischen wieder verboten, Fahrrad zu fahren.

Bestände im Sozialarchiv (Auswahl):

Christian Suter, Stephen Brown, Dolgion Aldar, Tamir Chultemsuren (Hg.): Democratic Struggles in Challenging Times. Insights from Mongolia and around the World. Zürich/Ulaanbataar, 2021

Es gibt aus demokratischer Sicht auch heute erfreuliche Dinge. Entgegen aller politikwissenschaftlicher Theorieerwartung hat sich in den letzten drei Jahrzehnten in der Mongolei trotz des Fehlens demokratischer Traditionen sowie grosser Probleme mit Armut und Korruption eine demokratische Regierungsform gehalten, die mit den diktatorischen Systemen der Nachbarstaaten Russland und China kontrastiert. Das Land, das trotz der nomadischen oder mönchischen Lebensweise eines Grossteils seiner Bevölkerung und der völligen Absenz einer Industrie oder einer Arbeiterschaft 1924 von einer buddhistischen Theokratie zur kommunistischen «Volksrepublik» mit starker Abhängigkeit von der Sowjetunion wurde, in der Folge alle Wirrungen der sowjetischen Geschichte nachvollzog und 1989/90 eine unblutige Revolution mit Massenprotesten und Hungerstreiks erlebte, besitzt ein Zweiparteiensystem aus der postkommunistischen Volkspartei und der aus den Protesten von 1990 hervorgegangenen Demokratischen Partei, die sich regelmässig in der Regierung ablösen.
In jüngster Zeit ist die Mongolei zum Zufluchtsort Tausender von der Mobilisation für den Ukrainekrieg bedrohter Russen geworden. Der auf eine Konferenz des Independent Research Institute of Mongolia und der Zürcher World Society Foundation zurückgehende Band mit neun Artikeln beleuchtet dieses interessante Land. Ein erster Teil befasst sich mit Struktur und Funktionsweise der mongolischen Demokratie und ihrer Zivilgesellschaft. Ein zweiter Teil öffnet den Blick für international vergleichende Studien, die um den Zusammenhang von Demokratie und der Verwaltung natürlicher Ressourcen kreisen.

Ebenso greifbar im Sozialarchiv (Auswahl):

Frauen-WG, Zürich, 1982 (Foto: Gertrud Vogler/SozArch F 5107-Na-04-038-012)
Frauen-WG, Zürich, 1982 (Foto: Gertrud Vogler/SozArch F 5107-Na-04-038-012)

20.9.2023, 19 Uhr: Die WG: Ein alternatives Modell macht Schule

Veranstaltungsreihe «Schöner wohnen? Besser leben!» – Teil 1

Noch vor wenigen Jahrzehnten haftete Wohngemeinschaften der Ruch des Nonkonformistischen, Subversiven und – in Zeiten des Konkubinatsverbots – gar Unsittlichen an. Heute sind solche Formen des Zusammenlebens ausserhalb des Familienmodells selbstverständlich und werden bereits bei der Planung neuer Wohnsiedlungen berücksichtigt.

War die WG früher revolutionär? Und hat sie sich seither verbürgerlicht? Worin liegen die Vorteile dieser gemeinschaftlichen Wohnform? Welche WG-Formationen funktionieren nur temporär, welche haben Bestand?

Auf dem Podium diskutieren Zeitzeug:innen diese und andere Fragen und halten anhand von Filmausschnitten Rückschau auf ein halbes Jahrhundert Schweizer WG-Geschichte.
Moderation: Daniel Hitzig

Mittwoch, 20. September 2023, 19 Uhr
Schweizerisches Sozialarchiv (Theater Stadelhofen)

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21.9.2023, 19 Uhr: Das Fräulein mit dem roten Koffer

Erfahrungsbericht über eine Flucht aus der DDR

Buchpräsentation mit Ursula und Rüdiger Findeisen

Das Buch erzählt die Fluchtgeschichte des Kameramanns Rüdiger Findeisen von Leipzig nach Winterthur im Jahr 1972. In den letzten Monaten des Zweiten Weltkriegs als Einzelkind vaterlos in Thüringen geboren, wuchs Rüdiger Findeisen in der DDR auf, studierte an der Babelsberger Filmhochschule und wurde Kameramann beim Fernsehfunk in Ostberlin. Zufällige Filmaufnahmen des Staatsratsvorsitzenden Walter Ulbricht verhalfen ihm zur Teilnahme an einem Lehrlingsaustausch in Budapest. Von dort aus gelangte seine Adresse in die Schweiz und die Geschichte des «Fräuleins mit dem roten Koffer» nahm ihren Lauf. 1972 verlobten sich Rüdiger Findeisen und Ursula Hutter, Tochter des Winterthurer Spanienkämpfers Hans Hutter, in Leipzig. Danach folgte eine abenteuerliche Flucht durch den Eisernen Vorhang – von der DDR über die Tschechoslowakei, Ungarn, Rumänien, Jugoslawien und Italien in die Schweiz. 1973 heirateten die beiden in Winterthur.

Nach einem halben Jahrhundert lässt das Ehepaar Findeisen diese Liebesgeschichte aus dem Kalten Krieg Revue passieren.

Donnerstag, 21. September 2023, 19 Uhr
Schweizerisches Sozialarchiv, Medienraum

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Innenhof in der Wohnsiedlung Vogelsang in Winterthur (Filmstill)
Innenhof in der Wohnsiedlung Vogelsang in Winterthur (Filmstill)

27.9.2023, 18 Uhr: Genossenschaftliches Wohnen 2.0

Veranstaltungsreihe «Schöner wohnen? Besser leben!» – Teil 2

Seit rund 140 Jahren gibt es in der Schweiz Baugenossenschaften. Die vier Gründungs- und Bauwellen ab 1890, 1920, 1945 und 1980 widerspiegeln auch die sich wandelnden gesellschaftlichen Leitbilder und Ansprüche.
Seit den 1980er Jahren orientieren sich die Genossenschaften stärker als ihre Vorläuferinnen an den Ideen der Selbstverwaltung und des gemeinschaftlichen Wohnens sowie Formen des Zusammenlebens ausserhalb des Familienmodells.
Mit der Siedlung «Vogelsang» in Winterthur besichtigen wir eine «alternative» Genossenschaft des neuesten Typs mit vielfältigen Partizipationsmöglichkeiten und Sharing-Angeboten.

Führung mit Andreas Siegenthaler (Geschäftsführer der Gemeinnützigen Wohnbaugenossenschaft Winterthur), begleitet von Daniel Hitzig

Mittwoch, 27. September 2023, 18 Uhr
Besammlungsort:
Wohnsiedlung Vogelsang, Untere Vogelsangstrasse 177, 8400 Winterthur

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5.10.2023, 19 Uhr: Zusammen daheim statt ins Altersheim

Veranstaltungsreihe «Schöner wohnen? Besser leben!» – Teil 3

Veränderte Familienmodelle, nachrückende Senior:innen mit WG-Erfahrungen im Rucksack sowie die steigende Lebenserwartung haben Diskussionen um das Wohnen im Alter jenseits von den beiden Optionen Zu-Hause-bleiben-mit-Spitex oder Institutionalisiert-versorgt-im-Altersheim angestossen. Nicht zuletzt um der Einsamkeit im Alter entgegenzuwirken, werden zunehmend Modelle altersdurchmischten Wohnens und WG-ähnliche Alterswohnformen erprobt.

Auf dem Podium diskutieren drei Praktiker:innen und ein Altersforscher über Herausforderungen und Erfahrungen mit solchen alternativen Alterswohnformen: Ulrich Otto (Projektleiter «Gemeinschaftliches Wohnen: Generationenwohnen in langfristiger Perspektive»), Monika Bachmann (Hausgemeinschaft 55+ der ABZ-Siedlung Entlisberg), Christine Nünlist (Genossenschaft zusammen_h_alt, Winterthur) und Othmar F. Arnold (Wohngemeinschaft «Alte Sennerei», Tenna).
Moderation: Daniel Hitzig

Donnerstag, 5. Oktober 2023, 19 Uhr
Schweizerisches Sozialarchiv (Theater Stadelhofen)

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Vor 75 Jahren: Die Streikwelle nach dem Zweiten Weltkrieg

Zwei Daten tauchen in der Erinnerungskultur zur Geschichte der industriellen Beziehungen und Arbeitskonflikte der Schweiz immer wieder auf und sind bei runden Jahrestagen jeweils Gegenstand umfangreicher Gedenkaktivitäten: Das Jahr 1918 mit dem Landesstreik als grösster innerer Krise des Bundesstaats, Höhepunkt einer umfangreichen Streik- und Protestwelle und helvetischer Ausläufer der globalen Umbrüche um das Ende des Ersten Weltkriegs herum und das Jahr 1937 mit dem Abschluss des «Friedensabkommens» in der Maschinen- und Metallindustrie, das häufig als Geburtsurkunde des schweizerischen Arbeitsfriedens betrachtet wird und bereits an der Landi 1939 auf der «Höhenstrasse» an prominentem Ort ausgestellt wurde (s. SozialarchivInfo 2/2017 und 4/2018). Wenig im kollektiven Gedächtnis verankert ist dagegen eine Serie von Ereignissen, die die Chronologie vom konfliktiven, die Klassenkampfphase der Jahrhundertwende zum Höhepunkt bringenden «1918» zum kooperativen, den Arbeitsfrieden einläutenden «1937» in Frage stellt, mit den Geschehnissen beider Jahreszahlen aber vielfältig verknüpft war: die letzte grosse Streikwelle der Schweizer Wirtschaftsgeschichte zu Ende des Zweiten Weltkriegs.

Ein zweites «1918»?

In den Jahren 1945 bis 1949 gab es in der Schweiz 159 Streiks mit insgesamt 426’400 Beteiligten. Hauptforderungen bei den meisten Streiks waren der Ausgleich der kriegsbedingten Teuerung, der Abschluss von Gesamtarbeitsverträgen (GAV) sowie die (oft erstmalige) Ausrichtung bezahlter Ferientage. Die Streikwelle um das Ende des Zweiten Weltkriegs blieb nach Anzahl der Streiks hinter derjenigen am Ende des Ersten Weltkriegs zurück, nicht aber nach Anzahl der Beteiligten. Von 1917 bis 1920 hatte es 830 Streiks mit 81’000 Beteiligten gegeben. Hinzu waren sechs lokale und drei überregionale Generalstreiks gekommen, darunter der dreitägige Landesstreik im November 1918 mit einer Viertelmillion Beteiligter.

Neben den offensichtlichen Parallelen der beiden Kriegsendstreikwellen zeigen sich auch deutliche Unterschiede: Die Streiks zu Ende des Zweiten Weltkriegs beschränkten sich weitestgehend auf die Arbeiter:innenschaft und verliefen im klassischen Rahmen konfliktiver industrieller Beziehungen. Ihre Vorläuferin ein Vierteljahrhundert zuvor war dagegen vielschichtiger gewesen: Parallel zu den klassischen Arbeiter:innenstreiks gab es Hungerproteste, die sich angesichts der Versorgungskrise in den Bereichen Lebensmittel, Energie, Kleidung und Wohnraum und der dadurch hervorgerufenen Teuerung nicht wie die Streiks nur an die Arbeitgeber, sondern hauptsächlich an die Behörden richteten. Auch weitete sich der Kreis der Protestierenden teilweise aus auf die Angestellten – spektakulär im Zürcher Bankangestelltenstreik vom September 1918, aber auch durch die Gründung der Vereinigung schweizerischer Angestelltenverbände (VSA) im Juli desselben Jahres und deren Eingaben an den Bundesrat mit Forderungen zur Verbesserung der Nahrungsmittelversorgung und der Angestelltenlöhne sowie deren Verhandlungen über einen ersten landesweiten Angestellten-GAV, der Ende 1918 abgeschlossen wurde. Und schliesslich fehlte am Ende des Zweiten Weltkriegs auch das Element von branchenübergreifenden und mit politischen Forderungen verbundenen Generalstreiks auf lokaler und nationaler Ebene völlig.

Diese Unterschiede hingen sowohl mit der verschieden gravierenden Verschlechterung der materiellen Lage als auch mit Lehren aus den Ereignissen um 1918 zusammen. Von 1914 bis 1917 waren die Reallöhne durchschnittlich um rund 28% zurückgegangen, von 1939 bis 1944 betrugen die Reallohnverluste im Schnitt «lediglich» rund 6%. Die absoluten Zahlen machen den Unterschied der materiellen Lage am Ende der beiden Weltkriege noch deutlicher: Bei Kriegsausbruch 1939 waren die Reallöhne doppelt so hoch gewesen wie 1917, im Jahr 1944 lagen sie trotz der Verluste infolge Kriegsinflation immer noch etwa 89% über denjenigen von 1917. Die Reallohnentwicklung gibt aber die Veränderung der materiellen Situation noch nicht vollständig wieder. Während des Ersten Weltkriegs waren die Wehrmänner während des Aktivdienstes lediglich mit dem Sold entschädigt worden. Dadurch wurden die Arbeiter:innenfamilien stärker von weiblichen Einkommen abhängig, die durchschnittlich wenig mehr als die Hälfte der Männerlöhne betrugen. Viele Familien fielen deshalb unter die Armutsgrenze. Notstandsunterstützungen, von denen 1918 ein Sechstel der Bevölkerung abhängig war, wurden, wenn überhaupt, erst nach entwürdigenden behördlichen Prozeduren ausgerichtet. 1939 führte der Bundesrat dagegen kurz nach der Generalmobilmachung die Lohnersatz-Ordnung als Sozialversicherung ein, die während des Aktivdienstes eine Verarmung der Wehrmännerfamilien verhindern sollte.

Auch im Bereich der Grundversorgung mit Lebensmitteln lernten die Behörden aus dem Ersten Weltkrieg: Die Rationierung einiger Nahrungsmittel hatte damals erst im Frühjahr 1917 begonnen und wurde dann nach grossen überregionalen Teuerungsdemonstrationen während der Arbeitszeit am 30. August im Herbst 1917 und der ersten Jahreshälfte 1918 auf Brot, Mehl, Butter, Fett, Öl, Käse und Milch ausgeweitet. Beim Ausbruch des Zweiten Weltkriegs bestanden dagegen umfangreiche kriegswirtschaftliche Vorbereitungen und bereits nach zwei Monaten setzten erste Rationierungen ein, die im Verlauf des Krieges flexibel an die Versorgungslage angepasst wurden. In der Wohnpolitik zeigten sich die Bundesbehörden ebenfalls agiler als während des Ersten Weltkriegs. Damals war die Wohnbautätigkeit fast vollständig zum Erliegen gekommen, was grosse Wohnungsnot, stark ansteigende Mieten und die Unterbringung ganzer Familien in Einzelzimmern oder Baracken nach sich zog. Der Bund handelte aber erst nach dem Landesstreik und sprach im März 1919 12 Millionen Franken für Arbeitsbeschaffungs- und Wohnbauförderungsmassnahmen, die dann bis 1922 mehrfach aufgestockt wurden. Auch im Zweiten Weltkrieg und den Jahren unmittelbar danach war die Wohnungsnot wieder ein Thema, neben Gemeinden und Kantonen unternahm der Bund jedoch bereits ab 1942 wieder Anstrengungen zur Steigerung der Wohnbautätigkeit (s. SozialarchivInfo 1/2023).

Im Bereich der industriellen Beziehungen hatte sich die Situation ebenfalls verändert. Der Schock des Landesstreiks hatte zu breiten Diskussionen über eine Neugestaltung der Arbeitsbeziehungen geführt, die sich in den 1930er-Jahren angesichts der Weltwirtschaftskrise fortsetzten. Dabei wurden so unterschiedliche Konzepte wie die «Wirtschaftsdemokratie», die «berufsständische Ordnung» oder die «Betriebsgemeinschaft» in die Debatte eingebracht (s. SozialarchivInfo 5/2020). Vor allem aber lief der Trend zunehmend Richtung vertragliche Regelungen der Arbeitsbeziehungen. Bereits 1911 hatten GAV im Obligationenrecht eine gesetzliche Grundlage erhalten. In den Jahren 1917 bis 1920 kam es parallel zur Streik- und Protestwelle auch zu einer Welle von Vertragsabschlüssen, die sich jedoch stark auf das Gewerbe konzentrierten. Hingegen scheiterte das «Bundesgesetz betreffend Ordnung des Arbeitsverhältnisses», das die Möglichkeit der Allgemeinverbindlichkeitserklärung von GAV vorgesehen hätte, 1920 knapp an der Urne. Die erste amtliche Zählung im Jahr 1929 im Vorfeld der Weltwirtschaftskrise ergab 303 GAV mit etwa 65’000 Arbeiter:innen. Neun Jahre darauf waren es bereits 417 GAV.

Kein GAV war dagegen das 1937 abgeschlossene «Friedensabkommen» der Maschinen- und Metallindustrie, das für zunächst zwei Jahre sämtliche Kampfmassnahmen (wie Streiks und Aussperrungen) verbot und dann im Vierjahresrhythmus erneuert und erst allmählich mit Regelungen zu Löhnen, Arbeitszeiten und weiteren materiellen Bestimmungen angereichert wurde. Im Jahr darauf erfolgte der Abschluss des ersten «Landesmantelvertrags» im Bauhauptgewerbe, der im Gegensatz zum «Friedensabkommen» keinen absoluten Streikverzicht enthielt, aber Regelungen zu Löhnen und Arbeitszeiten – dies insbesondere, weil das Baugewerbe nicht vom Fabrikgesetz mit seinen Bestimmungen zu den Arbeitsverhältnissen erfasst war. Ebenfalls 1938 kam im kaufmännischen Bereich erstmals seit 1921 wieder ein vertragliches Verhältnis zwischen der VSA, dem Kaufmännischen Verband und den Arbeitgebern zustande. Dieses «Richtlinienabkommen» hatte nicht die Qualität eines GAV, ermöglichte aber während des Zweiten Weltkriegs regelmässige Verhandlungen über den Teuerungsausgleich. 1941 gab ein Bundesbeschluss der Regierung dann die Kompetenz, GAV für allgemeinverbindlich zu erklären.

Zugleich wurden die staatlichen Schlichtungsmechanismen ausgebaut. Bereits um die Jahrhundertwende hatten verschiedene Kantone und Städte sogenannte «Einigungsämter» gegründet. 1918 wurden die Kantone durch eine Revision des Fabrikgesetzes zur Einrichtung solcher Ämter verpflichtet, und der Bundesrat erhielt die Kompetenz, bei überlokalen Konflikten eine interkantonale Einigungsstelle einzusetzen. 1936 ermächtigte der Bundesrat das Volkswirtschaftsdepartement zur Zwangsschlichtung. Dasselbe Departement erhielt im Frühjahr 1942 gestützt auf die Kriegsvollmachten die Kompetenz zur Einsetzung einer eidgenössischen Schlichtungsstelle auch für Kollektivkonflikte, die nicht Fabrikbetriebe betrafen. Dieses Notrecht wurde 1949 durch das «Bundesgesetz über die eidgenössische Einigungsstelle zur Beilegung kollektiver Arbeitsstreitigkeiten» abgelöst.

Ebenso zeigten sich die Behörden zurückhaltender als ein Vierteljahrhundert zuvor beim Aufgebot von Ordnungstruppen bei Arbeitskämpfen. Zwischen 1880 und 1914 war bei Streiks 38mal Militär aufgeboten oder auf Pikett gestellt worden, wobei die Einsätze in 22 Fällen über blosse Bewachungsaufgaben hinausreichten. In der Streik- und Protestwelle um das Ende des Ersten Weltkriegs gab es Ordnungstruppeneinsätze etwa 1917 in Chippis, La Chaux-de-Fonds, Zürich, Lugano und bei den überregionalen Demonstrationsstreiks vom 30. August, 1918 in Zürich, Lugano, Basel, Biel, mehrfach bei Arbeitsverweigerungen internierter ausländischer Deserteure und Refraktäre sowie landesweit vor und während des Landesstreiks und 1919 bei den Generalstreiks in Basel und Zürich. Die präventiven Ordnungstruppenaufgebote Anfang November 1918 waren dabei der unmittelbare Auslöser des Landesstreiks gewesen. Bei diesen Einsätzen gab es mehrfach Tote: 1917 in Zürich (4), 1918 in Biel (1), Zürich (1) und Grenchen (3), 1919 in Basel (5) und Zürich (1). Nach der Katastrophe der «fusillade» von Genf von 1932 mit 13 Toten beim Militäreinsatz anlässlich einer antifaschistischen Demonstration (s. SozialarchivInfo 2/2022) nahm die Zahl der Ordnungstruppeneinsätze massiv ab. Die beiden Einsätze während des Zweiten Weltkriegs bei Unruhen in Steinen im Kanton Schwyz 1942 und in Locarno 1945 standen in keinem Zusammenhang mit Arbeitskämpfen. Lediglich 1942 wurden bei einem Arbeitskonflikt in Chippis Truppen auf Pikett gestellt. Im Frühling 1946 gab es dann sowohl im Militärdepartement als auch bei den kantonalen Behörden Vorbereitungen für einen Truppeneinsatz bei befürchteten Streikunruhen in Zürich. In der gesamten Streikwelle am Ende des Zweiten Weltkriegs gelangten aber keine Ordnungstruppen zum Einsatz.

Ende 1943 gab es seitens der Bundespolitik zwei weitere Signale, es nicht zu einem neuen «1918» kommen lassen zu wollen. Bei den Nationalratswahlen im Oktober hatte die SP elf Sitze gewonnen und war klar zur stärksten Partei geworden. Daraufhin besann sich die Vereinigte Bundesversammlung des bereits in der Landesstreikdebatte 1918 von Bundespräsident Felix Calonder gemachten Versprechens eines Einbezugs der Sozialdemokraten in die Regierungsverantwortung und wählte im Dezember den Zürcher Stadtpräsidenten Ernst Nobs (der 1919 wegen seiner Rolle im Landesstreik für vier Wochen im Gefängnis gesessen hatte) zum ersten SP-Bundesrat. Von einer proportionalen Zusammensetzung des Bundesrates entsprechend der Wahlresultate war man damit noch weit entfernt: Mit einem Wähleranteil von 28,6% hatte die SP nun einen Bundesrat, die FDP, die erstmals seit 1848 die absolute Mehrheit in der Landesregierung verlor, mit einem Wähleranteil von 22,5% aber deren drei. Immerhin waren nun indessen alle bedeutenden politischen Kräfte in die Regierungsverantwortung eingebunden.

Zwei Wochen darauf gab Bundespräsident Walther Stampfli in seiner Neujahrsansprache das Versprechen ab, dass bis 1948 eine AHV eingeführt werde. Damit sollte eine zentrale Landesstreikforderung, die seit 1925 auch als Auftrag in der Bundesverfassung stand, endlich umgesetzt werden. Als Modell für das zukünftige Flaggschiff des schweizerischen Sozialstaats diente dabei die 1939 eingeführte Lohnersatz-Ordnung (s. SozialarchivInfo 3/2017). All dies schwächte bei Kriegsende die potenzielle Protestdynamik ab und fokussierte sie auf den engeren Bereich der industriellen Beziehungen.

Chemie: Der erste GAV einer Exportindustrie

In der Basler Chemieindustrie setzten Lohnbewegungen und Arbeitskonflikte bereits in der zweiten Kriegshälfte ein. Ab 1942 gab es unter dem Einfluss des neu gegründeten, kommunistisch dominierten Industriearbeiter-Verbandes Basel Lohnbewegungen und im November 1943 einen Streik in den Fluorwerken Pratteln. Daraufhin schlugen die Basler «Chemischen» den Gewerkschaften ein Friedensabkommen nach dem Vorbild der Maschinen- und Metallindustrie vor. Der in der chemischen Industrie schwach vertretene Schweizerische Metall- und Uhrenarbeiterverband (SMUV) und der LSFA, die beide Vertragspartner des Friedensvertrags der Maschinen- und Metallindustrie waren, begrüssten diese Idee. Hingegen forderten der Industriearbeiter-Verband und die christlichsozialen Gewerkschaften einen GAV mit materiellen Regelungen und konnten damit an den Belegschaftsversammlungen grosse Mehrheiten hinter sich scharen. Im Juni 1944 kam es in der Säurefabrik Schweizerhalle zu einem weiteren Streik. Kurz darauf wurden für die Säurefabrik, Geigy Schweizerhalle und die Fluorwerke erste Kollektivverträge abgeschlossen und begannen Verhandlungen für einen GAV der Basler Chemie. Dieser trat am 1. Januar 1945 in Kraft und war der erste GAV einer stark auf den Export ausgerichteten Industriebranche.

Im Juni 1946 kam es, nachdem Verhandlungen von fast einem Jahr keine Einigung erzielt hatten, auch zu einem Streik von rund 300 Beschäftigten in den beiden Chemiefabriken Siegfried und Landolt in Zofingen. Dabei forderten die Streikenden den Ausgleich der seit mehreren Jahren aufgelaufenen Teuerung sowie Minimalstandards bei Löhnen, Ferien und Feiertagsentschädigungen. Unterstützung erhielten sie vom Schweizerischen Textil- und Fabrikarbeiterverband (STFV), dessen Mitgliederzahl sich am Ende des Krieges beinahe verdoppelte. In Zofingen hatte der STFV seit der frühen Zwischenkriegszeit jeweils 100 bis 200 Mitglieder gezählt, 1945 sprang diese Zahl aber auf 700 und im folgenden Jahr gar auf 1’400. Der Streik, bei dem es verschiedentlich zu Auseinandersetzungen zwischen Streikposten und Streikbrechern kam, wurde in der Presse schweizweit beachtet. Am 23. Juni fand in Zofingen eine Kundgebung mit mehreren Tausend Teilnehmer:innen statt. Der Ausstand endete nach 16 Tagen mit einem vollständigen Erfolg für die Streikenden und dem Abschluss eines Kollektivvertrags.

Allerdings hatte der Zofinger Streik noch ein umfangreiches gerichtliches Nachspiel. Da die Streikenden in der Frühphase des Konflikts eine Aufforderung des Einigungsamtes missachtet hatten, bis zur Vorlage eines Kompromissvorschlags auf die Arbeitsniederlegung zu verzichten, leitete die Staatsanwaltschaft ein Verfahren ein. Ende 1946 lehnte der Aargauer Grosse Rat eine Einstellung des Verfahrens via «Abolition» ab. Daraufhin kam es zu zwei grossen Prozessen mit jeweils rund 300 Angeklagten. Im Januar 1947 verurteilte das Bezirksgericht Zofingen die meisten angeklagten Chemiearbeiter:innen wegen Ungehorsams gegen eine amtliche Verfügung zu Geldbussen von 10 bis 20 Franken. In der Revision sprach dann aber im April gleichen Jahres das Obergericht sämtliche Angeklagten frei und überbürdete die Kosten beider «Monsterprozesse» dem Kanton Aargau.

Knapp zwei Jahre nach dem Streik in der Zofinger Chemie fand im Kanton Aargau erneut ein aufsehenerregender Arbeitskampf statt. Am 18. März 1948 legten 200 Arbeiter:innen der Sprengstoff-Fabrik Dottikon die Arbeit nieder und streikten über drei Monate mit Unterstützung des Aargauer Gewerkschaftskartells. Am 7. Mai fanden Solidaritätskundgebungen in Aarau, Baden, Brugg, Reinach und Rheinfelden mit insgesamt 8’000 Teilnehmer:innen statt. Der Streik endete schliesslich erfolglos, da die Direktion auf viele Streikbrecher zurückgreifen konnte.

Raues Klima auf dem Bau

Das Baugewerbe war von der Streikwelle besonders stark betroffen. Die Bauarbeiter hatten während des Krieges erhebliche Reallohneinbussen hinnehmen müssen und waren nun in einer Phase des Baubooms – von 1942 bis 1946 sprang das Investitionsvolumen der jährlichen Bauvorhaben von 468 auf 1’089 Millionen Franken – und des Arbeitskräftemangels in einer starken Position. Bereits im Mai 1943 hatte der Schweizerische Bau- und Holzarbeiterverband (SBHV) angesichts der starken Teuerung die Lohnbestimmungen des Landesvertrags gekündigt. Nach verschiedenen regionalen Streikdrohungen willigten die Arbeitgeber in Lohnerhöhungen ein. Im Frühjahr 1944 kündigten der SBHV, der Verband evangelischer Arbeiternehmer (SVEA) und der Landesverband Freier Schweizer Arbeiternehmer (LFSA) die Lohnbestimmungen des Landesvertrags erneut, während der Christliche Holz- und Bauarbeiterverband (CHB) daran festhielt. In der Folge gab es an verschiedenen Orten Protestkundgebungen und es wurden Streikvorbereitungen getroffen. Nach bundesrätlicher Vermittlung und einem gewerkschaftlichen Ultimatum kam es zu einer neuen Übereinkunft, die erstmals auch Ferien für Maurer und Bauhandlanger vorsah. Im Frühjahr 1945 kündigte der Bau- und Holzarbeiterverband den im Vorjahr abgeschlossenen Vertrag und forderte den vollen Teuerungsausgleich. Ende April willigten die Arbeitgeber in eine Lohnerhöhung ein. Gleichwohl kam es im ersten Nachkriegsjahr zu kleineren Streiks in Fribourg, Solothurn, Stein am Rhein, Schaffhausen, Zürich und Lausanne. Von den insgesamt acht Streiks im Baugewerbe mit 562 Beteiligten waren 43 Betriebe betroffen.

1946 nahmen die Streiks im Baugewerbe massiv zu und erreichten eine neue Intensität. Im Frühjahr kündigten die Gewerkschaften den Landesvertrag erneut und forderten auch eine Verkürzung der Arbeitszeit. Im April und Mai fanden in der ganzen Schweiz Protestversammlungen statt, bei denen der SBHV, der CHB, der im Vorjahr nach einem Konflikt aus dem Christlichnationalen Gewerkschaftsbund ausgetreten war, sowie SVEA und LFSA zusammenwirkten. Auch kam es an verschiedenen Orten und in verschiedenen Segmenten der Baubranche zu Arbeitsniederlegungen, die der Kontrolle der Gewerkschaften teilweise entglitten. So streikten die Plattenleger, Bauanschläger und Schreiner in Zürich, die Plattenleger in Winterthur, die Gipser und Maler in Bern, die Holzarbeiter in Vevey und Montreux sowie mehrere Berufsgruppen im Jura. Im Februar wurde in Zürich statutenwidrig ein Gipserstreik ausgelöst. Erst nach langwierigen Verhandlungen erfolgte Mitte Mai der Abschluss eines neuen Landesvertrags, der eine Erhöhung der Stundenlöhne festsetzte.

Besonders heftig waren im Frühjahr 1946 die Bauarbeiterproteste in der Romandie. In Genf und Lausanne wurden Bauarbeiterversammlungen Ausgangspunkt von Demonstrationen mit mehreren Tausend Teilnehmern, bei denen an Knotenpunkten der Verkehr für jeweils etwa eine Viertelstunde lahmgelegt wurde. In Genf kam es in der Folge auch zu Streiks und Ausschreitungen. Zu Ostern erfolgte ohne Bewilligung der Gewerkschaftszentrale die Arbeitsniederlegung. Bei der Mont-Blanc-Brücke wurden Karren, Bretter, Werkzeuge und eine Baumaschine in der Rhone versenkt. Verhandlungen vor dem Schlichtungsausschuss blieben am 24. April ergebnislos. Hauptforderung war die Gewährung bezahlter Feiertage, wofür die Bauarbeiter bereits zu Weihnachten 1945 demonstriert hatten und die Unterstützung breiter Kreise der Öffentlichkeit sowie des Konsistoriums der calvinistischen Kirche genossen.

Am 26. April 1946 leitete der Genfer Staatsrat im Stadthaus Verhandlungen zwischen Arbeitgebern und Gewerkschaften. Zeitgleich fand auf der Place Cornavin eine Bauarbeiterversammlung statt, nach der sich ein spontaner Demonstrationszug von etwa 10’000 Personen zum Stadthaus formierte. Dort verbreitete sich das Gerücht, die Arbeitgeber zeigten sich bei den Gesprächen hartnäckig. Daraufhin drangen etwa 500 Manifestanten ins Stadthaus ein, wo die Gewerkschaftsvertreter sie vergeblich zu beruhigen versuchten. Die Arbeitgeberdelegation ergriff die Flucht. Drei Personen stürmten das Büro der Steuerverwaltung und warfen Akten aus den Fenstern. Auch wurden verschiedene Fensterscheiben eingeschlagen. Anschliessend entbrannte vor dem Stadthaus eine Strassenschlacht, bei der mehrere Gendarmen verletzt und einige Autos umgeworfen wurden. Einige Manifestanten warfen von Baugerüsten aus mit Ziegeln und Pflastersteinen nach der Polizei. Auch wurde die Hauswartswohnung geplündert. Hingegen schreckten die Demonstranten vor schwererer physischer Gewalt offenbar zurück. Als sie des Sekretärs des Unternehmerverbandes habhaft wurden, begnügten sie sich mit Anrempelungen. Zur Verhinderung grösserer Schäden an Leib und Leben der Beteiligten trug auch bei, dass die Polizei als Ergebnis eines Lernprozesses aus verschiedenen Vorfällen der vorangegangenen Jahrzehnte erstmals bei solchen Streikunruhen Tränengas einsetzte und dafür auf den Schusswaffengebrauch verzichtete. Schliesslich führten die Verhandlungen zu einer Übereinkunft, in der die Arbeitgeber erstmals sechs bezahlte Feiertage akzeptierten.

Im Frühjahr 1947 forderte der SBHV erneut Vertragsverbesserungen und kündigte den Rahmenvertrag auf den 14. Mai. Gleichzeitig fanden verschiedene kleinere Streiks statt. Vom 2. bis 20. Januar streikten die Plattenleger in Basel. Anfang April begannen in Locarno und Lugano Malerstreiks, die sich bis in den Sommer hinzogen. Im April streikten in Basel die Gipser und erneut die Plattenleger. Vom 8. bis 14. April traten die Zürcher Steinholzleger in den Ausstand, vom 8. bis 21. April die Gipser und Maler in Biel und Umgebung und vom 14. April bis 22. Mai die Gipser und Maler in Bern. Vom 16. April bis 2. Mai streikten auch die Maler im Kanton Luzern. Anlässlich der ersten Verhandlungen auf nationaler Ebene Ende März 1947 lehnten die Baumeister die Gewerkschaftsforderungen kategorisch ab. Auch in den Gesprächen der folgenden Wochen blieben die Fronten verhärtet.

Im April und Mai 1947 rüsteten beide Seiten für einen grossen Arbeitskampf. Der Zentralverband Schweizerischer Arbeitgeber-Organisationen beschloss auf Antrag des Baumeisterverbandes, auf einen eventuellen überregionalen Bauarbeiterstreik mit einer landesweiten Generalaussperrung der Bauarbeiter im Baugewerbe und darüber hinaus zu antworten. Im Mai fanden in der ganzen Schweiz Bauarbeiterversammlungen und -demonstrationen statt. Während diese in kleineren Ortschaften von einigen hundert Personen besucht wurden, waren es in Winterthur 4’000 bis 5’000 und in Zürich zwischen 12’000 und 15’000. In Basel organisierten SBHV und CHB am 21. Mai gemeinsam eine Demonstration. Während der Arbeitszeit zogen etwa 2’500 Bauarbeiter mit Tafeln und Transparenten durch die Stadt, an der Abschlusskundgebung beteiligten sich sogar etwa 5’000 Personen. In Lausanne fand ein spontaner Streik von 2’000 Bauarbeitern statt. In Bern kam es zu Teilstreiks auf mehreren Bauplätzen. In Genf legten die Bauarbeiter Ende Mai 1947 für eine Stunde die Arbeit nieder und es zirkulierten Handzettel, die zur Verlangsamung des Arbeitstempos bis zum Einlenken der Arbeitgeber aufforderten.

Vom 6. bis 17. Mai 1947 fanden im Auftrag des Bundesrates vor einer Eidgenössischen Schlichtungsstelle bestehend aus dem demokratischen Glarner Ständerat Melchior Hefti, dem sozialdemokratischen Zürcher Stadtpräsidenten Adolf Lüchinger und dem Genfer Oberrichter Charles Burde Verhandlungen statt, die ohne Ergebnis blieben. Auch bei neuerlichen direkten Verhandlungen zwischen Gewerkschaften und Arbeitgebern Ende Mai konnte keine Übereinkunft erzielt werden. Vom 4. bis 6. Juni 1947 lud daraufhin eine bundesrätliche Vermittlungsdelegation, bestehend aus Bundespräsident Philipp Etter und den Bundesräten Walther Stampfli (Volkswirtschaftsdepartement) und Ernst Nobs (Finanzdepartement) ins Bundeshaus zu Vermittlungsgesprächen, an denen ausser den Delegationen der Streitparteien auch die Präsidenten des Schweizerischen Gewerkschaftsbundes und des Schweizerischen Gewerbeverbandes sowie ein Vertreter des Bundesamtes für Industrie, Gewerbe und Arbeit anwesend waren. Dabei schlug der Bundesrat ein Teilabkommen vor, das die strittigsten Punkte ausklammerte. Dieses Abkommen wurde von den Konfliktparteien angenommen und am 8. Juni von einer Landeskonferenz des SBHV gebilligt.

Damit war die Gefahr eines landesweiten Arbeitskampfes gebannt. Nicht zuletzt aufgrund der für den 6. Juli 1947 angesetzten Volksabstimmung über die Einführung der AHV waren Bundesrat und Konfliktparteien bemüht, eine weitere Eskalation zu vermeiden. Die Diskussion der noch strittigen Punkte – vor allem der Arbeitszeitfrage – zog sich in der Folge hin. Erst 1950 konnte ein neuer Vertrag abgeschlossen werden. Zugleich rief die Spitze des SBHV mit Adresse an Kritiker in den eigenen Reihen die Zweckbestimmung des Streikens in Erinnerung: «Unser Verband führt Lohnbewegungen durch, um die Lohn- und Arbeitsverhältnisse der Arbeiter zu verbessern, und nicht, um eine Streikgymnastik zu betreiben, die entsprechend gewissen Theorien revolutionär sein sollte, in der Regel aber nur ‹konfusionär› ist. Der Zweck unserer Kämpfe ist die Verbesserung der materiellen und geistigen Lage der Arbeiter und nicht der Streik. Dieser letztere ist immer das äusserste Mittel, um das Ziel zu erreichen, aber nie das eigentliche Ziel selbst» (Bau- und Holzarbeiter-Zeitung, 24.7.1947).

Textilarbeiterinnen, Lageristen, Gärtner: Unterprivilegierte wehren sich

Auch in der Textilindustrie mit ihrem Übergewicht weiblicher Arbeitskräfte und traditionell schlechten Arbeitsbedingungen gab es um das Kriegsende zahlreiche Arbeitskonflikte. Für Aufsehen sorgte etwa der Streik in den Schappespinnereien von Arlesheim und Angenstein. Hier waren die Reallöhne seit Kriegsbeginn um 11% gesunken. Bereits im Frühjahr und Herbst 1944 gab es in diesen Spinnereien erfolglose Bewegungen des STFV für Lohnerhöhungen und einen Kollektivvertrag. Im April 1945 setzte die Gewerkschaft den Direktoren ein Ultimatum, aber auch ein anschliessender Vermittlungsversuch des Arlesheimer Gemeinderats fruchtete nicht. Am 4. Juni traten die Belegschaften, rund 400 Arbeiter:innen, in den Ausstand und forderten Lohnerhöhungen, Kollektivverträge und die Anerkennung der Gewerkschaft STFV. Der Streik zog sich bis in den Juli hin, dann gewährten die Direktoren Lohnerhöhungen von fast 30%.

Im folgenden Jahr kam es in der Bindfadenfabrik Arova in Flurlingen zu einem ebenfalls weitherum beachteten Arbeitskampf. Bereits im Herbst 1945 hatte eine erste, erfolglose Lohnbewegung stattgefunden. Im November 1945 gab es einen einstündigen Streik, nachdem die Betriebsleitung begonnen hatte, Grenzgängerinnen aus Deutschland zu Dumpinglöhnen anzustellen. Im Januar 1946 reichte der STFV nach Absprache mit dem Christlichen Textil- und Bekleidungsarbeiterbund (SVCTB) der Direktion einen Entwurf für einen Kollektivvertrag ein. Die Direktion reagierte darauf nicht und stellte weitere Grenzgängerinnen an. Im April fanden vor dem kantonalen Einigungsamt Verhandlungen statt und mündeten in eine Vereinbarung mit noch offenen Punkten. Gleichwohl engagierte die Direktion kurz darauf zusätzliche Grenzgängerinnen. Am 8. Mai trat die Mehrheit der 420-köpfigen Belegschaft in den Streik. Von den 360 Streikenden waren 226 beim STFV, 126 beim SVCTB und 8 beim SMUV organisiert. In den folgenden Wochen entfaltete sich eine massive Unterstützungsbewegung. Am 4. Juni gab es sogar einen eintägigen Solidaritätsstreik von etwa 4’000 Textilarbeiter:innen in Zürich, Basel, Liestal, Burgdorf und Schaffhausen und eine Unterstützungskundgebung auf dem Zürcher Helvetiaplatz mit 15’000 Teilnehmer:innen. Am 12. Juni stimmte die Betriebsversammlung einem Vermittlungsvorschlag des Einigungsamtes zu, die Direktion lehnte jedoch ab. Erst am 19. Juni, nach sieben Streikwochen, wurde eine Einigung mit Lohnerhöhungen erzielt und ein Kollektivvertrag unterzeichnet.

Im Anschluss daran führte der STFV in sechs Fabriken der Tuch- und Deckenindustrie Streiks durch. Auf die 450 Arbeiter:innen der Tuch- und Deckenfabrik Schild in Liestal am 24. Juni folgten zwei Tage später die rund 700 Arbeiter:innen der beiden Tuchfabriken in Wädenswil. Am 27./28. Juni legten die 160 Arbeiter:innen der Tuchfabriken Schild in Bern und die 90 Arbeiter:innen der Tuchfabrik Schaffhausen die Arbeit nieder. Die Tuchweber:innen in Cazis und Sils begannen ihre Streiks am 8. und 15. Juli 1946. Als Resultat dieser Streikwelle erfolgte im Sommer 1946 der Abschluss von GAV in der Leinen-, Tuch- und Decken-, Kammgarn- und Teppichindustrie. Auch im folgenden Jahr gab es in der Textilindustrie Arbeitskämpfe, so von Ende Mai bis Anfang Juli bei der Kunstseiden AG in Steckborn. In Genf legten im November 1947 250 Schneiderinnen der Haute-Couture die Arbeit nieder. Nach drei Streiktagen bewilligten die Arbeitgeber Lohnerhöhungen von 10 bis 15 Rappen pro Stunde und die Unterstellung unter einen GAV.

Andere Wirtschaftszweige und Berufsgattungen mit traditionell tiefen Löhnen und schlechten Arbeitsbedingungen verzeichneten ebenfalls Arbeitskämpfe. Für Aufsehen sorgte beispielsweise im Oktober 1946 ein Streik der 34 Packer, Lageristen und Magaziner des an der Zürcher Bahnhofstrasse domizilierten Warenhauses Oscar Weber. Weber zahlte in diesen Berufen Löhne, die etwa 20% unter denjenigen der Grossdetaillisten LVZ (heute: Coop) und Migros lagen. Ende Juni 1946 lehnte Weber Lohnforderungen kategorisch ab, ebenso Anfang Oktober einen Kompromissvorschlag des kantonalen Einigungsamtes oder Verhandlungen mit dem Verband der Handels-, Transport- und Lebensmittelarbeiter (VHTL). Stattdessen wurde der VHTL-Vertrauensmann im Betrieb gefeuert und das Kündigungsschreiben zur Abschreckung am Schwarzen Brett angeschlagen. Die übrigen Packer, Lageristen und Magaziner wurden einzeln zur Direktion zitiert und mit Kündigung bedroht. Daraufhin kam es am 11. Oktober zur Arbeitsniederlegung. Am 19. Oktober organisierten die Gewerkschaften eine grosse Protestversammlung auf dem Lindenhof. Im Anschluss daran marschierten mehrere Tausend Personen zum Weber-Hauptsitz an der Bahnhofstrasse, buhten und pfiffen und blockierten die Eingänge. Zwei Tage später drohte der VHTL mit einem Solidaritätsstreik. Kurz darauf machte das Einigungsamt einen neuen Vorschlag, der Lohnerhöhungen und Verzicht auf Massregelungen vorsah und von beiden Seiten am 25. Oktober angenommen wurde.

Ein halbes Jahr später führte der VHTL in Zürich einen weiteren Arbeitskampf – denjenigen der Gärtner. Auch in diesem Sektor hatten sehr niedrige Löhne und schlechte Arbeitsbedingungen Tradition. Im Juni 1946 kündigte der VHTL den bestehenden GAV. In den darauffolgenden Verhandlungen mit dem Gärtnermeisterverband zeigten sich die Arbeitgeber bereit, die Ferienansprüche auszudehnen und einen Beitrag an die Krankenversicherung zu leisten, in der zentralen Lohnfrage gab es aber keine Einigung. Anfang 1947 brach der VHTL die Verhandlungen ab, die Gärtnermeister verhandelten aber weiter mit den Verbänden der Christlichsozialen und der «Berufsgärtner». Anfang April unterbreitete das Einigungsamt einen Kompromissvorschlag, der nur wenig unter den gewerkschaftlichen Forderungen lag. Die 200 im VHTL organisierten Gärtner lehnten aber ab, stellten ein Ultimatum und traten am 16. April 1947 in den Streik. Durch Patrouillen mit Hilfe befreundeter Bau- und Holzarbeiter legten sie in der Folge etwa 90% der Gartenarbeiten lahm. Nach vier Streiktagen beschloss eine Berufskonferenz des VHTL die Unterstützung der Streikenden. Nach der ersten Streikwoche gab es auf dem Helvetiaplatz eine Kundgebung mit 3’000 Teilnehmer:innen. Zu jener Zeit verhandelte der sozialdemokratische Stadtrat und spätere Bundesrat Willy Spühler hinter verschlossenen Türen über einen neuen Kompromissvorschlag, der schliesslich von beiden Seiten akzeptiert wurde. Daraufhin kam der Streik nach zwei Wochen zu einem Ende. Im Herbst 1948 wurde dann ein neuer GAV für das Gärtnereigewerbe von Zürich und Umgebung unterzeichnet. Die beiden Streiks bei Oscar Weber und im Gartenbau wurden vom Fotografen Ernst Koehli, dessen Nachlass heute im Sozialarchiv liegt, umfassend dokumentiert.

Übergang zum Arbeitsfrieden der «Trente Glorieuses»

Die Streikwelle von 1945 bis 1949 hinterliess als Startphase der «Trente Glorieuses», einer bis zum Erdölschock von 1973 dauernden Phase wirtschaftlichen Aufschwungs, deutliche Spuren. Von den 159 Arbeitsniederlegungen am Ende des Zweiten Weltkriegs waren aus Sicht der Streikenden 52% vollständig und 44% teilweise erfolgreich. Dies führte zu einer raschen Überwindung der kriegsbedingten Reallohnverluste und einer Steigerung der Reallöhne über das Vorkriegsniveau hinaus. Im Jahr 1949 waren die Reallöhne der Schweizer Arbeiter:innenschaft im Schnitt 24% höher als ein Jahrzehnt zuvor beim Ausbruch des Zweiten Weltkriegs. Besonders zugelegt hatten die Arbeiterinnen, deren Reallöhne 1949 38% höher waren als bei Kriegsausbruch. Bei den Angestellten, die sich an der Streikwelle zu Kriegsende kaum beteiligten, lagen die Reallöhne 1949 lediglich 12% über dem Niveau bei Kriegsausbruch.

Langfristig wichtiger war aber die grossflächige Durchsetzung von GAV, die ebenfalls in vielen Streikforderungskatalogen figurierten. Von 1944 bis 1950 stieg die Zahl der GAV von 632 auf 1’447. Im Jahr 1951 verfügten 775’000 Arbeitnehmer:innen über einen GAV, zwölfmal mehr als bei Ausbruch der Weltwirtschaftskrise 1929. In vielen GAV wurde erstmals der Anspruch auf bezahlte Ferien verankert. Als Standard etablierte sich dabei (wie auch in den ersten kantonalen Feriengesetzen 1946 in Solothurn, 1947 in Glarus, der Waadt und Genf, 1948 in Zug, 1949 in Basel-Land und Neuchâtel und 1950 in Schwyz) ein Anspruch von mindestens zwei Wochen. Ein wesentlicher Bestandteil vieler GAV war auch die – 1956 dann im Obligationenrecht geregelte – Friedenspflicht. Viele Verträge gingen dabei über die «relative» Friedenspflicht, welche Kampfmassnahmen zu nicht vertraglich geregelten Gegenständen erlaubt, hinaus und bekannten sich zur «absoluten» Friedenspflicht, die für die Zeit der Vertragsdauer sämtliche Kampfaktionen ausschliesst. Da zudem auch Arbeitskämpfe in der Phase der Vertragsverhandlungen selten wurden, ging die schweizerische Streikrate, auch im internationalen Vergleich, massiv zurück. Ab 1950 wurde jährlich nur noch eine einstellige Zahl von Streiks gezählt, im Jahr 1961 verzeichnete die Streikstatistik gar keine einzige Arbeitsniederlegung.

Parallel zur Streikwelle am Ende des Zweiten Weltkriegs und mit dieser verbunden nahmen die Mitgliederzahlen der Arbeitnehmer:innenorganisationen (deren Dach- und Einzelverbandsakten heute zum grossen Teil im Sozialarchiv lagern) nach einem leichten Rückgang in den ersten Kriegsjahren bis Ende der 1940er-Jahre stark zu. Von 1941 bis 1949 stiegen sie beim Schweizerischen Gewerkschaftsbund (SGB) von 217’000 auf 381’000 Personen, bei der Vereinigung schweizerischer Angestelltenverbände (VSA) von 66’000 auf 75’000, beim Christlichnationalen Gewerkschaftsbund (CNG) von 36’000 auf 48’000, beim Verband evangelischer Arbeiternehmer (SVEA) von knapp 12’000 auf knapp 16’000 und beim Landesverband Freier Schweizer Arbeiternehmer (LFSA) von 8’000 auf 15’000. Zugleich wurden sie durch die neuen Wirtschaftsartikel, die 1947 im selben Urnengang wie die AHV angenommen wurden (allerdings weit weniger deutlich als diese) auch verfassungsrechtlich aufgewertet. Erstens überführten diese die Möglichkeit der Allgemeinverbindlichkeit von GAV ins ordentliche Recht und gaben dem Bundesrat die Kompetenz «die Allgemeinverbindlicherklärung von Gesamtarbeitsverträgen und von andern gemeinsamen Vorkehren von Arbeitgeber- und Arbeitnehmerverbänden zur Förderung des Arbeitsfriedens» zu beschliessen. Zweitens hielten sie fest, die «zuständigen Organisationen der Wirtschaft» seien «vor Erlass der Ausführungsgesetze anzuhören und können beim Vollzug der Ausführungsvorschriften zur Mitwirkung herangezogen werden.» Dadurch wurde das in der Forschung als «Neo-Korporatismus» oder «liberaler Korporatismus» bezeichnete, für die Nachkriegsschweiz charakteristische Modell des Zusammenwirkens von Staat und Verbänden, dessen integraler Bestandteil die vertragsbasierte Sozialpartnerschaft war, sogar in der Bundesverfassung verankert.

Material zum Thema im Sozialarchiv (Auswahl)

Archiv

  • Ar 1.610.8 Sozialdemokratische Partei der Schweiz: Streiks und andere Gewerkschaftsfragen
  • Ar 18.301.1-9 Gewerkschaft Textil Chemie Papier GTCP: Streiks
  • Ar 18.304.46 Gewerkschaft Textil Chemie Papier GTCP: Branchenmappen Leinenindustrie
  • Ar 18.308.42 Gewerkschaft Textil Chemie Papier GTCP: Sekretariatsakten Gewerkschaftsgeschichte: Streik Zofingen 1946
  • Ar 22.50.31 Gewerkschaft Bau und Holz Sektion Zürich: Sektionsakten 1947–1970
  • Ar 22.60.10 Gewerkschaft Bau und Holz Sektion Zürich: Sektionsversammlungen 1959–1948
  • Ar 22.60.35 Gewerkschaft Bau und Holz Sektion Zürich: Vorstandssitzungen 1945–1946
  • Ar 22.60.36 Gewerkschaft Bau und Holz Sektion Zürich: Vorstandssitzungen 1947–1948
  • Ar 22.75.2 Gewerkschaft Bau und Holz Sektion Zürich: Streiks 1937–1951
  • Ar 22.75.5 Gewerkschaft Bau und Holz Sektion Zürich: Streiks
  • Ar 72.25.1 Landesverband freier Schweizer Arbeitnehmer LFSA: Akten Baugewerbe 1948–1974
  • Ar 72.72.15.6 Landesverband freier Schweizer Arbeitnehmer LFSA: Zentralvorstand: Protokolle 1946–1956
  • Ar 73.15.54 Christlicher Holz- und Bauarbeiterverband der Schweiz: Protokolle Zentralvorstand 1941–1948
  • Ar 73.30.2 Christlicher Holz- und Bauarbeiterverband der Schweiz: Streiks 1947–1950
  • Ar 73.30.3 Christlicher Holz- und Bauarbeiterverband der Schweiz: Schreinerstreik Tessin 1947
  • Ar 201.44 Oerlikoner Streik 1940
  • Ar 201.274 Streik in der Wolldeckenfabrik Schwendener in Sils im Domleschg
  • Ar 301.28 Manuskripte, Typoskripte: Eduard Kobelt: Das Streikverhalten der Arbeiter in der Ostschweiz 1927–1950
  • Ar 422.31.2 SMUV Sektion Zürich: Diverse Konfliktfälle 1931–1950
  • Ar 593 Dokumentation Arbeitskonflikte Ostschweiz
  • Ar GBI 04F-0067 Gewerkschaft Bau und Industrie: Sprengstofffabrik Dottikon: Streik
  • Ar GBI 04B-0101(1) Gewerkschaft Bau und Industrie: Baugewerbe: Berufskonferenzen, Korrespondenz, 1942–1949
  • Ar KV B 406 Kaufmännischer Verband Schweiz: Diverse Vereinbarungen, Abkommen, Richtlinien, Reglement
  • Ar SGB G 112/6 Schweizerischer Gewerkschaftsbund (SGB): SMUV/FTMH: Korrespondenz 1941–1949
  • Ar SMUV 05F-0010 SMUV Gewerkschaft Industrie, Gewerbe, Dienstleistungen: Zusammenstellung der Bewegungen: Löhne; Zulagen; Ferien; Streik, 19371950
  • Ar VHTL 04A-0063 Gewerkschaft Verkauf Handel Transport Lebensmittel (VHTL): Warenhauspersonal: Oscar Weber AG
  • Ar VHTL 04D-0006 Gewerkschaft Verkauf Handel Transport Lebensmittel (VHTL): Gärtner und GartenarbeiterInnen: Vertragsbewegung
  • Ar VHTL 04D-0007 Gewerkschaft Verkauf Handel Transport Lebensmittel (VHTL): Gärtner und GartenarbeiterInnen: Berufskonferenzen
  • Ar VHTL 04D-0009 Gewerkschaft Verkauf Handel Transport Lebensmittel (VHTL): Gärtner und GartenarbeiterInnen: Lohnbewegungen
  • Ar VHTL 04D-0013 Gewerkschaft Verkauf Handel Transport Lebensmittel (VHTL): Gärtner und GartenarbeiterInnen: Streiks und Konflikte
  • Ar VHTL 08B-0038 Gewerkschaft Verkauf Handel Transport Lebensmittel (VHTL): GTCP (STFV): Konflikte, Streiks
  • Ar VHTL 08B-0045 Gewerkschaft Verkauf Handel Transport Lebensmittel (VHTL): SBHV: Streiks, Konflikte

Archiv Bild + Ton

  • F 5030 Gewerkschaft Verkauf Handel Transport Lebensmittel (VHTL)
  • F 5144 Koehli, Ernst (1913–1983)

Sachdokumentation

  • KS 331/29 Unternehmen und Beschäftigte; Friedensabkommen (1937): Schweiz
  • KS 331/30 Gesamtarbeitsverträge: Schweiz allg.
  • KS 331/32 Gesamtarbeitsverträge: Bekleidungs- & Textilindustrie
  • KS 331/32b Gesamtarbeitsverträge: Chemische Industrie
  • KS 331/32d Gesamtarbeitsverträge: Bekleidungs- & Textilindustrie
  • KS 331/33 Gesamtarbeitsverträge: Handel, Transport & Lebensmittel
  • KS 331/34 Gesamtarbeitsverträge: Bau & Holz
  • KS 331/34a Gesamtarbeitsverträge: Bau & Holz
  • KS 331/34b Gesamtarbeitsverträge: Bau & Holz
  • KS 331/35 Gesamtarbeitsverträge: Maschinen-, Metall- & Uhrenindustrie
  • KS 331/36:2 Gesamtarbeitsverträge: diverse Branchen
  • KS 331/256 Arbeitskonflikte & Streiks in der Schweiz
  • KS 331/256a Arbeitskonflikte & Streiks in der Schweiz
  • KS 331/262 Arbeitskonflikte & Streiks: Methoden der Arbeitgeber
  • ZA 71.2 Gesamtarbeitsverträge
  • ZA 77.5 C Arbeitskonflikte & Streiks in der Schweiz

Bibliothek

  • Arbeitsgruppe für Geschichte der Arbeiterbewegung Zürich: Schweizerische Arbeiterbewegung: Dokumente zu Lage, Organisation und Kämpfen der Arbeiter von der Frühindustrialisierung bis zur Gegenwart. Zürich 1975, 54290
  • Baumann, Hans et al.: 50 Jahre Friedensabkommen: Alte Rezepte für neue Herausforderungen? Neue gewerkschaftliche Alternativen zum «Wachstumspakt» sind nötig, in: Gewerkschaftliche Rundschau 79 (1987). S. 139-150, N 59
  • Baumgärtner, Alex: Industrial Relations in der Schweizerischen Eidgenossenschaft. Baden-Baden 2013, 127832
  • Casutt-Schneeberger, Julia: Business cycles and strike activity: Labour conflicts across different economic regimes, 1945–2004. Marburg 2011, 126641
  • Conca-Pulli, Pälvi: Soldats au service de l’ordre public: La politique du maintien de l’ordre intérieur au moyen de l’armée en Suisse entre 1914 et 1949. Neuchâtel 2003, 134579
  • Degen, Bernhard: Von «Ausbeutern» und «Scharfmachern» zu «Sozialpartnern»: Beziehungen zwischen Gewerkschaften und Unternehmen im Wandel, in: Schweizerisches Sozialarchiv (Hg.): Bilder und Leitbilder im sozialen Wandel. Zürich 1991. S. 231-270, 91632
  • Deshusses, Frédéric: Mettre en œuvre la paix du travail, autour d’une grève des typographes genevois en 1948, in: Schweizerische Zeitschrift für Geschichte 73/2 (2023). S. 146-162, D 6201
  • Fluder, Robert et al.: Gewerkschaften und Angestelltenverbände in der schweizerischen Privatwirtschaft: Entstehung, Mitgliedschaft, Organisation und Politik seit 1940. Zürich 1991, 92905
  • Gallati, Renatus: Der Arbeitsfriede in der Schweiz und seine wohlstandspolitische Bedeutung im Vergleich mit der Entwicklung in einigen anderen Staaten. Bern 1976, 57361
  • Gerlach, Thomas: Ideologie und Organisation: Arbeitgeberverband und Gewerkschaften in der Schweizer Textilindustrie 1935 bis 1955: Eine Studie zur Logik kollektiven Handelns. Stuttgart 1995, 98861
  • Humbel, Kurt: Treu und Glauben: Entstehung und Geschichte des Friedensabkommens in der schweizerischen Maschinen- und Metallindustrie. Bern 1987, 83182
  • Kobelt, Eduard: Das Streikverhalten der Arbeiter in der Ostschweiz 1927–1950. Erlenbach 2019, Online-Ressource
  • Koller, Christian: Streikkultur: Performanzen und Diskurse des Arbeitskampfes im schweizerisch-österreichischen Vergleich (1860–1950). Wien 2009, 121626
  • Koller, Christian: La grève comme phénomène «anti-suisse»: Xénophobie et théories du complot dans les discours anti-grévistes (19e et 20e siècles), in: Cahiers d’histoire du mouvement ouvrier 28 (2012). S. 25-46, D 5037
  • Länzlinger, Stefan: Edelweiss gegen Enzian: Gärtnerstreik, 1947, in: Koller, Christian und Raymond Naef (Hg.): Chronist der sozialen Schweiz: Fotografien von Ernst Koehli 1933–1953. Baden 2019. S. 135-141, Gr 14947
  • Leimgruber, Matthieu und Martin Lengwiler (Hg.): Umbruch an der «inneren Front»: Krieg und Sozialpolitik in der Schweiz, 1938–1948. Zürich 2009, 121550
  • Leu, G.: Der Streik in der Bindfadenfabrik Flurlingen. Schaffhausen 1946, Hf 2919
  • Levy, René und Laurant Duvanel: Politik von unten: Bürgerprotest in der Nachkriegsschweiz. Basel 1984, 75704
  • Loew, Leo: Das geht uns alle an! Friedensabkommen oder Gesamtarbeitsvertrag: Der Kampf der Basler Chemiearbeitergewerkschaft für mehr Lohn, mehr Recht, mehr Freiheit im Betriebe. Basel 1945, 331/29-8
  • Lotte Operaie in Svizzera 1945–1973: La crescita di una classe operaia multinazionale. Padova 1975, Hf 4650
  • Müller, Michael: Nicht Gnade, sondern Recht! Der Zofinger Chemiearbeiterstreik von 1946. Lizentiatsarbeit Universität Bern 1996, Gr 8794
  • • Müller, Michael: Der Zofinger Chemiearbeiterstreik von 1946, in: Boillet, Valérie et al. (Hg.): Vom Wert der Arbeit: Schweizer Gewerkschaften – Geschichte und Geschichten. Zürich 2006. S. 236f., 116940
  • Naef, Raymond: «Einmal Oscar Weber – nie mehr Oscar Weber!»: Streik und Kundgebung auf dem Zürcher Lindenhof, in: ders. und Christian Koller (Hg.): Chronist der sozialen Schweiz: Fotografien von Ernst Koehli 1933–1953. Baden 2019. S. 125-133, Gr 14947
  • Ronca, Marion: Streitpunkt Konjunktur: Die Verhandlung der Stabilisierungspolitik zwischen Bund und Wirtschaftsverbänden (1946–1957), in: Hürlimann, Gisela et al. (Hg.): Lobbying: Die Vorräume der Macht. Zürich 2016. S. 93-107, D 5969
  • Schiavi, Rita und Ruedi Brassel: Kämpfend in den Arbeitsfrieden: Zur Streikwelle der unmittelbaren Nachkriegszeit, in: Degen, Bernard et al. (Hg.): Arbeitsfrieden – Realität eines Mythos: Gewerkschaftspolitik und Kampf um Arbeit – Geschichte, Krise, Perspektiven. Zürich 1987. S. 57-69, D 5170
  • Schmid, Philipp und Beat Rathgeb: «Mehr Lohn, mehr Recht und Freiheit!»: Die Streiks in der Bindfadenfabrik Flurlingen 1946 und in der Kunstseidenfabrik Steckborn 1947. Seminararbeit, Universität Zürich 2014, Online-Ressource
  • Siegenthaler, Jürg: Die Politik der Gewerkschaften: Eine Untersuchung der öffentlichen Funktionen Schweizerischer Gewerkschaften nach dem Zweiten Weltkrieg. Bern 1968, 38840
  • Stirnimann, Charles: Der Weg in die Nachkriegszeit 1943–1948: Ein Beitrag zur politischen Sozialgeschichte des «Roten Basel». Basel/Kassel 1992, 93741
  • Tanner, Jakob: Bundeshaushalt, Währung und Kriegswirtschaft: Eine finanzsoziologische Analyse der Schweiz zwischen 1938 und 1953. Zürich 1986, 80689
  • Tronchet, Henri: Il y a quarante ans à Genève: Une action syndicale exemplaire, la conquête du paiement des jours fériés, in: Cahiers d’histoire du mouvement ouvrier 3 (1986). S. 48-55, D 5037
  • Tronchet, Lucien: Combats pour la dignité ouvrière. Genf 1979, 67095
  • Tschudi, Hans-Martin: Die Gestaltung der Arbeitsverhältnisse durch die Sozialpartner des schweizerischen Baugewerbes dargestellt an der Entwicklung des Landesmantelvertrages für das schweizerische Hoch- und Tiefbau-, Zimmer-, Steinhauer- und Steinbruchgewerbe 1938–1976. Zürich 1979, 65309
  • Vuattolo, August: Geschichte des Schweizerischen Bau- und Holzarbeiterverbandes, 1873–1953, Bd. 3. Zürich 1956, 20748