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Buchempfehlungen der Bibliothek

NS-Dokumentationszentrum München, Zentrum für Antisemitismusforschung der TU Berlin und Zentrum Jüdische Studien Berlin-Brandenburg (Hrsg.): Angezettelt. Antisemitische und rassistische Aufkleber von 1880 bis heute. Berlin, 2017

Seit dem 19. Jahrhundert sind Aufkleber oder «Klebezettel» weit verbreitet und ab 1880 wurden sie dank gummiertem Papier, auf das sie gedruckt werden konnten, massenhaft produziert. Sie sind deshalb zu aussagekräftigen Zeugnissen der Alltagskultur geworden. Die vorliegende Publikation ist das Resultat einer Ausstellung im Münchner NS-Dokumentationszentrum von 2017.

Anhand von Marken und Aufklebern wird die Geschichte der Judenfeindschaft seit dem Ende des 19. Jahrhunderts erzählt. Da das Medium bis heute weit verbreitet ist, werden sowohl Sticker, die gegenwärtig im öffentlichen Raum Rassismus und Neonazismus propagieren, als auch Formen antirassistischer Gegenwehr gezeigt. Auch das Archiv Bild + Ton des Sozialarchivs verfügt über eine stattliche Sammlung solcher «Abziehbilder» aus beiden politischen Spektren, wobei vor allem die Sammlung von Bernard Schlup hervorzuheben ist.

Concetto Vecchio: Jagt sie weg! Die Schwarzenbach-Initiative und die italienischen Migranten. Zürich, 2020

1968 lanciert Nationalrat James Schwarzenbach eine Initiative mit dem Ziel, die «Überfremdung der Schweiz» zu verhindern und dafür mehr als 300’000 vorwiegend italienische Gastarbeiterinnen und Gastarbeiter nach Hause zu schicken. Die Initiative, die 1970 nur hauchdünn verworfen wird, ist der Startschuss zu einer beispiellosen, Jahre andauernden Hetzkampagne, welche auch die Schweizer Bevölkerung entzweit.

In seinem einerseits autobiografischen, andererseits historischen Buch erzählt Concetto Vecchio von seinen sizilianischen Eltern und von weiteren MigrantInnen, die in den 1960er Jahren ihr Glück in der Schweiz suchten, hier aber auf offenen Fremdenhass stiessen, als Arbeitskräfte ausgebeutet und als Menschen ausgegrenzt wurden.

Wichtige Bestände im Sozialarchiv zum Thema:
Ar 108 Nachlass James Schwarzenbach
Dossier 02.3 C Ausländerfrage, -integration; Einwanderung; multikulturelle Gesellschaft: Schweiz

Paolo Giordano: In Zeiten der Ansteckung. Wie die Corona-Pandemie unser Leben verändert. Hamburg, 2020

Mit Paolo Giordanos schmalem Büchlein hat unsere Bibliothek die erste sachliterarische Publikation erworben, die sich mit dem Virus «Sars-Cov-2» – dem Coronavirus – befasst. Giordano ist sowohl Physiker als auch Schriftsteller und beschreibt seine Erfahrungen während der Corona-Zeit – hauptsächlich mit Blick auf die Situation in Italien, aber auch mit allgemeingültigen Überlegungen zum Ausnahmezustand auf der ganzen Welt: «Jetzt ist die Zeit der Anomalie. Und aus ihr erwächst die Chance für Veränderung.» Giordano äussert allerdings seine Bedenken, dass die Angst vorübergehen wird, ohne Veränderungen mit sich gebracht zu haben.

Wir werden es wohl erst in einiger Zukunft wissen. Gewiss aber werden noch zahlreiche Bücher zum Thema verfasst werden – Giordano hat einen Auftakt gemacht.

12. Juli 2020Susanne Brügger zurück