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Als die «Klimakrise» noch «Treibhauseffekt» hiess

Ein Rückblick auf die Anfänge der medialen Wahrnehmung eines bedrohlichen Phänomens

Im Dezember vergangenen Jahres fand in Madrid die Weltklimakonferenz statt. 25’000 Teilnehmer/innen aus fast allen Staaten der Welt debattierten über Massnahmen zur Eindämmung der Erderwärmung bzw. zur Abwendung der Klimakatastrophe. In der Sachdokumentation des Sozialarchivs wird das Thema «Klimaveränderung» schon seit 60 Jahren dokumentiert, mit Zeitungsausschnitten (13 Schachteln), Broschüren und Flugschriften (10 Schachteln) sowie 97 Digitalen Schriften [Stand: 7.1.2020].

Als erster grosser Meilenstein der internationalen Klimapolitik gilt der UNO-Umweltgipfel 1992 in Rio de Janeiro, an dem die Klimarahmenkonvention beschlossen wurde, die immerhin eine Verständigung über die Ziele des Klimaschutzes formulierte. Wie die Ziele erreicht werden sollten, war Gegenstand der nachfolgenden UNO-Klimakonferenzen. 1997 führte das Kyoto-Protokoll als Massnahme zum Klimaschutz den weltweiten Emissionsrechtehandel ein und 2015 kamen die Länder in Paris überein, ihre nationalen Klimaziele schriftlich festzulegen («Intended Nationally Determined Contributions», INDC), jedoch ohne verbindliche Verpflichtungen einzugehen und entsprechende Sanktionsmechanismen einzuführen.
Seit den 1990er Jahren figuriert das Klima jedenfalls auf der internationalen und den nationalen politischen Agenden – mal weiter oben, mal weiter unten –, und diese letzten 30 Jahre der Klimafrage und -politik sind den meisten von uns einigermassen präsent. Aber was geschah eigentlich in den 30 Jahren davor?

Die Geschichte des Wissens

Der allererste Artikel in der Zeitungsausschnittsammlung des Sozialarchivs zum Thema Klimaveränderung – er stammt aus der Schweizerischen Allgemeinen Volkszeitung – datiert vom 5.12.1959 und versetzt in Erstaunen, da er bereits 60 Jahre vor dem Klimawahljahr 2019 in der Schweiz die Brisanz des Phänomens deutlich benennt:

«Seit Jahren scheinen auf der Erde die Jahreszeiten etwas durcheinandergeraten zu sein. […] Überschwemmungen, unsaisongemässe Hitze- oder Kälteperioden werden häufiger. […] Die stetig zunehmende Abgabe von Verbrennungsrückständen aus Kaminen und den Auspuffrohren von Motoren ist die unmittelbare Ursache davon! Bisher wurde das Kohlendioxyd durch den Atmungsprozess der Pflanzen sowie durch die Verwitterung des Gesteins unserer Atmosphäre wieder laufend entzogen. So hielt sich der Kohlensäure-Anteil der Luft bis zum Beginn des Industriezeitalters auf 0.03 Prozent. Seit 1900 hat sich das aber wesentlich geändert: Es wurden über 100 Milliarden Tonnen Kohle verbrannt, und der jährliche Benzin- und Ölverbrauch liegt heute bei 700 Millionen Tonnen! Und er steigt noch ständig. Das hat zur Folge, dass der natürliche Ausgleich durch Pflanzenatmung und Verwitterung nicht mehr genügt und sich der Kohlensäuregehalt der Luft ständig erhöht.
[…] Leider verändert sich aber nicht nur die Zusammensetzung der Atmungsluft. Viel schlimmer ist die dadurch verursachte grössere Isolierfähigkeit des sogenannten ‘atmosphärischen Spiegels’ […]: Durch den höheren Kohlensäuregehalt, der besser isoliert, baut sich in der Höhe der Stratosphäre langsam eine Art Treibhausdach um die Erde, unter dem die Temperatur langsam, aber sicher steigt. […] Solche klimatischen Veränderungen sind nichts Neues in der Erdgeschichte: In Epochen mit starker vulkanischer Tätigkeit […] trat starke Erwärmung ein – wenn die Vulkane ruhten, Eiszeiten. […] Dafür brauchte es allerdings Jahrtausende. Aber heute ist das anders. Der Eingriff des Menschen verändert die Temperaturverhältnisse weit rascher. So ergaben Messungen einen Temperaturanstieg seit 1900 von 1.22 Grad. Das erscheint wenig, wurde aber in nur 60 Jahren zustande gebracht! Und was, wenn die Ursachen noch in beschleunigtem Tempo ansteigen?
[…] Messungen der Meeresspiegel an der atlantischen und pazifischen Küste ergaben [aufgrund der schmelzenden Pole] eine Erhöhung des Wasserstandes in den letzten Jahren von 25 Zentimeter. Diese Messungen geben zu denken. Die Menschen haben es in der Hand, Massnahmen zu ergreifen – hoffentlich nicht erst, wenn ihnen das Wasser, wortwörtlich, am Halse steht!»

In den kommenden anderthalb Jahrzehnten scheint die Klimaveränderung dann in der Schweizer Presse kein grosses Thema gewesen zu sein, und ab 1974 sorgte man sich in erster Linie um das drohende Verschwinden der Ozonschicht aufgrund der u.a. in Spraydosen als Treibmittel verwendeten Chlorfluorkohlenwasserstoffe (FCKW). «Wir sprayen uns langsam zu Tode», titelte die Ostschweizer AZ am 29.12.1975, «Der Mensch zerlöchert den Raumanzug der Erde» die Weltwoche zwölf Jahre später am 26.3.1987. Ende der 1970er Jahre rückte aber parallel dazu auch das «ungelöste Problem» der «Kohlendioxyd-Glocke» (Der Bund, 7.2.1979) wieder in den Fokus. Ein NZZ-Artikel vom 29.11.1983 beschreibt die Situation nicht viel anders, als sie heute, 36 Jahre später, in den Medien dargestellt wird:

« […] die CO2-Forscher sind sich einig, dass Veränderungen des Klimas auf dem ganzen Erdball stattfinden werden bzw. schon im Gange sind. Dazu zählen extreme Temperaturverhältnisse, Trockenheit, anhaltende, zu Überschwemmungen führende Regenfälle, Stürme usw. verbunden mit schweren Ernteverlusten.
Ebenfalls einig scheinen sich die Wissenschafter über die kurzfristig weltweite Bedrohung der Menschheit durch Hungersnöte zu sein. Für die Ausarbeitung einer Lösung stehen sie zunehmend unter Zeitdruck.»

Um CO2 auf natürliche Weise zu binden, sei die Bewahrung bzw. Erhöhung der Waldbestände anzustreben. Allerdings fiel dieses Ansinnen mitten in die Zeit des «Waldsterbens», durch welches im Gegenteil noch zusätzliches CO2 in die Atmosphäre gelangt. Und damit nicht genug:

«Dieser Vorgang droht sich zu verstärken durch Waldbrände, indem die kranken Bäume während längerer regenfreier Perioden austrocknen und anschliessend durch Blitzschläge entzündet werden.
[…] Es steht sicher ausser Zweifel, dass der Kampf um das Überleben diesmal an allen Fronten geführt werden muss, denn der Patient ist schwer krank, braucht ein Mittel zur Genesung, geeignete Umstände zur Erholung und die nötigen Voraussetzungen zu einem weiteren Leben, das seiner selbst noch wert ist.»

Die virulente Aktualität dieser Zeilen ist frappierend! Geradezu prophetisch liest sich auch das Fazit eines NZZ-Artikels vom 15.8.1984, verfasst nach einem Referat von William W. Kellogg an der Twelfth International Conference on the Unity of the Sciences in Chicago im November 1983:

«Im Hinblick auf die vielen unbestimmten und negativen Folgen einer CO2-bedingten Klimaveränderung wäre es am vernünftigsten, das irreversible Experiment abzublasen, die Nutzung fossiler Energieträger drastisch einzuschränken und langfristig ganz darauf zu verzichten. […]
Das CO2-Problem betrifft die ganze Welt, und alle Länder benutzen fossile Energieträger. Es nützt also nichts, wenn einzelne Länder auf die Verbrennung von Öl und Kohle verzichten. Nur gemeinsames Handeln aller Länder könnte das Problem lösen, doch selbst wenn eine solche Vereinbarung zustande käme, liesse sie sich nicht durchsetzen. […] Überzeugt werden die Leute erst sein, wenn die Klimaveränderung tatsächlich eintrifft und es für präventive Massnahmen bereits zu spät ist.»

Aus zahlreichen weiteren Artikeln von Mitte der 1980er Jahre geht hervor, dass die wissenschaftliche Ausgangslage bekannt und die dramatischen Folgen der unkontrollierten Klimaveränderung weitestgehend erkannt waren, auch wenn die Datengrundlage zu dem Zeitpunkt noch nicht so solid war, wie sie es heute ist. Eindringlich warnen die Berichte auch vor dem Nichtstun bzw. vor dem Zu-spät-Kommen von Gegenmassnahmen, gleichzeitig jedoch zweifeln sie fast durchgehend an einer vernünftigen Einsicht der Menschheit sowie an der Handlungsfähigkeit der internationalen Politik, da einer solchen nationale Interessen und wirtschaftliche Abhängigkeiten zuwiderlaufen (es fehlt eine «Weltregierung»). Defätismus folgt den Handlungsappellen jeweils auf dem Fusse.
Bereits in den 1980er Jahren war auch bekannt, dass ein einmal eingeleiteter Prozess der Erwärmung für viele folgende Jahrzehnte unaufhaltbar und irreversibel ist, und dies, bevor überhaupt für jedermann spürbare Störungen wahrnehmbar sind (z. B. Vaterland, 17.10.1986). Umgekehrt konnte wissenschaftlich lange Zeit nicht belegt werden, dass mess- und spürbare grossräumige Änderungen des Wetters, etwa der Niederschlagsverteilung, mit dem Anstieg von CO2 in der Atmosphäre in einem Zusammenhang stehen (Tages-Anzeiger, 29.9.1987). So erschien die Klimaveränderung entweder als zu abstrakt oder das klimawandelbedingt veränderte konkrete Wetter nicht als wissenschaftlich beweiskräftig. Anlässlich der Weltklimakonferenz in Toronto im Sommer 1988 hielt der Tages-Anzeiger (18.8.1988) zur daraus resultierenden Handlungsblockade jedoch fest:

«Wo sich der politische Wille regt, beginnt auch der Streit um konkrete Massnahmen. Das hat sich in Toronto gezeigt. Und wo Politiker den Schwarzen Peter wieder an die Wissenschafter zurückgeben, verliert man unnötig Zeit für den Entwurf von Gegenstrategien. Die wissenschaftlichen Kenntnisse um die Klimabedrohung sind genügend gesichert. Zum Handeln muss man nicht noch mehr wissen.»

Hatten Sie bei der Lektüre der zitierten Zeitungsartikel auch schon ein paar anachronistische Déjà-vu-Erlebnisse?
(Der Guardian publizierte am 9.10.2019 übrigens eine Chronologie des Wissens über die Klimakrise von 1959 bis 2019, die von Infosperber am 29.10.2019 unter dem Titel «Klimakrise: Ein halbes Jahrhundert Zögern und Leugnen» in deutscher Fassung weiterveröffentlicht wurde. Sie zeigt auf, wie früh man über die Wirkung von CO2 auf das Klima wusste und wie systematisch dieses Wissen unter dem Deckel gehalten wurde.)

Die Geschichte der Politik

Die in den 1980er Jahren hochaktuelle Ozonlochproblematik, welche möglicherweise die schon damals mindestens so akute Klimafrage medial in den Hintergrund gedrängt hat, ist aufschlussreich, was die politische Untätigkeit betrifft: Trotz des Wissens, dass der Schutz des Ozonschildes lebensnotwendig ist, und trotz bestehender Alternativstoffe zu FCKW für Spraydosen tat sich die Politik extrem schwer, regulierend einzugreifen, obwohl Appelle an eine freiwillige Reduktion der schädlichen Treibstoffe in der Aerosolindustrie nahezu fruchtlos blieben.
Gleich wie das CO2 nahmen auch die FCKW «keine Rücksicht auf Ländergrenzen» (Landbote, 26.1.1983) – die nationalen Politiken mussten also international koordiniert werden. Dabei stand wie bei der CO2-Reduktion auch beim FCKW die Frage im Raum, ob und wie Drittwelt- und Schwellenländer, darunter China und Indien, die bis dahin nur marginal an der Zerstörung der Ozonschicht beteiligt gewesen waren und deshalb quasi noch ein Verbrauchsguthaben besassen, in die Massnahmen miteinbezogen werden konnten (Tages-Anzeiger, 8.3.1989). Und analog zum CO2-Ausstoss ergingen gegen Ende der 1980er Jahre von Umwelt- und Verbraucherorganisationen Appelle an die Konsument/innen, auf schädliche Treibhausgase zu verzichten oder entsprechende Produkte zu boykottieren.
Der Auftakt zu einem Durchbruch kam schliesslich am 16.9.1987, als in Montreal von 40 Staaten, u.a. auch von der Schweiz, das Protokoll über ozonschichtabbauende Substanzen unterzeichnet wurde, welches sowohl Verbrauch wie Produktion insbesondere von FCKW detailliert regelte und am 1.1.1989 in Kraft trat. Es handelte sich um ein kompliziertes Vertragswerk, welches die konkreten Bestimmungen der Konvention zum Schutze der Ozonschicht formulierte, welche als Rahmenabkommen bereits im März 1985 in Wien verabschiedet worden war. Erst im Nachgang dazu und unter dem Druck einer Zürcher Standesinitiative kam es auch in der Schweiz auf eidgenössischer Ebene zu einer ernsthaften Diskussion über Einschränkungen ozongefährdender Treibstoffe. Der Bundesrat erliess schliesslich im März 1989 ein Verbot für FCKW-Spraydosen per 1.1.1991.
Und was bedeutet diese Geschichte im Hinblick auf das Kohlendioxid (CO2)?

«Gerade die erfolgreiche Durchsetzung eines wenn auch noch relativ kleinen ersten Schrittes in diesem Bereich [FCKW] sollte den Verantwortlichen – und jedem Einzelnen – den Mut geben, das ungleich dornigere Problem einer Eindämmung des Treibhauseffektanstieges an die Hand zu nehmen und nicht zuzuwarten […]. […] Auch wenn es nicht mehr möglich ist, alle Schäden zu vermeiden, muss doch alles getan werden, sie möglichst klein zu halten und die eigentliche Klimakatastrophe zu vermeiden. Internationale Abmachungen müssen trotz den vielfältigen entgegengesetzten Partikularinteressen rasch erarbeitet werden.» (NZZ, 4.3.1989)

«Rasch» – seit dieser Aufforderung sind mehr als 30 Jahre vergangen, während derer die Politik gegen die Macht dieser «Partikularinteressen» nahezu machtlos geblieben ist. Der «Mut» aber wurde 2018 von der weltweiten Klimastreikbewegung wiedergefunden und der Hoffnungszeitrahmen von Greta Thunberg mit den Worten «We still can fix that» abgesteckt. Dabei wären die «Anforderungen an eine Klimapolitik» bereits 1989 sonnenklar gewesen:

«Es ist erstaunlich und betrüblich, wenn man verfolgt, wie wenig die neue Dimension ‘Klimakatastrophe’ bisher in die Diskussionen um Luftreinhalte- und Energiepolitik eingeflossen ist. Das muss nun mit höchstmöglicher Beschleunigung nachgeholt werden.» (NZZ, 2.10.1989)

Der Autor nennt vier Handlungsfelder: 1) Festlegung der Ziele der Klimapolitik – also das, was 1992 mit der Klimarahmenkonvention am UNO-Umweltgipfel in Rio de Janeiro erreicht wurde. 2) Erarbeitung der nötigen Massnahmenpakete und Einleitung der Schritte zu ihrer Realisierung – das Kyoto-Protokoll von 1997 führte als eine solche Massnahme immerhin den weltweiten Emissionsrechtehandel ein. 3) Verbesserung der Information, um die Akzeptanz der nötigen einschneidenden Massnahmen zu erhöhen bzw. deren politische Realisierung zu ermöglichen – heute die erste der drei Hauptforderungen von Extinction Rebellion und ebenso eine Hauptforderung der Klimastreikbewegung an die Politik. 4) Energiepolitische Massnahmen müssen prioritär zu einer Reduktion der Emission von Treibhausgasen beitragen – das im Mai 2017 von der Schweizer Stimmbevölkerung angenommene Massnahmenpaket «Energiestrategie 2050» machte einen ersten kleinen Schritt in diese Richtung.

Die Geschichte der Emotionen

Der schwindende Ozonschutzschild – die schwindenden Gletscher sind bis 1990 noch kein Thema in der Schweizer Presse – kann auch bezüglich der Wahrheits- und Leugnungsdispute sowie bezüglich der emotionalen Reaktionen auf das Phänomen als Matrix für den Klimawandel gelten. Die Bedrohung weckte nicht nur Ängste (u.a. vor Krebs), sie wurde – aus welchen Motiven sei dahingestellt – auch angezweifelt: «Ozon-Schutzschild wirklich bedroht?» titelt der Landbote am 26.1.1983. Und 24 Heures lässt in ihrer Ausgabe vom 16.10.1989 einen Vulkanologen zu Wort kommen, welcher behauptete, die Zerstörung der Ozonschicht durch Treibgase entbehre eines wissenschaftlichen Beweises, die angebliche «Panikmache» der Umweltschützer/innen verurteilte und ihnen unterstellte, von der Chemieindustrie manipuliert worden zu sein («une panique organisée»).
Angesichts der drohenden «Klimakatastrophe» (der Begriff taucht ebenso wie «Klimakollaps» erstaunlich früh auf) gab es neben der Angst mindestens für einige Weltregionen auch positive Erwartungen an die Klimaveränderung. So schreibt die Basler Zeitung am 6.10.1982 unter dem Titel «Mitteleuropa wird in 70 Jahren vom Treibhauseffekt profitieren»:

«Nördliche Regionen wie Mitteleuropa hätten allerdings Glück: Sie brauchten weder Sintflut noch Dürre zu befürchten, sondern könnten sogar vom Temperaturanstieg profitieren, da er die Wachstumsperiode verlängern und eine intensivere landwirtschaftliche Nutzung des Bodens ermöglichen würde.»

Vielleicht einmal abgesehen von den Winzern würden dies viele Bauern heutzutage wohl anders beurteilen. Dominante Reaktion in der allgemeinen Öffentlichkeit und beim einzelnen Menschen war aber das Verharren. In der Weltwoche vom 12.1.1989 mutmasst Gastschreiber Al Gore über die Gründe dafür:

«Warum warten wir, statt zu handeln? – Vielleicht zum Teil wegen der Beispiellosigkeit der Krise. Sie liegt einfach ausserhalb unserer Erfahrungen und übersteigt das, was wir gesunden Menschenverstand nennen.»

Und die NZZ schreibt am 28.10.1989 in einem prospektiven Artikel zur Energiepolitik der 1990er Jahre:

«Nehmen wir den Treibhauseffekt ernst? Heute wohl noch kaum. Es reicht zu einer gewissen Irritation, man macht sich Gedanken – und verdrängt sie auch gleich wieder mit dem Argument, es gebe ja noch keine schlüssigen Beweise und vermutlich handle es sich bei der Klimakatastrophe nur um eine von den Medien hochgespielte Horrorvision. Und vielleicht, wer weiss, wäre es sogar angenehm, in der Schweiz unter Palmen zu wandeln?»

Deutlich wird in diesem Artikel die bis zum heutigen Tag wirksame verhängnisvolle Vermengung von wissenschaftlicher Faktenlage, emotionaler Verarbeitung angsteinflössender Zukunftsszenarien (die immer näher rücken) und nötiger politischer Massnahmen.

«Ganz ernst nehmen wir den Treibhauseffekt wohl erst, wenn Veränderungen augenfällig und spürbar würden.»

Inwiefern diese Prognose am Schluss des Artikels inzwischen eingetreten ist, darüber wird zurzeit nach wie vor in doppelter Hinsicht gestritten.

Material zum Thema in der Sachdokumentation des Sozialarchivs:

  • Dossier 19.0 *2 Klima, Klimawandel; Klimaschutz, Klimapolitik
  • Jüngere Artikel (ca. ab dem Jahr 2000) der Schweizer Presse zum Thema «Klimawandel» finden Sie zudem in Swissdox, darunter auch den zitierten Artikel von Infosperber. Die Schweizer Mediendatenbank ist an den Lesesaalcomputern sowie auf allen Geräten, die im WLAN des Sozialarchivs eingeloggt sind, abrufbar.
14. Januar 2020Ulrike Schelling zurück