Anstalts- oder Heimkinder, Pflege- oder Kostkinder, Schwabengänger, Kinder der Landstrasse oder eben Verdingkinder – zahlreiche Begriffe wurden im Lauf der Zeit für Kinder verwendet, die nicht bei ihrer eigenen Familie aufwuchsen. Sie spiegeln sowohl die unterschiedlichen Formen ausserfamiliärer Erziehung als auch die jeweiligen Moralvorstellungen.
Das Thema Verdingkinder fand in Politik und Öffentlichkeit lange wenig Beachtung, wurde aber in den letzten Jahren von Historikern unter Befragung von Zeitzeugen bearbeitet. Publikationen, Ausstellungen und Anlässe haben die Bevölkerung für die Problematik sensibilisiert. Bundesrätin Sommaruga hat sich im April dieses Jahres im Namen der Regierung öffentlich für das erlittene Unrecht entschuldigt, die Frage der finanziellen Entschädigung blieb allerdings offen.
Die «Verdingkinderbibliothek» im Schweizerischen Sozialarchiv erstreckt sich über verschiedene Genres, Orte und Zeiten. Sie wurde dem Sozialarchiv vom Verein netzwerk-verdingt als Schenkung übergeben. Ein erster Teil wurde bereits 2009 in den Bestand des Sozialarchivs integriert, eine zweite Lieferung von rund 300 Titeln wurde nun im Juni 2013 bearbeitet. Damit umfasst die Verdingkinderbibliothek im Sozialarchiv knapp 470 Titel.
Der grösstenteils neuere Bücherbestand enthält (auto)biografische Lebensbeschreibungen, wissenschaftliche Aufarbeitungen und Standardwerke zu den Themen Verding-, Heim-, Findel-, Pflege- und Adoptivkinder aus unterschiedlichen Ländern in verschiedenen Sprachen. In der Sammlung finden sich auch Klassiker der Welt- und Jugendliteratur sowie literarische Bearbeitungen des Verdingkinderdaseins.
Die Titel sind im NEBIS-Katalog verzeichnet. In ihrer Gesamtheit können sie dort durch die Eingabe von «E19verdingt» oder über die Website des Sozialarchivs aufgerufen werden.