de | en | fr
»Una condizione umana»: Ein Italiener am Sonntag allein in Luzern
"Una condizione umana": Ein Italiener am Sonntag allein in Luzern

Bild + Ton: Neue Filme

Im vergangenen Jahr konnten eine Reihe von Super8- und 16mm-Filmen aus diversen Beständen digitalisiert werden. Die Filme sind in der Datenbank Bild + Ton erschlossen und können als DVD ausgeliehen werden. Darunter befinden sich drei besonders erwähnenswerte Werke:

"Una condizione umana"
Der Film begleitet einen italienischen Arbeiter einen Sonntag lang durchs sommerliche Luzern. Die heitere Stimmung vermag sich allerdings in keinem Moment auf den Protagonisten zu übertragen. Er bleibt isoliert in der Masse, kann weder zu den Einheimischen noch zu seinen Landsleuten Kontakt knüpfen.
"Una condizione umana" ist eines der seltenen filmischen Selbstzeugnisse italienischer Immigranten in der Schweiz jener Zeit. Verantwortlich für das Werk, das Ende der 1960er Jahre entstanden sein dürfte, zeichnen Enzo Gistri, Piero und Nino Muzzi.

"Die gelbe Fahne"
Der Filmtitel nimmt Bezug auf die Emissionen der Farbwerke Hoechst in Frankfurt, die bei der Salpeterproduktion entstanden und weitherum als gelbe Fahne sicht- und riechbar waren. Der Journalist Peter von Zahn lässt in der Dokumentation hauptsächlich Firmenexponenten zu Wort kommen. Ganz offensichtlich gab es um 1970 – in diesem Jahr oder kurz zuvor entstand der Film – ein gewisses Unbehagen der Öffentlichkeit hinsichtlich der sich immer deutlicher abzeichnenden Umweltschäden. Die Farbwerke Hoechst und der Journalist von Zahn reagierten auf das Informationsbedürfnis geschickt. Der Film schildert umfassend die Anstrengungen von Hoechst, die im Verbund mit Regierungsstellen und Wissenschaftlern unternommen wurden, um die Emissionen bei der Produktion einzudämmen. Zugleich wird die wirtschaftliche Tätigkeit des Unternehmens in den Zusammenhang von Nachfrage und Angebot gestellt und so ein Stück weit entschuldigt: Weil der Markt die Annehmlichkeiten der Hoechst-Produkte nachfragt, müssen sie halt produziert werden.

"Das Leben im Arbeiter-Touring-Bund"
Einen Nachzügler gibt es im Filmbestand des Arbeiter-Touring-Bundes zu vermelden: Das stumme Filmfragment konzentriert sich auf die Schilderung des Wanderfahrens, eine der Haupttätigkeiten des Arbeiter-Touring-Bundes. Sehr schön zu sehen ist der Stellenwert der Verkehrsdisziplin: gefahren wird strikt in Zweierkolonnen, die wesentlichen Signale wie Aufsitzen oder Anhalten kommen vom Fahrwart mit seinem Signalhorn. Vermutlich handelt es sich um einen Zusammenschnitt verschiedener Wanderfahrten in den Kantonen Zürich, Bern und Wallis. Die Aufnahmen dürften in der ersten Hälfte der 1930er Jahre entstanden sein.

28. Februar 2012Stefan Länzlinger zurück